Legal Lexikon

Wiki»Geodaten

Geodaten


Begriff und rechtliche Einordnung von Geodaten

Geodaten, auch als Geoinformationen bezeichnet, sind digitale Daten mit Bezug zu Orten, Flächen oder Objekten auf der Erdoberfläche. Sie beschreiben mit Hilfe von räumlichen Koordinaten Lage, Ausdehnung oder Eigenschaften von geografischen Sachverhalten und dienen als Grundlage für raumbezogene Analysen und digitale Anwendungen. Geodaten werden im öffentlichen und privaten Sektor, etwa in der Verwaltung, Planung, Wirtschaft, Umweltwissenschaft oder durch Privatpersonen, genutzt. In rechtlicher Hinsicht unterliegen Geodaten einer Vielzahl von Regelungen, die ihre Erhebung, Verarbeitung, Veröffentlichung und Nutzung betreffen.

Rechtliche Grundlagen für Geodaten

1. Gesetzliche Regelungen auf nationaler Ebene

Eine zentrale Rolle spielt das Geodatenzugangsgesetz (GeoZG), welches die Bereitstellung und den Zugang zu Geodaten regelt, die von Stellen der öffentlichen Verwaltung erhoben oder gehalten werden. Es schafft Rechtsgrundlagen für ein standardisiertes, interoperables Geodatenmanagement und legt Regelungen zur Verarbeitung und zum Austausch dieser Daten fest.

  • Definition und Erfassung: Das GeoZG definiert Geodaten als Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet.
  • Zugänglichmachung: Öffentliche Geodaten sind demnach, unter Wahrung anderer Rechte, grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich zu machen; Ausnahmen gelten beispielsweise bei Belangen des Datenschutzes oder der Sicherheit.

2. Europäische Regelungen – INSPIRE-Richtlinie

Die INSPIRE-Richtlinie (Infrastructure for Spatial Information in the European Community, 2007/2/EG) hat auf europäischer Ebene die Schaffung einer gemeinsamen Geodaten-Infrastruktur zum Ziel. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Geodaten interoperabel bereitzustellen, insbesondere für Umweltschutz- und Planungsaufgaben. Das GeoZG dient in Deutschland der Umsetzung der INSPIRE-Vorgaben.

  • Zentrale Punkte der INSPIRE-Richtlinie sind die Interoperabilität (einheitliche Datenstandards) und der breite Zugang zu raumbezogenen Daten für Behörden, Unternehmen und Bürger.

3. Landesrechtliche Vorschriften

Neben bundesrechtlichen Regelungen bestehen spezifische Geodatenzugangsgesetze auf Länderebene. Die Länder regeln insbesondere Aspekte der Datenbereitstellung durch Kataster-, Vermessungs- oder Umweltverwaltungen. Diese Landesgesetze orientieren sich an den Vorgaben des Bundes und greifen teilweise weitergehende Sachverhalte, wie Nutzungsbedingungen oder Tarife, auf.

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte bei Geodaten

Ein zentrales rechtliches Spannungsfeld ergibt sich zwischen dem Interesse an Zugänglichkeit und Transparenz von Geodaten und dem Schutz personenbezogener oder grundstücksbezogener Informationen.

1. Personenbezug von Geodaten

Geodaten können – etwa bei Eigentümer- oder Adressdaten in Katasterinformationen – einen Personenbezug aufweisen. Sobald ein Zusammenhang mit identifizierbaren natürlichen Personen gegeben ist, greifen die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

  • Die Verarbeitung personenbezogener Geodaten ist nur unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Grundprinzipien und mit einer geeigneten Rechtsgrundlage zulässig.
  • Geodaten, die anonymisiert oder aggregiert sind, unterliegen nicht den Vorgaben des Datenschutzrechts.

2. Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

Bei Geodaten, die beispielsweise Standorte kritischer Infrastrukturen oder industrielle Anlagen betreffen, spielt der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine entscheidende Rolle. Öffentlich-rechtliche Stellen müssen im Rahmen der Geodatenbereitstellung den Geheimnisschutz nach Maßgabe des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) sowie einschlägige Spezialgesetze beachten.

3. Bodenrechtliche und grundbuchrechtliche Implikationen

Kataster- und Bodendaten sind Grundlage für das Grundbuch und das Liegenschaftskataster. Die Einsichtnahme und Nutzung solcher Geodaten ist gesetzlich geregelt, um einen Ausgleich zwischen öffentlichem Informationsinteresse und Individualrechten herzustellen.

Geistiges Eigentum und Schutzrechte an Geodaten

Die Frage des geistigen Eigentums ist bei Geodaten komplex und unterliegt unterschiedlichen rechtlichen Regelungen.

1. Urheberrechtliche Betrachtungen

Geodaten gelten grundsätzlich nicht als urheberrechtlich schützenswert, sofern sie bloße Sachinformationen darstellen (§ 2 UrhG). Allerdings kommt für kartografische Darstellungen, Datenbanken oder speziell aufbereitete Geodatensätze ein Datenbankherstellerrecht (§ 87a ff. UrhG) in Betracht, wenn sie das Ergebnis wesentlicher Investitionen darstellen.

  • Open Data und Lizenzen: Öffentliche Stellen bieten Geodaten zunehmend unter offenen Lizenzen (wie etwa der Data License Germany) an, was weitergehende rechtliche Nutzungsmöglichkeiten schafft.

2. Sonderregelungen und Schranken

Soweit Geodaten durch Rechte Dritter geschützt sind, finden gesetzliche Nutzungsschranken wie das Zitierrecht oder spezielle Schrankenregelungen für Zwecke der öffentlichen Sicherheit Anwendung.

Haftung und Verantwortlichkeit bei der Nutzung von Geodaten

Die Haftung bei Fehlern, Ungenauigkeiten oder Missbrauch von Geodaten richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen sowie spezifischen Regelungen in den Geodatenzugangsgesetzen.

1. Haftungsbeschränkungen öffentlicher Geodatendienste

Öffentliche Stellen können die Haftung für die Verfügbarkeit, Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit bereitgestellter Geodaten in bestimmten Grenzen beschränken § 8 GeoZG. Nutzer sind in der Regel gehalten, Geodaten auf eigene Verantwortung zu prüfen.

2. Folgen von Rechtsverletzungen

Unberechtigte Weitergabe, Veröffentlichung oder kommerzielle Nutzung von Geodaten kann zu Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüchen führen.

Weitergehende rechtliche Fragestellungen zu Geodaten

1. Open Government und Transparenzgesetzgebung

Geodaten sind ein wesentlicher Bestandteil von Open Data und der Öffnung staatlicher Datenbestände. Informationsfreiheitsgesetze auf Bundes- und Länderebene regeln den Anspruch auf Zugang zu Geodaten zusätzlich zu den Geodatenzugangsgesetzen.

2. Internationale Dimension und grenzüberschreitender Datenverkehr

Die Nutzung, Bereitstellung und der Austausch von Geodaten im internationalen Kontext werfen Fragen des Datentransfers, der Interoperabilität von Infrastrukturen und der Anerkennung von Schutzrechten auf.


Zusammenfassung

Geodaten sind raumbezogene Daten, die einer Vielzahl rechtlicher Rahmenbedingungen unterliegen. Das Geodatenzugangsgesetz als zentrales nationales Gesetz, die INSPIRE-Richtlinie auf europäischer Ebene sowie landesrechtliche Regelungen bestimmen die Bereitstellung und Nutzung öffentlicher Geodaten. Datenschutz, das Recht am geistigen Eigentum sowie Haftungsfragen und Aspekte der Open-Data-Politik wirken sich auf den Umgang mit Geodaten aus und machen deren rechtliche Behandlung komplex. Bei Nutzung und Verarbeitung sind stets die einschlägigen Normen zu beachten, um den Ausgleich zwischen Transparenzinteressen und Schutzrechten zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist urheberrechtlicher Inhaber von Geodaten und wie wird dieses Recht geschützt?

