Gesamtbetrag der Einkünfte: Bedeutung, Einordnung und Abgrenzung
Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist eine zentrale Rechengröße im deutschen Einkommensteuerrecht. Er stellt eine Zwischenstufe der steuerlichen Bemessung dar und bildet die Grundlage für nachgelagerte Abzugs- und Freibeträge. Laien können ihn als „bereinigte Summe“ der steuerpflichtigen Einkünfte verstehen, nachdem bestimmte rechnerische Zwischenschritte und Entlastungen berücksichtigt wurden. Aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte wird im weiteren Verlauf das Einkommen und schließlich das zu versteuernde Einkommen abgeleitet.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
- Bruttoeinnahmen: Summe der erzielten Einnahmen ohne Abzug von Kosten; kein steuerlicher Maßstab für die Tarifermittlung.
- Einkünfte je Einkunftsart: Einnahmen abzüglich der dazugehörigen Ausgaben (z. B. Betriebsausgaben, Werbungskosten) innerhalb einer Einkunftsart.
- Summe der Einkünfte: Addition der Einkünfte aus allen Einkunftsarten nach innerjährigem Verlustausgleich.
- Gesamtbetrag der Einkünfte: Summe der Einkünfte nach Abzug bestimmter Entlastungsbeträge; dient als Ausgangsgröße für weitere Abzüge.
- Einkommen: Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug u. a. von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen.
- Zu versteuerndes Einkommen: Einkommen nach Abzug weiterer Freibeträge (z. B. für Kinder), maßgeblich für die Tarifsteuer.
Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte
Schritt 1: Ermittlung der Einkünfte je Einkunftsart
Die Einkommensteuer unterscheidet sieben Einkunftsarten. Für jede Einkunftsart werden zunächst die Einkünfte ermittelt, indem den Einnahmen die jeweils zuordenbaren Aufwendungen gegenübergestellt werden:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb
- Einkünfte aus selbständiger Arbeit
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
- Einkünfte aus Kapitalvermögen
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Sonstige Einkünfte (z. B. private Veräußerungsgeschäfte innerhalb maßgeblicher Fristen, bestimmte wiederkehrende Bezüge)
Bereinigungen und pauschalierte Abzüge, die einkunftsartspezifisch wirken (etwa Pauschbeträge oder teilweise Steuerfreistellungen einzelner Ertragsbestandteile), werden in dieser Stufe berücksichtigt.
Schritt 2: Verlustausgleich innerhalb und zwischen Einkunftsarten
Negative Einkünfte können grundsätzlich mit positiven Einkünften desselben Jahres verrechnet werden. Man unterscheidet einen Ausgleich innerhalb derselben Einkunftsart (horizontaler Ausgleich) und einen Ausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten (vertikaler Ausgleich). Für einzelne Einkunftsarten bestehen Beschränkungen und besondere Regelungen, insbesondere im Bereich der Kapitaleinkünfte oder bei bestimmten privaten Veräußerungsverlusten. Nicht verrechenbare Verluste können unter den Voraussetzungen des Verlustabzugs in andere Veranlagungszeiträume übertragen werden (Rücktrag/Vortrag).
Schritt 3: Bildung der Summe der Einkünfte
Nach der Ermittlung der Einkünfte je Einkunftsart und dem innerjährigen Verlustausgleich werden die verbleibenden Einkünfte zu einer Summe zusammengefasst. Diese Zwischengröße wird als Summe der Einkünfte bezeichnet.
Schritt 4: Entlastungsbeträge vor dem Gesamtbetrag der Einkünfte
Bevor der Gesamtbetrag der Einkünfte feststeht, werden von der Summe der Einkünfte bestimmte Entlastungsbeträge abgezogen. Dazu zählen insbesondere der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende sowie der Altersentlastungsbetrag, sofern die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Beträge mindern die Summe der Einkünfte, bevor nachgelagerte Abzugspositionen (etwa Sonderausgaben) berücksichtigt werden.
