Legal Lexikon

Gesetzgebung


Begriff und Wesen der Gesetzgebung

Die Gesetzgebung (auch: Legislation) ist ein zentraler Begriff im öffentlichen Recht und bezeichnet den rechtlichen Prozess der Schaffung allgemeiner, abstrakt-genereller Normen (Gesetze) durch ein hierfür zuständiges Organ, zumeist ein Parlament. Im Kern ist die Gesetzgebung die erste Stufe der Dreiteilung staatlicher Gewalt (Legislative, Exekutive, Judikative) und bildet damit einen der Grundpfeiler moderner Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Herrschaftsformen.

Die gesetzgebende Gewalt (Legislative)

Verfassungsrechtliche Grundlagen

In nahezu allen demokratischen Staaten ist die Gesetzgebungsbefugnis verfassungsrechtlich geregelt. In Deutschland etwa ist das Recht zur Gesetzgebung den Parlamenten (Bundestag, Landtage) vorbehalten, wobei die Kompetenzen im Grundgesetz (insb. Art. 70 ff. GG) detailliert verteilt sind. Die Legislative besitzt ein Monopol zur Normsetzung von Gesetzen mit Außenwirkung, während Verwaltung und Rechtsprechung an diese Gesetze gebunden sind.

Organe der Gesetzgebung

Parlamente sind in den meisten Ländern die zentralen Gesetzgebungsorgane. Daneben kann in bestimmten Fällen die Exekutive normative Rechtsakte mit Gesetzesrang (z.B. Rechtsverordnungen, Notstandsgesetze) erlassen. In Deutschland besitzt gemäß Grundgesetz vor allem der Bundestag das originäre Gesetzgebungsrecht, während der Bundesrat an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt ist und in relevanten Bereichen ein Mitwirkungsrecht hat.

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzesinitiative

Gesetzesinitiativen können in Deutschland von der Bundesregierung, dem Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden (Art. 76 GG). Die jeweiligen staatlichen Ebenen besitzen eigene Initiativrechte.

Beratung und Beschlussfassung

Nach Einbringung folgt ein mehrstufiges Beratungsverfahren im Parlament, in dem Gesetzentwürfe diskutiert, in Ausschüssen geprüft, gegebenenfalls geändert und schließlich beschlossen werden. Im Regelfall erfolgt die Beschlussfassung durch Abstimmung in mehreren Lesungen.

Beteiligung des Bundesrates

Viele Bundesgesetze bedürfen der Zustimmung oder können durch den Bundesrat Einspruch erfahren. Die Mitwirkung des Bundesrates ist insbesondere bei Gesetzen mit Auswirkungen auf die Länder bedeutsam (Zustimmungsgesetze).

Ausfertigung und Verkündung

Nach erfolgreicher parlamentarischer Beratung und Beschlussfassung wird das Gesetz dem zuständigen Staatsoberhaupt (in Deutschland: Bundespräsident) zur Ausfertigung vorgelegt. Erst mit der anschließenden Verkündung im Bundesgesetzblatt erlangt es Gesetzeskraft.

Inkrafttreten

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes kann ausdrücklich geregelt sein. Fehlt eine Regelung, tritt das Gesetz gemäß der im jeweiligen Recht vorgesehenen Frist in Kraft.

Arten von Gesetzen

Formelle und materielle Gesetze

Es wird zwischen formellen Gesetzen (durch das Parlament im förmlichen Verfahren beschlossene Gesetze) und materiellen Gesetzen (allgemein verbindliche Normen, unabhängig vom erlassenden Organ) unterschieden.

Einfaches und Verfassungsrecht

Inhaltlich unterscheidet man zwischen einfachem Gesetzesrecht und dem höherrangigen Verfassungsrecht. Letzteres enthält die grundlegendsten Normen, an denen sich die Gesetzgebung orientieren muss.

Bundes- und Landesgesetze

In föderalen Systemen bestehen Zuständigkeitsverteilungen zwischen Bund und Ländern, die sowohl inhaltliche als auch prozedurale Unterschiede in Gesetzgebungskompetenz und -verfahren nach sich ziehen.

Schranken und Kontrolle der Gesetzgebung

Bindung an die Verfassung

Gesetze müssen mit der Verfassung, insbesondere mit den Grundrechten, sowie mit völkerrechtlichen Verpflichtungen im Einklang stehen. Das Bundesverfassungsgericht überprüft die Verfassungskonformität von Gesetzen.

Vorrang des Gesetzes

Staatliches Handeln der Verwaltung und Rechtsprechung ist an das Gesetz gebunden (Legalitätsprinzip). Gesetze dürfen nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht erlassen werden.

