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Garantiert traditionelle Spezialität


Begriffserklärung und Einführung: Garantiert traditionelle Spezialität

Die Garantiert traditionelle Spezialität (englisch: Traditional Speciality Guaranteed, TSG; französisch: Spécialité Traditionnelle Garantie, STG) ist eine europaweit anerkannte Qualitätskennzeichnung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel. Sie dient hauptsächlich dazu, ein besonderes Produktionsverfahren oder eine traditionelle Zusammensetzung zu schützen und hervorzuheben, unabhängig von einer bestimmten geografischen Herkunft. Die Definition und die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in verschiedenen europäischen Verordnungen detailliert geregelt und gewährleisten europaweit einheitliche Standards und Schutzmechanismen.

Rechtliche Grundlagen der Garantiert traditionellen Spezialität

EU-Rechtsrahmen und relevante Verordnungen

Die maßgeblichen rechtlichen Vorschriften für das System der Garantiert traditionellen Spezialität finden sich vor allem in der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel. Diese Verordnung ersetzt die bislang geltende Verordnung (EG) Nr. 509/2006 und definiert die Bedingungen, das Anmeldeverfahren sowie den Schutzumfang der garantierten traditionellen Spezialitäten.

In Deutschland und anderen Mitgliedstaaten gilt diese Verordnung unmittelbar und wird durch nationale Durchführungsbestimmungen ergänzt, die das Verwaltungsverfahren und die Kontrollmechanismen betreffen.

Definition gemäß Verordnung (EU) Nr. 1151/2012

Der Artikel 3 Nr. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 präzisiert:

„Garantiert traditionelle Spezialität“ bezeichnet ein Erzeugnis oder Lebensmittel, das aus traditionellen Rohstoffen hergestellt wird, durch eine traditionelle Zusammensetzung gekennzeichnet ist oder nach einem traditionellen Herstellungs- oder Verarbeitungsverfahren produziert wird.

Abgrenzung von anderen Qualitätskennzeichnungen

Die Garantiert traditionelle Spezialität ist von den beiden anderen EU-Qualitätsregelungen, der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) und der geschützten geografischen Angabe (g.g.A.), abzugrenzen. Während g.U. und g.g.A. einen deutlichen geografischen Bezug haben, ist dieser für die Garantiert traditionelle Spezialität nicht erforderlich. Maßgeblich ist hier die Wahrung traditioneller Herstellungsweise oder Zusammensetzung, unabhängig vom Produktionsstandort.

Wesentliche Schutzvoraussetzungen

Um als Garantiert traditionelle Spezialität anerkannt zu werden, müssen Produkte:

  • Beschrieben sein durch eine festgelegte Spezifikation, die alle relevanten Merkmale und Anforderungen an das Lebensmittel dokumentiert.
  • Eine mindestens 30-jährige Tradition in der Zusammensetzung oder Herstellung aufweisen.
  • Nicht geografisch gebunden sein; eine Erzeugung überall innerhalb der Europäischen Union ist zulässig, sofern die Spezifikation eingehalten wird.

Schutzumfang

Die Eintragung als Garantiert traditionelle Spezialität bewirkt einen Schutz vor unlauteren Nachahmungen und Missbrauch der Bezeichnung. Lediglich Hersteller, die das zugrundeliegende Herstellungsverfahren exakt beachten, dürfen das Produkt als solche ausloben. Dies umfasst sowohl den Schutz der registrierten Bezeichnung als auch die durch die Spezifikation festgelegten Herstellungsverfahren.

Rechtsfolgen des Schutzes

Durch die Eintragung ist es Dritten untersagt, die eingetragene Bezeichnung für Produkte zu verwenden, die die spezifische Spezifikation nicht einhalten. Daraus ergibt sich ein wirksamer Schutz gegen Irreführung und Wettbewerbsvorteile für authentisch hergestellte Produkte.

Anmelde- und Eintragungsverfahren

Einreichung des Antrags

Der Antrag auf Eintragung einer garantierten traditionellen Spezialität ist gemäß Artikel 49 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 bei den zuständigen Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates einzureichen. Im Antrag müssen die Produktspezifikation sowie die Bezeichnung, gegebenenfalls einschließlich ihrer Übersetzungen, enthalten sein. Herstellervereinigungen, Interessengruppen oder einzelne Erzeuger können den Antrag stellen.

