Legal Lexikon

Wiki»Gesamthypothek

Gesamthypothek


Begriff und Wesen der Gesamthypothek

Die Gesamthypothek ist ein spezifischer Rechtsbegriff des Sachenrechts im deutschen Zivilrecht. Sie gehört zur Gruppe der Hypotheken nach §§ 1113 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und beschreibt die rechtliche Besonderheit, dass eine Hypothek nicht nur auf einem einzelnen Grundstück, sondern gleichzeitig auf mehreren Grundstücken als Sicherheit für dieselbe Forderung besteht. Die Gesamthypothek dient dabei der Sicherung einer einheitlichen Forderung durch die Belastung mehrerer Grundstücke in einer Art Verbund, das heißt, mehrere Grundstücke haften gesamtschuldnerisch für die gesicherte Forderung.

Abgrenzung zu anderen Hypothekenformen

Anders als die Einzeleintragung einer Hypothek auf einem Grundstück (Einzelhypothek), bezieht sich die Gesamthypothek auf mehrere, im Eigentum derselben oder mehrerer Personen stehende Grundstücke. Zu unterscheiden ist die Gesamthypothek insbesondere von der Gesamtgrundschuld, die in § 1132 BGB geregelt ist und sich von der Gesamthypothek durch ihren Zweck und ihr Entstehungsverfahren unterscheidet.

Gesetzliche Grundlagen

Normierung im Bürgerlichen Gesetzbuch

Die Gesamthypothek ist insbesondere in § 1132 BGB geregelt, ergänzend gelten die allgemeinen Vorschriften der Hypothek (§§ 1113 ff. BGB). Nach § 1132 Abs. 1 BGB können mehrere Grundstücke, die demselben Gläubiger zur Sicherheit derselben Forderung durch Hypothek belastet sind, insgesamt als Gesamthypothek angesehen werden. Sie tritt in der Praxis überwiegend dann auf, wenn zur Sicherung eines Darlehens oder einer gleichartigen Forderung bewusst mehrere Grundstücke als Pfandobjekte eingesetzt werden.

Entstehung der Gesamthypothek

Voraussetzungen

  • Es müssen mindestens zwei Grundstücke mit einer Hypothek zugunsten desselben Gläubigers für dieselbe Forderung belastet sein.
  • Die Belastung muss gleichzeitig oder sukzessive erfolgen, wobei der Wille, die Grundstücke zugunsten derselben Forderung zu belasten, maßgeblich ist.
  • Die Absicherung muss im Grundbuch dokumentiert sein. Die Gesamthypothek entsteht jedoch kraft Gesetzes, sobald die sachlichen und formellen Voraussetzungen vorliegen.

Verfahren

Die Rechtseintragung im Grundbuch kann entweder gleichzeitig für alle Grundstücke (Eintragung derselben Hypothek) oder nachträglich durch Erweiterung der Hypothek auf weitere Grundstücke erfolgen.

Rechtswirkungen der Gesamthypothek

Haftung der Grundstücke

Im Falle der Gesamthypothek haftet jedes der belasteten Grundstücke wie ein Gesamtschuldner für die gesamte gesicherte Forderung, allerdings nur mit dem jeweiligen Grundstück (und nicht mit anderem Vermögen des Eigentümers). Der Gläubiger kann also wählen, gegen welches Grundstück er vorgehen möchte, um die Forderung zu realisieren (§ 1132 Abs. 2 BGB).

Befriedigung aus dem Erlös

Wird ein Grundstück aus der Gesamthypothek verwertet (beispielsweise durch Zwangsversteigerung), bleibt der Anspruch gegen die anderen Grundstücke bestehen, soweit die Forderung durch den Erlös nicht vollständig getilgt wurde.

Innenverhältnis der Eigentümer

Stehen die Grundstücke im Eigentum verschiedener Personen, stellt sich ein Regressanspruch im Innenverhältnis. Der Eigentümer eines herangezogenen Grundstücks kann Ausgleich gegenüber den übrigen Grundstückseigentümern verlangen, soweit deren Grundstücke ebenfalls haften sollten.

Lastenverteilung und Ausgleich

Die Verteilung der Haftung unter den Gesamthypothekenschuldnern folgt grundlegend denselben Regeln wie bei Gesamtschuldnern nach § 426 BGB.

Unterschiede zur Gesamtgrundschuld

Obwohl Gesamthypothek und Gesamtgrundschuld ähnliche Funktionen erfüllen, bestehen zentrale rechtliche Unterschiede:

  • Die Gesamthypothek bezieht sich ausschließlich auf Sicherungshypotheken, die aufgrund mehrerer Belastungen entstehen. Die Gesamtgrundschuld hingegen setzt stets die Bestellung einer Grundschuld auf mehreren Grundstücken voraus (§ 1192 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1132 BGB).
  • Die Hypothek ist mit einer bestimmten Forderung verbunden (Akzessorietät), während die Grundschuld regelmäßig nicht von einer Forderung abhängt (Abstraktheit).

