Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Gelegenheitsarbeiter

Gelegenheitsarbeiter


Begriff und rechtliche Einordnung des Gelegenheitsarbeiters

Der Begriff Gelegenheitsarbeiter beschreibt eine Person, die Tätigkeiten nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich und typischerweise für unterschiedliche Auftraggeber ausübt. In der Praxis handelt es sich dabei in der Regel um eine unselbstständige Tätigkeit, die in unregelmäßigen Abständen und meist für einen begrenzten Zeitraum ausgeführt wird. Die Abgrenzung zur klassischen Teilzeit- oder Nebenbeschäftigung, aber auch zu Selbstständigen, erfolgt insbesondere anhand der Merkmale der Unregelmäßigkeit, der fehlenden Bindung an einen festen Arbeitsort oder Arbeitgeber sowie der nicht dauerhaften Gestaltung des Arbeitsverhältnisses.

Im rechtlichen Kontext ist der Begriff „Gelegenheitsarbeiter“ jedoch kein fest definierter Terminus im deutschen Arbeitsrecht. Dennoch existieren zahlreiche Regelungen, welche die arbeits- und sozialrechtliche Stellung von Gelegenheitsarbeitern betreffen.


Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsformen

Gelegenheitsarbeit vs. Minijob und kurzfristige Beschäftigung

Gelegenheitsarbeiter werden oft mit Minijobbern oder kurzfristig Beschäftigten gleichgesetzt. Während der Minijob sich durch eine regelmäßige, aber geringfügig entlohnte Tätigkeit (maximal 538 Euro monatlich, Stand 2024) kennzeichnet, zeichnet sich die kurzfristige Beschäftigung durch ihre kalendermäßige Befristung aus (höchstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage pro Kalenderjahr). Gelegenheitsarbeit kann hiervon abweichen, sofern die Tätigkeit unregelmäßig, ohne dauerhaften Arbeitsvertrag und ohne festen Turnus erfolgt.

Gelegenheitsarbeiter und Selbstständige

Gelegenheitsarbeit grenzt sich auch klar von selbstständigen Tätigkeiten oder freiberuflicher Arbeit ab. Das entscheidende Kriterium ist dabei das Vorliegen eines Weisungsrechts des Auftraggebers. Gelegenheitsarbeiter sind in aller Regel abhängig beschäftigt und unterliegen damit dem Weisungsrecht. Eine reine Arbeitsleistung auf Rechnung ohne Bindung an Arbeitszeiten, -ort und -anweisungen würde als selbstständige Tätigkeit eingestuft.


Arbeitsrechtliche Aspekte von Gelegenheitsarbeit

Begründung des Arbeitsverhältnisses

Auch Gelegenheitsarbeiter können ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611a BGB eingehen. Damit unterliegen sie insbesondere den Bestimmungen zum Kündigungsschutz, zum Anspruch auf Urlaub, zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie weiteren grundsätzlichen arbeitsrechtlichen Schutzregelungen, sofern nicht explizite oder tarifliche Ausnahmen greifen.

Besonderheiten beim Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag mit Gelegenheitsarbeitern bedarf nicht zwingend der Schriftform, wird jedoch zum Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen empfohlen (§ 2 Nachweisgesetz). Vertraglich sollten insbesondere Art, Zeit, Ort und Umfang der vereinbarten Tätigkeit festgehalten werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Kündigungsmodalitäten

Mangels regelmäßiger Beschäftigung kann es vorkommen, dass für Gelegenheitsarbeiter keine klassischen Kündigungsfristen gelten. Bei rein gelegentlichen Tätigkeiten kann das Arbeitsverhältnis auch durch schlichte Beendigung der Arbeitsleistung oder Zeitablauf enden. Sollten wiederkehrende Tätigkeiten vereinbart werden, gelten dennoch die Kündigungsvorschriften des BGB.


Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Versicherungspflicht

Die Versicherungspflicht knüpft bei Gelegenheitsarbeitern an die konkret ausgeübte Beschäftigung an. Sofern die Beschäftigung in ihrer Ausgestaltung als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gilt, besteht Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Allerdings greifen Ausnahmen, wenn die Tätigkeit als kurzfristige Beschäftigung im Sinne von § 8 SGB IV ausgeübt wird.

Geringfügige und kurzfristige Beschäftigung

Im Rahmen gelegentlicher Tätigkeiten kann es sich zudem um eine geringfügige Beschäftigung handeln (sog. „Minijob“) oder um eine kurzfristige nicht berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung richtet sich nach Umfang, Vergütung und Dauer der Tätigkeit.

Meldung und Beitragsabführung

Arbeitgeber sind verpflichtet, Gelegenheitsarbeiter bei der Minijob-Zentrale oder der zuständigen Krankenkasse anzumelden und die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, soweit eine Versicherungspflicht besteht. Verschiedene Meldepflichten sind zu beachten, insbesondere im Falle mehrerer Gelegenheitsarbeitsverhältnisse parallel.


Steuerrechtliche Behandlung von Gelegenheitsarbeit

Einkünfte aus Gelegenheitsarbeit sind grundsätzlich der Einkommensteuer zu unterwerfen. Für kurzfristige und geringfügige Beschäftigungen können Pauschalversteuerungen greifen (§ 40a EStG). Werden Einzelaufträge abgerechnet, etwa auf Stundenbasis, müssen Gelegenheitsarbeiter eine eventuell erforderliche Steuerklasse angeben oder individuell versteuern.

Zu beachten ist, dass eine kumulierte Gelegenheitsarbeit bei mehreren Auftraggebern zur höheren Steuerlast führen kann und die steuerlichen Freibeträge tangiert.


Arbeitsschutzrechtliche Vorschriften

Auch für Gelegenheitsarbeiter gelten die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und ggf. spezifischer Verordnungen wie der Unfallverhütungsvorschriften. Aufgrund der häufig wechselnden Einsatzbereiche sind Arbeitgeber verpflichtet, Gelegenheitsarbeiter vor Arbeitsaufnahme über spezifische Gefahren und Schutzmaßnahmen zu unterrichten und in den betrieblichen Arbeitsschutz einzubinden. Unfälle am Arbeitsplatz sind regulär als Arbeitsunfälle anerkannt, sofern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung besteht.


Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung

Gelegenheitsarbeiter haben grundsätzlich Anspruch auf Erholungsurlaub gemäß Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), sofern ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Der Umfang bemisst sich nach den Arbeitstagen und dem Beschäftigungszeitraum. Auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder an gesetzlichen Feiertagen kann, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, bestehen.


Beispiele und typische Branchen

Gelegenheitsarbeit findet sich gehäuft in folgenden Bereichen:

  • Gastronomie (Servicepersonal bei Events)
  • Baugewerbe (Hilfstätigkeiten auf Tagesbasis)
  • Landwirtschaft (Erntehelfer zur Saison)
  • Veranstaltungsbereich (Auf- und Abbauarbeiten, Promotion)
  • Einzelhandel (Inventurhilfen, Aushilfen)

Die Beschäftigungsform wird oft als flexible Arbeitslösung für kurzfristigen Personalbedarf genutzt.


Rechtsfolgen bei Missachtung der Schutzvorschriften

Die Verschleierung von Gelegenheitsarbeit als Scheinselbstständigkeit oder die missbräuchliche Umgehung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften kann zu empfindlichen Sanktionen führen. Dazu zählen Nachzahlungen von Beiträgen, Steuerforderungen und Bußgelder. Im Schadensfall (z.B. Arbeitsunfall) haftet regelmäßig derjenige, der die arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Pflichten verletzt hat.


