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Gemeindestraßen


Begriff und Einordnung: Gemeindestraßen im deutschen Straßenrecht

Gemeindestraßen sind nach deutschem Straßenrecht Verkehrswege, die von kommunalen Gebietskörperschaften (Gemeinden) gebaut, unterhalten und verwaltet werden. Sie dienen grundsätzlich dem öffentlichen Verkehr innerhalb der jeweiligen Gemeinde und sind ein zentraler Bestandteil der kommunalen Infrastruktur. Die genaue rechtliche Definition, die Einordnung sowie die Abgrenzung zu anderen Straßentypen sind im jeweiligen Landesrecht, insbesondere den Landesstraßengesetzen, geregelt.

Begriffliche Definition und Abgrenzung

Gemeindestraßen sind per Definition öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr innerhalb einer Gemeinde erschlossen werden und sich im Eigentum beziehungsweise in der Baulast der Gemeinde befinden. Die Abgrenzung erfolgt insbesondere im Verhältnis zu Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) sowie zu Landes- und Kreisstraßen, welche andere räumliche und funktionale Zuständigkeiten aufweisen.

Im bundesweiten Vergleich unterscheiden sich die gesetzlichen Regelungen im Detail, doch in allen Bundesländern gilt das Primat der kommunalen Verantwortung für Gemeindestraßen und deren Widmung zum öffentlichen Verkehr.

Rechtliche Grundlagen und Regelungen

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Regeln zu Gemeindestraßen finden sich hauptsächlich in den Straßen- und Wegegesetzen der Länder (beispielsweise dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz – BayStrWG, dem Hamburgischen Wegegesetz – HWG oder dem Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen – StrWG NRW). Der Bund nimmt mit dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG) keine unmittelbare Regelungsbefugnis für Gemeindestraßen wahr.

Wesentliche Aspekte der Landesgesetze:

  • Widmung: Die amtliche Entscheidung, durch welche eine Straße die Eigenschaft einer Gemeindestraße erhält.
  • Straßeneigentum: Das Eigentumsverhältnis beziehungsweise die Baulastträgerschaft liegt regelmäßig bei der jeweiligen Gemeinde.
  • Klassifizierung: Im Rahmen der Straßenklassifizierung fallen Gemeindestraßen in die unterste Kategorie öffentlich-rechtlicher Verkehrswege.

Widmung und Entwidmung

Gemeindestraßen werden durch einen Verwaltungsakt – die sogenannte Widmung – offiziell zu öffentlichen Straßen im Sinne des jeweiligen Landesstraßenrechts erklärt. Die Widmung legt fest, für welchen Gemeingebrauch und gegebenenfalls für welchen Verkehrsteilnehmerkreis die Straßennutzung erfolgen darf. Der Gemeingebrauch an Gemeindestraßen ist grundsätzlich öffentlich-rechtlich bestimmt und umfasst in der Regel den allgemeinen Verkehr.

Die Entwidmung (Einziehung) erfolgt ebenfalls durch Verwaltungsakt und hebt den Status der Gemeinde- oder öffentlichen Straße auf, sofern das öffentliche Verkehrsinteresse entfallen ist.

Voraussetzungen der Widmung:

  • Vorliegen eines Verkehrsinteresses
  • Öffentliche Zugänglichkeit
  • Besitz und Unterhaltung durch die Gemeinde

Unterhaltungslast und Verkehrssicherungspflicht

Die Gemeinde trägt die Unterhaltungslast für Gemeindestraßen. Dies umfasst die regelmäßige Instandhaltung, die Erhaltung der Verkehrssicherheit sowie die Pflege der Straßennebenanlagen (z. B. Grünflächen, Gehwege). Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht muss die Gemeinde dafür sorgen, dass von der Straße keine Gefahren für Verkehrsteilnehmende ausgehen. Verletzungen dieser Pflichten können Schadensersatzansprüche begründen.

