Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Zivilrecht»Gebrauchsanmaßung

Gebrauchsanmaßung


Begriff und rechtliche Einordnung der Gebrauchsanmaßung

Die Gebrauchsanmaßung ist ein Terminus aus dem deutschen Strafrecht und bezeichnet das unbefugte Benutzen eines fremden Fahrzeugs. Sie ist in § 248b des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt, der das unerlaubte Benutzen eines Fahrzeugs unter Strafe stellt. Der Begriff umschreibt die vorübergehende Ingebrauchnahme eines Kraftfahrzeugs oder Fahrrads gegen den Willen des Berechtigten, ohne das Ziel einer dauerhaften Zueignung. Dadurch unterscheidet sich die Gebrauchsanmaßung von anderen Vermögensdelikten wie Diebstahl oder Unterschlagung, die auf eine dauernde Wegnahme oder Aneignung abzielen.

Abgrenzung zu ähnlichen Straftatbeständen

Anders als der Diebstahl gem. § 242 StGB oder die Unterschlagung gem. § 246 StGB setzt die Gebrauchsanmaßung weder eine rechtswidrige Zueignungsabsicht noch eine dauerhafte Wegnahme voraus. Der Täter will das Fahrzeug lediglich ausleihen, nicht behalten oder veräußern. Die Tat ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass die Nutzung des fremden Fahrzeugs unmittelbar gegen den Willen des Berechtigten erfolgt und keine Einwilligung vorliegt.

Tatbestandsmerkmale der Gebrauchsanmaßung

Die Gebrauchsanmaßung besteht nach § 248b StGB aus folgenden zentralen Voraussetzungen:

Objektiver Tatbestand

1. Tatobjekt: Kraftfahrzeug oder Fahrrad

Tatobjekt sind ausschließlich Fahrzeuge im Sinne des Gesetzestextes. Ein Kraftfahrzeug ist jedes zur Fortbewegung bestimmte und durch Maschinenkraft angetriebene Landfahrzeug. Fahrräder im Sinne des § 248b StGB sind Landfahrzeuge mit mindestens zwei Rädern, die durch Muskelkraft bewegt werden.

2. Fremdheit des Fahrzeugs

Das Fahrzeug muss im Eigentum oder zumindest im Mitbesitz eines anderen stehen. Es darf dem Täter weder ganz noch teilweise gehören.

3. Ingebrauchnahme

Die Ingebrauchnahme bedeutet das tatsächliche Benutzen der Fortbewegungsmöglichkeiten des Fahrzeugs, das über das bloße Betreten hinausgeht. Typischerweise wird das Fahrzeug gefahren oder bewegt.

4. Ohne Einwilligung des Berechtigten

Die Handlung erfolgt ohne Wissen und Wollen des Eigentümers oder gleichgestellten Berechtigten. Eine ausdrückliche oder konkludente Einwilligung schließt den Tatbestand aus.

Subjektiver Tatbestand

Der Täter muss zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Das bedeutet, dass die unbefugte Ingebrauchnahme willentlich und wissentlich erfolgt. Eine Zueignungsabsicht ist – im Gegensatz zu Diebstahl und Unterschlagung – nicht erforderlich.

Rechtliche Folgen und Strafmaß

Die unbefugte Ingebrauchnahme eines Kraftfahrzeugs oder Fahrrads wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 248b Absatz 1 StGB). Für Fahrräder sieht das Gesetz vor, dass der Strafantrag des Geschädigten erforderlich ist, es sei denn, die Strafverfolgungsbehörde bejaht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Strafantragserfordernis

Ein besonderes Merkmal des § 248b StGB ist, dass im Falle eines Fahrrads die Tat nur auf Antrag verfolgt wird. Im Unterschied dazu wird die unerlaubte Benutzung eines Kraftfahrzeugs von Amts wegen verfolgt.

Tatbestandsausschlüsse und Rechtfertigungsgründe

Einwilligung des Berechtigten

Liegt eine Einwilligung des Eigentümers oder eines sonst zum Gebrauch berechtigten Dritten vor, entfällt der Strafcharakter der Handlung. Eine Irrtumsproblematik kann dann entstehen, wenn der Täter irrtümlich von einer solchen Einwilligung ausgeht (sog. „Erlaubnistatbestandsirrtum“).

Privilegierung nach § 248b Absatz 2 StGB

Eine Privilegierung ist in Absatz 2 vorgesehen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Fahrzeuge bestimmten Zwecken widmen (z. B. öffentlicher Nahverkehr), können die Strafverfolgung durch Verzicht auf Strafantrag ausschließen.