In rechtlicher Hinsicht ist der urheberrechtliche Inhaber von Geodaten grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die die Daten durch individuelle geistige Schöpfung erzeugt hat, sofern diese Datensammlung die erforderliche Schöpfungshöhe nach § 2 UrhG (Urheberrechtsgesetz) erreicht. Im Falle von einfachen, rein faktischen Geometrie- bzw. Sachdaten besteht in der Regel kein Urheberrechtsschutz. Allerdings können digitale Kartenwerke, digitale Luftbilder, thematische Datensammlungen oder komplex strukturierte Geodatensätze als Datenbanken gemäß § 87a ff. UrhG Schutz genießen, wenn eine wesentliche Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Daten erfolgt ist. Der Schutz umfasst das ausschließliche Recht, die Geodatensammlung oder wesentliche Teile hiervon zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Zuwiderhandlungen können zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz auslösen, daneben sind auch strafrechtliche Sanktionen nicht ausgeschlossen.

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln in Deutschland die Nutzung und Weitergabe von Geodaten?

Die Nutzung und Weitergabe von Geodaten in Deutschland ist durch verschiedene Gesetze geregelt. Zentral sind das Geodatenzugangsgesetz (GeoZG) auf Bundesebene sowie die dazu korrespondierenden Geodatenzugangsgesetze der Bundesländer, die den Zugang zu Umweltdaten und weiteren raumbezogenen Informationen regeln. Diese Gesetze setzen insbesondere die Europäische INSPIRE-Richtlinie (2007/2/EG) in nationales Recht um. Weitere wesentliche Regelungen ergeben sich aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie – sofern personenbezogene Geodaten verarbeitet werden – aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Für Geodaten, die durch öffentlich-rechtliche Organisationen bereitgestellt werden, ist zudem das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG, Umsetzung der EU-PSI-Richtlinie) maßgeblich, welches die Bereitstellung und (Wieder-)Nutzung amtlicher Daten festlegt. Daneben können spezielle Fachgesetze, wie das Vermessungs- und Katastergesetz der Länder, Anwendung finden.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Geodaten ohne Lizenz genutzt werden?

Die Nutzung von Geodaten ohne Lizenz ist nur dann zulässig, wenn die Daten unter einer offenen Lizenzierung (z.B. Open Data-Lizenzen wie Datenlizenz Deutschland, Creative Commons Lizenzen oder spezifische Open Government Data-Lizenzen) veröffentlicht wurden oder wenn das Gesetz eine entsprechende Nutzungsbefugnis einräumt. Im Rahmen des § 87c UrhG ist eine Nutzung in begrenztem Umfang für den privaten Gebrauch (etwa zu Lehrzwecken oder für wissenschaftliche Zwecke) möglich, sofern kein kommerzielles Interesse besteht und keine Technischen Schutzmaßnahmen umgangen werden. Geodaten der öffentlichen Verwaltung müssen, sofern keine schutzwürdigen Interessen Dritter oder datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, im Sinne des GeoZG und des IWG grundsätzlich möglichst offen bereitgestellt und genutzt werden können. Allerdings können auch hier bestimmte Nutzungsbedingungen und Einschränkungen – etwa zur Namensnennung, Quellenangabe oder Bearbeitungsverboten – bestehen bleiben.

Inwiefern ist der Datenschutz bei der Verarbeitung von Geodaten zu beachten?