Übertragung und Teilung der Gesamthypothek

Übertragung

Die Übertragung einer Gesamthypothek richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Übertragung einer Hypothek (§ 1153 BGB). Mit dem Übergang der Hypothek auf einen neuen Gläubiger bleibt das Institut der Gesamthypothek bestehen.

Teilung

Einzelne Grundstücke können aus der Haftung entlassen oder die Hypothek kann auf einzelne Grundstücke beschränkt werden (sogenannte Realteilung, vgl. § 1140 BGB). Dies erfolgt oftmals durch Zustimmung des Gläubigers und entsprechenden Eintrag im Grundbuch.

Sicherungsinteressen und Risiken

Vorteile für den Gläubiger

Die Gesamthypothek verschafft dem Gläubiger eine erhöhte Sicherheit, da er auf mehrere Sicherungsobjekte zurückgreifen kann, was das Forderungsausfallrisiko reduziert.

Risiken für Eigentümer

Für Grundstückseigentümer bedeutet die Übernahme einer Gesamthypothek, dass im Zweifelsfall ihr gesamtes beliehenes Grundvermögen im Haftungsverband steht. Dies kann die Verkehrsfähigkeit und Veräußerbarkeit der einzelnen Grundstücke einschränken.

Beendigung der Gesamthypothek

Die Gesamthypothek endet mit der vollständigen Tilgung der gesicherten Forderung (sog. Akzessorietät), Löschung aus dem Grundbuch oder durch Entfernung einzelner Grundstücke aus dem Haftungsverband. Zudem können nachträgliche Veränderungen durch Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Eigentümer, beispielsweise Teilentlassungen, erfolgen.

Literatur und weiterführende Normen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1113 ff., § 1132 und § 1140 BGB
  • Grundbuchordnung (GBO)
  • Kommentarliteratur: Palandt, BGB-Kommentar; Münchener Kommentar zum BGB

Hinweis: Diese Beschreibung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ersetzt keine Rechtsberatung und ist zur Übersicht und Information für das Rechtslexikon bestimmt.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird eine Gesamthypothek im Grundbuch eingetragen und was ist hierbei zu beachten?

Die Eintragung einer Gesamthypothek im Grundbuch erfolgt nach den Vorgaben der §§ 1113 ff. BGB in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der Grundbuchordnung (GBO). Die Eintragung setzt voraus, dass mehrere Grundstücke im Eigentum desselben Schuldners stehen oder zugunsten desselben Gläubigers mit einer einheitlichen Hypothek belastet werden sollen. Es ist zwingend erforderlich, dass in der Eintragungsbewilligung sowie im Grundbuch genau bezeichnet wird, welche Grundstücke von der Gesamthypothek erfasst werden. Die Belastung mit der Gesamthypothek ist bei sämtlichen betroffenen Grundstücken im jeweiligen Grundbuchblatt unter Angabe des Gläubigers, des Grundschuld- oder Hypothekenbetrags sowie sonstiger Nebenabreden einzutragen. Besonders zu beachten ist, dass die Eintragung der Gesamthypothek eine Verknüpfung der Grundstücke hinsichtlich der Haftung für dieselbe Forderung herstellt (Akzessorietät). Zudem wirkt sich jede formale Änderung, beispielsweise eine Teilung der Hypothek, auf alle im Haftungsverband befindlichen Grundstücke aus. Die Gesamthypothek kann gemäß § 1132 BGB nur unter Mitwirkung aller Beteiligten und mit Bewilligung des Gläubigers aufgelöst oder in eine Einzelhypothek umgewandelt werden.

Welche Besonderheiten gelten bei der Zwangsvollstreckung in Gesamthypotheken?

Im Fall der Zwangsvollstreckung aus einer Gesamthypothek ist zu beachten, dass der Gläubiger grundsätzlich das Recht hat, aus der Gesamthypothek nach seiner freien Wahl in jedes der durch die Hypothek gesicherten Grundstücke vollstrecken zu lassen. Kommt es zur Teilbefriedigung aus einem Grundstück, so haftet die Gesamthypothek weiterhin für den Restbetrag der gesicherten Forderung an den verbleibenden Grundstücken. Ein einzelner Grundstückseigentümer kann die Zwangsvollstreckung in „sein“ Grundstück durch Hinterlegung des auf dieses Grundstück entfallenden Haftungsanteils abwenden (§ 1173 BGB). Allerdings ist auch hierbei wegen der Gesamthaftung stets die Zustimmung des Hypothekengläubigers erforderlich; Widersprüche und Vorrangverhältnisse einzelner Grundstücke müssen beachtet werden.

Wie ist die Übertragung einer Gesamthypothek rechtlich geregelt?