Die Finanzierung erfolgt in der Regel aus kommunalen Haushaltsmitteln, gegebenenfalls ergänzt durch Beiträge der Anlieger gemäß den jeweiligen kommunalen Abgabengesetzen (z. B. Straßenausbaubeiträge).

Sondernutzung und verkehrsrechtliche Regelungen

Über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzungen (Sondernutzungen) bedürfen einer gesonderten, gebührenpflichtigen Erlaubnis. Sondernutzungen liegen z. B. bei Veranstaltungen, Verkaufsständen, Leitungsverlegungen oder Baugerüsten vor. Die Erteilung der Sondernutzungsgenehmigung erfolgt durch die jeweils zuständige Gemeinde nach Maßgabe des Landesrechts.

Straßenrechtlicher Schutz und Ordnungswidrigkeiten

Gemeindestraßen genießen einen besonderen öffentlich-rechtlichen Schutz. Die unbefugte Benutzung oder die Beschädigung von Gemeindestraßen kann mit Bußgeld- oder sogar strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden. Auch Bauvorhaben im Umfeld öffentlicher Straßen unterliegen spezifischen Genehmigungspflichten nach Straßenrecht und Bauordnungsrecht.

Bedeutung und Funktion von Gemeindestraßen

Gemeindestraßen bilden das Rückgrat des kommunalen Verkehrs. Sie erschließen Siedlungen, Gewerbegebiete, öffentliche Einrichtungen und dienen als Zubringer zu übergeordneten Verkehrswegen. Darüber hinaus tragen sie zur Siedlungserschließung, Daseinsvorsorge und Standortentwicklung bei.

Arten von Gemeindestraßen

Die Landesgesetze differenzieren teilweise weiter zwischen:

  • Ortsstraßen: Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage.
  • Wohnwege oder Erschließungswege: Wege, die primär der Erschließung von Grundstücken dienen.
  • Gemeindeverbindungsstraßen: Straßen außerhalb der Ortslagen zur Verbindung von Ortschaften innerhalb einer Gemeinde.

Abgrenzung zu Privatstraßen und weiteren Straßentypen

Gemeindestraßen sind von Privatstraßen und sonstigen nicht öffentlichen Wegen streng zu unterscheiden. Privatstraßen stehen im Eigentum privater Dritter und unterliegen nicht der öffentlich-rechtlichen Widmung als Gemeindestraße. Die Nutzung von Privatstraßen ist regelmäßig auf einen bestimmten Nutzerkreis beschränkt, während Gemeindestraßen dem unbeschränkten öffentlichen Verkehr dienen.

Rechte und Pflichten der Anlieger

Anlieger haben das Recht auf den sog. Anliegergebrauch der Gemeindestraße. Das umfasst insbesondere die verkehrsmäßige Nutzung zum Zugang oder zur Zufahrt zum eigenen Grundstück. Dafür können die Kommunen Anlieger zu Beitragszahlungen für Ausbau und Erhalt der Gemeindestraßen heranziehen (Anliegerbeiträge).

Rechtsmittel und gerichtlicher Rechtsschutz

Verwaltungsakte wie Widmung, Entwidmung oder Sondernutzungserlaubnisse können durch Rechtsmittel (Widerspruch, Klage vor dem Verwaltungsgericht) angegriffen werden, wenn hiervon Rechte Einzelner berührt sind (z. B. bei der Entwidmung einer Erschließungsstraße).


Fazit:
Gemeindestraßen sind nach deutschem Straßenrecht alle Straßen, Wege und Plätze unter Verwaltung einer Gemeinde, die durch Widmung dem öffentlichen Verkehr gewidmet wurden. Sie unterliegen spezifischen landesrechtlichen Vorschriften bezüglich Bau, Unterhaltung, Nutzung und Schutz. Damit bilden sie das zentrale Fundament für lokale Mobilität und kommunale Entwicklung innerhalb des deutschen Straßenrechts.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Unterhaltung und Instandhaltung von Gemeindestraßen rechtlich verantwortlich?

