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Gemeindevorstand


Definition und rechtliche Grundlagen des Gemeindevorstands

Der Begriff Gemeindevorstand bezeichnet in Deutschland, Österreich und der Schweiz das Kollegialorgan der kommunalen Selbstverwaltung, welches für die laufende Verwaltung und die Umsetzung der Beschlüsse des Gemeindeparlaments verantwortlich ist. Die rechtliche Ausgestaltung des Gemeindevorstands unterscheidet sich länderspezifisch teils erheblich, jedoch existieren grundlegende Gemeinsamkeiten hinsichtlich Funktion, Zusammensetzung und Aufgabenbereich.

Rechtsquellen und gesetzliche Verankerung

Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für den Gemeindevorstand sind überwiegend in den jeweiligen Gemeindeordnungen oder Kommunalgesetzen der Bundesländer (Deutschland), dem Gemeindegesetz (Österreich) beziehungsweise dem Gemeindegesetz (Schweiz) geregelt. Darüber hinaus finden sich weiterführende Vorschriften zur Ausgestaltung und Kontrolle kommunaler Organe im jeweiligen Verfassungsrecht und im Verwaltungsverfahrensrecht.

Deutschland

In Deutschland ist der Gemeindevorstand fester Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung, welche nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz gewährleistet ist. Die genaue Ausgestaltung regelt das Kommunalrecht der Bundesländer, so zum Beispiel die Hessische Gemeindeordnung (HGO §§ 66 ff.), die Niedersächsische Kommunalverfassung oder das Bayerische Gemeindeordnung.

Österreich

In Österreich basiert die Organisation des Gemeindevorstandes auf landesrechtlichen Gemeindegesetzen, etwa dem Niederösterreichischen Gemeindeverfassungsgesetz 1973 oder dem Wiener Stadtverfassungsgesetz. In der Regel wird der Gemeindevorstand von der Gemeindevertretung gewählt und besteht aus BürgermeisterIn, dessen/deren StellvertreterInnen und weiteren Mitgliedern.

Schweiz

In der Schweiz bilden die Gemeindeexekutive und damit der Gemeindevorstand das Leitungsorgan der Gemeinde und sind auf kommunaler Ebene durch die jeweiligen Gemeindeverfassungen und das kantonale Recht geregelt.

Zusammensetzung und Wahl des Gemeindevorstands

Deutschland

Der Gemeindevorstand besteht in der Regel aus dem Bürgermeister (als Vorsitzenden) und einer variablen Anzahl an weiteren Mitgliedern (Beigeordnete). Die genaue Zahl der Mitglieder richtet sich nach der Gemeindegröße beziehungsweise der Einwohnerzahl. Die Wahl erfolgt entweder unmittelbar, meist durch das Gemeindeparlament (Gemeindevertretung, Stadtrat), für eine Amtszeit gemäß der Gemeindeordnung.

Österreich

In Österreich setzt sich der Gemeindevorstand üblicherweise aus dem Bürgermeister, den Vizebürgermeistern und weiteren durch die Gemeindevertretung bestimmten Mitgliedern (Vorstandsmitglieder) zusammen. Die Zahl der Vorstandsmitglieder regelt das jeweilige Landesgesetz und ist typischerweise an die Einwohnerzahl gekoppelt.

Schweiz

Der Gemeindevorstand als Exekutivorgan wird entweder durch die Gemeindeversammlung oder an größeren Orten im Urnensystem direkt von den Stimmberechtigten gewählt. Die Mandatsdauer entspricht der gesetzlichen Gemeindeamtsperiode.

Aufgaben und Kompetenzen des Gemeindevorstands

Der Gemeindevorstand nimmt die Verwaltungsgeschäfte und die laufenden Angelegenheiten der Gemeinde wahr. Sein Aufgabenbereich umfasst insbesondere:

  • Ausführung der Beschlüsse der Gemeindevertretung bzw. des Gemeindeparlaments
  • Führung der laufenden Geschäfte der Verwaltung
  • Vorbereitung der Entscheidungen des Gemeinderats bzw. anderer Gremien
  • Jahresabschlüsse und Haushalt, Kontrolle der Haushaltsführung
  • Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, Personalangelegenheiten (soweit nicht dem Parlament vorbehalten)
  • Vertretung der Gemeinde nach außen, sofern nicht speziell auf andere Organe übertragen

Der Umfang der Kompetenzen wird durch kommunale Hauptsatzungen, Geschäftsordnungen und das jeweils geltende Kommunalrecht konkretisiert. Der Gemeindevorstand handelt als Kollegialorgan; seine Beschlüsse werden gemeinschaftlich, gewöhnlich im Rahmen regelmäßiger Sitzungen, gefasst. Einzelne Mitglieder wie der Bürgermeister besitzen ein eigenes Initiativrecht und führen den Vorsitz.

