Legal Lexikon

Gewässer


Begriff und rechtliche Definition von Gewässer

Ein Gewässer bezeichnet im rechtlichen Sinn ein natürliches oder künstlich angelegtes, dauerhaft oder vorübergehend mit Wasser gefülltes Naturgebilde oder eine entsprechende Anlage, die Wasser enthält oder leitet. Die Begriffsbestimmung ist maßgeblich im Umwelt-, Wasser- und Immissionsschutzrecht verankert, wobei die genaue rechtliche Einordnung von den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben abhängt, insbesondere vom Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie von den Wassergesetzen der Bundesländer.

Gewässerkategorien im deutschen Recht

Das deutsche Wasserrecht unterscheidet verschiedene Arten von Gewässern, die sich hinsichtlich ihrer rechtlichen Behandlung und Schutzwürdigkeit voneinander abgrenzen lassen. Die bedeutsamsten Kategorien sind:

Fließgewässer

Fließgewässer sind natürliche oder künstlich angelegte Gewässer, in denen das Wasser in Bewegung ist, wie zum Beispiel Bäche, Flüsse und Kanäle. Fließgewässer unterliegen in besonderem Maße wasserrechtlichen Vorschriften, da sie häufig Teil größerer Einzugsgebiete und wasserwirtschaftlicher Systeme sind.

Stehende Gewässer

Zu den stehenden Gewässern zählen Seen, Teiche und Talsperren, die wiederum zwischen natürlichen und künstlich angelegten Formen differenziert werden. Ihre rechtliche Stellung unterscheidet sich insbesondere im Bereich des Schutzes und der Bewirtschaftung.

Küstengewässer und Übergangsgewässer

Küstengewässer sind in der Regel der Bereich bis zu einer Seewassertiefe von einem Meter unter Normalnull (NN), einschließlich der Mündungsgebiete von Flüssen. Sie nehmen im deutschen Recht eine Sonderrolle ein, da sie nicht vollständig dem nationalen Einfluss unterliegen.

Gruben- und Grundwasser

Grundwasser ist das unterirdische Wasser, das sich in den Hohlräumen der Erde befindet und sich unterhalb der Erdoberfläche in Form von Wasservorkommen befindet. Grubenwasser entsteht hingegen durch bergbauliche Tätigkeiten. Beide Wasserarten sind besonders schutzbedürftig und unterliegen eigenen Regelungen im WHG.

Rechtsquellen und maßgebliche Normen

Die zentrale Rechtsquelle für die rechtliche Einordnung von Gewässern in Deutschland ist das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Weitere Rechtsgrundlagen finden sich in spezialgesetzlichen Normen, dem Umweltschutzrecht und im Völkerrecht.

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Nach § 2 WHG sind Gewässer im Sinne dieses Gesetzes:

  • oberirdische Gewässer
  • Küstengewässer
  • Grundwasser

Oberirdische Gewässer sind gemäß § 3 Nr. 1 WHG sämtliche Gewässer, die ständig oder zeitweise in Betten fließen oder stehen, ausgenommen das Grundwasser.

Landeswassergesetze

Die Bundesländer sind befugt, ergänzende Regelungen zu treffen. Die Landeswassergesetze konkretisieren und spezifizieren die bundesrechtlichen Vorgaben. Daraus ergeben sich landesspezifische Unterschiede, beispielsweise im Hinblick auf Gewässerunterhaltung, Nutzung oder Zulassungsverfahren.

Europäische und internationale Regelungen

Eine bedeutende Rolle nehmen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sowie internationale Abkommen zur grenzüberschreitenden Gewässerbewirtschaftung ein. Ziel der WRRL ist es, einen „guten Zustand“ aller europäischen Binnengewässer zu erreichen, was einen hohen Umweltschutzstandard bedingt.

Rechtlicher Schutz und Bewirtschaftung

Die rechtliche Einordnung von Gewässern ist Grundlage vielfältiger Regelungen, die den Schutz, Erhalt und die nachhaltige Nutzung sichern sollen.

Eigentumsverhältnisse an Gewässern

Gewässer können entweder in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen. Öffentliche Gewässer dienen dem Allgemeinwohl und unterliegen besonderen Erhaltungs- und Schutzpflichten, während private Gewässer weitgehend in die Zuständigkeit der jeweiligen Eigentümer fallen, sofern keine überwiegenden öffentlichen Interessen berührt sind.