Ergebnis: Gesamtbetrag der Einkünfte
Die Größe, die nach Berücksichtigung der genannten Entlastungsbeträge verbleibt, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte. Er kann positiv, null oder in Ausnahmefällen auch negativ ausfallen. Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte wirkt sich auf die Behandlung von Verlusten in anderen Veranlagungszeiträumen aus.
Was gehört nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte?
- Steuerfreie Einnahmen: Einnahmen, die ausdrücklich steuerfrei gestellt sind, zählen nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte.
- Einnahmen mit besonderer Besteuerung: Kapitalerträge, die bereits abschließend mit einer gesonderten Quellensteuer belastet wurden, werden grundsätzlich nicht einbezogen, es sei denn, sie werden in die Veranlagung einbezogen.
- Leistungen unter Progressionsvorbehalt: Bestimmte Lohnersatzleistungen erhöhen nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte, können aber den Steuersatz beeinflussen.
- Pauschal besteuerte Einkünfte: Etwa aus geringfügiger Beschäftigung mit pauschaler Besteuerung werden regelmäßig nicht in den Gesamtbetrag der Einkünfte aufgenommen.
- Nachgelagerte Abzüge: Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und bestimmte Steuerermäßigungen mindern nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte, sondern wirken erst auf späteren Stufen.
Bedeutung und Rechtsfolgen
Funktion im Berechnungsschema
Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist die maßgebliche Ausgangsgröße für die weiteren Stufen der Besteuerung. Von ihm werden im nächsten Schritt u. a. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie gegebenenfalls Verlustabzüge aus anderen Veranlagungszeiträumen abgezogen, um das Einkommen zu ermitteln. Danach folgen weitere Freibeträge bis hin zum zu versteuernden Einkommen, auf dessen Grundlage die Tarifsteuer berechnet wird.
Schwellenwerte und Höchstbeträge
Der Gesamtbetrag der Einkünfte dient als Bezugsgröße für verschiedene gesetzliche Schwellen, Höchstbeträge und Zumutbarkeitsgrenzen. Die Höhe des Gesamtbetrags kann damit mittelbar bestimmen, in welchem Umfang bestimmte Aufwendungen abziehbar sind oder in welcher Höhe prozentuale Grenzen anzuwenden sind.
Einfluss auf Verlustabzug
Ein negativer oder niedriger Gesamtbetrag der Einkünfte kann dazu führen, dass Verluste, die im Veranlagungszeitraum nicht vollständig ausgeglichen werden konnten, in andere Jahre übertragen werden. Der Verlustabzug mindert in einem Folge- oder Vorjahr den steuerlichen Bemessungsrahmen in der Stufe nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte.
Besondere Konstellationen
Zusammenveranlagung von Ehegatten oder Lebenspartnern
Bei einer gemeinsamen Veranlagung werden die Einkünfte beider Personen zusammengefasst. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist in diesem Fall das Ergebnis aus der addierten Summe der Einkünfte beider Personen, vermindert um die an dieser Stelle zu berücksichtigenden Entlastungsbeträge.
Kapitalerträge und Wahlrechte
Kapitalerträge können durch eine besondere Erhebungsform bereits endbesteuert sein und daher regelmäßig nicht in den Gesamtbetrag der Einkünfte eingehen. Werden sie in die Veranlagung einbezogen, zählen sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Summe der Einkünfte und damit grundsätzlich auch zum Gesamtbetrag der Einkünfte.
Progressionsvorbehalt
Bestimmte steuerfreie Einnahmen, meist Lohnersatzleistungen, bleiben zwar außerhalb des Gesamtbetrags der Einkünfte, werden aber zur Bestimmung des individuellen Steuersatzes berücksichtigt. Dadurch können sie die finale Steuerbelastung beeinflussen, ohne den Gesamtbetrag der Einkünfte zu erhöhen.
