Begriff und rechtlicher Rahmen des Gelegenheitsverkehrs
Definition des Gelegenheitsverkehrs
Der Begriff Gelegenheitsverkehr bezeichnet im deutschen Verkehrsrecht bestimmte Formen des entgeltlichen oder geschäftsmäßig betriebenen Transports von Personen oder Gütern, die sich maßgeblich vom sogenannten Linienverkehr unterscheiden. Im Kern handelt es sich um Verkehrsleistungen, welche auf Anforderung, zu einem besonderen Anlass oder nicht regelmäßig nach einem festen Fahrplan und/oder einer festen Streckenführung erfolgen.
Gesetzliche Grundlagen
Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
Im Bereich der gewerblichen Personenbeförderung bildet das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) das zentrale Regelwerksystem für den Gelegenheitsverkehr. Das PBefG definiert und reglementiert insbesondere folgende Formen des Gelegenheitsverkehrs:
- Taxenverkehr (Taxiverkehr)
- Mietwagenverkehr (§ 46 Abs. 2 PBefG)
- Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48 PBefG)
- Verkehr mit mietbaren Kraftomnibussen (Gelegenheitsomnibusverkehr)
Darüber hinaus existieren im Güterkraftverkehr gesonderte Regelungen gemäß dem Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG).
Abgrenzung zum Linienverkehr
Im Gegensatz zum Linienverkehr, der durch Fahrpläne, festgelegte Haltestellen und öffentliche Zugänglichkeit für jedermann charakterisiert ist, erfolgt der Gelegenheitsverkehr auf besondere Bestellung oder zu bestimmten Anlässen. Beispielsweise können Fahrten zur bzw. von Veranstaltungen, bei denen die Beförderungsleistung nur für einen begrenzten Nutzerkreis erbracht wird, als Gelegenheitsverkehr qualifiziert werden.
Formen und Ausprägungen des Gelegenheitsverkehrs
Taxiverkehr
Beim Taxiverkehr (§ 47 PBefG) handelt es sich um eine Form der gewerblichen Personenbeförderung, bei der der Unternehmer Fahrgäste auf öffentlichen Straßen ohne vorhergehende Bestellung befördern darf (insbesondere an Taxiständen oder durch Heranwinken). Die Fahrtziele werden jeweils vom Fahrgast bestimmt; die Entgelte unterliegen der Tarifpflicht.
Mietwagenverkehr
Im Mietwagenverkehr (§ 49 PBefG) werden Personen mit zur Personenbeförderung zugelassenen Fahrzeugen aufgrund vorheriger Bestellung und zu einem vereinbarten Preis befördert. Dabei darf das Mietwagenfahrzeug nicht am Taxenstand oder auf öffentlichem Straßenland auf Fahrgäste warten und muss nach Abschluss einer Fahrt unverzüglich zum Betriebssitz zurückkehren (Rückkehrpflicht).
Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen
Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48 PBefG) sind Verkehre, bei denen im Gegensatz zum Linienverkehr kein tatsächlicher Liniencharakter vorliegt. Die Beförderung erfolgt zu touristischen Zwecken oder zu Erholungszielen und ist häufig an einzelne Veranstaltungen, Gruppen oder bestimmte Anlässe gebunden.
Gelegenheitsomnibusverkehr
Im sogenannten Gelegenheitsomnibusverkehr erfolgt der Transport von Personen außerhalb eines Linienbetriebs, beispielsweise durch Charterbusse zu privaten oder geschäftlichen Anlässen.