Zusammenfassung

Gelegenheitsarbeiter bezeichnet Arbeitnehmer, die Tätigkeiten unregelmäßig, auf Anfrage oder für unterschiedliche Auftraggeber verrichten. Die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei vielschichtig und richten sich nach Dauer, Regelmäßigkeit und Art der Tätigkeit. Arbeitgeber sollten insbesondere auf die Einhaltung von Meldepflichten, die Abführung von Sozialabgaben, die Beachtung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben sowie urlaubs- und entgeltbezogene Ansprüche achten, um Rechtsnachteile zu vermeiden und den Schutz der Arbeitnehmer sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen

Haben Gelegenheitsarbeiter Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn?

Gelegenheitsarbeiter haben grundsätzlich Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn gemäß § 1 MiLoG, sofern keine besonderen Ausnahmen greifen. Das Mindestlohngesetz unterscheidet nicht nach der Art der Beschäftigung, sondern stellt auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab. Somit müssen auch für Gelegenheitsarbeiten, etwa kurzfristige oder unregelmäßige Tätigkeiten, mindestens 12,41 Euro (Stand: 2024) pro Stunde gezahlt werden. Ausnahmen gelten lediglich für Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Praktikanten unter bestimmten Voraussetzungen, sowie ehrenamtlich Tätige. Arbeitgeber müssen im Streitfall nachweisen können, dass der Mindestlohn gezahlt wurde, weshalb eine ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeitszeiten unerlässlich ist. Verstöße stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit empfindlichen Bußgeldern sanktioniert werden.

Welche steuerlichen Vorschriften gelten für Gelegenheitsarbeiter?

Für Gelegenheitsarbeiter gelten hinsichtlich der Besteuerung unterschiedliche Regelungen, abhängig von der Art des Arbeitsverhältnisses. Handelt es sich um sogenannte Minijobs (geringfügig entlohnte Beschäftigungen bis 538 Euro monatlich), erfolgt die pauschale Besteuerung durch den Arbeitgeber mit 2% (inklusive Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag), sofern keine individuelle Lohnsteuerkarte vorgelegt wird. Übersteigt die Tätigkeit die Minijob-Grenze oder handelt es sich um kurzfristige Beschäftigungen (maximal 70 Arbeitstage oder drei Monate pro Kalenderjahr), sind die regulären Lohnsteuerabzugsmerkmale Anwendung zu bringen. Für kurzfristige Beschäftigungen kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer auf Antrag pauschal mit 25% abgelten, wenn der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber nicht regelmäßig beschäftigt ist. Unabhängig von der Besteuerungspflicht müssen alle Einnahmen aus Gelegenheitsarbeiten in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, falls weitere steuerpflichtige Einkünfte vorliegen.

Wie ist die Sozialversicherungspflicht bei Gelegenheitsarbeit geregelt?

Die Sozialversicherungspflicht bei Gelegenheitsarbeit bemisst sich nach dem Umfang und der Dauer der jeweiligen Tätigkeit. Minijobs bis 538 Euro monatlich sind grundsätzlich sozialversicherungsfrei für den Arbeitnehmer, mit Ausnahme der Rentenversicherung, in die Arbeitnehmer seit 2013 grundsätzlich einbezogen werden, sich jedoch auf Antrag befreien lassen können. Der Arbeitgeber trägt in diesem Fall Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Bei kurzfristigen Beschäftigungen, die von vornherein auf nicht mehr als 70 Arbeitstage oder drei Monate pro Kalenderjahr beschränkt sind, besteht für Arbeitnehmer keine Sozialversicherungspflicht, weder in der Kranken- noch Renten- oder Arbeitslosenversicherung. Wird diese Zeitgrenze überschritten oder besteht eine berufsmäßige Beschäftigung, besteht Versicherungspflicht in den genannten Zweigen. Arbeitgeber sind zur ordnungsgemäßen Anmeldung und Abführung der Beiträge verpflichtet.

Welche Rechte haben Gelegenheitsarbeiter in Bezug auf Urlaub und Krankheit?

