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Gemeinschaftsmauer


Gemeinschaftsmauer: Rechtliche Definition, Grundlagen und Praxis

Begriff und rechtliche Definition der Gemeinschaftsmauer

Eine Gemeinschaftsmauer bezeichnet im deutschen Sachenrecht eine Grenzeinrichtung, die zwei Grundstücke voneinander trennt und beiden angrenzenden Grundstückseigentümern gemeinsam gehört. Diese Mauer steht in der Regel auf der Grenze zweier Grundstücke und wird gemeinschaftlich genutzt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in den Landesnachbarrechtsgesetzen festgelegt.

Während der Begriff häufig synonym mit der „Grenzmauer“ verwendet wird, ist die Gemeinschaftsmauer rechtlich dadurch definiert, dass sie beiden Nachbarn im Verhältnis von Miteigentum gemeinschaftlich zusteht (§ 921 BGB). Dies unterscheidet sie von einseitigen Nachbarschaftseinrichtungen wie etwa der Grenzwand, die ausschließlich auf einem Grundstück steht.

Entstehung und Begründung der Gemeinschaftsmauer

Entstehung durch Vereinbarung

Die Gemeinschaftsmauer entsteht in der Regel durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen den beiden Grundstückseigentümern. Diese Vereinbarung kann privatschriftlich oder notariell beurkundet geschlossen und im Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung schafft Rechtsklarheit hinsichtlich des Miteigentums und der Nutzung.

Entstehung nach Gesetz

Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung kann nach § 921 BGB eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung bestehen, wenn eine Grenzmauer auf der Grenze steht und beide Grundstückseigentümer sie bisher als gemeinsame Einrichtung behandelt haben. Diese faktische Nutzung führt zu einem konkludenten Mitbenutzungsrecht.

Eigentumsverhältnisse und Nutzungsrechte

Miteigentum

Die Eigentumsverhältnisse an einer Gemeinschaftsmauer sind durch Miteigentum in Bruchteilen geregelt. In der Regel steht jeweils die Hälfte der Mauer den beiden angrenzenden Grundstückseigentümern zu, sofern die Parteien keine andere Verteilung vereinbart haben (§ 921 Satz 1 BGB). Dieses Miteigentum umfasst sowohl das Recht an der baulichen Substanz als auch das Recht zur Nutzung und Instandhaltung.

Nutzungsumfang

Die Beteiligten dürfen die Gemeinschaftsmauer jeweils beidseitig nutzen, solange dadurch der andere nicht beeinträchtigt wird (§ 921 Satz 2 BGB). Beispielsweise kann jeder Grundstückseigentümer auf seiner Seite Gegenstände anbringen, sofern die Standfestigkeit oder der Zustand der Mauer nicht gefährdet wird.

Pflichten und Rechte der Eigentümer

Instandhaltung und Kostentragung

Beiden Eigentümern obliegt die gemeinschaftliche Instandhaltung und Erhaltung der Mauer. Die Kosten hierfür werden regelmäßig nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile aufgeteilt (§ 922 BGB). Über Art und Umfang von Instandsetzungsmaßnahmen müssen sich die Eigentümer verständigen, wozu im Streitfall auch das ordentliche Gericht angerufen werden kann.

Bauliche Veränderungen und Verwendungen

Veränderungen an der Gemeinschaftsmauer, insbesondere Erhöhungen, Verkürzungen oder grundlegende Umbauten, bedürfen beidseitiger Zustimmung. Einseitige Eingriffe sind lediglich in den gesetzlich zugelassenen Ausnahmefällen oder bei vorheriger Zustimmung des anderen Eigentümers zulässig.

Nutzung durch einen Eigentümer

Jeder Teileigentümer ist berechtigt, die Gemeinschaftsmauer mit Zustimmung des anderen über das übliche Maß hinaus zu nutzen. Baut beispielsweise ein Nachbar einen Anbau an die Gemeinschaftsmauer, so ist hierfür die Zustimmung des anderen Teileigentümers einzuholen. Erfolgt die Nutzung einseitig und ohne Zustimmung, kann gegebenenfalls ein Entschädigungsanspruch des anderen Eigentümers entstehen.

