Begriff und rechtlicher Rahmen der Gemeindesteuern
Definition
Gemeindesteuern sind Steuern, die von Gemeinden im Rahmen ihrer Finanzhoheit erhoben werden. Sie bilden einen wesentlichen Bestandteil des kommunalen Haushalts und dienen der Finanzierung öffentlicher Aufgaben auf der Ebene der Städte und Gemeinden. Die rechtliche Grundlage für die Erhebung und Ausgestaltung von Gemeindesteuern ergibt sich insbesondere aus dem Grundgesetz (GG), dem jeweiligen Landesrecht sowie aus gemeindlichen Satzungen.
Gesetzliche Grundlagen
Verfassungsrechtliche Verankerung
Die Befugnis zur Erhebung von Steuern wird in Deutschland durch das Grundgesetz geregelt. Nach Artikel 106 GG steht den Gemeinden das Recht zu, bestimmte Steuern selbst oder auf Grundlage von Landesgesetzgebung zu erheben. Die Zuständigkeit zur Gesetzgebung bei Kommunalsteuern liegt bei den Ländern, welche wiederum die mögliche Besteuerungskompetenz an die Gemeinden delegieren.
Landesrechtliche Regelungen
Das konkrete Verfahren und der Umfang der Gemeindesteuern werden in den Kommunalabgabengesetzen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Diese Gesetze regeln insbesondere Besteuerungsgrundlagen, Steuererhebung, Steuerpflicht und das Verfahren bei der Festsetzung und Erhebung der einzelnen Steuerarten.
Satzungsrechtliche Ausgestaltung
Gemeinden haben gemäß den Vorgaben des Landesrechts das Recht, eigene Steuer-, Gebühr- und Beitragsatzungen zu erlassen. In diesen Satzungen werden zum Beispiel Steuermaßstab, Steuersatz, Entstehung und Erhebung der Gemeindesteuern geregelt.
Systematik und Arten der Gemeindesteuern
Unterteilung nach Steuerarten
Man unterscheidet bei den Gemeindesteuern insbesondere zwischen Realsteuern und örtlichen Aufwandsteuern.
Realsteuern
Zu den Realsteuern zählen die Grundsteuer und die Gewerbesteuer. Diese werden in Art. 106 Abs. 6 GG explizit genannt und stehen den Gemeinden als eigene Einnahmequellen zu.
- Gewerbesteuer: Rechtsgrundlage ist das Gewerbesteuergesetz (GewStG). Die Gemeinden legen den sogenannten Hebesatz durch Satzung fest. Steuerschuldner sind grundsätzlich Gewerbetreibende.
- Grundsteuer: Die Grundsteuer erhebt sich auf den inländischen Grundbesitz. Maßgeblich sind hier das Grundsteuergesetz (GrStG), die Bewertung nach dem Bewertungsgesetz (BewG) sowie der kommunal festgelegte Hebesatz.
Aufwandsteuern
Aufwandsteuern sind solche Steuern, in denen der Aufwand für bestimmte Güter als Indiz für die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gilt. Beispiele hierfür sind:
- Hundesteuer: Erhoben auf das Halten von Hunden. Die rechtliche Ausgestaltung ist in den Hundesteuersatzungen der Gemeinden geregelt.
- Vergnügungssteuer: Erhoben auf den Aufwand für die Teilnahme an öffentlichen Vergnügungen, etwa Spielhallen oder Tanzveranstaltungen.
- Getränkesteuer, Zweitwohnungsteuer und andere kommunale Aufwandsteuern: Diese sind gesetzlich zulässig, sofern sie nicht gegen höherrangiges Recht (z. B. das Gleichbehandlungsgebot) verstoßen.
Abgrenzung zu Gebühren und Beiträgen
Gemeindesteuern sind von kommunalen Gebühren und Beiträgen abzugrenzen. Während Steuern ohne unmittelbare Gegenleistung erhoben werden, stehen Gebühren und Beiträge in einem direkten Zusammenhang mit einer konkreten Leistung der Gemeinde (etwa Straßenreinigungs- oder Abwassergebühren).
Rechtliche Aspekte der Gemeindesteuern
Steuerhoheit und Steuerfindungsrecht
Die Gemeinden besitzen eine eigene Steuerhoheit im Rahmen der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben. Sie sind befugt, die Hebesätze für bestimmte Steuern im Rahmen landesrechtlicher Vorgaben zu bestimmen (Steuerfindungsrecht).
Hebesatzrecht
Das Hebesatzrecht ist ein zentrales Element der kommunalen Steuerautonomie. Es ermöglicht den Gemeinden, den örtlichen Gegebenheiten entsprechend die Höhe von Grund- und Gewerbesteuerhebesätzen festzulegen.
Steuerpflicht
Die Pflicht zur Entrichtung von Gemeindesteuern trifft grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen, die im Gemeindegebiet steuerpflichtige Tatbestände verwirklichen. Die Ausgestaltung der Steuerpflicht und die Besteuerungsmerkmale sind in Gesetzen und gemeindlichen Satzungen geregelt.