Überprüfung und Bewertung

Die nationalen Behörden prüfen zunächst die Vollständigkeit und Kompatibilität des Antrages. Nach positiver Bewertung leiten sie den Antrag an die Europäische Kommission weiter, die eine weitere Prüfung auf Einhaltung der rechtlichen Vorgaben vornimmt. Danach veröffentlicht die Kommission den Antrag im EU-Amtsblatt. Innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung kann jedermann Einwände geltend machen.

Eintragung und Veröffentlichung

Nach erfolgreichem Abschluss des Prüfverfahrens erfolgt die Eintragung in das europäische Register garantierter traditioneller Spezialitäten. Die Bezeichnung wird damit unionsweit geschützt.

Kennzeichnung und Gebrauch der Bezeichnung

Hersteller, welche die Vorgaben der zugelassenen Produktspezifikation erfüllen, dürfen die Produkte mit dem offiziellen Siegel „Garantiert traditionelle Spezialität“ kennzeichnen. Die amtliche Kennzeichnung erfolgt mit einem spezifischen EU-Logo (TSG/STG).

Eine unbefugte oder irreführende Nutzung der Bezeichnung ist untersagt und kann mit Maßnahmen des Verwaltungs-, Wettbewerbs- oder Markenrechts verfolgt werden.

Bedeutung und Funktion für Verbraucher und Wirtschaft

Verbraucherinformation und Transparenz

Die Kennzeichnung als Garantiert traditionelle Spezialität stellt für Verbraucher ein verlässliches Qualitätsmerkmal dar und erleichtert die Unterscheidung authentisch traditioneller Produkte von Nachahmungen. Die genaue Spezifikation ist öffentlich einsehbar und gewährleistet Transparenz.

Förderung von Tradition und kulinarischem Erbe

Das System trägt dazu bei, traditionelle Herstellungsverfahren, Rezepturen und kulinarisches Erbe in Europa zu schützen und zu fördern. Dadurch wird eine breite Vielfalt an traditionellen Lebensmitteln erhalten.

Rechtsdurchsetzung und Überwachung

Kontrolle und Überwachung

Die Einhaltung der Spezifikationsvorgaben unterliegt einer behördlichen Kontrolle. Zuständig sind jeweils benannte Stellen in den Mitgliedstaaten. Bei Verstößen können entsprechende Verwaltungsmaßnahmen ergriffen werden.

Sanktionen

Verstöße gegen den Schutz der Bezeichnung oder gegen Spezifikationsvorgaben werden auf nationaler Ebene sanktioniert. Dazu zählen zivilrechtliche Unterlassungsansprüche, Bußgelder und gegebenenfalls weitere ordnungsrechtliche Maßnahmen.

Internationale Dimension

Obwohl die Garantiert traditionelle Spezialität ein EU-spezifisches System ist, gibt es Ansätze zur internationalen Anerkennung im Rahmen bilateraler Abkommen. Die Eintragung in das EU-Register kann daher auch ein Instrument im internationalen Handelsschutz sein.

Praxisbeispiele und bekannte zertifizierte Produkte

Zu den bekanntesten Erzeugnissen mit der Kennzeichnung Garantiert traditionelle Spezialität gehören Produkte wie „Mozzarella“ (sofern nicht geografisch gebunden), „Pizza Napoletana“ oder „Jamón Serrano“. Diese Beispiele illustrieren die Vielfalt der geschützten Produkte und den Wert des Systems für Traditionalität und Qualitätssicherung.

Fazit

Die Garantiert traditionelle Spezialität stellt eine bedeutende rechtliche Qualitätsregelung im europäischen Lebensmittelrecht dar. Sie schützt und fördert über Generationen überlieferte Herstellungs- und Verarbeitungstraditionen, gewährleistet Transparenz für Verbraucher und stellt einen klar definierten Rechtsrahmen für Lebensmittelhersteller sicher. Die detaillierten Vorschriften, das strenge Prüfverfahren sowie die rechtlichen Schutzmechanismen sorgen dabei für hohe Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit dieser Kennzeichnung im gesamten europäischen Binnenmarkt.

Häufig gestellte Fragen

Kann ein Produkt mit geografischem Bezug als „Garantiert traditionelle Spezialität“ geschützt werden?

Ein „Garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) wird im Rahmen des EU-Rechts ausschließlich für Erzeugnisse vergeben, die eine traditionelle Zusammensetzung oder ein traditionell überliefertes Herstellungsverfahren aufweisen. Ein geografischer Bezug des Produkts ist jedoch nicht Voraussetzung und schließt den Schutz als g.t.S. nicht aus, sofern das Erzeugnis losgelöst von einer bestimmten Region hergestellt werden kann. Anders als die geschützte geografische Angabe (g.g.A.) oder die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.), die zwingend an einen geografischen Produktionsort gebunden sind, bezieht sich die g.t.S. rein auf die Einhaltung traditioneller Eigenschaften oder Herstellungsarten. Das EU-Recht (Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel) schreibt vor, dass Anträge auf Eintragung als g.t.S. keine Verweise auf eine bestimmte Region oder Ort enthalten dürfen, sondern die Besonderheit und Tradition der Rezeptur oder des Herstellungsverfahrens im Mittelpunkt stehen. Ein Produkt, das sich durch eine traditionelle Herstellung auszeichnet, kann also als g.t.S. registriert werden, auch wenn es in verschiedenen Regionen produziert wird und keinen exklusiven geografischen Bezug aufweist.

Wie läuft das Antragsverfahren für die Eintragung einer g.t.S. nach EU-Recht ab?

Das Verfahren zur Eintragung einer „Garantiert traditionellen Spezialität“ ist im Unionsrecht klar geregelt. Zunächst wird der Antrag durch einen Zusammenschluss von Erzeugern oder Verarbeitern beim zuständigen Mitgliedstaat eingereicht. Der Antrag muss eine ausführliche Produktspezifikation enthalten, die auf die besonderen traditionellen Merkmale, die genaue Zusammensetzung sowie das traditionelle Herstellungsverfahren eingeht und die Abgrenzung zu anderen vergleichbaren Produkten erläutert. Nach Prüfung und gegebenenfalls Weiterleitung durch die nationale Behörde wird der Antrag zur Europäischen Kommission gesandt. Die Kommission prüft die Eignung des beantragten Schutzes im Hinblick auf die Vorgaben der VO (EU) Nr. 1151/2012 und veröffentlicht den Antrag im Amtsblatt der Europäischen Union. Während einer Einspruchsfrist von drei Monaten können Mitgliedstaaten oder interessierte Parteien begründete Einwände einreichen. Sofern keine Einwände bestehen bzw. diese ausgeräumt werden, erfolgt die endgültige Eintragung im Register für garantiert traditionelle Spezialitäten. Die Eintragungsurkunde hat unionsweite Schutzwirkung.

Welche rechtlichen Folgen hat die Eintragung als „Garantiert traditionelle Spezialität“?

Wird ein Produkt als g.t.S. eingetragen, entsteht ein unionsweiter rechtlicher Schutz gegen Missbrauch, Nachahmung oder Irreführung in Bezug auf die Bezeichnung und die Einhaltung der eingetragenen Produktspezifikation. Dies bedeutet insbesondere, dass Dritte ein Produkt nur dann als g.t.S. vermarkten dürfen, wenn sie die im Eintragungsverfahren festgelegten traditionellen Eigenschaften und Herstellungsverfahren vollständig einhalten. Die zuständigen nationalen Behörden sind verpflichtet, Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, die die Einhaltung der Spezifikationen sicherstellen. Durch die Verordnung erhalten Erzeugergemeinschaften zudem das Recht, gegen unbefugte Produktbezeichnungen, missbräuchliche Nutzung oder Produktfälschungen zivilrechtlich und ggf. auch strafrechtlich vorzugehen. Zudem sind die Mitgliedstaaten zum Schutz der registrierten Bezeichnung und zur Ahndung von Verstößen verpflichtet.

Kann die Eintragung einer g.t.S. abgeändert oder gelöscht werden?