Öffentlich-rechtliches und privates Gewässer

Öffentliche Gewässer sind im WHG sowie in den Wassergesetzen der Länder definiert (meist größere Flüsse, Seen oder Kanäle); private Gewässer sind solche in Privateigentum, beispielsweise kleine Teiche oder Bäche, sofern sie nicht ausdrücklich als öffentliche Gewässer eingestuft sind.

Nutzungsrechte und Nutzungseinschränkungen

Die Inanspruchnahme eines Gewässers zu bestimmten Zwecken (z.B. Wasserentnahme, Einleitung von Stoffen, Bauen am Gewässer) ist grundsätzlich erlaubnis- oder bewilligungspflichtig. Diese wasserrechtlichen Erlaubnisse werden von der zuständigen Wasserbehörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geprüft und erteilt.

Erlaubnis- und Bewilligungstatbestände

Wesentliche Nutzungstatbestände sind:

  • Entnahme und Ableitung von Wasser (§ 8 WHG)
  • Einleitung von Abwasser (§ 57 WHG)
  • Gewässerausbau (§ 67 WHG)
  • Gewässerbenutzung und -unterhaltung (§§ 28 ff. WHG)

Diese Eingriffe sind mit strengen Auflagen verbunden, um die Ökologie der Gewässer zu erhalten und den Anforderungen des Umweltschutzes gerecht zu werden.

Gewässerschutz und wasserrechtliche Verordnungen

Der Schutz der Gewässer wird in mehreren Rechtsquellen durch umfassende Anforderungen an die Reinhaltung, den Ausbau und die Bewirtschaftung definiert. Wesentliche Elemente sind:

  • Schutz vor Verunreinigung und Übernutzung (§§ 48 ff. WHG)
  • Einrichtung von Schutzzonen (z. B. Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete)
  • Vorgaben zur Abwasserbeseitigung und zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Überwachung und Sanktionen

Verstöße gegen gewässerrechtliche Vorschriften können mit Ordnungswidrigkeiten oder Strafmaßnahmen geahndet werden. Die Überwachung obliegt in der Regel den zuständigen Wasserbehörden auf Landesebene.

Sonderregelungen und Abgrenzungen

Abgrenzung zu anderen Umweltmedien

Gewässer sind von anderen umweltrechtlich relevanten Bereichen (z. B. Luft, Boden, Wald) abzugrenzen. Diese Trennung ist insbesondere im Rahmen des Schutzes, der Bewirtschaftung und der Haftungspflichten entscheidend.

Besonderheiten im Baurecht und sonstigen Fachgesetzen

Neben dem Wasserrecht bestehen Schnittstellen zum Baurecht, Naturschutzrecht, Immissionsschutzrecht sowie Agrarrecht. Bauvorhaben innerhalb von gewässernahen Bereichen erfordern regelmäßig zusätzliche Genehmigungen. Zudem können Naturschutzgebiete gesonderten Schutz genießen, wodurch Gewässernutzung und -ausbau erheblich beschränkt werden können.

Zusammenfassung

Der Begriff „Gewässer“ hat im deutschen Recht eine weit gefasste und differenzierte Bedeutung. Die rechtliche Behandlung erfolgt auf Grundlage komplexer normativer Vorgaben aus dem Wasserhaushaltsgesetz, den ergänzenden Landesgesetzen sowie europäischen und internationalen Rahmenwerken. Die damit einhergehenden Regelungsbereiche beinhalten insbesondere die öffentlichen und privaten Eigentumsverhältnisse, umfangreiche Nutzungsregelungen, den Bewirtschaftungsauftrag sowie umfassende Schutzmaßnahmen zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Die genaue Einordnung, Nutzung und der Schutz von Gewässern werden durch zahlreiche Verwaltungsvorschriften umgesetzt und überwacht.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Unterhaltung und Pflege von Gewässern im Sinne des deutschen Wasserrechts verantwortlich?

