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Gemeindepolizei


Begriff und Einordnung der Gemeindepolizei

Die Gemeindepolizei bezeichnet eine polizeiliche Einrichtung, die auf kommunaler Ebene (Städte und Gemeinden) tätig ist. In Deutschland und vielen anderen Ländern dient die Gemeindepolizei der Wahrnehmung ordnungsrechtlicher und polizeilicher Aufgaben innerhalb des Gemeindegebiets. Sie steht rechtlich im Kontext des lokalen Ordnungs- und Sicherheitsrechts und unterscheidet sich dadurch wesentlich von den Polizeien der Länder oder des Bundes hinsichtlich Zuständigkeiten, Organisation und Befugnisse.

Historische Entwicklung der Gemeindepolizei

Die Ursprünge der Gemeindepolizei reichen in Deutschland bis in das 19. Jahrhundert zurück, als Gemeinden und Städte begannen, eigene Polizeibehörden einzurichten. Im Laufe der Zeit wurden jedoch viele Aufgaben auf die Landespolizeien übertragen, sodass die Gemeindepolizei heute oft auf bestimmte Aufgabenkomplexe beschränkt ist, beispielsweise im Bereich der Gefahrenabwehr oder der kommunalen Ordnungsaufgaben.

Rechtliche Grundlagen

Landesrechtliche Regelungen

Die Organisation, Zuständigkeit und Befugnisse der Gemeindepolizei werden überwiegend durch das Landesrecht geregelt. Jedes Bundesland verfügt über eigenes Polizeirecht, welches die Stellung der Kommunalpolizei innerhalb der Sicherheitsarchitektur festlegt.

Polizeigesetze der Länder

Die Polizeigesetze (z. B. Sächsisches Polizeigesetz, Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung) bestimmen:

  • die Abgrenzung zur Landespolizei,
  • die Übertragung bestimmter Kompetenzen auf kommunale Polizeien,
  • die Aufsicht und Fachaufsicht.

Kommunale Satzungen

Einzelne Gemeinden können für die Gemeindepolizei spezifische Aufgaben durch eigene Satzungen regeln, basierend auf landesrechtlichen Vorgaben. Hierzu zählen insbesondere Bestimmungen zur Öffentlichen Ordnung, z. B. über Alkoholverbote, Leinenzwang oder Lärm.

Bundesrechtliche Bezugspunkte

Das Grundgesetz (Art. 30, Art. 83 GG) weist die Polizeihoheit grundsätzlich den Ländern zu. Die Gemeinden erhalten polizeiliche Aufgaben durch die Wahrnehmung des sogenannten übertragenen Wirkungskreises sowie durch eigene Zuständigkeiten im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG).

Organisation und Aufgabenbereiche

Aufbau der Gemeindepolizei

Die Gemeindepolizei ist typischerweise als eigenständige Abteilung einer Gemeinde- oder Stadtverwaltung organisiert. Die Personalstruktur umfasst in der Regel:

  • den Gemeindepolizeivollzugsdienst,
  • Verwaltungsangestellte,
  • Leitungspersonen, die für die Dienstaufsicht zuständig sind.

In größeren Städten kann die Gemeindepolizei eine eigene Behörde darstellen, mit einem klar abgegrenzten Zuständigkeitsbereich.

Aufgaben der Gemeindepolizei

Zu den Kernaufgaben der Gemeindepolizei zählen insbesondere:

  • Gefahrenabwehr im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
  • Überwachung und Durchsetzung kommunaler Vorschriften (z. B. Parkraumkontrolle, Lärmschutz, Hundehaltung),
  • Feststellung von Ordnungswidrigkeiten,
  • Unterstützung bei Großveranstaltungen,
  • Dokumentation und Ahndung geringfügiger Verstöße,
  • Unterstützung der Landespolizei in bestimmten Lagen.

In einigen Bundesländern sind die Befugnisse auf Ordnungsaufgaben beschränkt, während andere eine weitergehende polizeiliche Zuständigkeit vorsehen.

Befugnisse und rechtliche Grenzen

Ermächtigungsgrundlagen

Die rechtliche Grundlage für das Handeln der Gemeindepolizei stellt primär das jeweilige Landespolizeigesetz dar. Die wichtigsten Ermächtigungen betreffen:

  • Identitätsfeststellung,
  • Platzverweisung,
  • Sicherstellung von Gegenständen,
  • Erlass von Verfügungen zur Gefahrenabwehr,
  • Durchsetzung von ordnungsrechtlichen Maßnahmen.

