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Gemeindewahlen


Begriff und rechtliche Definition der Gemeindewahlen

Gemeindewahlen bezeichnen die regelmäßig stattfindenden, demokratisch legitimierten Wahlen zur Besetzung von Organen der kommunalen Selbstverwaltung innerhalb einer Gemeinde. Gemeint sind insbesondere die Wahl von Gemeindevertretungen (z.B. Gemeinderat, Stadtrat, Stadtverordnetenversammlung) sowie häufig zugleich die Wahl der Hauptverwaltungsbeamten der Kommune (z.B. Bürgermeister, Oberbürgermeister). Gemeindewahlen sind ein zentrales Element der kommunalen Demokratie, verankert im deutschen Recht ebenso wie in vielen europäischen und internationalen Rechtsordnungen.

Rechtsgrundlagen der Gemeindewahlen

Grundgesetzliche Vorgaben

Die grundrechtliche Basis kommunaler Wahlen findet sich in Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG):

„Das Volk muss in den Gemeinden eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.“

Diese Grundsätze stellen sicher, dass Gemeindewahlen denselben Wahlrechtsgrundsätzen unterliegen wie etwa Bundestags- oder Landtagswahlen.

Kommunalwahlgesetze der Länder

Da das Kommunalrecht im föderal aufgebauten deutschen Staat weitgehend Sache der Länder ist, gestalten die jeweiligen Kommunalwahlgesetze (z.B. das Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen (KWahlG NRW), Kommunalwahlgesetz Baden-Württemberg (KomWG BW) etc.) die rechtlichen Voraussetzungen und den Ablauf der Gemeindewahlen detailliert aus. Wesentliche Regelungsbereiche sind dort:

  • Wahlberechtigung und Wählbarkeit
  • Wahlsystem (z.B. Verhältniswahl, Mehrheitswahl, Mischformen)
  • Verfahrensvorschriften zu Wahlorgane, Ablauf, Fristen und Modalitäten
  • Rechtsbehelfe und Wahlprüfung

Europarechtliche Vorgaben

Durch das Europarecht, insbesondere die Charta der kommunalen Selbstverwaltung des Europarats (Artikel 3) und das Europäische Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am öffentlichen Leben auf kommunaler Ebene, existieren Mindeststandards für die Gestaltung demokratischer Gemeindewahlen, insbesondere zur Gewährleistung aktiven und passiven Wahlrechts auch für Unionsbürger.

Wahlrechtsgrundsätze und Systemfragen bei Gemeindewahlen

Allgemeines Wahlrecht

Das allgemeine Wahlrecht sichert, dass alle Bürgerinnen und Bürger, welche das jeweilige Wahlalter und die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, teilnehmen dürfen. Eine wesentliche Besonderheit stellt das kommunale Wahlrecht für Unionsbürger dar, das auf Art. 28 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 AEUV beruht und Unionsbürgern in vielen Bundesländern das aktive und passive Wahlrecht bei Gemeindewahlen einräumt.

Wahlrechtsgrundsätze

Gemeindewahlen müssen den grundlegenden Wahlrechtsprinzipien entsprechen:

  • Allgemeinheit: Keine sachwidrige Beschränkung des Wahlrechts.
  • Unmittelbarkeit: Die Wahl erfolgt ohne Zwischenschaltung Wahlmänner.
  • Freiheit: Wähler ist in seiner Entscheidung unbeeinflusst.
  • Gleichheit: Jede Stimme hat grundsätzlich den gleichen Zählwert.
  • Geheimheit: Die Wahlentscheidung bleibt vertraulich.

Wahlsysteme

Die Ausgestaltung der Wahlsysteme ist den Ländern überlassen. Häufig finden sich die folgenden Systeme:

  • Listenwahl (Verhältniswahl): Die Sitze werden nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen auf die Parteien oder Wählergruppen verteilt.
  • Personenwahl (Mehrheitswahl): Die Kandidierenden erhalten Sitze nach erreichter Mehrheit auf Einzelbewerberbasis.

Teilweise bestehen Mischformen oder besondere Verfahren wie Kumulieren und Panaschieren, die es erlauben, mehrere Stimmen auf einzelne Kandidierende zu vergeben.

