Begriff und Einordnung des Geh- und Fahrtrechts
Das Geh- und Fahrtrecht ist ein dingliches oder schuldrechtliches Recht, das einer Person oder einer bestimmten Gruppe von Berechtigten gestattet, ein fremdes Grundstück zu Fuß (Gehen) oder mit Fahrzeugen (Fahren) zu nutzen. In der deutschen Rechtsordnung zählt das Geh- und Fahrtrecht zu den sogenannten Wegerechten und ist häufig als Grunddienstbarkeit gemäß § 1018 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgestaltet. Es ermöglicht den Berechtigten, über das herrschende Grundstück auf das dienende Grundstück zu gelangen, ohne selbst Eigentümer zu sein.
Arten und rechtliche Grundlagen
Dingliches Geh- und Fahrtrecht
Ein dingliches Geh- und Fahrtrecht wird regelmäßig als Grunddienstbarkeit (vgl. § 1018 ff. BGB) ausgestaltet. Es berechtigt den jeweiligen Eigentümer eines herrschenden Grundstücks, das dienende Grundstück in einer bestimmten Weise zu benutzen, insbesondere zu Gehen und/oder zu Fahren. Die Ausgestaltung erfolgt durch die konkrete Eintragung im Grundbuch, wodurch das Recht auch gegenüber Dritten (insbesondere Erwerbern des Grundstücks) Bestand hat.
Rechtsgrundlagen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1018-1029 (Grunddienstbarkeit) und § 1090 (beschränkt persönliche Dienstbarkeit)
- Grundbuchordnung (GBO)
Schuldrechtliches Geh- und Fahrtrecht
Vom dinglichen Recht zu unterscheiden ist das schuldrechtliche Geh- und Fahrtrecht. Hierbei handelt es sich um eine rein vertragliche Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Berechtigten. Ein schuldrechtliches Geh- und Fahrtrecht bindet grundsätzlich nur die Vertragspartner und entfaltet keine Wirkung gegenüber Dritten.
Öffentlich-rechtliches Geh- und Fahrtrecht
Neben privatrechtlichen Gestaltungen bestehen öffentlich-rechtliche Befugnisse, insbesondere im Straßen- und Wegerecht, durch welche die Allgemeinheit bestimmte Geh- und Fahrrechte erhält. Dies betrifft insbesondere öffentliche Wege und Straßen, auf denen das Gemeinwohl ein Nutzungsrecht zugunsten aller Personen vorsieht.
Inhalt und Umfang des Geh- und Fahrtrechts
Das Geh- und Fahrtrecht kann inhaltlich sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und richtet sich nach der jeweiligen Vereinbarung bzw. Eintragung:
- Gehrecht: Befugnis, das Grundstück zu Fuß zu betreten und zu queren.
- Fahrtrecht: Befugnis, das Grundstück mit Fahrzeugen zu überqueren; die Art der zulässigen Fahrzeuge (z. B. nur Personenkraftwagen, keine schweren Lkw) kann beschränkt sein.
- Zweckbestimmung: Das Recht kann auf bestimmte Zwecke wie Erschließung, landwirtschaftliche Nutzung oder Anlieferung beschränkt sein.
- örtlicher Verlauf: Der Verlauf des Weges wird in der Regel vertraglich oder durch Eintragung in Kartenmaterial bzw. Pläne präzisiert.
- Verkehrsbelastung: Häufig ist geregelt, in welchem Umfang oder zu welchen Zeiten eine Nutzung erfolgen darf.
Erwerb und Eintragung
Dingliches Geh- und Fahrtrecht
Die Bestellung erfolgt in der Regel durch notarielle Beurkundung und wird durch Eintragung im Grundbuch des belasteten (dienenden) Grundstücks wirksam. Damit wird das Geh- und Fahrtrecht für jeden Eigentümerwechsel am dienenden Grundstück aufrechterhalten.
Schuldrechtliches Geh- und Fahrtrecht
Die Begründung erfolgt durch Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages. Eine Eintragung im Grundbuch ist nicht vorgesehen und nicht möglich, weshalb das Recht bei Eigentümerwechsel oder Veräußerung des Grundstücks regelmäßig erlischt.
Erlöschen des Geh- und Fahrtrechts
Das Geh- und Fahrtrecht kann aus unterschiedlichen Gründen erlöschen:
- Zeitablauf: falls befristet bestellt
- Zweckerreichung oder Zweckwegfall
- Verzicht des Berechtigten oder Rückübertragungsvereinbarung
- Vereinbarung der Beteiligten (bei dinglichem Recht durch Grundbuchänderung)
- Verschmelzung herrschendem und dienendem Grundstück
Ein Löschungsanspruch kann sich zudem ergeben, wenn das Recht dauerhaft nicht mehr benötigt wird (§ 1019 BGB).