Eingriffsintensität und Eingriffsschwellen

Im Vergleich zur Landespolizei ist der Eingriffsbereich der Gemeindepolizei oftmals begrenzter. Sie ist in der Regel nicht zuständig für die Verfolgung von Straftaten (Strafverfolgung), wohl aber für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.

Kooperation und Aufgabenübertragung

Die Zusammenarbeit mit der Landespolizei ist gesetzlich geregelt. Dies betrifft die Unterstützung bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr, Durchführung gemeinsamer Streifen sowie die Übertragung spezieller Aufgaben im Rahmen von Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG.

Status und Rechte der Gemeindepolizeibeamten

Die Bediensteten der Gemeindepolizei verfügen je nach Landesrecht entweder über einen Beamtenstatus oder sind als Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt. Sie werden oft als Gemeindepolizeivollzugsbeamte, Stadtpolizisten oder Kommunale Ordnungspolizisten bezeichnet.

Zu den besonderen Rechten und Pflichten zählen:

  • Tragen einer Dienstuniform,
  • Führen von Einsatzmitteln (z. B. Handfesseln, Reizstoffsprühgeräte),
  • Anwendung unmittelbaren Zwangs im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften,
  • Pflicht zur Aus- und Fortbildung.

Unterschiede zur Landes- und Bundespolizei

Die Gemeindepolizei agiert ausschließlich im eigenen Gemeindegebiet und verfügt in der Regel nicht über Kompetenzen, die über das Gemeindegebiet hinausgehen. Im Gegensatz hierzu sind Landespolizei und Bundespolizei für übergeordnete Aufgaben der inneren Sicherheit, Verkehrsüberwachung überörtlicher Straßen und grenzpolizeiliche Aufgaben zuständig.

Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen

Je nach Bundesland bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich Organisation, Aufgaben und Befugnisse. Während beispielsweise in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen die Gemeindepolizei vergleichsweise weitreichende Aufgaben wahrnimmt, ist in anderen Ländern ihre Bedeutung auf den Bereich der Gefahrenabwehr und Ordnungsverwaltung beschränkt.

Aktuelle Entwicklungen betreffen häufig die Digitalisierung und Modernisierung der Gemeindepolizeien, aber auch die Diskussion um eine einheitliche Kennzeichnungspflicht und weitergehende Bürgernähe in der kommunalen Sicherheit.

Literatur und Quellen

  • Polizeigesetze der deutschen Bundesländer
  • Kommunalverfassungen und Satzungen
  • Landesrechtsprechung zur Zuständigkeit der Gemeindepolizei
  • Fachliteratur zum Polizei- und Ordnungsrecht

Hinweis: Die konkrete Ausgestaltung der Gemeindepolizei, deren Aufgaben und Befugnisse sowie die gesetzlichen Grundlagen können von Bundesland zu Bundesland erheblich variieren. Für eine verbindliche Einschätzung ist stets das jeweilige Landesrecht maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgabenbereiche sind der Gemeindepolizei rechtlich zugewiesen?

Die Gemeindepolizei übernimmt im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben primär ordnungsbehördliche und polizeiliche Aufgaben auf kommunaler Ebene. Dazu zählen insbesondere der Vollzug von kommunalen Satzungen und Verordnungen, die Überwachung des ruhenden sowie zum Teil auch des fließenden Verkehrs, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sowie Unterstützungsaufgaben bei der Gefahrenabwehr nach dem jeweiligen Landesrecht. Die Befugnisse der Gemeindepolizei sind durch das Kommunal- oder Polizeigesetz des jeweiligen Bundeslandes geregelt und umfassen beispielsweise Identitätsfeststellungen, Platzverweise oder das Aussprechen von Verwarnungen. Strafrechtliche Ermittlungsbefugnisse stehen der Gemeindepolizei hingegen in der Regel nicht zu, sie obliegen den Polizeibehörden des Landes.

Inwiefern unterscheiden sich die Befugnisse der Gemeindepolizei von denen der Landespolizei?

Die rechtlichen Befugnisse der Gemeindepolizei sind im Vergleich zur Landespolizei deutlich eingeschränkter. Während die Landespolizei aufgrund des Polizeigesetzes umfassende polizeiliche Aufgaben wie Kriminalitätsbekämpfung, Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und Ermittlungen inne hat, beschränken sich die Kompetenzen der Gemeindepolizei überwiegend auf Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Durchsetzung gemeindlicher Regelungen. So sind Durchsuchungen, Festnahmen oder die Führung von strafrechtlichen Ermittlungen ausschließlich der Landes- bzw. Bundespolizei vorbehalten. Die Gemeindepolizei darf hingegen lediglich Maßnahmen im Rahmen des Ordnungsrechtes umsetzen, wie etwa das Ausstellen von Verwarnungen, das Erteilen von Platzverweisen und die Kontrolle öffentlicher Anlagen gemäß kommunaler Satzungen. Ihre Handlungsbefugnisse sind rechtlich genau definiert und unterliegen einer strikten Zweckbindung.