Wahlorgane und Durchführung der Gemeindewahlen

Wahlorgane

Für die Organisation und Durchführung der Gemeindewahlen sind auf Ebene der Gemeinden und Kreise zahlreiche Wahlorgane zu bilden, so etwa:

  • Wahlleiter: Verantwortlich für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl.
  • Wahlausschuss: Entscheidungsgremium für Zulassung der Wahlvorschläge und Feststellung des Wahlergebnisses.
  • Wahlvorstände: Überwachen den Ablauf der Abstimmung in den Wahllokalen.

Ablauf der Wahl

Der typische Ablauf gliedert sich in folgende Phasen:

  • Wahlbekanntmachung: Offizielle Ankündigung der Wahl mit Angabe von Zeitpunkt und Rahmenbedingungen.
  • Einreichung von Wahlvorschlägen: Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber stellen ihre Listen und Kandidaturen auf.
  • Prüfung und Zulassung: Der Wahlausschuss entscheidet über die Gültigkeit der Vorschläge.
  • Stimmabgabe: Die Wahl erfolgt zumeist als Urnenwahl, vielerorts aber auch mittels Briefwahl, um das Wahlrecht möglichst umfassend zu gewährleisten.
  • Auszählung und Feststellung des Ergebnisses: Stimmen werden öffentlich ausgezählt und das Wahlergebnis vom Wahlausschuss offiziell festgestellt und bekannt gegeben.

Wahlrecht und Wählbarkeit

Voraussetzungen der Wahlberechtigung

Wahlberechtigt ist grundsätzlich, wer

  • das 16. Lebensjahr (teilweise das 18. Lebensjahr) vollendet hat,
  • seit mindestens 3 Monaten im Gemeindegebiet wohnt,
  • die deutsche oder eine andere Unionsstaatsangehörigkeit besitzt und
  • nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen ist (z.B. durch Richterspruch).

Grundsatz der gleichen Wählbarkeit

Zur Wählbarkeit sind regelmäßig

  • Volljährigkeit,
  • dauerhafter Wohnsitz in der Gemeinde,
  • keine Ausschlussgründe nach Kommunalwahlrecht (u.a. fehlende Geschäftsfähigkeit, bestimmte strafrechtliche Verurteilungen)

erforderlich.

Rechtsmittelsystem und Kontrolle der Gemeindewahlen

Wahlprüfung

Nach Abschluss der Wahl besteht für jeden Wahlberechtigten in einem bestimmten Zeitraum das Recht, Wahleinsprüche gegen die Ordnungsmäßigkeit der Wahl zu erheben. Diese werden im kommunalrechtlichen Verfahren geprüft. Rechtsmittel und Verfahren richten sich nach den Vorgaben des Kommunalwahlgesetzes des jeweiligen Landes.

Rechtsschutz und Anfechtung

Je nach Landesrecht entscheidet der Wahlprüfungsausschuss der jeweiligen Vertretung oder ein Verwaltungsgericht als nächsthöhere Instanz. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung kann zur Wiederholung der Wahl oder einzelner Wahlakte führen.

Besonderheiten kommunaler Wahlrechtsgestaltung

Wahlperioden

Die Amtszeit der Gemeindevertretungen und der Hauptverwaltungsbeamten (z.B. Bürgermeister) ist landesrechtlich geregelt und beträgt in den meisten Ländern fünf Jahre.

Kommunales Wahlrecht für Unionsbürger

Seit dem Inkrafttreten des EU-Maastricht-Vertrags sind nicht nur deutsche Staatsangehörige, sondern auch Staatsangehörige eines anderen EU-Mitgliedstaats unter den gleichen Bedingungen berechtigt, an Gemeindewahlen teilzunehmen.

Verhältnis zu Bürger- und Ratsbegehren

In einigen Ländern existieren ergänzend direktdemokratische Elemente wie Bürgerentscheide oder Ratsreferenden, deren rechtliche Grundlagen und Ablauf mit dem kommunalen Wahlrecht verzahnt sind.