Steuererhebung und Verwaltungsverfahren
Die Festsetzung und Erhebung von Gemeindesteuern erfolgt durch die kommunalen Steuerämter. Die Verwaltung beinhaltet dabei insbesondere die Steuerfestsetzung, den Erlass von Steuerbescheiden, das Mahnwesen und ggf. die Zwangsvollstreckung gemäß den einschlägigen Verfahrensregeln, etwa der Abgabenordnung (AO) und Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder.
Rechtsbehelfe und Rechtsschutz
Gegen Bescheide der Gemeinden über Gemeindesteuern besteht die Möglichkeit des Rechtsbehelfs. Regelmäßig ist zunächst ein Einspruch möglich. Kommt es zu keiner Einigung, kann der Steuerpflichtige den Verwaltungsrechtsweg beschreiten.
Bedeutung der Gemeindesteuern für die kommunale Finanzhoheit
Gemeindesteuern sind eine wesentliche Einnahmequelle zur Deckung laufender Kosten der kommunalen Selbstverwaltung. Sie sichern die finanzielle Unabhängigkeit der Gemeinden und tragen dazu bei, dass kommunale Aufgaben eigenverantwortlich wahrgenommen werden können. Die Einnahmen fließen in unterschiedlichste kommunale Leistungen, darunter Infrastruktur, öffentliche Sicherheit, Bildung und soziale Dienstleistungen.
Gleichmäßigkeits- und Leistungsfähigkeitsgebot
Das Steueraufkommen soll gleichmäßig und nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip verteilt werden. Das bedeutet, dass die Steuerlast grundsätzlich an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen angepasst ist, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.
Entwicklung und Reformen
Historische Entwicklung
Die Erhebung von Steuern auf kommunaler Ebene hat eine lange Tradition. Die heutige Systematik wurde maßgeblich durch die Gemeindefinanzreform in den 1960er Jahren und zahlreiche Rechtsentwicklungen auf Bundes- und Landesebene geprägt.
Aktuelle Entwicklungen und Reformdiskussionen
In der Gegenwart stehen insbesondere Fragen zur Reform der Grundsteuer, zur Vereinfachung des Gemeindesteuerrechts sowie zur Anpassung des Steuerrechts an neue Lebensrealitäten und kommunale Finanzbedürfnisse im Mittelpunkt der Diskussion.
Literaturhinweise
- Tipke/Lang: Steuerrecht, aktuelle Auflage
- Drüen, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre
- Kommunalabgabengesetz des jeweiligen Bundeslandes
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Zusammenfassung und Ausblick
Gemeindesteuern sind ein Kernelement der kommunalen Selbstverwaltung und stehen im Mittelpunkt des kommunalen Steuerrechts. Ihre Bedeutung reicht weit über die reine Finanzierungsfunktion hinaus, da sie auch den politischen und rechtlichen Gestaltungsspielraum der Gemeinden maßgeblich prägen. Die fortlaufende Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sicher, dass die Gemeindesteuern auch künftig ein zentrales Element leistungsfähiger und selbstbestimmter Kommunen bleiben.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die Festsetzung der Gemeindesteuern nach geltendem Recht?
Die Festsetzung der Gemeindesteuern erfolgt grundsätzlich durch die zuständige Gemeinde im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes (KAG) sowie nach den jeweils geltenden gemeindlichen Steuersatzungen. Die Gemeinde erlässt auf Grundlage des festgestellten Steuermessbetrags, der in der Regel von der Finanzverwaltung durch Steuerbescheid festgesetzt wird (beispielsweise bei der Grundsteuer), den entsprechenden Steuerbescheid an den Steuerschuldner. Dabei sind insbesondere die §§ 3 ff. KAG (kommunale Abgabenordnungen) sowie die Bestimmungen der jeweiligen Haushalts- und Steuerrechtsgesetze des jeweiligen Bundeslandes maßgeblich. Die Gemeinden haben einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Höhe der Hebesätze, sind jedoch an gesetzliche Obergrenzen und Vorgaben gebunden. Der Steuerbescheid muss sämtliche für die Festsetzung und Erhebung maßgeblichen Daten sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Rechtsgrundlage sind u.a. § 15 AO sowie landesrechtliche Vorschriften, die den Ablauf und die Einlegung von Rechtsbehelfen verbindlich regeln.
Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich bei fehlerhafter oder als ungerecht empfundener Steuerfestsetzung?
Gegen einen fehlerhaften Steuerbescheid, etwa bei falscher Festsetzung der Steuerhöhe oder der Person des Steuerschuldners, stehen dem Steuerpflichtigen nach § 347 AO (Abgabenordnung) und den entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) folgende Rechtsbehelfe offen: Als erster Schritt ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids schriftlich oder zur Niederschrift Einspruch bei der erlassenden Gemeinde einzulegen. Diese überprüft den Bescheid im Rahmen eines außergerichtlichen Vorverfahrens. Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Einspruchsentscheidung Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben (§ 40 ff. VwGO). Der Steuerpflichtige kann zudem im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO beantragen, die Vollziehung des Steuerbescheids bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens auszusetzen, um etwaige finanzielle Nachteile abzuwenden.