Versuch und Beteiligung

Der Versuch der Gebrauchsanmaßung ist nicht strafbar, da § 248b StGB dies nicht ausdrücklich vorsieht. Beihilfe und Anstiftung sind hingegen grundsätzlich nach allgemeinen Vorschriften (§§ 26, 27 StGB) möglich, sofern der Haupttäter die Tat vollendet hat.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Bei Fahrrädern ist stets ein Strafantrag vonnöten, während bei Kraftfahrzeugen ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung regelmäßig angenommen wird. Verfügt der Täter nicht über eine Fahrerlaubnis oder begeht er weitere Straßenverkehrsdelikte, können diese eigenständig verfolgt und härter bestraft werden.

Abgrenzung zu Diebstahl und Unterschlagung

Der zentrale Unterschied zum Diebstahl gem. § 242 StGB liegt im fehlenden Aneignungswillen. Die Gebrauchsanmaßung zielt auf vorübergehenden Gebrauch, nicht auf dauerhafte Enteignung oder Aneignung. Wer ein Fahrzeug hingegen entwenden und behalten will, verwirklicht den Tatbestand des Diebstahls.

Praxisbeispiele

Typische Fälle der Gebrauchsanmaßung sind etwa das unerlaubte Ausleihen eines fremden Autos ohne Rückgabeabsicht nach einer Spritztour, das Nutzen eines Fahrrads für eine bloße Fahrt. Kommt es durch die Nutzung auch zu einer Beschädigung oder wird das Fahrzeug nicht zurückgegeben, können zusätzliche Straftatbestände, wie Sachbeschädigung oder Diebstahl, hinzukommen.

Zusammenfassung

Die Gebrauchsanmaßung nach § 248b StGB schützt das Recht am Gebrauch eines Fahrzeugs. Wesentliche Merkmale sind die vorübergehende, unbefugte Benutzung eines fremden Fahrzeugs und das Fehlen einer Aneignungsabsicht. Der Tatbestand trägt dem Bedürfnis Rechnung, Eigentümer und andere Berechtigte vor einem zeitweiligen Entzug ihres Fortbewegungsmittels zu bewahren, ohne dass der schwerer wiegende Tatbestand des Diebstahls erfüllt sein muss. Durch die strafrechtliche Trennung von dauerhafter und nur temporärer Gebrauchsbeeinträchtigung sorgt die Norm für eine differenzierte strafrechtliche Ahndung und sichert so die Integrität fremden Eigentums und Besitzes.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsfolgen kann eine Gebrauchsanmaßung nach sich ziehen?

Die Gebrauchsanmaßung, das unberechtigte Führen von Titeln, Berufsbezeichnungen oder Amtsbezeichnungen, zieht in Deutschland je nach Kontext unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich. Im Strafrecht wird dies gemäß § 132a StGB („Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“) mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet, sofern keine schwereren Delikte vorliegen. Dabei ist entscheidend, ob tatsächlich eine Irreführung vorliegt und ob ein schutzwürdiges öffentliches Interesse an der Verfolgung der Tat besteht. Zusätzlich zu den strafrechtlichen Sanktionen kann die Gebrauchsanmaßung auch berufsrechtliche oder verwaltungsrechtliche Konsequenzen haben, etwa den Entzug der Zulassung zu einem bestimmten Beruf, Disziplinarmaßnahmen oder die Aberkennung von erworbenen Mitgliedsrechten in Berufsverbänden. In Einzelfällen können zivilrechtliche Ansprüche, beispielsweise Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, durch betroffene Titelinhaber oder Organisationen geltend gemacht werden. Zudem besteht im Beamtenrecht eine besondere Sensibilität; hier kann die unerlaubte Führung von Amtsbezeichnungen zu dienstrechtlichen Maßnahmen führen.

Greift der Tatbestand der Gebrauchsanmaßung auch bei ausländischen Titeln?

Ja, auch das unbefugte Führen ausländischer Titel, akademischer Grade oder Berufsbezeichnungen kann nach deutschem Recht eine Gebrauchsanmaßung darstellen. Gemäß § 132a StGB fällt das Führen ausländischer Titel dann unter das Verbot, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr mit inländisch anerkannten Titeln entsteht oder der Titel ohne die erforderliche Genehmigung genutzt wird. Insbesondere bei akademischen Graden und Berufsbezeichnungen aus dem Ausland ist zusätzlich das Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslandes zu beachten. Dieses schreibt vor, dass ausländische Abschlüsse in der Regel erst nach einer offiziellen Anerkennung oder Umwandlung geführt werden dürfen. Auch die Art und Weise der Führung, zum Beispiel mit einem Zusatz wie „(USA)“ oder „(Univ. XY)“, kann rechtlich relevant sein. Verstöße können nicht nur strafrechtlich, sondern auch verwaltungsrechtlich mit Bußgeldern sanktioniert werden.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine strafbare Gebrauchsanmaßung vorliegt?