Zulassung und Genehmigungserfordernisse
Erlaubnispflicht
Grundsätzlich ist für den gewerblichen Gelegenheitsverkehr eine behördliche Genehmigung erforderlich. Zuständig für die Erteilung sind die jeweiligen kommunalen Genehmigungsbehörden. Die Genehmigungspflicht erstreckt sich vorrangig auf den Personen- und den Güterverkehr:
- Im Personenverkehr nach PBefG, insbesondere §§ 2 und 49 ff. PBefG
- Im gewerblichen Güterkraftverkehr nach GüKG
Voraussetzungen für die Genehmigung
Zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung gehören insbesondere:
- Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit
- Geschäftliche Zuverlässigkeit des Unternehmers
- Fachliche Eignung des Unternehmers gemäß EU-rechtlichen Vorgaben und den jeweiligen nationalen Gesetzen (z. B. Fachkundeprüfung)
- Nachweis über geeignete und verkehrssichere Betriebsmittel (z. B. Fahrzeuge)
- Betriebssitz in Deutschland
Im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs gelten teils abweichende, an den europarechtlichen Vorgaben orientierte Vorschriften.
Unterscheidung zwischen Gelegenheits- und Linienverkehr nach dem PBefG
Das Personenbeförderungsgesetz stellt klare Kriterien auf, um den Gelegenheitsverkehr vom Linienverkehr abzugrenzen (§ 46 PBefG). Ausschlaggebend sind insbesondere folgende Merkmale:
- Umfang und Regelmäßigkeit des Fahrangebotes
- Allgemeine oder individuelle Zugänglichmachung der Beförderung
- Fahrplan- und Streckenbindung
Pflichten und Rechte im Gelegenheitsverkehr
Tarifrecht
Für den Taxiverkehr gelten Tarifpflichten, die von der örtlichen Genehmigungsbehörde festgelegt werden. Im Mietwagen- und sonstigen Gelegenheitsverkehr besteht Tarifautonomie; das Entgelt wird frei vereinbart.
Betriebspflichten
- Bereitstellungspflicht: Für Taxis besteht eine Pflicht zur Bereithaltung auf öffentlichen Taxiständen.
- Betriebspflicht: Taxis unterliegen der Betriebs- und Beförderungspflicht während der Betriebszeiten.
- Rückkehrpflicht: Mietwagen müssen nach der Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren.
Haftung und Versicherung
Unternehmer im Gelegenheitsverkehr müssen, je nach Art des Verkehrs, verschiedene Versicherungen nachweisen. Insbesondere die Personen- und Sachschadenhaftpflicht für den Kraftfahrzeugbetrieb ist unerlässlich und gesetzlich vorgeschrieben (§ 22 PBefG, Pflichtversicherungsgesetz).
Aufsicht und Sanktionen
Die Überwachung des Gelegenheitsverkehrs obliegt den zuständigen Verkehrsbehörden, Ordnungsämtern und den Polizeibehörden. Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen, etwa die illegale Personenbeförderung, werden als Ordnungswidrigkeiten oder in schweren Fällen als Straftaten geahndet. Mögliche Sanktionen reichen von Bußgeldern über den Widerruf der Genehmigung bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.
Relevanz im Kontext moderner Mobilitätsdienste
Mit der Entwicklung von App-basierten Fahrdiensten und Vermittlungsplattformen (Ride-Sharing, Ride-Hailing) ist die Abgrenzung zum Gelegenheitsverkehr weiterhin von erheblicher rechtlicher und praktischer Bedeutung. Das Personenbeförderungsgesetz wurde mehrfach novelliert, um auf neue Geschäftsmodelle zu reagieren und den Rechtsrahmen den aktuellen Entwicklungen anzupassen.
Zusammenfassung
Der Gelegenheitsverkehr stellt eine eigenständige und gesetzlich klar abgegrenzte Verkehrsform im deutschen Personen- und Güterkraftverkehr dar. Der rechtliche Rahmen umfasst umfassende Genehmigungs-, Betriebs- und Haftungsvorschriften, die eine ordnungsgemäße und sichere Beförderung im öffentlichen Interesse sicherstellen sollen. Mit dem Wandel der Mobilitätsbranchen und der Digitalisierung bleibt die genaue Reglementierung des Gelegenheitsverkehrs ein zentrales Thema des Verkehrsrechts.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr erforderlich?