Die Abänderung oder Löschung einer als garantiert traditionelle Spezialität geschützten Bezeichnung ist unter bestimmten rechtlichen Bedingungen möglich. Eine Modifikation der Produktspezifikation (etwa Rezeptur oder Herstellungsverfahren) kann von einem Zusammenschluss von Herstellern beantragt werden und muss nach identischem Procedere wie die erstmalige Anmeldung erfolgen. Die Europäische Kommission prüft den Antrag auf Veränderung und veröffentlicht ihn im Amtsblatt, sodass Dritte wiederum die Möglichkeit erhalten, Einspruch zu erheben. Auch die Löschung einer g.t.S.-Bezeichnung kann beantragt werden, wenn nachgewiesen wird, dass das Erzeugnis nicht mehr produziert wird oder die Spezifikation nicht mehr erfüllt werden kann. Die Kommission entscheidet nach Anhörung der Beteiligten und der Mitgliedstaaten über eine endgültige Entfernung oder Änderung im Register.

Gibt es eine Pflicht zur Verwendung des g.t.S.-Logos und wie ist sie rechtlich ausgestaltet?

Mit der Eintragung als „Garantiert traditionelle Spezialität“ ist die verpflichtende Verwendung des EU-einheitlichen g.t.S.-Logos auf der Verpackung oder auf begleiteten Materialien geregelt. Gemäß Art. 23 VO (EU) Nr. 1151/2012 ist das Logo stets zusammen mit der eingetragenen Bezeichnung zu verwenden, sofern das Produkt innerhalb der Europäischen Union vermarktet wird, es sei denn, das Produkt wird lose abgegeben oder handelt sich um ein Zwischenprodukt für Weiterverarbeitung. Die Kennzeichnung darf ausschließlich den Herstellern und Vermarktern vorbehalten sein, die sämtliche Anforderungen der Produktspezifikation erfüllen. Die Nichtverwendung oder missbräuchliche Nutzung des Logos unterliegt unmittelbar Sanktionen nach nationalem und unionsrechtlichem Vorschriften zum Schutz geografischer und traditioneller Angaben.

Sind auch nicht-landwirtschaftliche Produkte durch die g.t.S.-Regelung geschützt?

Der Schutz der „Garantiert traditionellen Spezialität“ erstreckt sich ausschließlich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel gemäß der Produktliste in Anhang I der Arbeitsverordnung. Produkte außerhalb dieses Kreises, wie etwa gewerbliche Waren, Handwerkserzeugnisse oder Industrieprodukte, können nach aktueller Rechtslage nicht unter die g.t.S.-Regelung fallen. Dies steht im Gegensatz zu einigen anderen Registrierungsmöglichkeiten (wie etwa der EU-Marke oder neuen Initiativen für handwerkliche Produkte), die auch für Nicht-Lebensmittel möglich sind. Jegliche Verwendung, Beantragung oder Werbung in Bezug auf nicht landwirtschaftliche oder nicht alimentäre Produkte verstößt gegen das EU-Recht und kann abgemahnt sowie mit Sanktionen belangt werden.

Wer ist für die Überwachung und Durchsetzung des g.t.S.-Schutzes auf nationaler Ebene zuständig?

In jedem Mitgliedstaat müssen nationale Behörden eingesetzt werden, die die Einhaltung der g.t.S.-Rechtsvorschriften überwachen. Diese Behörden sind sowohl für die Kontrolle bei der Herstellung als auch für die Marktüberwachung zuständig und führen regelmäßig Inspektionen sowie stichprobenartige Qualitätskontrollen durch. Sie erfassen Verstöße, ahnden diese mit den vorgesehenen Maßnahmen (z.B. Abmahnungen, Verkaufsverbote, Bußgelder) und arbeiten zudem eng mit den Zollbehörden zusammen, um die Einfuhr von Produkten zu verhindern, die unrechtmäßig mit einer g.t.S.-Bezeichnung gekennzeichnet sind. Die Mitgliedstaaten berichten der Europäischen Kommission über ihre Aktivitäten und Verstöße, sodass eine unionsweite Koordination und Harmonisierung der Durchsetzung sichergestellt wird.