Einkünfte aus dem Ausland
Ausländische Einkünfte werden nach den geltenden Regeln zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst. Je nach Anwendungsfall können sie entweder in den Gesamtbetrag der Einkünfte einfließen oder von der Bemessungsgrundlage ausgenommen und lediglich bei der Steuersatzbestimmung berücksichtigt werden.
Abgrenzungsbeispiele
Beispielhafte Einordnung typischer Einnahmen
- Arbeitslohn: Grundsätzlich Teil der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und damit Bestandteil der Summe der Einkünfte sowie des Gesamtbetrags der Einkünfte.
- Elterngeld: Gehört nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte, kann aber den Steuersatz beeinflussen.
- Mieteinnahmen: Nach Abzug der Werbungskosten Bestandteil der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und damit grundsätzlich im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten.
- Dividenden: Werden grundsätzlich nur dann im Gesamtbetrag der Einkünfte erfasst, wenn sie in die Veranlagung einbezogen sind; andernfalls bleiben sie außerhalb.
- Private Veräußerungsgeschäfte: Gewinne sind innerhalb bestimmter Fristen steuerbar und fließen dann in den Gesamtbetrag der Einkünfte ein; außerhalb dieser Fristen sind sie regelmäßig nicht zu berücksichtigen.
- Geringfügige Beschäftigung mit Pauschsteuer: Regelmäßig kein Bestandteil des Gesamtbetrags der Einkünfte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet der Begriff „Gesamtbetrag der Einkünfte“?
Er bezeichnet die Summe der steuerpflichtigen Einkünfte nach innerjährigem Verlustausgleich und nach Abzug bestimmter Entlastungsbeträge. Er ist eine Vorstufe auf dem Weg zum Einkommen und zum zu versteuernden Einkommen.
Wie unterscheidet sich der Gesamtbetrag der Einkünfte von der Summe der Einkünfte?
Die Summe der Einkünfte ist die Addition der Einkünfte aus allen Einkunftsarten nach Verlustausgleich. Vom Ergebnis werden bestimmte Entlastungsbeträge abgezogen. Die so bereinigte Größe ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.
Gehören steuerfreie Lohnersatzleistungen zum Gesamtbetrag der Einkünfte?
Nein. Solche Leistungen werden regelmäßig nicht in den Gesamtbetrag der Einkünfte einbezogen, können aber den Steuersatz über den Progressionsvorbehalt beeinflussen.
Werden Kapitalerträge im Gesamtbetrag der Einkünfte berücksichtigt?
Kapitalerträge fließen grundsätzlich nur dann in den Gesamtbetrag der Einkünfte ein, wenn sie in die Veranlagung einbezogen werden. Sind sie bereits endgültig mit einer besonderen Quellensteuer belastet, bleiben sie im Regelfall unberücksichtigt.
Kann der Gesamtbetrag der Einkünfte negativ sein?
Ja. Ergibt sich nach den maßgeblichen Zwischenschritten ein negativer Wert, kann dies Auswirkungen auf den Verlustabzug in andere Veranlagungszeiträume haben.
Welche Rolle spielt der Gesamtbetrag der Einkünfte bei Höchstbeträgen und Zumutbarkeiten?
Er dient häufig als Bezugsgröße für gesetzliche Höchstbeträge und prozentuale Zumutbarkeitsgrenzen. Die Höhe des Gesamtbetrags kann daher mittelbar den Umfang bestimmter Abzugsmöglichkeiten bestimmen.
Wie wirkt sich eine Zusammenveranlagung auf den Gesamtbetrag der Einkünfte aus?
Bei gemeinsamer Veranlagung werden die Einkünfte beider Personen zusammengefasst. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt sich aus der addierten Summe der Einkünfte beider Partner, vermindert um die auf dieser Stufe zu berücksichtigenden Entlastungsbeträge.