Literatur und weiterführende Informationen

Zur vertieften Auseinandersetzung mit den rechtlichen Aspekten der Gemeindewahlen seien die einschlägigen Kommunalwahlgesetze, deren Durchführungsverordnungen, sowie die Kommentare zum Kommunalrecht der Länder empfohlen. Für einen systematischen Überblick bietet sich zudem die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Wahlrechtsgrundsätzen auf allen staatlichen Ebenen an.


Hinweis: Der vorstehende Text stellt eine sachlich orientierte, rechtliche Übersicht zum Begriff der Gemeindewahlen dar. Die genaue Ausgestaltung kann in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sein. Für eine verbindliche Auslegung sind stets die aktuellen kommunalrechtlichen Vorschriften sowie die einschlägige Rechtsprechung zu beachten.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist bei den Gemeindewahlen wahlberechtigt?

Wahlberechtigt bei Gemeindewahlen sind nach deutschem Kommunalrecht grundsätzlich alle Personen, die die staatsbürgerlichen Voraussetzungen und die jeweiligen länderspezifischen Anforderungen erfüllen. In der Regel umfasst dies das Erreichen eines Mindestalters, meist von 16 oder 18 Jahren, sowie den dauerhaften Wohnsitz in der entsprechenden Gemeinde seit mindestens drei Monaten vor dem Wahltag. Für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger mit Wohnsitz in Deutschland besteht ebenfalls das Kommunalwahlrecht, das sich aus der EU-Bürgerrechtsrichtlinie ergibt. Rechtlich ausgeschlossen vom Wahlrecht sind Personen, die durch richterliche Entscheidung vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden, etwa infolge einer strafrechtlichen Verurteilung mit Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder wegen Geschäftsunfähigkeit. Die genaue Ausgestaltung des Wahlrechts, insbesondere bezüglich des Alters und der Ausschlussgründe, ist in den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen der Bundesländer geregelt.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Kandidatenaufstellung?

Die Aufstellung der Kandidaten erfolgt nach spezifischen, im Kommunalwahlrecht verankerten, demokratischen Grundsätzen. Parteien und Wählergruppen müssen hierfür eine Mitgliederversammlung oder eine Vertreterversammlung einberufen, die demokratisch legitimiert ist. Die Aufstellung muss in geheimer Wahl stattfinden, und es gelten verbindliche Fristen für die Einreichung der Wahlvorschläge bei der Gemeindebehörde. Nach den Landeswahlgesetzen sind die notwendigen Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge geregelt. Des Weiteren muss jeder Kandidat zur Wahl berechtigt sein, das heißt insbesondere die o. g. Voraussetzungen für das aktive Wahlrecht erfüllen, wobei zudem das passive Wahlalter (für das Recht, gewählt zu werden) maßgeblich ist, das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt sein kann. Bei Verstößen gegen die formalen und demokratischen Regularien kann die Wahlbeanstandung durch die Wahlleitung oder Konkurrenten erfolgen; im Extremfall führt dies zum Ausschluss betroffener Listen oder Kandidaten.

Wie erfolgt die rechtliche Kontrolle und Anfechtung der Gemeindewahl?

Die Gemeindewahlen unterliegen einer umfassenden rechtlichen Kontrolle, um ihre Rechtmäßigkeit zu gewährleisten. Nach Abschluss der Wahl kann jede wahlberechtigte Person innerhalb einer in den Kommunalwahlordnungen bestimmten Frist, meist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, Einspruch gegen die Wahl beim zuständigen Wahlausschuss oder bei der Aufsichtsbehörde einlegen. Die Gründe für einen Wahleinspruch sind detailliert gesetzlich normiert und umfassen sowohl formale Fehler im Ablauf der Wahlhandlung als auch materielle Verstöße gegen das Wahlrecht (z. B. unzulässiger Ausschluss vom Wahlrecht, Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung, fehlende geheime Wahl). Das Wahlprüfungsverfahren ist rechtlich in mehreren Instanzen ausgestaltet; gegen Entscheidungen des Wahlausschusses kann gegebenenfalls Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingelegt werden. Bei erheblichen Verstößen kann eine Wahl für ungültig erklärt und wiederholt werden.