Beendigung und Auflösung der Gemeinschaft

Aufhebung durch Vereinbarung

Die Gemeinschaft an der Gemeinschaftsmauer kann durch Vereinbarung zwischen den Eigentümern aufgehoben werden (§ 923 BGB). Dies geschieht üblicherweise durch Teilung und Zuordnung der Mauer zu einem der angrenzenden Grundstücke, gegebenenfalls verbunden mit entsprechender Entschädigungsleistung.

Anspruch auf Aufhebung

Jeder Teileigentümer kann grundsätzlich die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, es sei denn, die gemeinschaftliche Nutzung ist als dauerhafte Grenzeinrichtung erforderlich. Wird die Gemeinschaft aufgehoben, kann eine Versetzung oder ein Abriss der Mauer notwendig werden. Die Einzelheiten regeln die Parteien im Rahmen der Aufhebung.

Besonderheiten in den Landesnachbarrechtsgesetzen

Neben den bundesrechtlichen Vorschriften im BGB greifen auch die jeweiligen Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer, die Regelungen zum Bau von Grenzmauern, deren Höhe, Abstand und Gestaltung enthalten. Diese Gesetze konkretisieren die Rechte und Pflichten der Eigentümer und können zusätzliche Anforderungen stellen, beispielsweise zur Genehmigung von Bauvorhaben oder zur Art der zulässigen Nutzung (z. B. Begrünung, Anbringung technischer Einrichtungen).

Bedeutung in der Praxis

Gemeinschaftsmauern sind in Siedlungsgebieten mit kleinteiligen Grundstücken weit verbreitet. Sie dienen dem Schutz der Grundstücke und der Wahrung der nachbarschaftlichen Verhältnisse. Rechtliche Konflikte ergeben sich insbesondere bei Baumaßnahmen, Instandhaltungsarbeiten oder bei Streitigkeiten hinsichtlich der Nutzung und Kostentragung. Aufgrund der komplexen Rechtslage ist eine vertragliche Regelung der wechselseitigen Rechte und Pflichten zu empfehlen.

Zusammenfassung

Die Gemeinschaftsmauer stellt eine zentrale gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im deutschen Sachenrecht dar. Sie begründet ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen den angrenzenden Grundstückseigentümern mit Rechten und Pflichten bezüglich Nutzung, Instandhaltung und baulicher Veränderung. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 921 ff. BGB) sowie ergänzend in den jeweiligen Nachbarrechtsgesetzen der Länder. Die ordnungsgemäße Handhabung gemeinschaftlicher Mauern ist bedeutsam für ein gutes nachbarschaftliches Miteinander und die nachhaltige Nutzung der Grundstücke.

Häufig gestellte Fragen

Wer trägt die Kosten für Instandhaltung und Reparatur einer Gemeinschaftsmauer?

Die Kosten für Instandhaltung und Reparatur einer Gemeinschaftsmauer werden in der Regel anteilig von den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke getragen. Nach deutschem Recht (vor allem nach § 921 ff. BGB) handelt es sich bei einer Gemeinschaftsmauer um sogenanntes Miteigentum der Nachbarn, sofern die Mauer auf der Grundstücksgrenze errichtet wurde. Das bedeutet, dass beide Grundstückseigentümer im Verhältnis zueinander gleichberechtigt und verpflichtend in die Unterhaltung und Instandsetzung der Mauer eingebunden sind. Dazu zählen sowohl gewöhnliche Instandhaltungsmaßnahmen wie Ausbesserungen oder das Beheben kleinerer Schäden als auch umfassende Reparaturen nach z. B. Sturm- oder Frostschäden. Eine einseitige Kostenbelastung ist dabei grundsätzlich unzulässig. Verweigert ein Eigentümer seinen Anteil, kann der andere ihn auf Kostenbeteiligung verklagen. Von dieser Solidargemeinschaft kann abgewichen werden, wenn per notariell beurkundeter Vereinbarung oder durch eine im Grundbuch eingetragene Baulast eine hiervon abweichende Regelung gilt. Ist die Mauer jedoch noch nicht als Gemeinschaftsmauer anerkannt oder handelt es sich bei der Instandsetzungsmaßnahme um eine Modernisierung oder ein Upgrade, das lediglich von einem Eigentümer gewollt wird, können abweichende Regelungen greifen.