Für die Durchführung von Gelegenheitsverkehr ist in Deutschland grundsätzlich eine spezielle Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) erforderlich. Dies gilt insbesondere für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, sei es im Taxenverkehr, mit Mietwagen oder im Rahmen von Ausflugs- sowie Ferienzielreisen. Die Genehmigung wird von der jeweiligen örtlich zuständigen Genehmigungsbehörde (in der Regel dem Ordnungsamt oder der Verkehrsbehörde) erteilt und setzt voraus, dass sowohl das Unternehmen als auch die eingesetzten Fahrer bestimmte persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen. Zu diesen Bedingungen gehören unter anderem die Zuverlässigkeit und die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmers sowie die persönliche Eignung und fachliche Qualifikation. Eine Beförderung ohne erforderliche Genehmigung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden kann. Zudem kann die unerlaubte Personenbeförderung auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen, beispielsweise wenn durch das Befördern ohne Genehmigung Steuerhinterziehung vorliegt oder die Sicherheit gefährdet wird. Die Genehmigungspflicht dient dem Schutz der Fahrgäste, der Sicherheit im Straßenverkehr und der Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen.
Welche Haftungsrisiken bestehen im Gelegenheitsverkehr?
Im Gelegenheitsverkehr haftet der Unternehmer grundsätzlich für sämtliche Schäden, die im Zusammenhang mit der Beförderung von Personen entstehen. Dies umfasst sowohl vertragliche als auch deliktische Haftungsansprüche. Die wichtigsten Rechtsquellen sind hier das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sowie das Haftpflichtgesetz. Der Unternehmer muss für ausreichenden Versicherungsschutz sorgen, insbesondere für eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Kfz-Haftpflichtversicherung, die auch Personenschäden abdeckt. Kommt es zu einem Unfall und liegt ein Verschulden des Fahrers oder des Unternehmers vor (etwa durch technische Mängel, Übermüdung oder Verstöße gegen geltende Vorschriften), können Fahrgäste Schadensersatzansprüche geltend machen. Verstöße gegen gesetzliche Pflichten, wie etwa die Missachtung von Lenk- und Ruhezeiten oder das Fahren ohne gültige Genehmigung, führen zu einer verschärften Haftung und können unter Umständen dazu führen, dass Versicherungsschutz ganz oder teilweise entfällt.
Welche Besonderheiten gelten bei der Tarifgestaltung im Gelegenheitsverkehr?
Die tarifliche Gestaltung im Gelegenheitsverkehr ist gesetzlich geregelt und unterscheidet sich je nach Verkehrsform. Im Taxenverkehr beispielsweise sind die Entgelte, Fahrpreise und Beförderungsbedingungen in der sogenannten Taxitarifordnung festgelegt, welche von der jeweiligen Genehmigungsbehörde innerhalb ihres örtlichen Zuständigkeitsbereichs erlassen wird. Davon darf weder nach oben noch nach unten abgewichen werden – sowohl Über- als auch Unterschreitungen sind rechtswidrig. Für Mietwagen mit Fahrer gilt die Tarifordnung nicht, hier können Preise frei vereinbart werden, allerdings muss vor Fahrtantritt eine verbindliche Preisabsprache erfolgen. Bei Ausflugs- und Ferienzielreisen ist eine vertragliche Vereinbarung zulässig, wobei die Preise entsprechend kalkuliert und offengelegt werden müssen. Verstöße gegen die tarifrechtlichen Vorschriften können mit Bußgeldern sanktioniert werden und führen im Wiederholungsfall möglicherweise zum Widerruf der Genehmigung.
Wie unterscheiden sich Taxenverkehr und Mietwagenverkehr rechtlich im Rahmen des Gelegenheitsverkehrs?
Obwohl Taxi- und Mietwagenverkehr beide zum Gelegenheitsverkehr nach PBefG zählen, bestehen erhebliche rechtliche Unterschiede. Taxen unterliegen der Betriebspflicht, das heißt, sie müssen Fahrten innerhalb des genehmigten Gebiets jederzeit auf Anforderung durchführen und dürfen Fahrgäste am Straßenrand aufnehmen (sogenanntes „Heranwinken“). Zugleich sind sie an die Personenbeförderungsentgelte gebunden. Mietwagen hingegen dürfen keine Fahrgäste aufnehmen, die sie direkt am Straßenrand ansprechen; sie müssen am Betriebssitz oder einem vorher vereinbarten Ort bestellt werden und unterliegen keiner Betriebspflicht. Mietwagen sind zudem von der Tarifpflicht ausgenommen und können ihre Preise frei vereinbaren. Diese klaren Abgrenzungen sind wesentlich, da Verstöße – etwa das Anbieten von Taxidiensten durch Mietwagenbetreiber – ordnungswidrig und bußgeldbewehrt sind.
