Begriff und rechtliche Einordnung des General Standard
Der General Standard ist ein Segment des regulierten Marktes (Regulierter Markt) an deutschen Wertpapierbörsen, das spezifisch ausgestaltete Zulassungs- und Folgepflichten für börsennotierte Unternehmen vorsieht. Er bildet gemeinsam mit dem Prime Standard die wesentlichen Teilbereiche des regulierten Marktes und richtet sich vor allem an Unternehmen, die ausschließlich die gesetzlich vorgegebenen europäischen und nationalen Mindestanforderungen erfüllen möchten. Die Regelungen sind primär im Börsengesetz (BörsG), in der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) und in den jeweiligen Börsenordnungen verankert.
Rechtliche Grundlagen und Normen
Regulierter Markt und Marktsegmente
Der regulierte Markt ist ein organisierter Markt im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und unterliegt umfassender europäischer sowie nationaler Regulierung. Der General Standard ist Bestandteil dieses regulierten Marktes. Die Unterscheidung zu anderen Marktsegmenten – insbesondere dem Prime Standard – liegt in den weitergehenden Transparenz- und Publizitätspflichten, denen Emittenten im Prime Standard freiwillig unterliegen.
Zulassungsvoraussetzungen
Um in den General Standard aufgenommen zu werden, müssen Unternehmen die Zulassungsvoraussetzungen gemäß §§ 32 ff. BörsG und BörsZulV erfüllen. Zu den zentralen Voraussetzungen zählen:
- Das Vorliegen eines Prospekts nach der Verordnung (EU) 2017/1129 (Prospektverordnung).
- Ein Mindestzeichnungsvolumen und ein Mindeststreubesitz.
- Die rechtzeitige und vollständige Einreichung aller erforderlichen Unterlagen, wie Jahresabschlüsse, testierte Bilanzen und Unternehmensdarstellungen.
Folgepflichten und Transparenzanforderungen
Im General Standard bestehen die Folgepflichten überwiegend aus gesetzlich festgelegten Mindestvorgaben. Wesentliche Publizitätspflichten sind:
- Die Veröffentlichung von Insiderinformationen (Ad-hoc-Publizität gemäß Art. 17 Marktmissbrauchsverordnung – MAR).
- Die periodische Vorlage und Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten (Jahresabschluss, Lagebericht, gegebenenfalls Konzernabschluss).
- Zwischenberichte und Halbjahresfinanzberichte sind gemäß §§ 114, 115 WpHG zu veröffentlichen.
- Mitteilungspflichten über Stimmrechtsanteile gemäß §§ 33 ff. WpHG.
Im Gegensatz zum Prime Standard bestehen im General Standard keine zusätzlichen Berichtspflichten in englischer Sprache oder quartalsweise Finanzberichterstattungspflichten.
Abgrenzung zu anderen Marktsegmenten
Der General Standard ist von anderen Marktsegmenten klar abzugrenzen:
- Prime Standard: Höheres Transparenzniveau, zusätzliche Berichts- und Mitteilungspflichten, International Financial Reporting Standards (IFRS) obligatorisch.
- Freiverkehr/Open Market: Nicht-regulierter Markt, deutlich weniger strikte gesetzliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen.
Unternehmen im General Standard erfüllen sämtliche Anforderungen, um ihre Aktien oder Anleihen auch für institutionelle und private Anleger im europäischen Raum handelbar zu machen, ohne sich zusätzlichen freiwilligen Transparenzpflichten zu unterwerfen.
Bedeutung für Emittenten und Anleger
Vorteile für Emittenten
Die Listung im General Standard ermöglicht den Zugang zu einem organisierten, hoheitlich überwachten Markt mit einem transparenten, aber nicht überbordenden Maß an Regularien. Damit spricht dieses Segment insbesondere mittelständische Unternehmen und Emittenten ohne internationale Kapitalmarktambitionen an.
Auswirkungen für Anleger
Aus Anlegersicht gewährleistet der General Standard eine rechtssichere Informationserlangung, da sämtliche gesetzlichen Publizitätspflichten erfüllt werden müssen. Die Anforderungen sichern ein Mindestmaß an Transparenz und Anlegerschutz, während weitergehende, insbesondere internationale Berichtspflichten den Prime Standard kennzeichnen.
