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Gebäudeversicherung


Gebäudeversicherung

Die Gebäudeversicherung ist eine Sachversicherung, die vor finanziellen Schäden an privat oder gewerblich genutzten Gebäuden schützt. Sie stellt insbesondere im deutschen Versicherungs- und Zivilrecht einen eigenständigen Versicherungszweig dar, der detailliert gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen unterliegt. Im Kern dient die Gebäudeversicherung dazu, Gefahren wie Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel und weitere Elementargefahren abzusichern.


Rechtliche Grundlagen der Gebäudeversicherung

Versicherungsvertrag und Vertragsparteien

Die rechtliche Basis der Gebäudeversicherung bildet der Versicherungsvertrag, der zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsnehmer nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geschlossen wird. Der Vertrag setzt eine schriftliche Police und eine präzise Beschreibung des versicherten Gebäudes voraus.

Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Es definiert insbesondere Informationspflichten, Obliegenheitspflichten sowie die Voraussetzungen für Beginn, Inhalt und Beendigung des Versicherungsverhältnisses. §§ 174 ff. VVG beziehen sich auf Versicherungen gegen Sachschäden und allgemeine Obliegenheiten.

Versicherungsbedingungen (AVB)

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) stellen das Herzstück des individuellen Vertrages dar. Sie regeln detailliert den Umfang, die Einschränkungen und Ausschlüsse des Versicherungsschutzes. Die AVB sind bei Sachversicherungen, insbesondere bei der Gebäudeversicherung, eigenständiger Vertragsbestandteil und zudem mit der Vertragsfreiheit abgestimmt.


Versicherungsumfang und Leistungsarten

Versicherte Gefahren und Leistungen

Der Schutz erstreckt sich üblicherweise auf die nachfolgend gesetzlich und vertraglich definierten Gefahren:

  • Brand, Blitzschlag, Explosion
  • Leitungswasser
  • Sturm und Hagel
  • Zusätzliche Elementargefahren (z. B. Überschwemmung, Erdbeben, Schneedruck – durch ergänzende Elementarversicherung)

Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die Zerstörung als auch die Beschädigung oder das Abhandenkommen des versicherten Gebäudes infolge dieser Gefahren.

Entschädigungsleistungen

Im Schadensfall hat die Versicherung, je nach vertraglicher Vereinbarung, entweder den Zeitwert oder den Neuwert des Gebäudes zu ersetzen. Die Leistungspflicht ist begrenzt auf die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme unter Berücksichtigung von Unter- oder Überversicherung.

Versicherte und nicht versicherte Sachen

Versicherte Sachen:
Einbezogen in den Versicherungsschutz sind alle fest mit dem Gebäude verbundenen Bestandteile sowie Zubehör, soweit dieses im Versicherungsvertrag eingeschlossen wurde.

Nicht versicherte Sachen:
Nicht zum Umfang zählen bewegliche Sachen und Gegenstände, die nicht integraler Bestandteil des Gebäudes sind, sofern sie nicht ausdrücklich mitversichert wurden.


Pflichten und Obliegenheiten des Versicherungsnehmers

Anzeigepflichten vor Vertragsschluss

Vor Abschluss besteht die Pflicht, dem Versicherer sämtliche gefahrrelevanten Umstände mitzuteilen (vorvertragliche Anzeigepflicht nach § 19 VVG). Wird diese verletzt, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten oder ihn anpassen.

laufende Obliegenheiten

Während der Vertragslaufzeit sind insbesondere die Anzeige von Gefahrerhöhungen (§ 23 ff. VVG), die Schadensanzeige und Schadenminderungspflichten (§ 82 VVG) relevant. Eine Pflichtverletzung kann zur Leistungsfreiheit führen.


Ausschlüsse und Besonderheiten

Ausschlussgründe

Die Vertragsbedingungen enthalten regelmäßig bestimmte Ausschlüsse. Dazu zählen beispielsweise vorsätzliche Verursachung eines Schadens oder Schäden infolge von Krieg, Kernenergie oder grober Fahrlässigkeit (letztere teilweise mitversicherbar).