Die Übertragung einer Gesamthypothek erfolgt nach den allgemeinen Regelungen zur Abtretung und Übertragung von Hypotheken, insbesondere nach §§ 1153 und 1160 BGB. Der Hypothekengläubiger kann seine Rechte durch Abtretung der gesicherten Forderung sowie der damit verknüpften Hypothek (Ablösungsrecht) auf einen Dritten übertragen. Im Falle einer Gesamthypothek erstreckt sich die Übertragung automatisch auf alle belasteten Grundstücke, sofern keine Teilung oder Umwandlung in Einzelhypotheken vorgenommen wurde. Die Übertragung muss zu ihrer Wirksamkeit im Grundbuch eingetragen werden; dazu ist regelmäßig eine Bewilligung des neuen Gläubigers erforderlich. Grundbuchtechnisch wird die Abtretung im jeweiligen Grundbuchblatt der betroffenen Grundstücke eingetragen, wobei klar erkennbar sein muss, dass die Hypothek als Gesamthypothek bestehen bleibt.

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Miteigentümer im Zusammenhang mit einer Gesamthypothek?

Halten mehrere Personen ein gesamthänderisches Eigentum an mehreren Grundstücken, die mit einer Gesamthypothek belastet sind, so kann grundsätzlich jeder Miteigentümer mit Zustimmung der übrigen Berechtigten die Aufhebung oder Teilung der Gesamthypothek beantragen. Jeder Teilhaber kann außerdem verlangen, dass nach Befriedigung des Gläubigers die Löschung der Hypothek auf dem „eigenen“ Grundstück erfolgt. Jedoch darf die Rechtsstellung des Gläubigers durch eine solche Teilung oder Löschung nicht beeinträchtigt werden. Die Teilung der Hypothek (§ 1132 BGB) bedarf grundsätzlich der Einwilligung aller Beteiligten, insbesondere aber der des Gläubigers, da mit dem Wegfall der gesamtschuldnerischen Haftung das Risiko einer verminderten Werthaltigkeit der Sicherheit verbunden sein kann.

Was geschieht bei Veräußerung einzelner Grundstücke, die mit einer Gesamthypothek belastet sind?

Veräußert der Eigentümer eines der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke dieses an einen Dritten, so bleibt die Haftung des Grundstücks für die gesicherte Gesamtforderung im Rahmen des bestehenden Haftungsverbands grundsätzlich bestehen. Der Erwerber übernimmt das Grundstück daher mit der bestehenden Gesamthypothek, inklusive der akzessorischen Haftung. Eine Ablösung der Hypothek auf dem veräußerten Grundstück ist nur möglich, wenn der neue Eigentümer oder der Erwerber den anteiligen Haftungsbetrag an den Gläubiger zahlt und dieser der Ablösung zustimmt. Wird im Rahmen der Veräußerung die Zustimmung zur Haftungsentlassung nicht eingeholt, kann der Gläubiger seine Rechte weiterhin aus der Gesamthypothek gegen sämtliche Grundstücke geltend machen.

Wie verhält es sich bei der Umwandlung einer Gesamthypothek in Einzelhypotheken?

Die Umwandlung einer Gesamthypothek in Einzelhypotheken kann erfolgen, wenn der Gläubiger und die beteiligten Grundstückseigentümer dies vereinbaren und die notwendigen grundbuchlichen Eintragungen vornehmen. Dies geschieht auf Antrag und unter Beachtung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen, u. a. der Sicherstellung, dass eine angemessene Verteilung der gesicherten Forderung auf die jeweiligen Grundstücke erfolgt. Dabei ist im Grundbuch bei jedem Grundstück separat eine (Einzel-)Hypothek für den entsprechenden Teilbetrag einzutragen. Eine solche Umwandlung bedarf stets der Zustimmung des Hypothekengläubigers (§ 1132 BGB), da sonst die Rechtsstellung des Gläubigers durch Wegfall der solidarischen Haftung aller Grundstücke verschlechtert würde. Nach erfolgter Umwandlung haften die Grundstücke nur noch für den auf sie entfallenden Teil der gesicherten Forderung.

Welche Rechtsmittel stehen dem Hypothekenschuldner gegen Maßnahmen des Gläubigers zu?

Der Hypothekenschuldner kann sich gegen unberechtigte Maßnahmen des Hypothekengläubigers, insbesondere gegen eine ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung, mit einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder mit einer Grundbuchberichtigungs- bzw. Löschungsklage (§§ 894, 1004 BGB) zur Wehr setzen. Er kann die Haftung seines Grundstücks durch Zahlung oder Hinterlegung des geschuldeten Betrages gemäß den Vorschriften zur Schuldtilgung aufheben. Zur Prüfung der Berechtigung von Forderungen und Vollstreckungsmaßnahmen kann der Schuldner die grundbuchlichen Eintragungen sowie die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse (z. B. Forderungsbeziehungen) heranziehen. Ferner kann der Schuldner, sofern die Voraussetzungen vorliegen, die Teilung oder Umwandlung der Gesamthypothek verlangen, muss dabei jedoch die Anforderungen aus dem BGB und der GBO beachten.