Aufsicht, Überwachung und Sanktionen
Unternehmen im General Standard unterliegen sowohl der laufenden Börsenaufsicht als auch der Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Verstöße gegen die Publizitäts- und Berichtspflichten führen zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, die von Ordnungswidrigkeitenverfahren bis zu Bußgeldern und in Extremfällen bis zum Widerruf der Zulassung reichen können.
Relevanz im internationalen Kontext
Der General Standard ist primär auf nationale Unternehmen mit Fokus auf den deutschen Kapitalmarkt zugeschnitten. Internationale Standards, wie sie der Prime Standard verlangt, sind nicht verpflichtend, jedoch werden die EU-weit harmonisierten Mindesterfordernisse abgebildet, sodass eine Grundkompatibilität auf europäischer Ebene gewährleistet ist.
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Angesichts der fortschreitenden Marktintegration in Europa und der wachsenden Anforderungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung (z.B. CSRD – Corporate Sustainability Reporting Directive) ist auch im General Standard mit steigenden Regelungen zu rechnen. Zudem prüfen Gesetzgeber und Börsen kontinuierlich die Anforderungen, um einerseits die Attraktivität des Kapitalmarktstandorts Deutschland zu erhalten und andererseits Anlegerschutz sowie Marktintegrität sicherzustellen.
Zusammenfassung
Der General Standard bildet ein zentrales Segment des regulierten Marktes in Deutschland und bietet börsennotierten Unternehmen eine Plattform, die den gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen entspricht. Er ist insbesondere für Unternehmen geeignet, die auf dem deutschen Kapitalmarkt präsent sein wollen, ohne zusätzliche freiwillige Transparenzanforderungen in Kauf zu nehmen. Mit seinen klar definierten Zulassungs- und Folgepflichten gewährleistet der General Standard sowohl Rechtssicherheit für Emittenten als auch Schutz und Information für Anleger.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Zulassung eines Unternehmens zum General Standard?
Für die Zulassung eines Unternehmens zum General Standard am regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse müssen die Zulassungsvoraussetzungen gemäß dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), dem Börsengesetz (BörsG), der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) sowie der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse erfüllt sein. Dazu zählt insbesondere, dass das Unternehmen einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligten Prospekt vorlegt, der sämtliche gesetzlich geforderten Informationen über das Unternehmen, dessen Kapitalstruktur und die zur Zulassung beantragten Wertpapiere enthält. Ferner müssen die Wertpapiere zum Handel fungibel, also frei übertragbar sein und ein ausreichendes Streubesitzvolumen aufweisen, das nach festgelegten Kriterien überprüft wird. Darüber hinaus sind organisatorische und finanzielle Stabilitätsnachweise der Gesellschaft vorzulegen, um die dauerhafte Einhaltung der Börsenzulassungsregeln zu gewährleisten.
Welche laufenden Publizitätspflichten bestehen im General Standard?
Nach der Aufnahme in den General Standard sind Emittenten rechtlich verpflichtet, eine Vielzahl an Publizitätspflichten zu erfüllen, die insbesondere im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), der Marktmissbrauchsverordnung (MAR), dem Aktiengesetz (AktG), sowie spezifischen Regelwerken der Börse geregelt sind. Dazu zählen vor allem die regelmäßige Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten und Halbjahresfinanzberichten innerhalb gesetzlich festgelegter Fristen. Darüber hinaus ist die Ad-hoc-Publizität zu beachten: Emittenten müssen unverzüglich kursrelevante, nicht öffentliche Informationen bekannt geben. Zudem sind Mitteilungen über Stimmrechtsanteile nach § 33 WpHG und Directors‘ Dealings nach Artikel 19 MAR zu veröffentlichen. Die Einhaltung dieser Pflichten wird behördlich überwacht, und Verstöße können empfindliche Sanktionen nach sich ziehen.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Publizitätsvorschriften im General Standard?