Welche Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten bestehen für Betreiber im Gelegenheitsverkehr?
Im Gelegenheitsverkehr bestehen zahlreiche Dokumentationspflichten, die sowohl dem Schutz der Fahrgäste als auch der behördlichen Kontrolle dienen. Dazu zählt insbesondere das Führen eines Fahrtenbuches, in dem sämtliche Fahrten mit Angaben zu Fahrtdatum, Uhrzeit, Fahrstrecke, Fahrgastzahl und etwaigen besonderen Vorkommnissen dokumentiert werden müssen. Taxis müssen darüber hinaus das Taxameter ordnungsgemäß einsetzen und abrechnen. Betreiber müssen außerdem die Einsatz- und Arbeitspläne der Fahrer, Nachweise über regelmäßige Wartungen der Fahrzeuge sowie sämtliche Genehmigungen, Versicherungsnachweise und Bescheinigungen über die fachliche Eignung vorhalten. Diese Unterlagen sind regelmäßig auf Verlangen der zuständigen Behörden vorzulegen. Verstöße gegen die Dokumentationspflichten werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet und können im Wiederholungsfall zu einem Widerruf der Erlaubnis führen.
Gelten im Gelegenheitsverkehr besondere Vorschriften für den Umwelt- und Verbraucherschutz?
Ja, im Gelegenheitsverkehr greifen spezifische Vorschriften aus dem Umwelt- und Verbraucherschutzrecht. Zum einen müssen die eingesetzten Fahrzeuge den aktuellen Umweltstandards und Emissionsgrenzwerten entsprechen, wie sie in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und im Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelt sind. Viele Genehmigungsbehörden verlangen Nachweise über regelmäßige Abgasuntersuchungen und setzen teilweise sogar den Einsatz von schadstoffarmen oder alternativen Antrieben, insbesondere in Umweltzonen, voraus. Im Bereich des Verbraucherschutzes sind die Transparenz der Preise, die Einhaltung vertraglich zugesicherter Leistungen (etwa in Ausführungs- und Ferienzielreisen) sowie der Schutz personenbezogener Daten der Fahrgäste (gemäß Datenschutzgrundverordnung, DSGVO) von hoher Bedeutung. Verstöße gegen diese Vorschriften können nicht nur Bußgelder, sondern auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten für Fahrer im Gelegenheitsverkehr?
Die Fahrer im Gelegenheitsverkehr unterliegen besonderen arbeitsrechtlichen Regelungen, die sich insbesondere auf die Arbeitszeiten, Pausenregelungen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beziehen. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist maßgeblich und regelt Höchstarbeitszeiten sowie Mindestruhezeiten. Spezifisch für Bus- und Kraftfahrzeugführer gelten zudem die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und das Fahrpersonalgesetz, in denen die Lenk- und Ruhezeiten europarechtlich geregelt sind. Arbeitgeber im Gelegenheitsverkehr sind verpflichtet, die entsprechenden Aufzeichnungen zu führen, aus denen die Einhaltung der Vorschriften hervorgeht. Diese Unterlagen sind bei Kontrollen bereitzuhalten. Außerdem ist sicherzustellen, dass alle Fahrer im Besitz eines gültigen Führerscheins, ggf. eines Personenbeförderungsscheins sowie der nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) vorgeschriebenen Qualifikationen sind. Werden diese Pflichten nicht eingehalten, drohen neben arbeitsrechtlichen Konsequenzen auch empfindliche Bußgelder sowie eine mögliche Aberkennung der Unternehmergenehmigung.