Was sind die gesetzlichen Fristen im Ablauf der Gemeindewahlen?

Der zeitliche Ablauf der Gemeindewahlen ist in den entsprechenden Wahlgesetzen und -ordnungen verbindlich geregelt. Beginnend mit der Festsetzung des Wahltages durch die Aufsichtsbehörde werden alle wesentlichen Fristen präzise vorgegeben: Hierzu zählen Fristen zur Einreichung von Wahlvorschlägen, zur Sammlung von Unterstützungsunterschriften, zur Veröffentlichung der Wahlbekanntmachung, für die Beantragung von Briefwahlunterlagen sowie die Fristen für Einsprüche gegen das Wahlergebnis. Beispielsweise muss der Wahlvorschlag in der Regel mindestens sechs bis acht Wochen vor dem Wahltag eingereicht werden. Versäumnisse dieser gesetzlichen Fristen führen in aller Regel zum Verlust der jeweiligen Rechte (z. B. zur Kandidatur oder zum Wahleinspruch).

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zur Durchführung der Stimmabgabe?

Die Durchführung der Stimmabgabe unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben, die eine freie, gleiche und geheime Wahl garantieren sollen. Die Wahllokale müssen in leicht zugänglichen und geeigneten Räumen eingerichtet sein und während der Wahlzeiten, die ebenfalls gesetzlich festgelegt sind, kontinuierlich geöffnet sein. Die Wahlleitung und der Wahlvorstand tragen die Verantwortung für einen ordnungsgemäßen Ablauf, einschließlich der Identitätsprüfung der Wähler, der Ausstellung und Aushändigung der Stimmzettel sowie der Gewährleistung der geheimen Stimmabgabe – etwa durch Wahlkabinen. Darüber hinaus sind besondere Regelungen zur Briefwahl und zur barrierefreien Wahlteilnahme festgelegt. Verstöße gegen die ordnungsgemäße Durchführung, etwa durch Wahlbeeinflussung, fehlende Geheimhaltung oder Mängel bei der Stimmauszählung, können die Wahlanfechtung nach sich ziehen.

Welche Vorschriften gelten für die Auszählung und Bekanntgabe der Wahlergebnisse?

Die Auszählung der Stimmen hat unmittelbar im Anschluss an die Beendigung der Wahlhandlung durch den Wahlvorstand öffentlich, jedoch unter Wahrung der Wahlgeheimnisse zu erfolgen. Die Auszählung muss transparent und nachvollziehbar durchgeführt werden, wobei alle Ergebnisse detailliert dokumentiert und protokolliert werden müssen. Etwaige ungültige Stimmen werden nach den gesetzlichen Kriterien aussortiert und gesondert vermerkt. Das vorläufige Wahlergebnis wird durch den Wahlleiter bekanntgegeben und ist unverzüglich in geeigneter Form (z. B. durch Aushang am Wahllokal und auf der Gemeinde-Website) zu veröffentlichen. Die endgültige Feststellung und Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgt nach Prüfung aller Wahlniederschriften und Bearbeitung etwaiger Einsprüche durch den Wahlausschuss der Gemeinde.

Welche gesetzlichen Schutzmechanismen existieren gegen Wahlmanipulation?

Um die Integrität der Gemeindewahlen sicherzustellen, existieren umfassende straf- und ordnungsrechtliche Vorschriften. Wahlfälschung, Wahlbetrug, Nötigung und Bestechung im Zusammenhang mit Gemeindewahlen stehen unter Strafe und können mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden (§ 107 ff. Strafgesetzbuch). Rechtlich geregelt ist die strikte Untersagung jeglicher Beeinflussung im Wahllokal, das Verbot unbefugter Wahlbeobachtung, die Pflicht zur sofortigen Anzeige vermuteter Unregelmäßigkeiten durch Wahlhelfer sowie detaillierte Richtlinien für die sichere Aufbewahrung und Vernichtung nicht benutzter Wahlunterlagen. Die Wahlbeobachtung durch unabhängige Dritte ist zulässig, sofern die Geheimhaltung nicht verletzt wird. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Wahlen obliegt zudem speziell geschulten Wahlbehörden.