Abgrenzung zu anderen Gemeindeorganen

Der Gemeindevorstand ist von anderen Organen der Gemeinde, insbesondere der Gemeindevertretung (dem beschlussfassenden Gremium), dem Bürgermeister als Einzelorgan und den beratenden Ausschüssen abzugrenzen:

  • Gemeindevertretung: Legislative und oberstes beschlussfassendes Organ; trifft grundlegende Entscheidungen, gibt Satzungen und Haushaltspläne vor
  • Bürgermeister: Leitet den Gemeindevorstand, hat teilweise eigene Entscheidungs- und Vertretungskompetenzen, ist aber Teil des Kollegialorgans Gemeindevorstand
  • Ausschüsse: Beratend oder beschließend tätig, unterstützen Gemeindevorstand und Vertretung

Kontroll- und Aufsichtsmechanismen

Die Tätigkeit des Gemeindevorstands unterliegt internen und externen Kontrollmechanismen:

  • Interne Kontrolle: Durch die Gemeindevertretung (Fragerecht, Einberufung, Kontrolle der Geschäftsführung)
  • Externe Kontrolle: Kommunalaufsicht durch staatliche Behörden, Prüfung der Haushaltsführung, Vorlagenpflichten

Haushaltsrechtliche Entscheidungen, Vertragsabschlüsse von erheblicher Bedeutung und andere zentrale Vorgänge bedürfen häufig der vorherigen Zustimmung der Gemeindevertretung.

Haftung des Gemeindevorstands

Die kollektive Verantwortlichkeit des Gemeindevorstands für die eigene Geschäftsführung ist gesetzlich geregelt. Für fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen haften die Mitglieder in bestimmten Fällen gegenüber der Gemeinde mit ihrem Privatvermögen (Organhaftung, § 839 BGB analog, wenn ein Vermögensschaden eintritt). Daneben greifen die allgemeinen Regelungen zur Amtshaftung nach den jeweiligen Landesgesetzen und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Beendigung der Amtszeit und Abberufung

Die Amtszeit des Gemeindevorstands richtet sich nach der Wahlperiode, kann aber auch vorzeitig durch Rücktritt, Abberufung oder Abwahl einzelner Mitglieder beziehungsweise des gesamten Organs enden. Die Abberufung erfolgt durch das zuständige Wahlorgan auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben.

Bedeutende Besonderheiten in den deutschsprachigen Ländern

Die rechtlichen Feinheiten des Gemeindevorstands variieren:

  • In Deutschland ist der Gemeindevorstand insbesondere in Hessen und einigen weiteren Bundesländern als eigenständiges Organ von Bedeutung. In anderen Ländern wie Bayern existiert stattdessen der sogenannte „Verwaltungsausschuss“.
  • In Österreich obliegt dem Gemeindevorstand wesentlich die Kontrolle der Gemeindeverwaltung sowie Personalentscheidungen.
  • In der Schweiz kann der Gemeindevorstand (meist als Exekutivrat oder Gemeinderat bezeichnet) weitgehende Kompetenzen besitzen und ist häufig direkt durch die Bürgerschaft gewählt.

Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Deutsche Gemeindeordnungen der Länder (z. B. HGO, GO NRW, NKomVG)
  • Österreichische Landesgesetze zur Gemeindeverfassung
  • Schweizer Gemeindeordnungen und kantonalrechtliche Regelungen
  • Kommentarliteratur zum Kommunalrecht
  • Veröffentlichungen zur kommunalen Selbstverwaltung und zur Arbeit kommunaler Gremien

Hinweis: Die genauen Regelungen zum Gemeindevorstand unterscheiden sich nach Land, Bundesland und Gemeindeordnung. Für Einzelfragen empfiehlt sich stets die Konsultation der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen oder der Verwaltungsvorschriften der jeweiligen Gebietskörperschaft.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Gemeindevorstand rechtlich gebildet und was ist bei der Wahl zu beachten?