Unterprobleme: Gefahrerhöhung, Doppelversicherung, Unterversicherung

  1. Gefahrerhöhung:

Jede erhebliche Veränderung, welche das Risiko des Eintritts eines Schadens erhöht, ist grundsätzlich anzeigepflichtig. Geschieht dies nicht, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht für den Versicherer.

  1. Doppelversicherung:

Ist dasselbe Gebäude gegen identische Gefahren mehrfach versichert, greifen die Regeln der Doppelversicherung (§ 78 VVG). Die Versicherer haften dann als Gesamtschuldner, allerdings darf der Entschädigungsbetrag die Schadenshöhe nicht überschreiten.

  1. Unterversicherung:

Liegt die Versicherungssumme unter dem Wert des zu versichernden Gebäudes, kann die Versicherung die Entschädigung im Verhältnis der Unterversicherung kürzen (§ 75 VVG).


Versicherungsprämie und Beitragsrecht

Prämienhöhe und Prämienanpassung

Die Prämienhöhe richtet sich nach Wert, Bauart, Nutzung, Lage und Gefährdung des Gebäudes. Abweichungen während der Vertragslaufzeit können Beitragsanpassungen nach sich ziehen, die den Grundsätzen des § 40 VVG unterliegen.

Beitragszahlung und Folgen des Zahlungsverzugs

Mit Eintritt des Versicherungsfalles ist die regelmäßige und vollständige Beitragszahlung Voraussetzung für die Leistungspflicht. Bei Verzug gelten die Vorschriften des § 38 VVG, wonach der Versicherungsschutz nach Ablauf der Frist ruhen kann.


Besonderheiten im öffentlichen Recht und im Sozialgesetzbuch

Pflichtversicherung und öffentlich-rechtliche Vorgaben

Während die Gebäudeversicherung in Deutschland grundsätzlich freiwillig ist, existieren in einzelnen Bundesländern, wie etwa Sachsen-Anhalt, spezifische Regelungen, die in bestimmten Fällen eine Pflichtversicherung für Elementarschäden vorsehen können.

Zwangsversicherung und Beleihungswert

Wird ein Gebäude kreditfinanziert, schreiben viele Kreditinstitute zum Schutz des Beleihungswertes vor, dass eine entsprechende Gebäudeversicherung einzudecken ist.


Beendigung des Versicherungsverhältnisses

Ordentliche und außerordentliche Kündigung

Der Versicherungsvertrag kann beiderseits unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen (meist zum Ende der Versicherungsperiode) beendet werden. Im Schadensfall besteht sowohl für den Versicherungsnehmer als auch den Versicherer ein Sonderkündigungsrecht (§ 92 VVG).

Erlöschen und Eigentümerwechsel

Das Versicherungsverhältnis endet, sobald das versicherte Interesse wegfällt, etwa infolge vollständigen Abbruchs des Gebäudes. Beim Eigentümerwechsel geht der Versicherungsvertrag nach Maßgabe des § 95 VVG automatisch auf den Erwerber über, es sei denn, es liegt eine anderweitige Vereinbarung vor.


Steuerliche Behandlung der Gebäudeversicherung

Beiträge zur Gebäudeversicherung sind als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, sofern das Gebäude Einkünfte generiert (z. B. bei Vermietung oder betrieblicher Nutzung). Privat genutzte Gebäude unterliegen anderen steuerlichen Regelungen.


Bedeutung der Gebäudeversicherung in der Rechtsprechung

Die Auslegung von Versicherungsbedingungen und die Einordnung von Schadensfällen wird fortlaufend durch die Gerichte, insbesondere durch den Bundesgerichtshof (BGH), präzisiert. Wichtige Entscheidungen betreffen die Definition von Obliegenheitsverletzungen, Umfang des Versicherungsschutzes sowie Mitverschulden und grobe Fahrlässigkeit.