Die Unterhaltungspflicht für Gewässer ist im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und in den jeweiligen Landeswassergesetzen geregelt. Grundsätzlich unterscheidet das Recht zwischen Gewässern erster, zweiter und dritter Ordnung. Für Gewässer erster Ordnung, zu denen vor allem größere Flüsse mit überregionaler Bedeutung zählen (z.B. Rhein, Elbe, Donau), ist in der Regel das jeweilige Bundesland durch entsprechende Behörden bzw. Landesbetriebe zuständig. Gewässer zweiter und dritter Ordnung, meist kleinere Fließgewässer, unterliegen der Zuständigkeit der Kreise, Kommunen oder Wasser- und Bodenverbände. Die Unterhaltung umfasst Maßnahmen zur Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands, etwa Sicherung der Ufer, Entfernung von Abflusshindernissen und Erhalt der ökologischen Durchgängigkeit. Eigentümer angrenzender Grundstücke haben oftmals sogenannte „Anliegerpflichten“, zum Beispiel das Duldungsrecht für den Zugang zur Gewässerunterhaltung. Innerhalb von Schutzgebieten können zusätzliche, restriktivere Regelungen gelten, die auch private Pflichten betreffen. Die genauen Pflichten und Zuständigkeiten sollten stets anhand der einschlägigen rechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes geprüft werden.

Inwieweit ist das Entnehmen von Wasser aus einem Oberflächengewässer erlaubnispflichtig?

Das Entnehmen von Wasser aus Gewässern ist im Wasserrecht grundsätzlich erlaubnispflichtig. Nach § 8 ff. WHG (Wasserhaushaltsgesetz) bedarf das Gewinnen von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, auch als Entnahme oder Ableitung bezeichnet, einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Diese Erlaubnispflicht gilt sowohl für größere Entnahmen, wie sie etwa in der Landwirtschaft oder für gewerbliche Zwecke vorkommen, als auch für kleinere Entnahmemengen. Ausnahmen bestehen lediglich für das so genannte „Gemeingebrauchsrecht“ (§ 25 WHG), das beispielsweise erlaubt, im Rahmen des Gemeingebrauchs geringe Wassermengen mit Handgefäßen zu entnehmen, soweit Gewässer und Ufer dabei nicht nachteilig beeinflusst werden. Alle weitergehenden oder dauerhaften Entnahmen, insbesondere durch technische Anlagen (Pumpen, Rohrleitungen), verpflichten zur Beantragung einer Erlaubnis bei der zuständigen Wasserbehörde. Verstöße gegen diese Erlaubnispflicht gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit Bußgeldern geahndet werden. Zusätzlich ist insbesondere in Schutzgebietsbereichen auf strengere Regelungen zu achten.

Welche rechtlichen Einschränkungen bestehen beim Bau von baulichen Anlagen an Gewässern?

Das Errichten, Ändern oder Beseitigen von baulichen Anlagen an, in oder über einem Gewässer ist in Deutschland umfassend reguliert. Gemäß § 36 WHG sowie den Landeswassergesetzen bedarf jede Gewässerbenutzung einer behördlichen Genehmigung. Bauliche Anlagen im sogenannten Gewässerrandstreifen unterliegen besonderen Einschränkungen (§ 38 WHG): Innerhalb eines Schutzstreifens von regelmäßig mindestens 5 Metern (bei größeren Flüssen mitunter erweitert) dürfen bauliche Anlagen, Ablagerungen, oder die Bewirtschaftung mit Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln nur mit Ausnahmegenehmigung erfolgen. Auch bestehende Bebauungspläne und das Naturschutzrecht können zusätzliche Restriktionen beinhalten. Ziel dieser Regelungen ist der Erhalt der natürlichen Beschaffenheit, die Sicherung des Hochwasserschutzes sowie der Schutz der Gewässerökologie. Bei Verstößen drohen baurechtliche sowie wasserrechtliche Konsequenzen, bis hin zur Beseitigungsanordnung nicht genehmigter Anlagen. Es ist dabei stets eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung von Art, Lage und Auswirkung der geplanten Maßnahme erforderlich.

Welche Verpflichtungen bestehen in Bezug auf den Hochwasserschutz an Gewässern?

Im Rahmen des Hochwasserschutzes ergeben sich aus dem Wasserrecht umfangreiche Pflichten für sowohl die öffentliche Hand als auch für Private. Das WHG verpflichtet die Länder zur Erstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen, zur Ausweisung von Überschwemmungsgebieten nach § 76 WHG, und zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung und zur Verringerung von Hochwasserrisiken. In festgesetzten Überschwemmungsgebieten besteht ein grundsätzliches Bauverbot für neue Vorhaben (§ 78 WHG), und genehmigungspflichtige Vorhaben müssen besonderen Prüfungen und Bedingungen standhalten. Anlieger und Grundstückseigentümer innerhalb solcher Gebiete haben Duldungspflichten gegenüber Hochwasserschutzmaßnahmen und können zur Vornahme bestimmter Maßnahmen verpflichtet werden, etwa bauliche Anpassungen oder die Aufrechterhaltung einer gefahrlosen Fließrichtung. Darüber hinaus bestehen Meldepflichten bei festgestellten Gefahrenlagen und Mitwirkungspflichten bei Räum- und Schutzmaßnahmen. Die detaillierten Anforderungen ergeben sich je nach Bundesland und individueller Risikolage aus spezifischer Hochwasserschutzgesetzgebung und behördlicher Anordnung.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für den Umgang mit Gewässerbelastungen und Einleitungen?