Die rechtliche Bildung des Gemeindevorstands ist in den jeweiligen Gemeindeordnungen der Bundesländer geregelt. Grundsätzlich setzt sich der Gemeindevorstand aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und den weiteren, durch die Gemeindevertretung gewählten Mitgliedern zusammen. Die Anzahl der zu wählenden Mitglieder wird vor jeder Wahl durch die Gemeindevertretung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, in der Regel abhängig von der Einwohnerzahl, bestimmt. Die Wahl erfolgt in geheimer Abstimmung und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl, sofern kein einstimmiger Mehrheitsbeschluss für die Mehrheitswahl vorliegt. Dabei sind Vorschlagslisten einzureichen, denen die Mandate entsprechend dem erzielten Stimmenanteil zugeteilt werden. Es besteht grundsätzlich passives Wahlrecht für alle wählbaren Bürger, sofern keine Ausschlussgründe wie das Vorliegen eines Interessenkonflikts oder die Aberkennung der Wählbarkeit vorliegen. Unvereinbarkeiten und Inkompatibilitäten, etwa mit bestimmten hauptamtlichen Ämtern, sind zu beachten. Die Amtszeit des Gemeindevorstands ist an die Wahlzeit der Gemeindevertretung gekoppelt; eine Wiederwahl ist zulässig, gesetzliche Mindest- oder Höchstzahlen der Vorstandsmitglieder sind einzuhalten. Notwendig ist die ordnungsgemäße konstituierende Sitzung nach rechtzeitiger und formgerechter Einladung durch das zuständige Organ, wobei der Wahlvorgang im Sitzungsprotokoll ausführlich zu dokumentieren ist.

Welche rechtlichen Befugnisse und Aufgaben stehen dem Gemeindevorstand zu?

Der Gemeindevorstand ist das Verwaltungsorgan der Gemeinde und handelt grundsätzlich als Kollegialorgan. Rechtlich ist er für die laufende Verwaltung, die Ausführung von Gemeindevertretungsbeschlüssen und die bescheidende Wahrnehmung sämtlicher Angelegenheiten zuständig, die nicht ausdrücklich durch Gesetz anderen Organen zugewiesen sind. Dazu zählen insbesondere die rechtliche Vertretung der Gemeinde, die Vorbereitung der Beschlussvorlagen für die Gemeindevertretung, der Vollzug der gemeindlichen Haushaltsführung, die Entscheidung über Personalangelegenheiten in bestimmten Bereichen sowie die Rechtsaufsicht über die Verwaltung. In Angelegenheiten der laufenden Verwaltung besitzt der Vorstand gegenüber der Gemeindevertretung eine eigenverantwortliche Handlungsbefugnis und entscheidet durch Beschluss. Ferner ist der Gemeindevorstand für Vergaben, Auftragsvergabe und Abschluss von Verträgen bis zu bestimmten Betragsgrenzen befugt. Für Geschäfte von besonderer Bedeutung oder Wert muss in der Regel die Zustimmung der Gemeindevertretung eingeholt werden.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen zur Geschäftsordnung des Gemeindevorstands?

Der Gemeindevorstand ist verpflichtet, sich eine Geschäftsordnung zu geben, sofern dies durch Gesetz oder die Hauptsatzung der Gemeinde vorgesehen ist. In der Geschäftsordnung werden rechtlich verbindliche Bestimmungen zu Sitzungsablauf, Ladungsfristen, Beschlussfähigkeit, Abstimmungsmodalitäten, Aktenführung und Vertretungsregelungen festgelegt. Die Geschäftsordnung konkretisiert insbesondere die Funktion des Vorsitzenden (Bürgermeister), regelt die Verteilung von Aufgaben innerhalb des Vorstands und kann bei Uneinigkeit das Verfahren zur Vermittlung oder zur Herbeiführung von Mehrheitsentscheidungen bestimmen. Ihre Bestimmungen dürfen dabei nicht im Widerspruch zu den zwingenden Regelungen der Gemeindeordnung stehen. Änderungen bedürfen regelmäßig der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Gemeindevorstandes.