Regelungsvorbehalt und Wesentlichkeitstheorie

Bestimmte Bereiche (insbesondere Eingriffe in Grundrechte) dürfen nur aufgrund formeller Gesetze geregelt werden (Parlamentsvorbehalt). Nach der Wesentlichkeitstheorie müssen alle wesentlichen Entscheidungen von besonderer Bedeutung für die Grundrechte parlamentarisch geregelt werden.

Formen und Instrumente der Gesetzgebung

Parlamentarische Gesetzgebung

Die überwiegende Zahl der Gesetze wird durch Parlamente auf Bundes- oder Landesebene beschlossen. Der Entscheidungsprozess ist geprägt durch Mehrheitsentscheidungen und Ausschussarbeit.

Plebiszitäre Gesetzgebung

Einige Rechtsordnungen erlauben Gesetzgebung durch Volksabstimmungen (Volksgesetzgebung), beispielsweise in der Schweiz oder durch Volksentscheide auf Länderebene innerhalb Deutschlands.

Delegierte Gesetzgebung

In Ausnahmefällen können gesetzgebende Organe die Befugnis zur Normsetzung auf Behörden übertragen, beschränkt auf in Gesetzen näher bestimmte Bereiche (Rechtsverordnungen, Satzungen).

Bedeutung der Gesetzgebung im demokratischen Rechtsstaat

Die Gesetzgebung sichert Ordnung, berechenbares Recht und den Ausgleich widerstreitender Interessen in der Gesellschaft. Sie schafft verbindliche Regeln, garantiert die Legalität staatlichen Handelns und ermöglicht zugleich die Kontrolle der Staatsgewalt durch parlamentarische Verfahren und gerichtliche Überprüfbarkeit.


Zusammenfassung:
Die Gesetzgebung ist der strukturierte, an Verfassung und Recht gebundene Prozess der Normerstellung, bei dem die legislativen Organe, unter Beteiligung weiterer staatlicher Institutionen und gegebenenfalls der Bevölkerung, die Grundlagen für das Zusammenleben und die rechtsstaatliche Ordnung schaffen. Sie unterliegt vielfältigen rechtlichen Vorgaben und Kontrollen mit dem Ziel, Demokratisierung, Rechtsklarheit und Verfassungsmäßigkeit zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wie läuft das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland ab?

Das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland ist durch das Grundgesetz detailliert geregelt und besteht aus mehreren Stufen, die klar voneinander abgegrenzt sind. Zunächst wird ein Gesetzentwurf eingebracht; dies kann von der Bundesregierung, dem Bundestag oder dem Bundesrat erfolgen. Der Entwurf wird im Bundestag in der Regel in drei Lesungen behandelt. In der ersten Lesung erfolgt die grundlegende Aussprache und die Überweisung an zuständige Ausschüsse. Nach der Ausschussberatung findet die zweite Lesung statt, in der detailliert über jeden Paragraphen beraten und entschieden wird. In der dritten Lesung wird der Entwurf nochmals debattiert und final abgestimmt. Im Anschluss geht das Gesetz an den Bundesrat, der je nach Zustimmungs- oder Einspruchsgesetz eigene Kompetenzen hat. Bei Zustimmungsgesetzen muss der Bundesrat zustimmen, bei Einspruchsgesetzen kann er Einspruch einlegen, der jedoch vom Bundestag überstimmt werden kann. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Stufen folgt die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten sowie die Verkündung im Bundesgesetzblatt, woraufhin es in Kraft tritt.

Welche Instanzen sind an der Gesetzgebung im föderalen System Deutschlands beteiligt?

Im föderalen System Deutschlands sind maßgeblich der Bundestag, der Bundesrat sowie die Bundesregierung an der Gesetzgebung beteiligt. Ergänzend spielt teils auch die Europäische Union, etwa durch Vorgaben und Richtlinien, eine Rolle. Der Bundestag als Volksvertretung ist das zentrale Beschlussorgan, während der Bundesrat als Interessenvertretung der Bundesländer agiert und bei vielen Gesetzen ein Mitwirkungsrecht beziehungsweise ein Zustimmungsrecht besitzt. Die Bundesregierung ist Initiator vieler Gesetzesvorschläge, bereitet diese politisch und juristisch vor und koordiniert das Verfahren. Auch die Landesregierungen können durch den Bundesrat Einfluss nehmen. Die Zusammenarbeit dieser Instanzen sichert insbesondere in Fragen, die die Länderhoheit betreffen, eine angemessene Beteiligung aller staatlichen Ebenen und gewährleistet die föderale Ordnung.

Was ist der Unterschied zwischen einfachen Gesetzen und verfassungsändernden Gesetzen?

