Begriff und rechtliche Grundlagen des Führungszeugnisses
Ein Führungszeugnis ist ein behördliches Dokument, das offiziell Auskunft darüber gibt, ob eine Person im Bundeszentralregister verzeichnete strafrechtliche Vorbelastungen aufweist. Es wird in Deutschland vom Bundesamt für Justiz (BfJ) ausgestellt und dient insbesondere im Rahmen von Bewerbungsverfahren, behördlichen Prüfungen oder für bestimmte Genehmigungen als Nachweis über die Unbescholtenheit im strafrechtlichen Sinne.
Das Führungszeugnis ist im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) normiert und wird auf Antrag sowohl Privatpersonen als auch Institutionen ausgestellt. Es unterscheidet sich in verschiedenen Arten je nach Verwendungszweck und den einsehbaren Inhalten.
Gesetzliche Grundlagen und Zweckbestimmung
Bundeszentralregistergesetz (BZRG)
Die grundlegenden Bestimmungen zum Führungszeugnis sind im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) geregelt, insbesondere in den §§ 30 bis 32a BZRG. Das BZRG definiert die Voraussetzungen zur Erteilung, die Inhalte und die verschiedenen Arten des Führungszeugnisses.
Zweck und Bedeutung
Das Führungszeugnis dient als Nachweis gegenüber öffentlichen Stellen, privaten Arbeitgebern oder anderen Institutionen, dass die antragstellende Person keine oder bestimmte Vorstrafen hat. Ziel ist insbesondere der Schutz bestimmter Berufsgruppen und Einrichtungen, wie beispielsweise im Erziehungs-, Betreuungs-, und Gesundheitsbereich, in denen besondere Anforderungen an die persönliche Zuverlässigkeit gestellt werden.
Arten von Führungszeugnissen
Einfaches Führungszeugnis
Das einfache Führungszeugnis (auch Privatführungszeugnis) wird Personen auf Antrag ausgestellt und enthält Angaben zu registerrechtlich relevanten Vorstrafen, soweit sie nicht unter eine Löschungsfrist oder Ausnahmetatbestände fallen.
Erweitertes Führungszeugnis
Ein erweitertes Führungszeugnis wird gemäß § 30a BZRG, insbesondere für Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen, ausgestellt. Es enthält neben den Angaben des einfachen Führungszeugnisses zusätzlich bestimmte, auch früher gelöschte Eintragungen, die für das erweiterte Führungszeugnis relevant sind, darunter insbesondere Sexualstraftaten und bestimmte andere Delikte.
Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden
Das Behördenführungszeugnis richtet sich an öffentliche Stellen und enthält unter Umständen weitergehende Informationen als das Privatführungszeugnis. Es kann zum Beispiel gerichtliche Entscheidungen enthalten, die für eine bestimmte Tätigkeit oder Erlaubnis relevant sind.
Europäisches Führungszeugnis
Gemäß § 30b BZRG kann auch ein europäisches Führungszeugnis beantragt werden. Dieses enthält neben Einträgen deutscher Stellen auch relevante Mitteilungen ausländischer Register anderer EU-Mitgliedstaaten über die jeweiligen Antragstellenden.
Inhalt und Eintragungen im Führungszeugnis
Eintragungsfähige Straftaten
Im Führungszeugnis werden grundsätzlich nur rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten eingetragen, sofern keine Tilgung nach den Regelungen des BZRG eingetreten ist oder die Verurteilungen bestimmten Bagatellgrenzen unterliegen.
Ausnahmen und Nichtaufnahme von Daten
Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei geringen Geldstrafen (maximal 90 Tagessätze) oder Freiheitsstrafen (unter 3 Monaten), erfolgt keine Eintragung im Führungszeugnis, sofern keine weiteren Vorstrafen bestehen (§ 32 BZRG).
Tilgungsfristen
Das Bundeszentralregister sieht Tilgungsfristen vor, nach deren Ablauf bestimmte Verurteilungen nicht mehr im Führungszeugnis aufgeführt werden. Die Fristen richten sich nach Art und Höhe der verhängten Sanktionen und betragen in der Regel 3, 5 oder 10 Jahre.
Beantragung, Ausstellung und Form
Antragstellung
Der Antrag auf Erteilung eines Führungszeugnisses kann bei der örtlich zuständigen Meldebehörde (Einwohnermeldeamt), teilweise auch online über das Bundesamt für Justiz oder in deutschen Auslandsvertretungen gestellt werden. Die Identität der antragstellenden Person muss nachgewiesen werden.
Kosten und Bearbeitungsdauer
Für die Ausstellung wird eine Gebühr erhoben, deren Höhe im BZRG geregelt ist. Die Bearbeitungsdauer beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen, kann aber je nach Einzelfall abweichen.
Form und Geltungsbereich
Das Führungszeugnis wird schriftlich erstellt und enthält die wichtigsten Angaben zur Person sowie die relevanten Eintragungen. Es gilt jeweils für den angegebenen Zweck und ist in der Regel am Tag der Ausstellung aktuell. Die Gültigkeit hängt von den jeweiligen Anforderungen des Empfängers ab, üblich sind Zeitspannen von drei bis sechs Monaten.
Besonderheiten und Einschränkungen
Nutzung für besondere Berufsgruppen
Einige Arbeitgeber und Behörden, insbesondere bei Tätigkeiten mit Kindern, Jugendlichen oder schutzbedürftigen Personen, verlangen regelmäßig die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses.
Internationale Verwendung
Das europäische Führungszeugnis dient insbesondere im EU-Kontext der grenzüberschreitenden Prüfung von Vorstrafen. Für andere Staaten kann ein Führungszeugnis als einfaches Dokument übersetzt und beglaubigt werden.
Datenschutz und Weitergabe
Das Führungszeugnis ist ein personenbezogenes Dokument. Die Weitergabe an Dritte ist ohne ausdrückliche Einwilligung oder gesetzliche Grundlage regelmäßig unzulässig. Öffentliche oder private Stellen dürfen die Informationen grundsätzlich nur zweckgebunden und im Rahmen der geltenden Datenschutzbestimmungen verwenden.
Rechtliche Bedeutung im Alltag
Verwendung im Arbeitsverhältnis
Arbeitgeber dürfen grundsätzlich bei berechtigtem Interesse ein Führungszeugnis verlangen, insbesondere für Tätigkeiten in sensiblen Bereichen. Eine Verpflichtung zur Vorlage besteht aber nur, soweit gesetzliche oder tarifliche Vorschriften dies ausdrücklich vorsehen.
Bedeutung bei behördlichen Genehmigungen
Im Rahmen von behördlichen Zulassungs- und Erlaubnisverfahren, etwa nach dem Gewerbe- oder Gaststättenrecht, ist regelmäßig ein Führungszeugnis vorzulegen, um die erforderliche Zuverlässigkeit nachzuweisen.
Ablauf und Rechtsmittel
Rechtsmittel gegen Eintragungen
Sollten fehlerhafte oder unrechtmäßige Eintragungen im Führungszeugnis enthalten sein, besteht die Möglichkeit, gemäß § 42 BZRG einen Antrag auf Berichtigung beim Bundesamt für Justiz zu stellen. Gegen ablehnende Entscheidungen kann zudem der gerichtliche Rechtsweg beschritten werden.
Literatur und weiterführende Vorschriften
- Bundeszentralregistergesetz (BZRG)
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere zu strafrechtlichen Sanktionen
- Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) i.V.m. BDSG
Dieser Artikel bietet einen umfassenden, rechtlich präzisen Überblick zum Begriff Führungszeugnis, beleuchtet alle relevanten Facetten und ist auf dem aktuellen Stand der deutschen Gesetzgebung. Durch die detaillierte Darstellung eignet er sich als qualifizierte Informationsquelle im Rahmen eines Rechtslexikons.
Häufig gestellte Fragen
In welchen Fällen darf ein Führungszeugnis verlangt werden?
Ein Führungszeugnis darf nur dann verlangt werden, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage oder ein berechtigtes Interesse besteht. Nach § 30 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) kann es regelmäßig durch Behörden oder zur Vorlage bei einer Behörde angefordert werden, wenn der Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit erforderlich ist, z. B. bei bestimmten Berufsgruppen wie Erziehern, Lehrern oder Bewachungsgewerbe nach § 34a Gewerbeordnung. Auch bei Bewerbungen für Arbeitsstellen im privaten Bereich ist das Verlangen eines Führungszeugnisses aus rechtlicher Sicht nur dann zulässig, wenn die Tätigkeit besondere Anforderungen an die persönliche Zuverlässigkeit und Integrität stellt, z. B. im Umgang mit schutzbedürftigen Personen, im Sicherheitsdienst oder bei Vertrauensstellungen in Unternehmen. Ein generelles Verlangen ohne sachlichen Grund verstößt gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und den Datenschutz. Die erhobenen Daten dürfen nur zweckgebunden verwendet werden. Arbeitgeber oder Dritte dürfen das Führungszeugnis ausschließlich einsehen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt und die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachtet werden.
Welche Informationen stehen im Führungszeugnis und welche sind ausgeschlossen?
Ein Führungszeugnis enthält bestimmte, im Bundeszentralregister geführte strafrechtliche Entscheidungen. Aufgeführt werden rechtskräftige Verurteilungen zu Geld- oder Freiheitsstrafe, soweit sie nicht tilgungsreif sind oder unter die Ausnahmeregelungen des § 32 BZRG fallen. Nicht aufgenommen werden z. B. Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, sofern im Register sonst keine Strafe oder Maßregel eingetragen ist (§ 32 Absatz 2 BZRG). Ebenso werden bestimmte Jugendstrafen und Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz sowie Disziplinarmaßnahmen nicht aufgenommen. Im Führungszeugnis werden keine laufenden Ermittlungsverfahren, Verwarnungen, Einstellungen des Verfahrens oder Eintragungen zu zivilrechtlichen Verurteilungen erwähnt. Auch getilgte oder nach Ablauf der Tilgungsfrist gelöschte Einträge dürfen nicht mehr aufgeführt werden. Ein erweitertes Führungszeugnis inkludiert darüber hinaus bestimmte Sexual- und Gewaltstraftaten nach §§ 30a, 30b BZRG.
Wer hat Einsichts- und Herausgabeanspruch auf das Führungszeugnis?
Anspruch auf Antragstellung und damit auf Herausgabe eines eigenen Führungszeugnisses hat ausschließlich die betroffene Person selbst, da es sich um personenbezogene Daten handelt (§ 30 Absatz 1 BZRG). Die Ausstellung zur unmittelbaren Vorlage bei einer Behörde kann von der betroffenen Person beantragt werden, wobei das Zeugnis direkt an die Behörde übersendet wird. Arbeitgeber, Vereine oder sonstige Dritte haben keinen unmittelbaren Anspruch auf Ausstellung, sondern dürfen das Dokument nur nach Vorlage durch die betreffende Person einsehen. Eine Übermittlung an Privatpersonen oder Arbeitgeber erfolgt – datenschutzrechtlich abgesichert – ausschließlich mit ausdrücklich erklärtem Einverständnis des Betroffenen. Auch Behörden erhalten nur Zugang im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung. Eintragungen dürfen nicht an Unbefugte weitergegeben oder kopiert werden.
Wie lange bleibt ein Eintrag im Führungszeugnis bestehen?
Die Tilgungsfristen für Einträge im Bundeszentralregister, und damit deren Sichtbarkeit im Führungszeugnis, richten sich nach den §§ 45 ff. BZRG. Die Fristen variieren je nach Art der Straftat und Höhe der verhängten Strafe zwischen drei, fünf und zehn Jahren, gerechnet ab dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung. Nach Ablauf der jeweiligen Tilgungsfrist werden die betreffenden Eintragungen automatisch aus dem Register entfernt und erscheinen nicht mehr im Führungszeugnis. Für bestimmte Sexual- und Kapitaldelikte sowie Rückfalltaten gelten verlängerte oder von der Tilgung ausgeschlossene Fristen. Tilgungshemmungen greifen, solange im Register weitere, nicht getilgte Verurteilungen vorliegen. Tilgungsfristen beginnen frühestens mit dem Abschluss sämtlicher Hauptstrafen und nebenstrafrechtlicher Maßregeln.
Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben müssen beim Umgang mit dem Führungszeugnis beachtet werden?
Das Führungszeugnis unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben, die sich aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ergeben. Die Einsicht in und Weiterverarbeitung des Dokuments darf nur zweckgebunden erfolgen und ist insbesondere für sensible personenbezogene Informationen besonders geschützt. Eine Speicherung oder weitere Übermittlung ist nur zulässig, wenn der Zweck eindeutig und rechtlich zulässig definiert ist. Arbeitgeber müssen bei Anforderung, Einsicht und möglicher Speicherung sicherstellen, dass lediglich dazu berechtigte Personen Zugriff erhalten und das Führungszeugnis nach Wegfall des Zwecks (z. B. Einstellung oder Ablehnung der Bewerbung) unverzüglich vernichtet wird. Die betroffene Person kann ihr Einverständnis zur Vorlage jederzeit widerrufen. Unzulässige Verwertung oder Speicherung stellt eine Ordnungswidrigkeit bzw. einen Datenschutzverstoß dar.
In welchen Fällen kann ein erweitertes Führungszeugnis verlangt werden?
Ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a BZRG kann verlangt werden, wenn eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit im kinder- oder jugendnahen Bereich, einschließlich Betreuung, Erziehung, Ausbildung oder Pflege, aufgenommen werden soll. Voraussetzung ist, dass entweder eine gesetzliche Verpflichtung besteht (z. B. für Träger der freien Jugendhilfe nach § 72a SGB VIII) oder die Einrichtung beziehungsweise der Arbeitgeber eine entsprechende Bestätigung vorlegt, dass ein erweitertes Führungszeugnis nach gesetzlichen Vorgaben erforderlich ist. Bei dieser Zeugnisform werden auch geringfügigere und insbesondere einschlägige Sexual- und Gewaltdelikte aufgeführt, die ansonsten gemäß § 32 BZRG nicht ins einfache Führungszeugnis aufgenommen werden.
Welche Rechtsmittel bestehen bei Unstimmigkeiten im Führungszeugnis?
Die betroffene Person kann bei Unrichtigkeiten oder unberechtigten Eintragungen im Führungszeugnis Einspruch einlegen beziehungsweise eine sogenannte Berichtigungs- oder Löschungsantrag beim Bundesamt für Justiz stellen. Besteht weiterhin Uneinigkeit, ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht möglich (§ 50 BZRG). Zur Wahrung ihrer Rechte kann die Person Akteneinsicht verlangen und sich im Verfahrensweg anwaltlich vertreten lassen. Bei Fehlern oder Datenschutzverletzungen können darüber hinaus Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gestellt werden. Eintragungen dürfen erst nach rechtskräftiger Verurteilung und Ablauf rechtsmittelfähiger Fristen aufgenommen werden; fehlerhafte oder zu Unrecht erfasste Einträge sind umgehend zu löschen.