Welche rechtlichen Vorschriften gelten für die Beschlussfassung im Gemeindevorstand?

Die Beschlussfassung erfolgt grundsätzlich in ordnungsgemäß einberufenen Sitzungen mit Beschlussfähigkeit, d. h., wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitglieder anwesend sind. Die Ladung zu den Sitzungen hat in rechtlich vorgegebenen Fristen, unter Angabe der Tagesordnung, durch den Bürgermeister oder dessen Stellvertreter zu erfolgen. Beschlüsse werden, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes festlegt, mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden (Bürgermeister). Über jede Sitzung ist ein Protokoll zu fertigen, in dem Beschlüsse und wesentliche Diskussionspunkte festzuhalten sind. Die Öffentlichkeit der Sitzungen ist rechtlich ausgeschlossen; der nichtöffentliche Charakter dient dem Datenschutz und dem Schutz vertraulicher Belange. Beschlüsse des Gemeindevorstands können rechtswidrig sein und durch die Kommunalaufsicht beanstandet oder durch die Gemeindevertretung aufgehoben werden.

Welche rechtlichen Kontrollmechanismen gibt es gegenüber dem Gemeindevorstand?

Der Gemeindevorstand unterliegt sowohl der Kontrolle durch die Gemeindevertretung als auch der externen Kommunalaufsicht. Die Gemeindevertretung kann dem Gemeindevorstand Weisungen erteilen und einzelne Beschlüsse zurückverlangen oder ändern, soweit dies durch die Gemeindeordnung zugelassen und es sich nicht um die laufende Verwaltung handelt, bei der dem Vorstand ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt ist. Darüber hinaus sind Auskunftspflichten und Berichtspflichten des Gemeindevorstands gegenüber der Gemeindevertretung gesetzlich geregelt. Die Kommunalaufsicht, ausgeübt durch die zuständige untere Verwaltungsbehörde (z. B. Landratsamt), kann Beschlüsse aufheben, wenn sie gegen geltendes Recht oder die Satzung der Gemeinde verstoßen. Verstöße gegen Verschwiegenheitspflichten oder Amtsmissbrauch können zudem straf- oder disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei Ausscheiden oder Tod eines Gemeindevorstandsmitglieds?

Beim Ausscheiden eines Mitglieds des Gemeindevorstands, etwa durch Rücktritt, Eintritt einer Unvereinbarkeit, Abwahl durch die Gemeindevertretung oder Tod, greifen die Nachrückregelungen der jeweiligen Gemeindeordnung. Die frei gewordene Position ist schnellstmöglich nachzubesetzen, entweder durch das Nachfolgemitglied der betreffenden Wahlliste (bei Verhältniswahl) oder durch Neuwahl (bei Mehrheitswahl). Der Gemeindevorstand bleibt bis zur ordnungsgemäßen Nachbesetzung amtierfähig, sofern die gesetzliche Mindestzahl der Mitglieder nicht unterschritten wird. Überschreitet die Unterbesetzung eine zulässige Frist oder besteht Gefahr für die Handlungsfähigkeit des Vorstands, sind gegebenenfalls Übergangsregelungen oder kommissarische Bestellungen durch die Kommunalaufsicht vorgesehen.

Unter welchen rechtlichen Bedingungen kann ein Mitglied des Gemeindevorstands abberufen werden?

Die Abberufung eines Gemeindevorstandsmitglieds ist rechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Es ist ein qualifizierter Beschluss der Gemeindevertretung erforderlich, in der Regel mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl. Gründe für die Abberufung können wiederholte Pflichtverletzungen, grobe Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften, Untreue, Unvereinbarkeitstatbestände oder das nachweisbare Verhindern der ordnungsgemäßen Arbeit des Vorstands sein. Die betroffene Person muss vor der Beschlussfassung angehört werden (rechtliches Gehör). Ein rechtssicherer Abberufungsbeschluss ist der Kommunalaufsicht anzuzeigen und kann von der betroffenen Person durch Rechtsmittel (z. B. Widerspruch, Anfechtungsklage) überprüft werden.