Für eine strafbare Gebrauchsanmaßung nach § 132a StGB müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss erstens der Gebrauch oder die Führung einer bestimmten, gesetzlich geschützten Berufs- oder Amtsbezeichnung, eines Titels oder eines Abzeichens erfolgen. Zweitens ist die Unberechtigung entscheidend, also dass die Person nicht Inhaber oder berechtigter Träger der Bezeichnung ist. Drittens ist regelmäßig eine objektive Verwechslungsgefahr notwendig, also die Möglichkeit, dass Dritte über die Qualifikation oder die Befugnis des Handelnden getäuscht werden könnten. Der Vorsatz, also das Wissen und Wollen um die unberechtigte Führung, ist ebenfalls erforderlich; fahrlässiges Handeln reicht in der Regel nicht aus. Eine tatsächliche Schädigung ist hingegen nicht nötig; allein der unberechtigte Gebrauch genügt zur Strafbarkeit. Es kommt nicht auf eine konkret entstandene Täuschung oder Schaden an.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Titelmissbrauch und Gebrauchsanmaßung?

Zwischen dem Titelmissbrauch und der Gebrauchsanmaßung bestehen im juristischen Sinne keine relevanten Unterschiede, da beide Begriffe meist synonym verwendet werden, insbesondere im Kontext von § 132a StGB. Teilweise wird der Begriff „Titelmissbrauch“ im weiteren Sinne auch auf den unberechtigten Gebrauch weiterer Symbole, z.B. Orden, ausgedehnt, während mit „Gebrauchsanmaßung“ spezifischer das unrechtmäßige Führen von Amts- oder Berufsbezeichnungen gemeint ist. In der juristischen Praxis und Gesetzessprache wird jedoch meist einheitlich von der unbefugten Führung geschützt bezeichneter Titel, Grade oder Abzeichen gesprochen; beide Begriffe meinen im Kern das gleiche strafbare Verhalten.

Wie unterscheidet sich die Gebrauchsanmaßung von der Amtsanmaßung?

Die Gebrauchsanmaßung (gemäß § 132a StGB) bezieht sich auf das unbefugte Führen oder Verwenden eines Titels, einer Amts- oder Berufsbezeichnung, während die Amtsanmaßung gemäß § 132 StGB vorliegt, wenn jemand unbefugt eine öffentliche Funktion ausübt oder Amtshandlungen vornimmt. Es handelt sich also um zwei eigenständige Straftatbestände: Die Gebrauchsanmaßung schützt die ordnungsgemäße Titelführung und den Ruf bestimmter Berufe, während die Amtsanmaßung darauf abzielt, das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit staatlicher Hoheitsakte und die öffentliche Verwaltung zu sichern. Während bei der Gebrauchsanmaßung die Präsentation im Vordergrund steht, erfasst die Amtsanmaßung tatbestände, in denen durch wahrgenommene Handlungen direkt staatliche Handlungsformen vorgetäuscht werden.

Welche besonderen Regelungen gelten für Doktortitel und Berufsbezeichnungen im Gesundheitswesen?

Gerade bei Doktortiteln und Berufsbezeichnungen im Gesundheitswesen, wie „Arzt“, „Psychotherapeut“ oder „Apotheker“, bestehen besonders strenge Anforderungen an die rechtmäßige Führung. Der Schutz dieser Titel ergibt sich nicht nur aus dem Strafgesetzbuch (§ 132a StGB), sondern ist ergänzend in den jeweiligen Fachgesetzen, wie dem Heilberufsgesetz, dem Apothekengesetz oder den Landeshochschulgesetzen, detailliert geregelt. Insbesondere die Führung eines nicht erworbenen Doktorgrades stellt eine Straftat dar, ebenso wie das Vortäuschen eines existierenden Abschlusses oder einer Approbation. In diesen Berufen erfolgen häufig zusätzliche Kontrollen durch Berufskammern oder Aufsichtsbehörden. Wer gegen diese Regelungen verstößt, muss neben strafrechtlichen Konsequenzen mit Berufsverboten, dem Entzug der Approbation oder Disziplinarmaßnahmen rechnen. Besonders im Gesundheitswesen wird eine Null-Toleranz-Politik verfolgt, um das Vertrauen der Patienten zu schützen.

Können Verstöße gegen die Gebrauchsanmaßung verjähren?

Ja, wie bei anderen Straftaten auch, unterliegt die Gebrauchsanmaßung der strafrechtlichen Verjährung. Die reguläre Verjährungsfrist für Verstöße gegen § 132a StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), gerechnet ab Beendigung der Tat. Nach Ablauf dieser Frist kann die Straftat nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Zu beachten ist jedoch, dass zivil- und verwaltungsrechtliche Ansprüche unterschiedlichen, zum Teil längeren Fristen unterliegen können. Auch disziplinarrechtliche Maßnahmen, insbesondere im öffentlichen Dienst, können von abweichenden Verjährungsregelungen betroffen sein. Eine Unterbrechung der Verjährung, etwa durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, ist nach den allgemeinen Vorschriften der Strafprozessordnung möglich.