In welchem Umfang sind Gemeinden zur Erhebung von Gemeindesteuern verpflichtet?
Die Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung bestimmter Gemeindesteuern ergibt sich aus dem steuerlichen Selbstverwaltungsrecht der Kommune (Art. 28 Abs. 2 GG, § 1 KAG), allerdings unterliegen die Gemeinden hierbei gesetzlichen Rahmenbedingungen. Während einige Steuern – wie die Grundsteuer oder Gewerbesteuer – zu den gesetzlich verpflichtenden Gemeindesteuern gehören und bundesweit durch das Grundsteuergesetz bzw. das Gewerbesteuergesetz geregelt sind, liegt es im Ermessen der Gemeinde, ob und in welcher Höhe andere örtliche Steuern, sogenannte Bagatellsteuern (wie Hundesteuer oder Vergnügungssteuer), durch kommunale Satzung eingeführt werden. Die Pflicht zur Erhebung besteht nur bei gesetzlichen Anordnungen, die Einführung weiterer Steuern kann nach Maßgabe der Gemeindeautonomie entschieden werden, wobei jedoch immer die haushaltsrechtlichen Vorgaben und das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 GG zu beachten sind.
Welche Pflichten treffen die Gemeinden gegenüber dem Steuerpflichtigen im Erhebungsverfahren?
Im Rahmen des Steuererhebungsverfahrens sind die Gemeinden nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen insbesondere zur ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts (§ 88 AO), zur unparteiischen und fairen Behandlung aller Steuerschuldner sowie zur Einhaltung gesetzlicher Fristen (z. B. Festsetzungsfrist gemäß § 169 AO) verpflichtet. Sie müssen ihre Entscheidungen ausreichend begründen und alle relevanten Tatsachen berücksichtigen, die für die Festsetzung und Erhebung der Steuer maßgeblich sind. Gemäß § 121 AO ist eine Rechtsbehelfsbelehrung im Steuerbescheid zwingend erforderlich, damit die Betroffenen über ihre Möglichkeiten zur Überprüfung informiert sind. Verstöße gegen diese Pflichten können zur formellen oder materiellen Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids führen, der dann mittels der vorgesehenen Rechtsbehelfe angegriffen werden kann.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Gemeindesteuer nachträglich geändert oder aufgehoben werden?
Eine Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids ist entsprechend der Vorschriften der Abgabenordnung möglich, insbesondere nach §§ 129 ff. AO, zum Beispiel bei offenbaren Unrichtigkeiten (Schreibfehlern) oder bei später bekannt gewordenen steuerlich erheblichen Tatsachen (§ 173 AO). Bescheide können auf Antrag oder von Amts wegen geändert werden, wenn beispielsweise der Steuerpflichtige neue Beweismittel vorlegt oder die ursprünglichen Feststellungen der Gemeinde nachweislich unzutreffend waren. Zudem können im Rahmen von § 227 AO Stundung, Erlass oder Niederschlagung einer Steuer gewährt werden, wenn die Erhebung im Einzelfall unbillig wäre (sog. Billigkeitserlass). Die Fristen und die erforderlichen Nachweise sind je nach Rechtsgrundlage unterschiedlich und strikt einzuhalten.
Welche Mitwirkungspflichten treffen den Steuerpflichtigen im Gemeindesteuerrecht?
Steuerpflichtige sind nach den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung sowie nach den kommunalen Satzungen verpflichtet, an der Ermittlung der steuerlichen Tatsachen mitzuwirken. Dazu gehören insbesondere die rechtzeitige, vollständige und wahrheitsgemäße Abgabe der erforderlichen Steuererklärungen und Anzeigen sowie die Vorlage von geforderten Unterlagen und Auskünften. Kommt der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, kann die Gemeinde die Steuer gem. § 162 AO schätzen und ggf. Zwangsmittel androhen bzw. durchsetzen. Durch unzureichende Mitwirkung kann es zudem zu Verspätungszuschlägen (§ 152 AO) oder Bußgeldern kommen.
Wie werden Gemeindesteuern vollstreckt, wenn sie nicht bezahlt werden?
Bei nicht rechtzeitig geleisteter Zahlung der festgesetzten Gemeindesteuern ist die Gemeinde nach Maßgabe der §§ 249 ff. AO sowie der jeweiligen Landesvollstreckungsgesetze berechtigt, die offenen Beträge im Wege des Verwaltungszwangs beizutreiben. Dies umfasst neben Mahnungen die Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Steuerschuldners, zum Beispiel durch Kontenpfändung, Sachpfändung durch den Vollziehungsbeamten oder die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek ins Grundbuch. Vor der Vollstreckung ist der Steuerschuldner regelmäßig zu mahnen und auf die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung hinzuweisen. Zudem können Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten nach Maßgabe des § 240 AO sowie landesrechtlicher Regelungen zusätzlich erhoben werden. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung sind im Rechtsbehelfsverfahren gem. §§ 258 ff. AO zu prüfen.