Die Einleitung von Stoffen in ein Gewässer – hierzu zählen u.a. Abwasser, wassergefährdende Stoffe, Schadstoffe oder auch Wärme – ist streng geregelt. Nach § 9 und § 10 WHG ist jede Gewässerbenutzung erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis setzt meist eine Prüfung auf Einhaltung wasserrechtlicher Anforderungen, insbesondere der Einhaltung von Immissions- und Emissionsgrenzwerten, voraus. Bei der Einleitung von Abwasser gilt zudem die Verpflichtung zum Stand der Technik (§ 57 WHG), d.h. Abwasser muss vor der Einleitung so weit wie technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar gereinigt werden. Die Bundesländer konkretisieren dies im Wasserrecht und im Abwasserabgabengesetz (AbwAG). Für den Fall einer nicht genehmigten oder unsachgemäßen Einleitung drohen Bußgelder, behördliche Maßnahmen bis hin zur Stilllegung. Bei schwerwiegenden Verstößen ist auch eine strafrechtliche Ahndung möglich. Besondere Vorschriften gelten für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, für Anlagen zur Lagerung oder Behandlung dieser Stoffe (AwSV) und beim Umgang mit Altlasten.

Welche besonderen Vorschriften gelten in Bezug auf Naturschutz und ökologische Belange von Gewässern?

Die Errichtung, Unterhaltung und Nutzung von Gewässern ist nicht nur wasser-, sondern auch naturschutzrechtlichen Vorgaben unterworfen. Zahlreiche Flüsse, Bäche und Seen sind Teil von Schutzgebieten (z.B. Natura 2000, FFH-, Vogelschutzgebiete), für die besonders strenge Nutzungs- und Pflegeregeln gelten. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie die Naturschutzgesetze der Länder enthalten Vorschriften zum Schutz von Lebensraumtypen, zum Erhalt der Durchgängigkeit von Gewässern (z.B. Fischaufstiegshilfen), zum Erosionsschutz und zum Erhalt von Ufervegetation. Gewässerentwicklungsmaßnahmen müssen regelmäßig unter Einhaltung von Prüfungs- und Beteiligungsverfahren stattfinden, wie einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Zudem ist bei Maßnahmen an Gewässern stets auf die Zielsetzungen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der EU zu achten, die einen guten ökologischen und chemischen Zustand der Gewässer vorschreibt. Eingriffe, die zu einer Verschlechterung führen, sind unzulässig bzw. unterliegen strenger Ausgleichs- und Ersatzregelungen.

Welche rechtlichen Bestimmungen sind bei der Freizeitnutzung, wie Baden, Angeln oder Bootfahren, an Gewässern zu beachten?

Die Freizeitnutzung von Gewässern unterliegt diversen rechtlichen Beschränkungen. Das Wasserrecht gestattet im Rahmen des Gemeingebrauchs grundsätzlich das Baden, Schwimmen und Bootfahren mit nicht motorisierten Fahrzeugen auf öffentlich zugänglichen Gewässern. Einschränkungen können sich jedoch durch spezielle örtliche Verordnungen ergeben, etwa in Naturschutz-, Trinkwasser- oder Sperrgebieten. Das Angeln ist in Deutschland genehmigungspflichtig; hierfür ist in der Regel ein Fischereischein erforderlich, der nach erfolgreicher Prüfung ausgestellt wird, sowie eine Erlaubnis des jeweiligen Fischereiberechtigten. Das Befahren mit Motorbooten ist regelmäßig erlaubnispflichtig und wird durch Verordnungen (z.B. Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung, Landesregelungen) weiter eingeschränkt. Strikter Schadstoffausschluss, Anlegeverbote und Regeln zum Schutz von Flora und Fauna sind insbesondere in Schutzgebieten zu beachten. Zuwiderhandlungen können zu Bußgeldern oder zum Entzug der Nutzungsrechte führen.