Der Datenschutz gewinnt bei der Verarbeitung von Geodaten immer dann an Bedeutung, wenn es sich um personenbezogene Daten handelt oder solche abgeleitet werden können. Insbesondere GPS-Koordinaten, Adressdaten oder Bewegungsprofile werden nach der Definition der DSGVO als personenbezogene Daten betrachtet, sobald ein Personenbezug besteht, direkt oder indirekt. In solchen Fällen ist stets ein Erlaubnistatbestand nach Art. 6 DSGVO für die Datenerhebung und -verarbeitung notwendig. Es gilt das Prinzip der Datenminimierung, die Betroffenenrechte (Auskunft, Löschung, Berichtigung etc.) sind zu gewährleisten. Zudem müssen angemessene technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um die Vertraulichkeit und Integrität der Geodaten zu sichern. Werden Geodaten in Drittstaaten (außerhalb der EU) übermittelt, ist der internationale Datenschutz sicherzustellen.

Welche haftungsrechtlichen Aspekte sind bei fehlerhaften oder unvollständigen Geodaten zu beachten?

Werden Geodaten fehlerhaft oder unvollständig bereitgestellt, können daraus sowohl vertragliche als auch deliktische Haftungsansprüche entstehen. Im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, etwa bei der entgeltlichen Überlassung von Geodaten, haftet der Anbieter im Rahmen der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsregeln sowie nach § 280 BGB für Schäden, die durch mangelhafte Datenübermittlung verursacht werden. Auch bei der unentgeltlichen Bereitstellung ist eine Haftung – sofern nicht wirksam ausgeschlossen – nach den Grundsätzen der Gefährdungs- und Verschuldenshaftung möglich. Allerdings enthalten Open Data-Lizenzen und Nutzungsbedingungen regelmäßig umfassende Haftungsausschlüsse und -beschränkungen („Nutzung auf eigene Gefahr“). Dennoch bleiben Ansprüche aus Produkthaftung oder bei grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz davon in der Regel unberührt. Auch kann eine Haftung nach § 823 BGB (unerlaubte Handlung) etwa bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder rechtswidriger Datenverwendung entstehen.

Welche Besonderheiten gelten bei Geodaten, die einem behördlichen Geheimnisschutz unterliegen?

Geodaten, die als Verschlusssache eingestuft sind oder aus anderen Gründen behördlichem Geheimnisschutz unterliegen (etwa aus Gründen der nationalen Sicherheit, des militärischen Schutzes oder zum Schutz kritischer Infrastruktur), unterliegen strengen rechtlichen Zugriffsbeschränkungen. Die einschlägigen Vorschriften finden sich insbesondere im Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG), im Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes sowie in spezifischen Landesgesetzen. Verstöße gegen entsprechende Geheimhaltungsvorschriften können straf- und disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Offenlegung, Bearbeitung oder das unbefugte Kopieren solcher Geodaten ist strikt untersagt, zudem gelten besondere Anforderungen an die gesicherte Aufbewahrung und Übermittlung. Ein Antrag auf Zugang zu solchen Geodaten ist regelmäßig auszuschließen, selbst wenn Informationsfreiheitsbestimmungen vorliegen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Veröffentlichung von Geodaten im Internet?

Bei der Veröffentlichung von Geodaten im Internet sind zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten. Es ist sicherzustellen, dass keine urheberrechtlich oder lizenzrechtlich geschützten Daten unbefugt öffentlich zugänglich gemacht werden (§ 19a UrhG). Des Weiteren müssen datenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere bei der Visualisierung personenbezogener Geodaten (z.B. auf interaktiven Karten), beachtet werden. Die Impressums- und Anbieterkennzeichnungspflicht gemäß Telemediengesetz (TMG) muss ebenso eingehalten werden wie gegebenenfalls Exportkontroll- oder Verschlusssacheregelungen. Schließlich sind die in der jeweiligen Open Data-Lizenz festgelegten Nutzungsbedingungen bei einer Weitergabe der Geodaten einzuhalten, insbesondere im Hinblick auf Quellenangabe, Änderungen und Weitergabe unter gleichen Bedingungen (ShareAlike). Verstöße können zu Unterlassungs-, Schadensersatzansprüchen sowie zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen führen.