Literatur und Weblinks

  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Allgemeine Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB)
  • Bundesgerichtshof (BGH) – Urteile zur Sachversicherung

Die Gebäudeversicherung ist ein wesentlicher Baustein zur wirtschaftlichen Absicherung von Immobilieneigentum und unterliegt komplexen gesetzlichen sowie vertraglichen Vorgaben. Ihre genaue Ausgestaltung hängt maßgeblich von individuellen Vereinbarungen und dem jeweils geltenden Recht ab.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich verpflichtet, eine Gebäudeversicherung abzuschließen?

Eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Gebäudeversicherung besteht in Deutschland grundsätzlich nicht. Allerdings können bestimmte Umstände dazu führen, dass eine solche Police de facto verpflichtend wird. Insbesondere Banken oder andere Kreditinstitute verlangen beim Abschluss eines Immobiliendarlehens zur Absicherung ihrer finanziellen Interessen regelmäßig den Nachweis einer Gebäudeversicherung. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine staatliche Verpflichtung, sondern um eine vertragliche Auflage im Rahmen des Kreditvertrags. In manchen Bundesländern existierte bis 1994 für Wohngebäude eine gesetzliche Pflicht zur Feuerversicherung, diese wurde jedoch aufgehoben. Für Eigentümergemeinschaften (zum Beispiel nach dem Wohnungseigentumsgesetz/WEMoG) kann eine Gebäudeversicherung durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG verpflichtend festgelegt werden. Die Einzelheiten ergeben sich dann aus der Teilungserklärung und dem Gemeinschaftsbeschluss. Ohne spezielle öffentlich-rechtliche Vorschriften verbleibt es im privaten Recht also bei der Vertragsfreiheit, voraussichtlich solange keine Finanzierung betroffen ist.

Kann der Versicherer den Vertrag einer Gebäudeversicherung kündigen?

Eine ordentliche Kündigung des Vertrages durch den Versicherer ist vertraglich vorgesehen und richtet sich vornehmlich nach den Vorgaben des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Nach § 92 VVG kann sowohl der Versicherer als auch der Versicherungsnehmer die Gebäudeversicherung zum Ende der Versicherungsperiode unter Einhaltung einer Dreimonatsfrist kündigen. Zudem steht dem Versicherer nach Eintritt eines Versicherungsfalles gemäß § 92 VVG ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Wird der Versicherungsbeitrag nicht termingerecht gezahlt, kann der Versicherer unter Beachtung der gesetzlichen Fristen und Mahnungen den Vertrag ebenfalls beenden (§§ 38, 39 VVG). Eine Kündigung infolge arglistiger Täuschung oder Obliegenheitsverletzung (z. B. grobe Fahrlässigkeit beim Objektschutz) ist ebenfalls möglich. In Mehrfamilien- und Gemeinschaftsimmobilien müssen dabei kollektive Interessen und Zuständigkeiten beachtet werden.

Wie wirkt sich ein Eigentumsübergang auf die Gebäudeversicherung aus?

Gemäß § 95 VVG geht beim Eigentumsübergang (typischerweise durch Verkauf) die bestehende Gebäudeversicherung kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Der neue Eigentümer und der Versicherer haben das Recht, den Vertrag innerhalb eines Monats nach Eintragung im Grundbuch außerordentlich mit sofortiger Wirkung oder zur nächsten Fälligkeit zu kündigen. Der Versicherer muss hierzu aber den Eigentumswechsel unverzüglich mitgeteilt bekommen. Wird kein Gebrauch von der Kündigung gemacht, setzt sich der Vertrag mit dem bisherigen Inhalt fort. Ausnahmen hierzu können sich aus individuellen Vertragsregelungen oder Besonderheiten im Erwerbsfall ergeben (Erbschaft, Teilung nach WEG). Es besteht die Verpflichtung, den Erwerber über die Versicherung und deren Konditionen zu informieren, ansonsten können Haftungsansprüche resultieren.

Welche Risiken müssen rechtlich zwingend von einer Gebäudeversicherung abgedeckt werden?

