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Gastwirtsvertrag


Definition und Rechtsnatur des Gastwirtsvertrags

Der Gastwirtsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertragstyp, der das Verhältnis zwischen einem Gastwirt (Hotelier, Restaurantbetreiber) und dem Gast regelt. Er entsteht mit der Annahme des Angebots einer Beherbergung oder Bewirtung und enthält Elemente aus dem Miet-, Dienst- und Kaufrecht. Der Gastwirtsvertrag ist in Deutschland gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, stützt sich aber auf allgemeine Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie auf spezielle Regelungen im Gaststättenrecht.

Vertragstypische Merkmale

Der Gastwirtsvertrag ist in der Regel ein typengemischter Vertrag. Er umfasst regelmäßig verschiedene vertragliche Leistungen:

  • Beherbergungsleistungen (Überlassung von Hotelzimmern, etc.)
  • Bewirtungsleistungen (Speisen- und Getränkeangebot)
  • Nebenleistungen (z.B. Gepäckaufbewahrung, Garagen- oder Parkplatznutzung, Nutzung von Freizeiteinrichtungen)

Die vertragliche Einordnung erfolgt maßgeblich anhand der Hauptleistungspflicht, wobei ein Schwerpunkt auf der Überlassung von Räumlichkeiten für eine bestimmte Zeit liegt.

Zustandekommen des Gastwirtsvertrags

Der Gastwirtsvertrag kommt durch Angebot und Annahme nach den Vorschriften der §§ 145 ff. BGB zustande. Dies erfolgt häufig formlos, z.B. durch die Buchung eines Zimmers oder durch das Platznehmen in einem Restaurant und die Bestellung von Speisen und Getränken. Auch mündliche oder konkludente Vertragsschlüsse sind rechtlich verbindlich.

Sonderfälle

Besondere Formen sind beispielsweise die Reservierung von Zimmern oder Tischen, die als verbindliche Vorababsprache den Vertragsschluss vorverlagern können. Bei Pauschalangeboten, etwa einer Halbpension, bilden mehrere Einzelleistungen einen einheitlichen Vertrag.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Pflichten des Gastwirts

  • Überlassung geeigneter Räumlichkeiten: Der Gastwirt ist verpflichtet, Zimmer oder Tische in vertragsgemäßem Zustand zur Verfügung zu stellen.
  • Verköstigung und Bewirtung: Die angebotenen Speisen und Getränke müssen ordnungsgemäß und nach den geltenden hygienischen Vorschriften zubereitet werden.
  • Wahrung der Sicherheit: Dazu zählt der Schutz des Gastes und dessen Eigentum vor Gefahren, inklusive der Aufbewahrung von Wertsachen nach Maßgabe der §§ 701 ff. BGB.
  • Nebendienstleistungen: Der Gastwirt muss gebuchte Nebenleistungen ebenfalls erfüllen (z.B. Reinigung, Weckservice, etc.).

Pflichten des Gastes

  • Zahlungspflicht: Der Gast ist zur Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet.
  • Obhutspflicht: Die Räumlichkeiten und Einrichtungen des Gastwirts sind pfleglich zu behandeln.
  • Meldepflicht: In Abhängigkeit von lokalen Meldevorschriften besteht ggf. eine Anmeldungspflicht des Gastes beim Hotel.

Haftung des Gastwirts

Ein besonders wichtiger Aspekt des Gastwirtsvertrags ist die Haftung für eingebrachte Sachen des Gastes. Nach den §§ 701 ff. BGB haftet der Gastwirt für die Beschädigung, den Verlust oder die Zerstörung von Sachen, die ein Gast in die Beherbergungsstätte eingebracht hat. Die Haftung ist grundsätzlich beschränkt, kann aber bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung unbeschränkt bestehen.

Umfang und Begrenzung der Haftung

Die Haftungsgrenzen orientieren sich an der Zahl der Hotelzimmer und betragen in der Regel das Hundertfache des Übernachtungspreises, höchstens jedoch 3.500 Euro. Für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten beträgt die maximale Haftung 800 Euro, es sei denn, der Gastwirt übernimmt diese ausdrücklich zur Aufbewahrung oder handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich.

Beendigung des Gastwirtsvertrags

Der Gastwirtsvertrag endet regelmäßig durch Erfüllung, d.h. mit der ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung und der Zahlung des Preises. Eine Kündigung ist unter Wahrung besonderer Umstände, beispielsweise bei Störungen im Vertrauensverhältnis, möglich. Bei erheblicher Pflichtverletzung durch eine Partei kann eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen.