Für die Unterhaltung und Instandhaltung von Gemeindestraßen ist nach deutschem Straßenrecht grundsätzlich die jeweilige Gemeinde als Straßenbaulastträger verantwortlich. Die Rechtsgrundlage hierfür bildet in der Regel das jeweilige Landesstraßengesetz, das durch kommunale Satzungen ergänzt wird. Die Straßenbaulast umfasst alle Aufgaben, die der ordnungsgemäßen Erhaltung, dem Betrieb und der Verkehrssicherungspflicht der Straße dienen. Dazu gehören regelmäßige Kontrollen, Reparaturen von Straßenschäden, Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren (wie Schneeräumung und Streuen bei Eis) und die Erhaltung der Verkehrssicherheit. Die Finanzierung erfolgt in der Regel aus dem Gemeindehaushalt. Private Anlieger sind bei Gemeindestraßen nur dann zu beitragsmäßigen Leistungen oder Unterhaltungen verpflichtet, wenn dies ausdrücklich durch kommunalrechtliche Satzungen, etwa im Rahmen von Straßenausbaubeiträgen oder Erschließungsbeiträgen, vorgesehen ist.

Welche rechtlichen Vorschriften gelten bei der Widmung und Entwidmung von Gemeindestraßen?

Die Widmung und Entwidmung (Einziehung) von Gemeindestraßen ist ein hoheitlicher Verwaltungsakt, der nach den Vorschriften der jeweiligen Landesstraßengesetze erfolgt. Eine Straße erhält den Rechtsstatus als Gemeindestraße erst mit der förmlichen Widmung durch eine öffentlich-rechtliche Bekanntmachung, in der der Verlauf, die Funktion und der Status der Straße festgelegt werden. Die Voraussetzungen und das Verfahren – wie Anhörung betroffener Eigentümer, Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis sowie ggf. Beteiligung von Fachbehörden – sind im Einzelnen in den Landesgesetzen geregelt. Die Entwidmung erfolgt, wenn die Straße ihre Bedeutung für den öffentlichen Verkehr verloren hat, und bedarf eines formellen Verwaltungsakts, der ebenfalls öffentlich bekanntzumachen ist. Mit Rechtskraft der Einziehung endet die öffentlich-rechtliche Straßenbenutzung sowie die Straßenbaulast der Gemeinde.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Verkehrssicherungspflicht bei Gemeindestraßen?

Die Gemeinde ist als Straßenbaulastträger verpflichtet, die Verkehrssicherheit auf Gemeindestraßen zu gewährleisten. Diese Verkehrssicherungspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die sich aus den Landesstraßengesetzen sowie aus dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht ableitet. Sie umfasst die Pflicht, Schäden und Gefahrenquellen rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen oder angemessene Sicherungsmaßnahmen (z.B. Warnschilder, Absperrungen) zu ergreifen. Die Kontrollintervalle richten sich nach Bedeutung, Nutzung und Zustand der Straße sowie den Witterungsverhältnissen; bei Verstoß drohen Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Die individuelle Verantwortlichkeit von Amtsträgern kommt bei grober Fahrlässigkeit in Betracht. Die Verpflichtung gilt auch für angrenzende bauliche Anlagen wie Gehwege oder Straßenbegleitgrün.

Wie werden Anliegerbeiträge für den Ausbau oder die Erneuerung von Gemeindestraßen rechtlich geregelt?