Einheitliche Mindestdeckungsvorschriften für die Risiken einer Gebäudeversicherung existieren nicht mehr. Nach Wegfall der Pflicht-Feuerversicherung sind Versicherungsumfang und -inhalte grundsätzlich verhandelbar im Rahmen der Vertragsfreiheit, was rechtliche Gestaltungsoptionen eröffnet. Üblicherweise sind Risiken wie Feuer, Leitungswasser und Sturm/Hagel Standard – ein Muss im Rechtssinne ist dies jedoch nicht. Ausnahmen ergeben sich nur aus Gemeinschaftsbeschlüssen (WEG) oder Auflagen von Kreditgebern. Kommunale Satzungen können in seltenen Einzelfällen weitergehende Anforderungen stellen, etwa im Kontext von Naturkatastrophen (Elementarschadenversicherung), aber eine bundesweite Pflicht gibt es nicht. Versicherte sollten sich die versicherten Gefahren und etwaige Ausschlüsse genau schriftlich bestätigen lassen, um rechtliche Ansprüche im Schadensfall zu sichern.

Welche Rechte hat der Versicherungsnehmer bei einer Prämienerhöhung?

Kommt es im Verlauf des Versicherungsverhältnisses zu einer Prämienerhöhung ohne gleichzeitige Erweiterung des Versicherungsschutzes, steht dem Versicherungsnehmer gemäß § 40 VVG ein Sonderkündigungsrecht zu. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die Prämienanpassung erfolgen. Der Versicherer ist verpflichtet, den Versicherungsnehmer auf dieses Recht in deutlicher Form hinzuweisen; fehlt dieser Hinweis, verlängert sich die Kündigungsfrist. Ein Rücktrittsrecht besteht nicht, jedoch kann die Kündigung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung ausgesprochen werden. Im Falle einer Beitragserhöhung im Rahmen einer Index- oder Wertanpassungsklausel, die bereits bei Vertragsabschluss transparent und individuell vereinbart wurde, kann das Sonderkündigungsrecht rechtswirksam ausgeschlossen sein.

Wie verhält es sich aus rechtlicher Sicht mit Obliegenheiten des Versicherungsnehmers?

Im Rahmen der Gebäudeversicherung ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bestimmte Obliegenheiten – vor und nach Eintritt eines Schadens – zu beachten. Vorvertragliche Obliegenheiten betreffen korrekte Angaben hinsichtlich Risiko, Nutzung und Zustand des Gebäudes sowie unverzügliche Mitteilungen über Gefahrerhöhungen (§ 23 ff. VVG). Nach Eintritt des Versicherungsfalles zählen die Schadensmeldepflicht (§ 30 VVG), die Pflicht zur Schadenminderung und zur umfassenden Aufklärung des Schadensverlaufs zu den wesentlichen Rechtspflichten. Werden Obliegenheiten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, kann der Versicherer leistungsfrei werden oder die Leistung anteilig kürzen (§ 28 VVG). Die genauen Obliegenheiten sind in den Vertragsbedingungen niedergelegt und sollten durch den Versicherungsnehmer detailliert geprüft werden.

Wer ist im Schadensfall beweisbelastet?

Im Schadensfall trifft die sogenannte Beweislast im Grundsatz den Versicherungsnehmer. Das heißt, er muss nachweisen, dass überhaupt ein Versicherungsfall (z. B. Brand, Wasserschaden) im Sinne der Versicherungsbedingungen eingetreten ist sowie das Ausmaß des Schadens belegen und den Zusammenhang mit den versicherten Gefahren herstellen. Der Versicherer seinerseits trägt die Beweislast für solche Umstände, die eine Leistungsfreiheit oder Einschränkung begründen (zum Beispiel vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Schadens durch den Versicherungsnehmer). Die Beweisführung stützt sich regelmäßig auf Gutachten, fotografische Dokumentation und schriftliche Zeugenaussagen. Kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, sind die jeweils einschlägigen Beweisregeln des Zivilprozessrechts maßgebend.