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Geschäftsanteil


Begriff und rechtliche Einordnung des Geschäftsanteils

Der Begriff Geschäftsanteil bezeichnet im deutschen Gesellschaftsrecht den Bruchteil am Gesellschaftsvermögen, den ein Gesellschafter an einer Kapitalgesellschaft, insbesondere bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), hält. Der Geschäftsanteil bestimmt maßgeblich die Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsquoten und Pflichten eines Gesellschafters innerhalb der Gesellschaft. Er stellt keinen Anteil an einzelnen Vermögensgegenständen dar, sondern gewährt dem Inhaber eine quotalisierte Beteiligung am Gesellschaftsvermögen sowie an Stimmrechten und Dividenden.


Rechtsgrundlagen

Gesetzliche Regelungen

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zum Geschäftsanteil einer GmbH finden sich insbesondere im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG):

  • § 14 GmbHG: Begründung der Mitgliedschaft durch Übernahme oder Erwerb eines Geschäftsanteils
  • § 15 GmbHG: Übertragung und Verpfändung von Geschäftsanteilen
  • § 16 GmbHG: Legitimation des Gesellschafters
  • § 17 GmbHG: Mehrere Geschäftsanteile eines Gesellschafters
  • § 46 GmbHG: Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Gesellschafterversammlung

Auch das Umwandlungsgesetz (UmwG), das Handelsgesetzbuch (HGB) und ergänzende Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) können für den Umgang mit Geschäftsanteilen von Bedeutung sein.


Charakteristika des Geschäftsanteils

Rechtliche Natur

Der Geschäftsanteil ist ein gliedschaftliches Recht. Er gewährt dem Inhaber Mitwirkungs- und Vermögensrechte, wie etwa Stimmrechte, Dividendenansprüche und Teilnahme an der Gesellschaftsversammlung. Der Geschäftsanteil kann als vermögenswertes Recht grundsätzlich einzeln übertragen werden und ist vererblich.

Umfang und Nennbetrag

Der Nennbetrag des einzelnen Geschäftsanteils ist im Gesellschaftsvertrag (Satzung) festgelegt und wird üblicherweise auf eine bestimmte Euro-Summe festgeschrieben. In einer GmbH muss der Nennbetrag mindestens 1 Euro betragen (§ 5 Abs. 2 GmbHG). Die Summe aller Nennbeträge muss mit dem Stammkapital der Gesellschaft übereinstimmen.

Einpersonen- und Mehrpersonenverhältnisse

Ein einzelner Gesellschafter kann einen oder mehrere, auch unterschiedliche Geschäftsanteile an einer GmbH halten. Die Summe dieser Nennbeträge ergibt den gesamten Anteil, den der Gesellschafter am Gesellschaftskapital hält.


Erwerb und Übertragung von Geschäftsanteilen

Erwerb bei Gründung

Im Rahmen der Gründung einer GmbH übernehmen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag bestimmte Geschäftsanteile. Der Erwerb erfolgt im Regelfall durch Einlageleistung (Bar- oder Sacheinlage).

Übertragung im bestehenden Gesellschaftsverhältnis

Die Abtretung (Veräußerung) von Geschäftsanteilen ist gemäß § 15 GmbHG jederzeit möglich, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen vorsieht. Die Übertragung bedarf gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung.

Voraussetzungen der Übertragung

  • Notarielle Beurkundung: Schriftform reicht nicht aus.
  • Gesellschaftsvertragliche Zustimmungserfordernisse: Oft ist eine vorherige Zustimmung der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter vorgeschrieben.
  • Eintragung im Gesellschafterverzeichnis: Die Übertragung erhält gegenüber der Gesellschaft Wirkung erst nach Eintragung im Gesellschafterverzeichnis gemäß § 16 GmbHG.

Verpfändung und Belastung

Ein Geschäftsanteil kann verpfändet oder mit Nießbrauch belastet werden, wobei auch hier die notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben ist.


Rechte und Pflichten aus dem Geschäftsanteil

Vermögensrechte

  • Recht auf Gewinnbeteiligung: Im Verhältnis des Anteils am Stammkapital.
  • Recht auf Liquidationserlös: Bei Auflösung der Gesellschaft.

Mitgliedschaftsrechte

  • Stimmrecht: In der Gesellschafterversammlung, üblicherweise quotal.
  • Teilnahmerecht an der Versammlung und Informationsrecht über die Angelegenheiten der Gesellschaft.

Pflichten

  • Leistung der Einlage: Grundsätzlich in voller Höhe.
  • Treuepflicht: Verpflichtung zur Rücksichtnahme und Förderung der Gesellschaftsinteressen.