Anliegerbeiträge für den Ausbau, die Erneuerung oder Verbesserung von Gemeindestraßen werden auf Grundlage des Kommunalabgabengesetzes (KAG) des jeweiligen Bundeslandes sowie kommunaler Satzungen erhoben. Die genaue Ausgestaltung – etwa Kostenverteilung, Höhe und Fälligkeit der Beiträge – ist in der örtlichen Straßenausbaubeitragssatzung geregelt. Maßgeblich ist, dass die Maßnahme zu einer nachhaltigen Verbesserung der Straße führt und damit auch den unmittelbar angrenzenden Grundstücken einen Vorteil verschafft. Die Berechnung erfolgt meist anteilig nach Grundstücksgröße, Nutzung und Straßenseitenlänge. Die Erhebung dieser Beiträge ist regelmäßig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen, etwa hinsichtlich der Angemessenheit der Kostenverteilung und der ordnungsgemäßen Durchführung des Beteiligungsverfahrens.

Welche rechtlichen Bestimmungen gelten für die Nutzung von Gemeindestraßen durch Dritte (z.B. für Baumaßnahmen, Leitungsverlegungen, Märkte)?

Die Sondernutzung von Gemeindestraßen, das heißt jede Nutzung, die über den Gemeingebrauch (z.B. Verkehr im Rahmen der Widmung) hinausgeht, bedarf einer speziellen Erlaubnis nach den Regelungen des jeweiligen Landesstraßengesetzes sowie den kommunalen Sondernutzungssatzungen. Dies betrifft insbesondere Baustellen, Verlegen von Leitungen, Aufstellen von Verkaufsständen, Märkten oder Werbeanlagen. Für die Erteilung der Erlaubnis sind regelmäßig Voraussetzungen wie die Sicherstellung der Verkehrssicherheit, Einhaltung bautechnischer Vorschriften, Rücksichtnahme auf Anlieger und ggf. ein öffentliches Interesse zu prüfen. Die Erlaubnis kann mit Auflagen versehen oder widerrufen werden. Für die Nutzung wird in der Regel eine Sondernutzungsgebühr erhoben, deren Höhe sich nach der Art und Dauer der Nutzung richtet.

Inwieweit ist eine rechtliche Umwidmung von Gemeindestraßen zu Privatstraßen möglich?

Die Umwidmung von Gemeindestraßen zu Privatstraßen ist ein rechtlich eng geregeltes Verfahren, das eine Einziehung der betreffenden Straße gemäß den Vorgaben des jeweiligen Landesstraßengesetzes voraussetzt. Erst nach formeller Entwidmung kann eine Übertragung in Privateigentum erfolgen. Die Gemeinde muss im Rahmen des Einziehungsverfahrens prüfen und nachweisen, dass die Straße für den öffentlichen Verkehr entbehrlich ist und keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit entgegenstehen. Nach erfolgreicher Einziehung gehen sämtliche Straßenbaulast- und Verkehrssicherungspflichten auf den neuen privaten Eigentümer über. Das Verfahren ist regelmäßig öffentlich bekannt zu machen, betroffene Anlieger können rechtlich gegen die Entwidmung vorgehen. Besondere Vorgaben existieren, wenn die betroffene Straße als Erschließungsstraße für Anlieger unverzichtbar ist.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für das Straßenbestandsverzeichnis von Gemeindestraßen?

Das Straßenbestandsverzeichnis ist ein zentrales Register, das auf Grundlage des jeweiligen Landesstraßengesetzes von der Gemeinde geführt werden muss. Es dokumentiert die Existenz, den Verlauf, die rechtliche Widmung und weitere Merkmale aller öffentlichen Straßen im Gemeindegebiet. Die Führung des Verzeichnisses hat regelmäßig öffentlichen Glauben, d.h. es genießt Vermutungswirkung hinsichtlich des offiziellen Straßenstatus. Änderungen wie Neubau, Widmung, Umstufung oder Entwidmung von Straßen sind zeitnah zu erfassen. Das Verzeichnis dient der Rechtssicherheit für Anlieger, Eigentümer, Planungsbehörden und Gerichte. Fehler oder Versäumnisse in der Führung können haftungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Anlieger und betroffene Bürger haben ein Recht auf Einsicht in das Verzeichnis.