Unter welcher rechtlichen Grundlage agiert die Gemeindepolizei?

Die rechtliche Grundlage der Gemeindepolizei ergibt sich aus den Kommunalverfassungsgesetzen und den ordnungsrechtlichen Vorschriften der jeweiligen Bundesländer. Maßgeblich sind hierbei insbesondere das Polizeigesetz des jeweiligen Landes, Ordnungsbehördengesetze (wie das Ordnungsbehördengesetz Nordrhein-Westfalen) sowie kommunale Satzungen und Verordnungen. Die jeweiligen Befugnisse, Zuständigkeiten und Grenzen der Handlungsmöglichkeiten werden im jeweiligen Gesetzestext detailliert geregelt. Darüber hinaus unterliegt die Gemeindepolizei bei allen Maßnahmen den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Verhältnismäßigkeit, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Grundsatz der Bestimmtheit und Transparenz der Eingriffe.

Wer trägt die Verantwortlichkeit für Maßnahmen der Gemeindepolizei?

Die Verantwortlichkeit für Maßnahmen der Gemeindepolizei liegt rechtlich bei der Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Bürgermeister oder die nach Kommunalrecht zuständige Verwaltungsstelle. Im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung handelt die Gemeindepolizei als Organ der Ordnungsbehörde der Gemeinde. Für rechtswidrige oder fehlerhafte Maßnahmen haftet grundsätzlich die Kommune im Rahmen der Amtshaftung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG. Einzelne Bedienstete, also die Mitarbeiter der Gemeindepolizei, haften in der Regel nicht persönlich, sofern sie nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben.

Wann und in welchem Umfang darf die Gemeindepolizei Zwangsmittel anwenden?

Die Anwendung von Zwangsmitteln durch die Gemeindepolizei ist streng rechtlich geregelt und darf ausschließlich auf Grundlage des jeweiligen Landespolizeigesetzes bzw. des Verwaltungsvollstreckungsrechts erfolgen. Zwangsmittel wie unmittelbarer Zwang, Zwangsgeld oder Ersatzvornahme sind stets das letzte Mittel und dürfen nur eingesetzt werden, wenn ein Verwaltungsakt vorliegt, der vom Betroffenen nicht freiwillig befolgt wird. Auch hierbei gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit, das heißt, es dürfen keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, und die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Die rechtlichen Voraussetzungen sowie das konkret zulässige Maß an Zwang sind im einschlägigen Rechtssatz (z.B. BayVwZVG, VwVG NRW) im Detail niedergelegt.

Welche Rechte haben Bürger gegenüber Maßnahmen der Gemeindepolizei?

Bürger, die von Maßnahmen der Gemeindepolizei betroffen sind, stehen zahlreiche rechtliche Schutzmechanismen zu. Sie haben insbesondere das Recht, über den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme informiert zu werden (Belehrungspflicht). Gegen Verwaltungsakte oder sonstige Maßnahmen können Betroffene Rechtsmittel – insbesondere Widerspruch oder Klage vor den Verwaltungsgerichten – einlegen. Zudem bestehen im Falle einer unrechtmäßigen Maßnahme Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und im Schadensfall auch auf Entschädigung bzw. Schadensersatz gemäß den allgemeinen Regeln des Verwaltungs- und Staatshaftungsrechts. Alle Eingriffe der Gemeindepolizei müssen nachprüfbar dokumentiert werden und unterliegen der gerichtlichen Kontrolle.

In welchen Situationen besteht die Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Landes- oder Bundespolizei?

Eine Pflicht zur Zusammenarbeit besteht immer dann, wenn die Kompetenzen der Gemeindepolizei überschritten werden oder die Situation über den gemeindlichen Zuständigkeitsbereich hinausgeht. Dies ist insbesondere bei Straftaten, komplexen Gefahrensituationen oder größeren polizeilichen Lagen der Fall. Rechtlich gesehen müssen Gemeindepolizeibeamte in diesen Fällen unverzüglich die zuständige Landes- oder Bundespolizei informieren und die Situation an diese übergeben. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich meist im Polizeigesetz des jeweiligen Bundeslandes sowie in Zuständigkeitsverordnungen und Kooperationsvereinbarungen zwischen den Behörden. Eine eigenständige Ermittlungskompetenz in Strafsachen besitzt die Gemeindepolizei nicht.