Besondere Konstellationen des Geschäftsanteils

Mehrere Geschäftsanteile

Ein Gesellschafter kann mehrere Geschäftsanteile halten, die einzeln übertragen oder mit verschiedenen Rechten ausgestattet sein können. Verschmelzungen und Teilungen von Geschäftsanteilen sind im Rahmen von Umstrukturierungen üblich.

Gehemmte oder ungeteilte Miteigentümerschaft

Im Todesfall eines Gesellschafters wachsen die Rechte und Pflichten des Geschäftsanteils kraft Gesetzes den Erben zu. Sind mehrere Erben vorhanden, bilden sie zunächst eine Erbengemeinschaft, die sich über die Fortführung des Geschäftsanteils auseinandersetzen muss.


Geschäftsanteil und Handelsregister

Die Höhe und Verteilung der Geschäftsanteile an einer GmbH sind im Handelsregister einzutragen. Maßgeblich ist stets das Gesellschafterverzeichnis, das von der Geschäftsführung zu führen und beim Handelsregister zu hinterlegen ist. Änderungen am Geschäftsanteil werden hier dokumentiert und veröffentlicht.


Steuerliche und sonstige Auswirkungen

Einkommensteuerliche Behandlung

Erträge aus Geschäftsanteilen, wie beispielsweise Gewinnausschüttungen, unterliegen der Besteuerung bei den Gesellschaftern. Bei Veräußerung eines Geschäftsanteils können Veräußerungsgewinne entstehen, die steuerlich relevant sind.

Auswirkungen bei Insolvenz

Im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters fällt der Geschäftsanteil in die Insolvenzmasse. Die Abtretung des Geschäftsanteils zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger ist möglich, jedoch können gesellschaftsvertragliche Vorkaufs- oder Einziehungsrechte zur Anwendung kommen.


Unterschiede zu Anteilen bei anderen Gesellschaftsformen

Während der Geschäftsanteil in der GmbH oder UG dem Mitgliedschaftsrecht entspricht, bestehen bei der Aktiengesellschaft (AG) Aktien als Bruchteile am Grundkapital. Bei Personengesellschaften (z. B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Offene Handelsgesellschaft) ist die Beteiligung wesentlich weniger formalisiert und basiert auf dem Gesellschaftsvertrag ohne Nennbeträge.


Zusammenfassung

Der Geschäftsanteil ist ein zentrales Instrument der Mitgliedschaft in Kapitalgesellschaften, insbesondere der GmbH. Er gewährt dem Inhaber Vermögens- und Mitwirkungsrechte, ist übertragbar und unterliegt spezifischen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen. Änderungen am Geschäftsanteil müssen notariell beurkundet und im Handelsregister dokumentiert werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen gewährleisten Transparenz, Rechtssicherheit und ordnungsgemäße Unternehmensführung.

Häufig gestellte Fragen

Was passiert mit Geschäftsanteilen bei der Veräußerung durch einen Gesellschafter?

Bei einer Veräußerung von Geschäftsanteilen – zum Beispiel im Rahmen eines Verkaufs durch einen Gesellschafter – findet nach § 15 GmbHG (Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) zwingend eine notarielle Beurkundung des Anteilsübertragungsvertrages statt. Eine bloße schriftliche oder gar mündliche Vereinbarung ist rechtlich nicht wirksam, was bedeutet, dass ohne notarielle Beurkundung der Eigentumsübergang des Geschäftsanteils nicht eintritt. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob in der Satzung Vorkaufsrechte, Zustimmungserfordernisse der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter vorgesehen sind. Falls solche Klauseln existieren, kann die Veräußerung erst nach entsprechender Erfüllung oder Freigabe wirksam werden. Erst mit der ordnungsgemäßen Beurkundung und Eintragung im Gesellschaftsbuch ist der Erwerber rechtlich als neuer Gesellschafter anzusehen und kann seine gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten ausüben.

Können Geschäftsanteile beliehen oder verpfändet werden?

Geschäftsanteile an einer GmbH können gemäß §§ 1273 ff. BGB grundsätzlich verpfändet oder zur Sicherheit übertragen werden. Allerdings bedarf auch die Verpfändung – analog zur Übertragung – einer notariellen Beurkundung nach § 15 Abs. 3 GmbHG. Darüber hinaus verlangt das Gesetz die Zustimmung der Gesellschaft, sofern die Satzung entsprechende Zustimmungserfordernisse vorsieht, was bei vielen GmbHs der Fall ist. Im Falle der Verpfändung behält zwar der Gesellschafter formell die Mitgliedschaftsrechte, allerdings kann der Pfandgläubiger unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. im Falle des Zahlungsverzugs) die Verwertung des Geschäftsanteils betreiben.