Rechte und Pflichten der Beteiligten
Der Berechtigte hat das Recht, das dinglich oder schuldrechtlich vereinbarte Geh- und Fahrtrecht im vereinbarten Umfang auszuüben. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks ist verpflichtet, die Nutzung zu dulden, darf diese aber nicht unnötig behindern.
Erhaltung und Instandhaltung: Es ist zu unterscheiden, ob der Berechtigte oder der Eigentümer (oder beide gemeinschaftlich) für Instandhaltung und Pflege des Weges aufzukommen haben. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Berechtigte die Kosten der Instandhaltung trägt, soweit er die Nutzung allein beansprucht.
Abgrenzung zu ähnlichen Rechten
Das Geh- und Fahrtrecht ist von anderen Rechten abzugrenzen, wie zum Beispiel:
- Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB): umfasst umfassende Nutzungsrechte
- Leitungsrecht (Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB): beschränkt sich auf das Verlegen von Leitungen
- Reallast (§ 1105 BGB): verpflichtet zu bestimmten Leistungen
Besonderheiten beim Geh- und Fahrtrecht
Enteignung und Notwegerecht
Ein Sonderfall stellt das sogenannte Notwegerecht gemäß § 917 BGB dar, das dann greift, wenn einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Nutzung notwendige Verbindung zur öffentlichen Straße fehlt. In diesen Fällen kann ein Anspruch auf Duldung eines Wegerechts auch gegen den Willen des Nachbarn entstehen.
Nachbarrechtliche Aspekte
Im Nachbarrecht finden sich ergänzende Bestimmungen, insbesondere im Kontext gemeinsamer Wege, wiederkehrender Unterhaltungspflichten und gegenseitiger Rücksichtnahme.
Praxisrelevanz und Bedeutung
Das Geh- und Fahrtrecht hat insbesondere im ländlichen Raum, in der Grundstückserschließung und bei Hinterliegergrundstücken erhebliche praktische Bedeutung. Es sichert die Zugänglichkeit und Werthaltigkeit von Grundstücken und ist oftmals zentrale Voraussetzung für Bauvorhaben oder die zivilrechtliche Nutzbarkeit eines Grundstücks.
Literaturhinweis:
Für vertiefende Informationen stehen einschlägige zivilrechtliche Kommentierungen des BGB sowie die Literatur zum Grundstücksrecht zur Verfügung. Einzelfragen sind stets im Lichte der aktuellen Rechtsprechung auszulegen.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat Vorrang: Fußgänger oder Fahrzeugführer an einem Zebrastreifen?
Nach § 26 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) haben Fußgänger an Fußgängerüberwegen, so genannten Zebrastreifen, grundsätzlich Vorrang. Fahrzeugführer – dazu zählen auch Radfahrer, die ihr Fahrrad fahren – müssen rechtzeitig und deutlich vor dem Zebrastreifen anhalten, wenn ein Fußgänger den Überweg erkennbar benutzen möchte oder ihn bereits betritt. Der Vorrang gilt nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder, ältere Menschen oder Personen mit Behinderung. Ist ein Fußgänger jedoch noch weit vom Zebrastreifen entfernt oder macht keinerlei Anstalten, diesen zu betreten, besteht für Fahrzeugführer keine Wartepflicht. Missachtungen können mit einem Bußgeld und Punkten in Flensburg geahndet werden. Fahrradfahrer, die fahrend unterwegs sind, gelten jedoch nicht als Fußgänger und haben keinen Vorrang, außer sie schieben ihr Rad.
Dürfen Gehwege von Fahrradfahrern benutzt werden?
Grundsätzlich sind Gehwege nach § 2 Absatz 1 StVO ausschließlich für Fußgänger vorgesehen. Radfahrer müssen die Fahrbahn oder, sofern vorhanden und freigegeben, den Radweg benutzen. Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr und ihre Begleitpersonen dürfen jedoch auf dem Gehweg fahren, Kinder bis zum zehnten Lebensjahr können dies freiwillig tun. Das Fahren auf dem Gehweg außerhalb dieser Altersgruppe ist nur erlaubt, wenn das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ die Benutzung ausdrücklich gestattet. Andernfalls droht ein Verwarngeld. Auch bei Freigabe dürfen Radfahrer die Fußgänger nicht behindern oder gefährden und müssen besondere Rücksicht nehmen. Beim Fahren auf dem Gehweg ist zudem Schrittgeschwindigkeit einzuhalten.