Inwiefern besteht eine Duldungspflicht gegenüber Erhaltungsmaßnahmen an einer Gemeinschaftsmauer?

Eigentümer müssen Erhaltungsmaßnahmen an einer Gemeinschaftsmauer dulden, selbst wenn damit vorübergehende Einschränkungen oder Störungen einhergehen. Der Bundesgerichtshof sieht darin eine Ausprägung der gegenseitigen Verpflichtung zur Erhaltung des gemeinsamen Eigentums. Konkret bedeutet das: Muss die Mauer beispielsweise verputzt, gestrichen oder ausgebessert werden, müssen die Grundstückseigentümer dulden, dass Handwerker das Nachbargrundstück betreten, Gerüste aufstellen oder sich im Bereich der Mauer aufhalten. Diese Duldungspflicht bezieht sich ausschließlich auf notwendige Maßnahmen zur Erhaltung des ursprünglichen Bauzustands; Veränderungen, die das Aussehen oder die Funktion der Mauer wesentlich beeinflussen (zum Beispiel Anbringen von Rankgittern, Mauerdurchbrüche oder Aufstockungen), sind hingegen zustimmungspflichtig. Eine unangemessene oder unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Eigentums muss dem Nachbarn allerdings nicht zugemutet werden; hier ist stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien geboten.

Wer entscheidet über bauliche Veränderungen an einer Gemeinschaftsmauer?

Grundsätzlich dürfen bauliche Veränderungen an einer Gemeinschaftsmauer, die über den reinen Erhaltungszweck hinausgehen, nur mit Zustimmung aller Miteigentümer vorgenommen werden. Typische Fälle sind das Errichten von Aufbauten auf der Mauer, das Einlassen von Fenstern oder Durchgängen, das Anbringen von Anbauten oder das Verändern der Oberflächengestaltung. Jede dieser Maßnahmen stellt eine Veränderung der Substanz und des Erscheinungsbildes der Gemeinschaftsmauer dar und kann Auswirkungen auf die Nutzungsmöglichkeiten oder den Wert des Grundstücks des anderen Eigentümers haben. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Nachbarn besteht somit in rechtlicher Hinsicht ein Durchsetzungsdefizit für den Veränderungswilligen. Im Streitfall kann eine Einigung gerichtlich herbeigeführt werden; häufig sind hier Schiedsstellen oder Güteverfahren vorgeschaltet. Bei eigenmächtigen baulichen Maßnahmen drohen Rückbauverpflichtungen sowie, falls ein Schaden entsteht, entsprechende Schadensersatzansprüche.

Kann einer der Eigentümer die Nutzung der Gemeinschaftsmauer einschränken oder untersagen?

Einzelnen Eigentümern steht es nicht zu, dem anderen Nachbarn die zulässige Nutzung der Gemeinschaftsmauer einseitig zu untersagen oder einzuschränken, sofern die Nutzung dem gewöhnlichen Gebrauch und der gemeinsamen Zweckbestimmung der Mauer entspricht. Das umfasst beispielsweise das Anlehnen harmloser Gegenstände, das Anbringen leichter Dekorationen oder das Spalierziehen von Pflanzen, solange dies nicht die Substanz gefährdet oder die Rechte des anderen Eigentümers in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Grenzüberschreitende Nutzungen – etwa das Anbringen von dauerhaft verankerten Konstruktionen ohne Zustimmung des Nachbarn – sind hingegen nicht vom normalen Nutzungsrecht gedeckt und können untersagt werden. Ein Miteigentümer kann sich rechtlich gegen übermäßige oder unzumutbare Nutzungen zur Wehr setzen, indem er eine Unterlassungsklage erhebt. Bei Streitigkeiten orientieren sich die Gerichte am Charakter der Mauer als gemeinsamem Eigentum und prüfen, ob eine Treuwidrigkeit oder Interessenverletzung vorliegt.