Ist die Teilung von Geschäftsanteilen rechtlich möglich?

Die Teilung von Geschäftsanteilen – also die Aufteilung eines bestehenden Geschäftsanteils in mehrere neue Anteile – ist grundsätzlich zulässig, sofern die Satzung dies nicht ausschließt. Die Aufteilung bedarf nach herrschender Meinung ebenfalls einer notariellen Beurkundung, da es sich hierbei um eine Abtretung im Sinne von § 15 GmbHG handelt. Des Weiteren muss die neue Aufteilung im Gesellschaftsbuch dokumentiert werden und ggf. im Handelsregister angezeigt werden, sofern sich die Beteiligungsverhältnisse maßgeblich ändern. Einige Satzungen regeln die Mindestnennbeträge für Geschäftsanteile (mindestens 1 Euro), die bei einer Teilung nicht unterschritten werden dürfen.

Können mehrere Geschäftsanteile einer Person zusammengelegt („vereinigt“) werden?

Die Vereinigung mehrerer Geschäftsanteile einer Person zu einem einheitlichen Geschäftsanteil ist rechtlich möglich und in § 17 GmbHG vorgesehen. Die Zusammenlegung kann z. B. erforderlich sein, um Stimmrechte zu bündeln oder die Übersichtlichkeit der Gesellschafterstruktur zu verbessern. Wie bei der Teilung unterliegt auch diese Maßnahme grundsätzlich der notariellen Beurkundung. In der Gesellschafterliste sowie im Gesellschaftsbuch sind die Änderungen nachvollziehbar einzutragen. Die Satzung kann auch hier weitergehende Voraussetzungen oder Einschränkungen vorsehen.

Was geschieht mit Geschäftsanteilen im Todesfall eines Gesellschafters?

Im Falle des Todes eines Gesellschafters geht dessen Geschäftsanteil grundsätzlich auf die Erben über (§ 1922 BGB i.V.m. § 15 GmbHG), sofern die Satzung der GmbH keine abweichende Regelung (wie z. B. Nachfolgeklauseln, Abtretungsverbote oder Einziehungsklauseln) enthält. Die Erben treten dabei als Gesamtrechtsnachfolger in die Gesellschafterstellung ein. Es ist zu beachten, dass die tatsächliche Ausübung der Mitgliedschaftsrechte oft erst nach Aufnahme in die Gesellschafterliste und Benachrichtigung der Gesellschaft möglich wird. In manchen Fällen räumt die Satzung der Gesellschaft oder den verbliebenen Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht oder eine Einziehungsbefugnis der Anteile ein, wodurch die Übernahme durch die Erben beschränkt oder ausgeschlossen werden kann.

Unter welchen Voraussetzungen kann die Einziehung („Amortisation“) von Geschäftsanteilen erfolgen?

Die Einziehung von Geschäftsanteilen, also deren Zwangsrücknahme durch die Gesellschaft, ist nach § 34 GmbHG nur möglich, wenn dies entweder im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist oder der betroffene Gesellschafter zustimmt. Die Einziehung ist weiterhin nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung und meist auch nur gegen Zahlung einer Abfindung zulässig. In der Satzung können zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzungen, wie z. B. wichtige Gründe (grobe Pflichtverletzungen, Zahlungsunfähigkeit etc.), geregelt werden. Die Durchführung der Einziehung muss ordnungsgemäß beschlossen, notariell beurkundet und ins Handelsregister eingetragen werden.

Welche Rechte und Pflichten sind mit einem Geschäftsanteil verbunden?

Mit einem Geschäftsanteil sind gemäß GmbHG eine Vielzahl von Rechten (Mitwirkungsrechte, Stimmrechte, Gewinnbezugsrechte, Auskunftsrechte) und Pflichten (vor allem Einlagepflicht, Nachschüsse, ggf. Nebenleistungspflichten gemäß Satzung) verbunden. Das Ausmaß der Rechte und Pflichten bestimmt sich vorrangig nach Höhe und Art des jeweiligen Anteils sowie nach etwaigen individuellen oder satzungsmäßigen Regelungen, die beispielsweise Sonderrechte gewähren oder zusätzliche Verpflichtungen statuieren können. Bei einer Übertragung oder Erbfolge gehen diese Rechte und Pflichten grundsätzlich auf den Erwerber/Nachfolger über. Eine Einschränkung oder Erweiterung kann jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und individuell vereinbarter Regelungen (Satzung, Gesellschafterbeschlüsse etc.) erfolgen.