Stornierung und Rücktritt

Die Möglichkeit des Rücktritts vom Gastwirtsvertrag ist von der getroffenen Vereinbarung abhängig. Ohne entsprechende Vereinbarungen gelten die Vorschriften über den Rücktritt nach den §§ 346 ff. BGB. In der Praxis werden häufig pauschalierte Stornierungsgebühren vereinbart.

Besondere gesetzliche Vorschriften

Meldepflicht und Datenschutz

Gastwirte unterliegen nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) bestimmten Meldepflichten. Die Datenverarbeitung erfolgt unter Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie nationaler Datenschutzgesetze.

Gaststättenrecht

Zusätzlich sind gewerberechtliche Vorschriften aus der Gewerbeordnung (GewO) und landesrechtlichen Gaststättengesetzen zu beachten. Diese regeln u.a. Betriebszeiten, Jugendschutz, Hygienevorschriften und den Alkoholausschank.

Internationales Privatrecht

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten richtet sich das anwendbare Recht nach den Vorschriften der Rom I-Verordnung (EG) Nr. 593/2008. In der Regel ist das Recht am Ort der Beherbergungsstätte maßgeblich.

Abgrenzung zu anderen Vertragstypen

Der Gastwirtsvertrag ist von anderen vertraglichen Gestaltungen wie dem Mietvertrag, dem Dienstvertrag oder dem Werkvertrag abzugrenzen. Die Hauptabgrenzung besteht darin, dass ein zusammenhängendes Leistungsbündel aus Unterkunft, Versorgung und weiteren Serviceleistungen erbracht wird.

Literaturhinweise und Weiterführendes

Zur Vertiefung empfehlen sich Standardwerke zum Schuldrecht, spezielle gaststättenrechtliche Kommentierungen sowie einschlägige Urteile der deutschen Rechtsprechung. Weiterführende Informationen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (insbesondere §§ 535 ff. und §§ 701 ff. BGB), in der Gewerbeordnung sowie in den Gaststättengesetzen der Länder.


Dieser Artikel bietet eine umfassende, sachliche rechtliche Darstellung des Begriffs Gastwirtsvertrag im Sinne eines Rechtslexikons und deckt alle wesentlichen Aspekte dieses Vertragstyps ab.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten hat der Gastwirt im Rahmen eines Gastwirtsvertrags?

Der Gastwirt ist im Rahmen des Gastwirtsvertrags zur ordnungsgemäßen Erbringung der vereinbarten Leistung verpflichtet. Dies umfasst insbesondere die Bereitstellung von Speisen und Getränken in verkehrsüblich einwandfreiem Zustand, die Gewährleistung der Hygiene- und Sicherheitsvorschriften sowie die Einhaltung der Öffnungszeiten und etwaiger gesetzlicher Vorschriften, wie beispielsweise des Gaststättengesetzes (GastG) und lebensmittelrechtlicher Vorgaben. Der Gastwirt haftet für die Beschaffenheit der angebotenen Waren nach den Vorschriften über den Kaufvertrag gemäß §§ 433 ff. BGB, sofern es sich um eine Lieferung von Speisen und Getränken handelt. Zudem besteht eine Obhutspflicht für mitgebrachte Sachen des Gastes nach § 701 BGB, wenn der Aufenthalt in den Räumlichkeiten erfolgt. Kommt der Gastwirt seinen Pflichten nicht nach, können Gewährleistungsrechte (z. B. Minderung, Rücktritt) oder Schadensersatzansprüche des Gastes begründet sein. Weiterhin sind gesetzlichen Anzeigepflichten (z. B. Gewerbeanmeldung, Steuerrecht) nachzukommen.

Welche Haftung trifft den Gastwirt bei Verlust oder Beschädigung von Gästesachen?

Der Gastwirt haftet gemäß § 701 BGB für den Verlust oder die Beschädigung von eingebrachten Sachen des Gastes, sofern dieser die Räume des Gastwirts zu Beherbergungszwecken nutzt. Die Haftung ist grundsätzlich verschuldensunabhängig und umfasst einen Betrag von bis zu dem Hundertfachen des Beherbergungsentgelts für einen Tag, maximal jedoch 3.500 EUR. Für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten haftet der Gastwirt bis zu 800 EUR, es sei denn, diese wurden ausdrücklich zur Aufbewahrung übernommen. Eine Haftungsbefreiung ist möglich, wenn der Verlust oder die Beschädigung durch den Gast selbst oder durch höhere Gewalt verursacht wurde. Der Gast muss den Verlust oder Schaden unverzüglich anzeigen, da andernfalls die Ansprüche erlöschen können (§ 703 BGB). Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Gastes ist in der Regel unwirksam.

Inwieweit ist ein Gastwirtsvertrag formfrei oder an bestimmte gesetzliche Formvorschriften gebunden?