Bei Verstößen gegen die Publizitätsvorschriften im General Standard greifen mehrere Sanktionsmechanismen. Zunächst kann die Börse ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreifen, die bis zur Aussetzung oder dem Widerruf der Zulassung reichen können. Daneben drohen Bußgelder durch die BaFin nach Maßgabe des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), insbesondere bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung. Zudem kann ein Verstoß zivilrechtliche Haftungsansprüche geschädigter Anleger nach sich ziehen, beispielsweise aufgrund fehlerhafter, verspäteter oder unterlassener Informationen, etwa im Rahmen der Prospekthaftung beziehungsweise bei Verletzung von Ad-hoc-Pflichten. Auch die strafrechtliche Verfolgung ist im Einzelfall möglich, vor allem bei Betrugs- oder Insiderdelikten.
Wie unterscheidet sich der General Standard rechtlich vom Prime Standard?
Im rechtlichen Kontext sind die Unterschiede vor allem im Umfang der Transparenz- und Folgepflichten zu finden. Während im General Standard die gesetzlichen Mindestanforderungen nach dem europäischen Recht und den deutschen Kapitalmarktgesetzen Anwendung finden (z.B. Veröffentlichung von Jahres- und Halbjahresfinanzberichten, Ad-hoc-Mitteilungen, Stimmrechtsmitteilungen), verlangt der Prime Standard darüber hinaus weitergehende und strengere Berichterstattungspflichten, wie Quartalsmitteilungen, Unternehmenskalender und englischsprachige Veröffentlichungen. Die Teilnahme am Prime Standard ist für Unternehmen verpflichtend, die in Auswahlindizes wie DAX, MDAX, SDAX oder TecDAX gelistet werden wollen, wohingegen für den General Standard lediglich die gesetzlichen Publizitätspflichten genügen.
Welche Anforderungen gelten an den Wertpapierprospekt im General Standard?
Der Wertpapierprospekt, der bei der Zulassung zum General Standard vorgelegt werden muss, unterliegt den umfassenden Vorgaben der EU-Prospektverordnung (ProspektVO) sowie dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Der Prospekt muss detaillierte Angaben zur Geschäftstätigkeit des Emittenten, zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, zu den Geschäftsleitern und wesentlichen Anteilsinhabern, zu Risikofaktoren, zu Finanzinformationen und zur Struktur des angebotenen Wertpapiers enthalten. Die Prospektprüfung erfolgt durch die BaFin, die insbesondere die Vollständigkeit, Konsistenz und Verständlichkeit prüft. Die Veröffentlichung des genehmigten Prospekts ist zwingende Voraussetzung für den Börsenhandel im General Standard, wobei potenzielle Haftungsrisiken für etwaige Fehler oder Auslassungen bestehen.
Wie erfolgt die Überwachung der Einhaltung rechtlicher Standards im General Standard?
Die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen im General Standard wird durch mehrere Institutionen überwacht. Zum einen erfolgt durch die Deutsche Börse AG eine kontinuierliche Kontrolle der Börsenzulassungs- und Folgepflichten der gelisteten Emittenten. Zum anderen überwacht die BaFin gemäß WpHG und Prospektrecht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, führt Ermittlungen durch und kann bei Verstößen Sanktionen anordnen. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) übernimmt darüber hinaus stichprobenartige sowie anlassbezogene Prüfungen der Unternehmensberichterstattung, sofern fehlerhafte oder irreführende Finanzberichte im Raum stehen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann die Börsenzulassung entzogen oder der Handel ausgesetzt werden.
Besteht für im General Standard gelistete Unternehmen eine Pflicht zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards?
Im General Standard gelistete Unternehmen sind verpflichtet, für die Veröffentlichung ihrer Konzernabschlüsse die internationalen Rechnungslegungsstandards, insbesondere die International Financial Reporting Standards (IFRS), anzuwenden (§ 315e HGB i.V.m. EU-VO 1606/2002). Einzelabschlüsse können weiterhin nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) erstellt werden. Die Anwendung der IFRS ist notwendig, um die Transparenz und Vergleichbarkeit im europäischen Kapitalmarkt zu sichern. Die Einhaltung wird durch Abschlussprüfer sowie durch entsprechende Überwachungsinstitutionen kontrolliert; Verstöße können zu Prospekthaftung oder zu kapitalmarktrechtlichen Sanktionen führen.