Was passiert, wenn nur ein Miteigentümer Maßnahmen an der Gemeinschaftsmauer wünscht?

Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten über erforderliche Maßnahmen an einer Gemeinschaftsmauer, etwa weil nur ein Eigentümer eine Reparatur, Sanierung oder Modernisierung wünscht, ist zunächst dessen Einigkeit mit dem anderen Nachbarn erforderlich. Verweigert ein Eigentümer ohne sachlichen Grund die Zustimmung zu notwendigen Erhaltungsmaßnahmen, kann der andere Eigentümer ihn gerichtlich auf Zustimmung verpflichten. Möchte jedoch nur ein Miteigentümer Maßnahmen umsetzen, die über die bloße Erhaltung hinausgehen (z. B. Modernisierung, verstärkter Schallschutz, zusätzliche Wärmedämmung), kann er dies nicht gegen den Willen des anderen Nachbarn durchsetzen. Soweit diese Maßnahmen das gemeinschaftliche Eigentum betreffen und in das Eigentumsrecht des anderen Miteigentümers eingreifen, ist ohne dessen Einverständnis keine rechtmäßige Umsetzung möglich. Ergibt sich durch eine einseitige Maßnahme ein Vorteil für nur einen Eigentümer, kann dieser zudem verpflichtet sein, dem anderen einen finanziellen Ausgleich zu gewähren.

Welche Rechte und Pflichten bestehen bei einer Beschädigung der Gemeinschaftsmauer durch Dritte?

Wird die Gemeinschaftsmauer durch Dritte beschädigt – beispielsweise durch Bauarbeiten, einen Verkehrsunfall oder durch mutwillige Zerstörung – haben beide Eigentümer als Miteigentümer einen eigenen, unmittelbaren Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Das bedeutet, sie können Ersatz verlangen für die Kosten der Wiederherstellung der Mauer sowie ggf. für Wertminderungen oder weitere Schäden, die aus der Beschädigung resultieren. Häufig führen Eigentümer das Verfahren gemeinsam, sie können ihre Rechte jedoch auch unabhängig voneinander geltend machen. Ist der Schaden durch einen Miteigentümer oder dessen Erfüllungsgehilfen entstanden, haftet dieser allein auf vollen Schadensersatz gegenüber dem anderen. Darüber hinaus bleibt das gemeinschaftliche Prinzip bestehen: Nach erfolgter Wiederherstellung werden neue Instandhaltungskosten wieder anteilig getragen. Im Streitfall über die Schadensregulierung stehen den Eigentümern die üblichen zivilrechtlichen Klagemöglichkeiten offen.

Wie verhält es sich mit dem Versicherungsschutz für eine Gemeinschaftsmauer?

Der Versicherungsschutz für eine Gemeinschaftsmauer hängt davon ab, ob und in welchem Umfang eine Wohngebäudeversicherung oder eine spezielle Mauer- bzw. Grundstücksversicherung besteht. Häufig beinhalten solche Policen den Schutz von auf der Grundstücksgrenze befindlichen Mauern, Natursteinmauerwerken u. Ä. gegen typische Schadensarten wie Sturm, Hagel oder Vandalismus. Da die Mauer beiden Grundstückseigentümern gemeinschaftlich zuzurechnen ist, müssen im Idealfall beide Versicherungsverträge aufeinander abgestimmt werden, um Doppelversicherungen oder Deckungslücken auszuschließen. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls wird in der Regel beiden Parteien anteilig die Versicherungssumme zugeteilt, es sei denn, ein Eigentümer kommt seiner Mitwirkungspflicht nicht nach oder hat den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht. Besonders problematisch kann es werden, wenn die Versicherungsbedingungen abweichen oder Streit über die Höhe der Erstattung entsteht. Klärung kann durch Abstimmung der jeweiligen Versicherer oder notfalls durch ein gerichtliches Verfahren geschaffen werden.