In welchen Fällen müssen Autofahrer auf Gehwegen halten oder parken?
Nach § 12 StVO ist das Halten und Parken auf Gehwegen grundsätzlich nicht gestattet. Ausnahmen bestehen, wenn entsprechende Verkehrszeichen oder Markierungen das Gehwegparken ausdrücklich erlauben. In solchen Fällen müssen die Fahrzeuge platzsparend und so abgestellt werden, dass genügend Raum für den Fußgängerverkehr verbleibt – in der Regel mindestens 1,50 Meter. Ohne explizite Freigabe stellt das Parken oder länger als drei Minuten dauerndes Halten auf dem Gehweg eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld sowie möglicherweise Abschleppmaßnahmen belegt werden kann. Auch das teilweise Parken mit zwei Rädern auf dem Bordstein ist nur bei entsprechender Beschilderung zulässig.
Wie ist das Überqueren der Fahrbahn für Fußgänger geregelt?
Fußgänger sind verpflichtet, die Fahrbahn zügig und auf dem kürzesten Weg quer zu gehen – vorrangig an Ampeln, Fußgängerüberwegen oder Kreuzungen, wenn sich diese in der Nähe befinden (§ 25 StVO). Außerhalb solcher gekennzeichneter Überwege müssen sie sich vergewissern, dass keine Gefährdung für den fließenden Verkehr besteht, bevor sie die Straße betreten. Beim Überqueren haben Fußgänger keinen generellen Vorrang gegenüber Fahrzeugen, es sei denn, sie nutzen einen Zebrastreifen oder eine grüne Ampelphase. Das Liegenbleiben oder Verweilen auf der Fahrbahn ist aus Sicherheitsgründen zu vermeiden.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine Missachtung des Geh- und Fahrtrechts?
Verstöße gegen das Geh- und Fahrtrecht können vielfältige rechtliche Folgen nach sich ziehen. Wird beispielsweise der Vorrang von Fußgängern an einem Zebrastreifen missachtet, drohen dem Kraftfahrzeugführer Bußgelder, Punkte in Flensburg und möglicherweise fahrerlaubnisrechtliche Konsequenzen bei Gefährdung oder Unfall. Bei regelwidrigem Parken auf Gehwegen kann ein Verwarngeld, ein Verwarnungsgeld oder sogar das Abschleppen des Fahrzeugs erfolgen. Fußgänger, die verbotenerweise die Fahrbahn überqueren und dadurch einen Unfall verursachen, können eine (Mit-)Haftung für entstandene Schäden treffen. Ebenfalls kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch Kommunen, etwa bei schlecht erkennbaren oder mangelhaft ausgeschilderten Überwegen, zu Haftungsansprüchen führen.
Dürfen Elektrokleinstfahrzeuge wie E-Scooter auf Gehwegen fahren?
Elektrokleinstfahrzeuge, wie E-Scooter, unterliegen nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) strengen Regeln. Sie dürfen gemäß § 10 eKFV in Verbindung mit der StVO Gehwege nur dann benutzen, wenn dies durch ein Zusatzschild ausdrücklich erlaubt ist („E-Scooter frei“). In allen anderen Fällen gehören sie auf Radwege oder, falls keine Radwege vorhanden sind, auf die Fahrbahn. Unerlaubtes Fahren auf dem Gehweg stellt eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld sowie weiteren Sanktionen wie einem Fahrverbot belegt werden.
Welche besonderen Vorschriften gelten an Fußgängerampeln?
An Fußgängerampeln haben Fußgänger bei Grün „freie Fahrt“ und dürfen die Fahrbahn sicher überqueren. Fahrzeugführer müssen bei Rot oder bei aufleuchtendem gelbem Signal vor dem Haltelinie anhalten und dürfen erst nach Umschalten auf Grün passieren. Ein Fußgänger, der bei Rot die Fahrbahn betritt, handelt ordnungswidrig (§ 37 StVO) und kann für daraus entstehende Gefährdungen (etwa Unfälle) unter Umständen mitverantwortlich gemacht werden. Fahrzeuge dürfen Grün nur ausnutzen, wenn die Fahrbahn tatsächlich frei ist und Fußgänger nicht gefährdet werden. Dies gilt insbesondere beim Abbiegen, wobei abbiegende Fahrzeuge grundsätzlich besondere Rücksicht auf querende Fußgänger nehmen müssen.