Grundsätzlich bedarf der Gastwirtsvertrag nach deutschem Recht keiner besonderen Form; er kann mündlich, schriftlich oder sogar konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgeschlossen werden. Die Ausnahme gilt für Sonderfälle, wie umfassende Veranstaltungsgastwirtsverträge inklusive umfangreicher Nebenleistungen (z.B. Saalmiete, Catering-Vertrag, Übernachtung), wenn für einzelne Bestandteile eine gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist. Für die Beherbergung und reine Bewirtung bestehen jedoch keine Formvorschriften. Sollte eine schriftliche Fixierung aus Beweisgründen oder zur Regelung besonderer Einzelheiten erfolgen, empfiehlt sich dies im eigenen Interesse beider Parteien.

Welche Rücktrittsmöglichkeiten bestehen für beide Vertragsparteien?

Ein Rücktrittsrecht kann sich zum einen aus dem Vertrag selbst ergeben, wenn die Parteien entsprechende Vereinbarungen (z.B. Stornoklauseln, Rücktrittsfristen) getroffen haben. Fehlt eine solche, gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen: Nach § 323 BGB kann der Gast bei schuldhafter Nichterfüllung oder Schlechtleistung des Gastwirts vom Vertrag zurücktreten. Umgekehrt kann der Gastwirt vom Vertrag zurücktreten, wenn der Gast seine Pflichten massiv verletzt (z.B. Zahlungsunfähigkeit, Störung des Betriebsfriedens). Für Dauerschuldverhältnisse gelten ggf. Kündigungsfristen (§ 314 BGB). Ist eine Leistung unmöglich geworden, greift § 275 BGB. Es empfiehlt sich die vertragliche Regelung von Stornierungen und deren Folgen (z.B. Stornogebühren), da ohne solche Vereinbarungen meist der volle Entgeltanspruch besteht.

Ist der Gastwirt berechtigt, Hausverweise zu erteilen und Gäste vom Vertragsverhältnis auszuschließen?

Der Gastwirt hat im Rahmen des Hausrechts grundsätzlich das Recht, Gäste vom Vertragsverhältnis auszuschließen und Hausverweise zu erteilen. Dieses Recht findet jedoch dort seine Grenze, wo Schikane oder Willkür vorliegt, insbesondere wenn eine Benachteiligung aus Gründen der Ethnie, Religion oder Weltanschauung erfolgt und damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen wird. Ein Hausverbot kann insbesondere bei Störungen des betrieblichen Ablaufs, Nichtbeachtung der Hausordnung, Belästigung anderer Gäste oder offenen Gesetzesverstößen ausgesprochen werden. Einseitig ausgesprochene Hausverbote sind jedoch stets einer Einzelfallabwägung zu unterziehen und können in bestimmten Fällen gerichtlich überprüft werden. Besteht bereits ein Gastwirtsvertrag (z.B. durch Annahme der Bestellung), kann ein sofortiger Ausschluss einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich bei verspäteter oder mangelhafter Leistung des Gastwirts?

Erbringt der Gastwirt seine Leistung nicht vertragsgemäß, stehen dem Gast verschiedene Rechte zur Verfügung. Vorrangig kann der Gast Nacherfüllung (z.B. Austausch einer verdorbenen Speise, Nachbesserung eines Getränks) gemäß § 437 BGB verlangen. Ist eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Gast nicht zumutbar, kann Minderung des Preises (§ 441 BGB) oder Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280, 281 BGB) verlangt werden. Bei erheblichen Mängeln oder Totalversagen der Leistung kommt sogar Rücktritt oder Kündigung infrage. Voraussetzung ist meist eine vorherige Fristsetzung, es sei denn, diese ist entbehrlich. Unerhebliche Mängel berechtigen in der Regel nur zur Minderung, nicht zum Rücktritt.

Unterliegt der Gastwirt bestimmten Aufzeichnungs- und Informationspflichten?

Der Gastwirt ist nach verschiedenen Rechtsvorschriften zu besonderen Aufzeichnungs- und Informationspflichten verpflichtet. Zu nennen sind insbesondere die Pflicht zur Führung eines ordnungsgemäßen Kassenbuchs (§ 146 AO), die Meldung von Beherbergungsgästen nach dem Bundesmeldegesetz (§ 29 BMG), die Auszeichnungspflicht von Preisen (§ 3 PAngV), die Information über Allergene und Zusatzstoffe bei der Speisekartengestaltung (Lebensmittelinformations-Verordnung, LMIV) und eine Vielzahl steuerlicher Aufzeichnungspflichten (Umsatzsteuer, Einkommensteuer). Ferner sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen der DSGVO zu beachten, insbesondere beim Umgang mit personenbezogenen Daten der Gäste. Bei Verstößen drohen Bußgelder und weitere rechtliche Konsequenzen.