Einfache Gesetze stellen den Normalfall legislativen Handelns dar und bedürfen der einfachen Mehrheit der Mitglieder im Bundestag sowie, je nach Gesetz, einer Zustimmung oder der Möglichkeit eines Einspruchs durch den Bundesrat. Verfassungsändernde Gesetze hingegen betreffen Änderungen oder Ergänzungen des Grundgesetzes. Für diese ist ein besonders qualifiziertes Verfahren vorgeschrieben. Sie erfordern die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und ebenso zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Art. 79 GG). Außerdem sind bestimmte Grundsätze, wie etwa die Gliederung des Bundes in Länder oder die Beteiligung der Länder an der Gesetzgebung, nach Art. 79 Abs. 3 GG („Ewigkeitsklausel“) von der Änderung grundsätzlich ausgeschlossen, um die verfassungsmäßige Grundstruktur dauerhaft zu wahren.

Welche Kontrollmechanismen bestehen im deutschen Gesetzgebungsverfahren?

Im deutschen Gesetzgebungsverfahren existieren verschiedene Kontrollmechanismen, die eine rechtsstaatliche und sachgerechte Gesetzgebung sicherstellen. Zunächst erfolgt eine inhaltliche Prüfung durch die zuständigen Bundestags- und Bundesratsausschüsse, in denen Experten und Interessenvertreter gehört werden. Der Bundesrat prüft insbesondere unter föderalen Gesichtspunkten. Nach der parlamentarischen Verabschiedung prüft das Bundespräsidialamt das Gesetz formell auf seine Verfassungsmäßigkeit, bevor der Bundespräsident es ausfertigt und verkündet. Darüber hinaus ist jeder Bürger berechtigt, die Verfassungskonformität eines Gesetzes im Wege des Normenkontrollverfahrens oder der Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Bereits während des Verfahrens können Gutachten und Stellungnahmen von Fachkreisen, Verbänden und wissenschaftlichen Beiräten eingeholt werden, um die Qualität und Rechtmäßigkeit der Gesetze weiter zu sichern.

In welchem Umfang kann die Europäische Union auf die nationale Gesetzgebung Einfluss nehmen?

Die Europäische Union hat insbesondere in Bereichen, in denen Kompetenzen von den Mitgliedstaaten auf sie übertragen wurden, weitreichenden Einfluss auf die nationale Gesetzgebung. Durch die Vorgabe von Richtlinien und Verordnungen kann die EU die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten anleiten und vereinheitlichen. Verordnungen gelten unmittelbar und müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden, während Richtlinien die Mitgliedstaaten zur Umsetzung in nationales Recht innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten. Die nationalen Gesetzgeber sind dabei verpflichtet, unionsrechtliche Vorgaben ordnungsgemäß und fristgerecht umzusetzen; andernfalls drohen Vertragsverletzungsverfahren. Das Verhältnis von Unionsrecht zu nationalem Recht wird durch den Anwendungsvorrang des EU-Rechts geregelt, was bedeutet, dass nationales Recht insoweit nicht anwendbar ist, wie es mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht kollidiert.

Welche Bedeutung kommt der Ausfertigung und Verkündung eines Gesetzes zu?

Die Ausfertigung und Verkündung eines Gesetzes stellen die letzten und verfassungsrechtlich zwingenden Schritte im Gesetzgebungsverfahren dar. Die Ausfertigung erfolgt durch den Bundespräsidenten, der das Gesetz unterzeichnet und damit bestätigt, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist und das Gesetz mit der Verfassung im Einklang steht. Die Verkündung erfolgt über die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, ab dem festgelegten Zeitpunkt tritt das Gesetz dann in Kraft. Diese Schritte sind unerlässlich, da Gesetze nur ab dem Tag der offiziellen Verkündung Rechtskraft erlangen. Fehlt die ordnungsgemäße Ausfertigung oder Verkündung, ist das Gesetz zwar materiell beschlossen, aber rechtlich nicht existent und daher nicht anwendbar.

Können Gesetze auch aufgehoben oder geändert werden, und wie läuft dies ab?

Ja, Gesetze können jederzeit durch ein späteres Gesetz aufgehoben oder geändert werden (Prinzip der Gesetzesänderung und -aufhebung durch Parlamentsvorbehalt). Dies erfolgt grundsätzlich durch ein förmliches Gesetzgebungsverfahren, das demjenigen der erstmaligen Erlassung eines Gesetzes entspricht. Eine Änderung oder Aufhebung kann explizit durch eine sogenannte Änderungsgesetzgebung erfolgen, in der bestimmte Artikel oder Paragraphen angepasst oder ersatzlos gestrichen werden. Hierzu bedarf es erneut der Abstimmung im Bundestag und gegebenenfalls der Zustimmung des Bundesrates. Änderungen müssen ebenfalls offiziell ausgefertigt und verkündet werden, ehe sie rechtlich wirksam werden. Ein besonderes Verfahren gilt erneut für verfassungsändernde Gesetze, da auch hierfür die qualifizierte Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist.