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Fruchtsäfte


Definition und rechtliche Grundlagen von Fruchtsäften

Fruchtsäfte sind Getränke, die ausschließlich aus dem essbaren Teil gesunder, reifer Früchte einer oder mehrerer Fruchtarten gewonnen werden. Europaweit und national existieren umfangreiche gesetzliche Regelungen, die die Definition, Herstellung, Kennzeichnung und Zusammensetzung von Fruchtsäften vorgeben. Die zentrale rechtliche Basis bildet die EU-Richtlinie 2001/112/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Fruchtsäfte und bestimmte ähnliche Erzeugnisse, die in nationales Recht, beispielsweise durch die Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung (FrSaftErfrischGetrV) umgesetzt wurde.


Rechtsquellen und Harmonisierungsvorschriften

Europäische Rechtsgrundlagen

Die wesentliche Grundlage für die Regelung von Fruchtsäften bildet die Richtlinie 2001/112/EG in der jeweils aktuellen Fassung. Durch diese Vorschrift werden innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Standards in Bezug auf Definition, Herstellung und Kennzeichnung erlassen. Hierdurch ist ein unionsweiter Mindeststandard für Fruchtsaftprodukte geschaffen.

Deutsche Umsetzungsregelungen

Die Umsetzung der europäischen Vorgaben erfolgt in Deutschland insbesondere durch die Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung. Diese regelt die Anforderungen an Fruchtsäfte, Fruchtnektare und ähnliche Erzeugnisse im Detail.


Begriffsabgrenzung und Produktarten

Fruchtsaft

Fruchtsaft ist das durch mechanisches Verfahren gewonnene Erzeugnis aus gesunden und reifen Früchten, das den charakteristischen Geschmack und Geruch der verwendeten Frucht(en) aufweist. Es dürfen weder künstliche Aromastoffe noch Farbstoffe zugesetzt werden. Zulässig ist der Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen, soweit dies gesondert zugelassen ist.

Direktsaft und Fruchtsaft aus Konzentrat

Unterschieden wird zwischen Direktsaft (nicht aus Konzentrat) und Fruchtsaft aus Konzentrat. Beim Herstellungsvorgang aus Konzentrat wird Wasser entzogen, der Saft konzentriert und anschließend unter Zugabe von mindestens gleichwertigem Wasser wieder rekonstituiert. Die rechtlichen Anforderungen an die Wasserzugabe sind streng geregelt.

Fruchtnektar und Fruchtsaftgetränke

Nicht jeder Fruchtanteil-Präparat ist rechtlich ein Fruchtsaft. Produkte mit einem geringeren Fruchtgehalt oder Früchten mit hohem Säure- bzw. Zuckergehalt, die eine Verdünnung zwecks Genießbarkeit erforderlich machen, werden als Fruchtnektar oder Fruchtsaftgetränke geführt und unterliegen weiteren spezifischen Anforderungen.


Anforderungen an Zusammensetzung und Zusatzstoffe

Reinheitsgebot und Zulässige Verfahren

Nach dem gesetzlichen Reinheitsgebot dürfen Fruchtsäften keine Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder Aromastoffe zugesetzt werden. Die Zugabe von Zucker ist unzulässig, ausgenommen bei Fruchtnektaren (geregelt in Anhang III der Richtlinie 2001/112/EG).

Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen

Der Zusatz bestimmter Vitamine und Mineralstoffe unterliegt restriktiven Vorschriften der EU-weit harmonisierten Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) und Zusatzstoffzulassungsverordnung.


Fruchtsaftbezeichnungen und Kennzeichnung

Pflichtangaben laut LMIV

Die LMIV regelt europaweit verpflichtende Kennzeichnungsanforderungen. Auf dem Etikett müssen u.a. die Verkehrsbezeichnung („Fruchtsaft“), die Fruchtart(en), das Mindesthaltbarkeitsdatum, die Nährwertangaben sowie gegebenenfalls eine Information zum Herstellungsprozess (z.B. „aus Fruchtsaftkonzentrat“) dargestellt werden.

Irreführungsverbot und Verkehrsbezeichnung

Die Verkehrsbezeichnung unterliegt dem Irreführungsverbot nach Art. 7 LMIV. Ein als „Fruchtsaft“ bezeichnetes Produkt muss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Abweichungen in Zusätzen oder Herstellung erfordern hinreichende Verbraucheraufklärung.


Produktions- und Sicherheitsanforderungen

Rohstoffqualität und Verarbeitung

Die verwendeten Früchte müssen den lebensmittelrechtlichen Anforderungen an Gesundheit und Reife entsprechen. Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene gibt die hygienerechtlichen Rahmenbedingungen für die Verarbeitung vor.

Kontrolle und Überwachung

Herstellung und Vertrieb von Fruchtsäften unterliegen der amtlichen Lebensmittelüberwachung nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Verstöße werden mit Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren geahndet.


Grenzüberschreitender Handel und Normung

Freier Warenverkehr innerhalb der EU

Die EU-Richtlinie 2001/112/EG gilt als sog. Harmonisierungsrichtlinie – Fruchtsäfte, die den gesetzlichen Standards eines Mitgliedstaates entsprechen, dürfen grundsätzlich in allen Mitgliedsstaaten vertrieben werden.

Internationale Normen

Neben den EU-Richtlinien existieren Codex Alimentarius-Normen (CODEX STAN 247-2005 u.a.), die international anerkannte Standards setzen und im Export-/Importgeschäft zusätzlich Berücksichtigung finden.


Besonderheiten: Bio-Fruchtsäfte und Öko-Kennzeichnung

Für Bio-Fruchtsäfte gilt die EU-Öko-Verordnung (EU) 2018/848, die zusätzliche Anforderungen an Herkunft, Verarbeitung und Kennzeichnung enthält. Eine Verwendung synthetischer Pflanzenschutzmittel und gentechnisch veränderter Organismen ist untersagt.


Rechtsfolgen bei Verstößen

Verstöße gegen die Vorschriften werden nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dem LFGB sowie der LMIV verfolgt. Dies umfasst mögliche Bußgelder, Beanstandungen durch Lebensmittelüberwachungsbehörden sowie zivilrechtliche Ansprüche von Mitbewerbern.


Zusammenfassung

Fruchtsäfte sind umfassend lebensmittelrechtlich reguliert. Die Gesetzgebung gewährleistet eine hohe Produktsicherheit, Transparenz und standardisierte Bedingungen für Herstellung, Vertrieb und Kennzeichnung. Die zahlreichen Vorschriften dienen dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Sicherung eines funktionierenden Binnenmarktes. Wer Fruchtsäfte in den Verkehr bringt, muss sämtliche einschlägigen Anforderungen beachten; andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen und Maßnahmen der Lebensmittelüberwachung.

Häufig gestellte Fragen

Müssen Fruchtsäfte in Deutschland mit bestimmten Pflichtangaben gekennzeichnet werden?

Ja, in Deutschland unterliegen Fruchtsäfte der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) sowie der Fruchtsaft-Verordnung (FrSaftV). Die verpflichtenden Angaben umfassen unter anderem die Verkehrsbezeichnung („Fruchtsaft“, „Fruchtsaft aus Konzentrat“ usw.), die Zutatenliste (sofern weitere Zutaten enthalten sind), das Mindesthaltbarkeitsdatum oder Verbrauchsdatum, die Nettofüllmenge, Angaben zum Hersteller oder Vertreiber sowie gegebenenfalls Hinweise auf Allergene. Ferner muss bei Fruchtsäften aus mehr als einer Frucht die Reihenfolge der Anteile absteigend nach ihrem Gewicht dargestellt werden. Angaben zu Lagerbedingungen sind zwingend erforderlich, falls die Haltbarkeit hiervon abhängt. Für Fruchtsäfte aus Konzentrat muss explizit auf diesen Umstand hingewiesen werden. Die Herkunft der Hauptzutat (oft die Frucht selbst) muss transparent gemacht werden, sofern sie nicht mit der Herkunft des Endprodukts übereinstimmt.

Welche Zusätze sind nach deutschem Recht in Fruchtsäften erlaubt?

Gemäß der Fruchtsaft-Verordnung dürfen Fruchtsäften grundsätzlich keine Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder künstliche Aromen zugesetzt werden. Der Zusatz von Zucker oder Honig ist bei als „Fruchtsaft“ bezeichneten Produkten ebenfalls verboten. Eine Ausnahme bildet die Anreicherung mit Vitaminen oder Mineralstoffen, sofern diese für die gesamte Kategorie rechtlich vorgesehen sind und dies korrekt deklariert wird. Zulässig ist in bestimmten Fällen die Verwendung von Fruchtfleisch und Aromastoffen, die aus derselben Fruchtart stammen und bei der Fruchtsaftgewinnung natürlich anfallen. Ascorbinsäure (Vitamin C) darf als Antioxidationsmittel verwendet werden, jedoch nur in den durch die Zusatzstoff-Zulassungsverordnung erlaubten Mengen und unter entsprechender Kennzeichnung.

Welche gesetzlichen Anforderungen gelten an die Bezeichnung „Direktsaft“?