Auch Gelegenheitsarbeiter haben Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage bezogen auf eine Sechstagewoche, entsprechend anteilig bei geringerer Arbeitszeit. Der Urlaubsanspruch errechnet sich zeit- und tätigkeitsbezogen. Im Krankheitsfall besteht gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts, sofern das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen bestand; dies gilt auch bei kurzfristigen oder gelegentlichen Arbeitsverhältnissen. Die Zahlungspflicht des Arbeitgebers besteht bis zu sechs Wochen im Krankheitsfall. Gelegenheitsarbeiter sollten ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich melden und spätestens ab dem dritten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.

Unterliegen Gelegenheitsarbeiter besonderen Kündigungsfristen?

Für Gelegenheitsarbeiter gelten grundsätzlich die allgemeinen tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB. Eine Kündigung ist in der Regel mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats möglich, sofern im Arbeitsvertrag keine abweichenden Regelungen oder kürzere Probezeitfristen vereinbart wurden. Auch bei kurzfristigen Aushilfsverhältnissen sind diese Fristen einzuhalten, außer das Arbeitsverhältnis ist ausdrücklich befristet und endet automatisch mit Zeitablauf (§ 15 TzBfG). Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 626 BGB zulässig. Arbeitgeber müssen außerdem das Nachweisgesetz beachten und wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich festhalten.

Müssen Gelegenheitsarbeiter schriftliche Arbeitsverträge erhalten?

Nach dem Nachweisgesetz (NachwG) sind Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach Beginn des Gelegenheitsarbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Auch formlose Vereinbarungen (z. B. mündlich oder „per Handschlag“) sind arbeitsrechtlich wirksam, erschweren jedoch im Streitfall die Beweisführung über Rechte und Pflichten. Zum verpflichtenden Inhalt gehören unter anderem Angaben zu Tätigkeitsbeschreibung, Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitszeit, Vergütung, Urlaubsanspruch und Kündigungsfristen. Arbeitgeber, die dieser Nachweispflicht nicht nachkommen, riskieren Schadensersatzforderungen und behördliche Sanktionen.

Haben Gelegenheitsarbeiter Anspruch auf Lohnfortzahlung an Feiertagen?

Ja, auch Gelegenheitsarbeiter haben nach § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz einen Anspruch auf Lohnfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen, an denen sie normalerweise gearbeitet hätten. Voraussetzung ist, dass ein regelmäßiges Arbeitsverhältnis – auch als Aushilfe – vorliegt, aus dem sich ergibt, an welchen Tagen gearbeitet wird. Fällt ein vereinbarter Arbeitstag auf einen gesetzlichen Feiertag, muss der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt zahlen, als wäre normal gearbeitet worden. Hiervon abweichende Vereinbarungen, die zum Nachteil der Arbeitnehmer getroffen werden, sind unwirksam. Die Höhe des fortzuzahlenden Lohns bemisst sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Feiertag.

Welche Dokumentationspflichten treffen den Arbeitgeber bei Beschäftigung von Gelegenheitsarbeitern?

Arbeitgeber sind verpflichtet, die täglichen Arbeitszeiten ihrer Gelegenheitsarbeiter gemäß § 17 MiLoG zu dokumentieren, um die Einhaltung des Mindestlohnes nachzuweisen. Die Aufzeichnungen müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit enthalten und spätestens innerhalb von sieben Tagen nach der geleisteten Arbeit erfolgen. Diese Dokumentationen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und können im Rahmen von Kontrollen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) oder die Sozialversicherungsträger eingesehen werden. Verstöße gegen diese Aufzeichnungspflichten können hohe Bußgelder (bis zu 30.000 Euro) nach sich ziehen. Die Dokumentationspflicht gilt unabhängig von der Dauer oder dem Umfang der Gelegenheitsarbeit, sofern die Beschäftigten grundsätzlich unter das MiLoG fallen.