Die Bezeichnung „Direktsaft“ ist rechtlich streng geregelt. Gemäß der Fruchtsaft-Verordnung darf sie nur verwendet werden, wenn der Saft ausschließlich mechanisch aus der Frucht gewonnen wird, ohne vorangehendes Konzentrieren und Rückverdünnen. Es dürfen keine Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder Zucker zugesetzt werden. Eine Pasteurisierung zur Haltbarmachung ist gestattet. Der Begriff „Direktsaft“ muss auf dem Etikett klar und deutlich angegeben werden, um eine Täuschung der Verbraucher auszuschließen. Der Vertrieb von „Direktsäften“ ist zudem nur zulässig, wenn sämtliche Verarbeitungsschritte dokumentiert und nachvollziehbar sind, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten.

Unter welchen Bedingungen darf ein Fruchtsaft aus Konzentrat als solcher verkauft werden?

Fruchtsaft aus Konzentrat ist gesetzlich genormt: Hierbei wird der Saft nach der Gewinnung durch Wasserentzug konzentriert und kann anschließend jederzeit durch erneute Zugabe von Wasser rückverdünnt werden. Der Wassergehalt incl. des natürlichen Fruchtwassers muss dem ursprünglichen Saft entsprechen. Eine wichtige gesetzliche Vorgabe ist, dass sowohl das zuerst entzogene Wasser als auch bei der Herstellung möglicherweise verlorengegangene Aromen und Fruchtfleisch vor oder bei der Rückverdünnung wiedereingebracht werden müssen, sofern sie aus derselben Frucht stammen. Auf dem Etikett ist unmissverständlich die Verkehrsbezeichnung „Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat“ zu verwenden. Eine Vermischung mit Konzentrat anderer Früchte ist unzulässig, es sei denn, es handelt sich um einen Mehrfruchtsaft, der entsprechend gekennzeichnet ist.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für die Bewerbung von Fruchtsäften mit gesundheitsbezogenen Angaben?

Für die Bewerbung von Fruchtsäften mit gesundheitsbezogenen Angaben gilt in Deutschland (und der EU) die Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006). Es dürfen ausschließlich gesundheitsbezogene Angaben verwendet werden, die in der Gemeinschaftsliste zugelassener Claims aufgeführt sind. Aussagen, die sich auf die Verhütung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten beziehen, sind verboten. Ernährungsbezogene Angaben sind zulässig, sofern die Kriterien der jeweiligen Claims erfüllt sind und die Nährwertangaben korrekt gemacht werden. Bei der Bewerbung mit Aussagen wie „reich an Vitamin C“ muss der deklarierte Nährstoffgehalt den gesetzlich geforderten Mindestwerten entsprechen und analytisch nachweisbar sein. Verstöße gegen diese Vorschriften können als Irreführung oder unerlaubte Werbung geahndet werden.

Welche Pflichten haben Hersteller hinsichtlich der Chargenkennzeichnung bei Fruchtsäften?

Nach der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) beziehungsweise mittlerweile der LMIV ist jeder Fruchtsaft einer eindeutig zu identifizierenden Charge zuzuordnen. Die Chargenkennzeichnung dient der Rückverfolgbarkeit im Fall eines Produktrückrufs oder einer Beanstandung. Die Kennzeichnung kann aus Buchstaben- oder Zahlenkombinationen bestehen und muss an gut sichtbarer Stelle, häufig in der Nähe des Mindesthaltbarkeitsdatums, stehen. Ausnahmen bestehen nur, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum eindeutig Aufschluss über die Produktionscharge gibt (bei Tages- und Monatsangabe). Fehlt die Chargenkennzeichnung, liegt ein formaler Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften vor, der mit Bußgeldern sanktioniert werden kann.

Gibt es besondere rechtliche Bestimmungen zur Angabe des Fruchtgehalts bei sogenannten Nektaren?

Ja, für Fruchtnektare sind in Deutschland und der EU Mindestfruchtgehalte vorgeschrieben. Nach der Fruchtsaft-Verordnung muss der Fruchtgehalt je nach verwendeter Frucht mindestens 25 %, 35 % oder 50 % betragen (z. B. bei Zitrusfrüchten mindestens 50 %, bei Kernobst- und Traubennektaren mindestens 50 %, bei Johannisbeer- und Bananennektaren mindestens 25 %). Auf dem Etikett ist der tatsächliche Fruchtgehalt gut sichtbar anzugeben. Ein Überschreiten des Höchstgehalts an zugesetztem Zucker oder Honig (20 %) ist nicht gestattet. Wird weniger Frucht verwendet, als vorgeschrieben, darf das Produkt nicht als Nektar verkauft werden. Das Fehlen oder die falsche Angabe des Fruchtgehalts gilt als Ordnungswidrigkeit und kann behördlich sanktioniert werden.