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Freiwillige Versicherung


Begriff und Bedeutung der Freiwilligen Versicherung

Die freiwillige Versicherung ist ein rechtlich definierter Begriff im deutschen Sozialversicherungsrecht und kennzeichnet die Möglichkeit von Personen, sich in bestimmten Zweigen der Sozialversicherung auf eigenen Wunsch und außerhalb der bestehenden Versicherungspflicht zu versichern. Sie ist insbesondere in Bereichen wie der gesetzlichen Krankenversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung relevant. Die freiwillige Versicherung stellt eine Ergänzung zu den obligatorischen Versicherungen dar und dient dazu, Versorgungslücken für Personengruppen zu schließen, die nicht pflichtversichert sind.


Rechtsgrundlagen der Freiwilligen Versicherung

Die Details und Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung sind in verschiedenen Sozialgesetzbüchern geregelt. Die wichtigsten Gesetzesgrundlagen bilden:

  • Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V): Bestimmungen zur freiwilligen Krankenversicherung (§§ 9, 188 SGB V)
  • Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI): Regelungen für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 7, voluntary membership)
  • Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III): Vorschriften zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung (§§ 28a-28n SGB III)

Die freiwillige Versicherung wird stets durch einen Antrag der jeweiligen Person ausgelöst und bedarf der expliziten Zustimmung durch den zuständigen Versicherungsträger.


Anwendungsbereiche der Freiwilligen Versicherung

Freiwillige Krankenversicherung

Voraussetzungen

Die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist für Personen möglich, die aus der Versicherungspflicht ausscheiden, ohne dass sie unter die gesetzliche Familienversicherung fallen. Zu den berechtigten Personengruppen zählen:

  • Arbeitnehmer, deren Einkommen die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt
  • Selbstständige und Freiberufler, die keine Versicherungspflicht haben
  • Studierende nach Überschreiten der Altersgrenze oder der Studienzeitbegrenzung
  • deutsche Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland, sofern vorher gesetzlich versichert

Rechtsfolgen

Freiwillig Versicherte haben im Wesentlichen Anspruch auf den gleichen Leistungsumfang wie Pflichtversicherte. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem Einkommen, wobei die Mindest- und Höchstgrenzen durch die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt werden. Die Mitgliedschaft endet unter anderem durch Beitritt in eine Familienversicherung, einen Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung oder durch Rückkehr in die Versicherungspflicht.

Freiwillige Rentenversicherung

Personenkreis und Voraussetzungen

Personen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, können auf Antrag freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich für Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres, unabhängig vom Wohnsitz im In- oder Ausland.

Bedeutung und Auswirkungen

Die freiwillige rentenversicherung ermöglicht es, Rentenanwartschaften zu erhalten, bestehende Versorgungslücken zu schließen und einen Anspruch auf verschiedene Rentenarten, insbesondere Alters- und Erwerbsminderungsrenten, aufzubauen. Die Beiträge können innerhalb gesetzlicher Mindest- und Höchstgrenzen variabel gewählt werden.

Freiwillige Arbeitslosenversicherung

Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich

Bestimmte Selbstständige und Beschäftigte im Ausland haben die Möglichkeit, sich freiwillig in der deutschen Arbeitslosenversicherung weiterversichern zu lassen (§ 28a SGB III). Voraussetzung ist meist eine vorherige Pflichtmitgliedschaft und die Anmeldung innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses.

Leistungsanspruch und Beitragstragung

Freiwillig Versicherte haben nach Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Leistungen zur Arbeitsförderung. Die Beitragshöhe orientiert sich am fiktiven Arbeitsentgelt und wird jährlich neu festgelegt. Ein Sonderkündigungsrecht besteht unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung.


Verfahren und Modalitäten der Freiwilligen Versicherung

Antragstellung und Beginn

Die freiwillige Versicherung setzt grundsätzlich einen formgebundenen Antrag voraus. Die jeweiligen Fristen und Nachweise richten sich nach dem Versicherungsträger und der zugehörigen Sozialgesetzgebung. Der Versicherungsschutz beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt des Wegfalls der Versicherungspflicht, wenn ein lückenloser Übergang sichergestellt wird, andernfalls mit dem Tag der Antragstellung.

Beitragsberechnung und Zahlung

Beiträge in der freiwilligen Versicherung bemessen sich nach gesetzlichen Vorgaben sowie nach der individuellen Einkommenssituation. In der Krankenversicherung gilt eine Mindest- und Höchstbemessungsgrundlage, in der Rentenversicherung können Beitragszahlungen flexibel vereinbart werden. Die Beitragspflicht ist grundsätzlich monatlich zu erfüllen.

Beendigung der Freiwilligen Versicherung

Die freiwillige Mitgliedschaft endet regelmäßig durch Eintritt einer Versicherungspflicht in demselben Versicherungszweig, durch Austritt oder Kündigung, aber auch durch Wechsel in eine andere Versicherungsart, etwa eine Familienversicherung. Eine rückwirkende Beendigung ist in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, gesetzliche Bestimmungen sehen Ausnahmen vor.


Abgrenzung zur Pflichtversicherung und Bedeutung im Sozialversicherungssystem

Die freiwillige Versicherung unterscheidet sich grundlegend von der Versicherungspflicht, die kraft Gesetzes entsteht. Sie ist ein grundlegendes Instrument zur individuellen Absicherung in den deutschen Sozialversicherungen und trägt zur Vermeidung von Schutzlücken für bestimmte Personengruppen bei. Durch die Option der freiwilligen Versicherung wird die soziale Absicherung auch außerhalb des typischen Arbeitnehmerstatus gewährleistet.


Internationale Aspekte und Sonderregelungen

Staatsangehörigkeit und Auslandsaufenthalt

Deutsche Staatsangehörige, die im Ausland leben, können grundsätzlich eine freiwillige Versicherung in Deutschland beanspruchen, sofern sie die Voraussetzungen der jeweiligen Zweige erfüllen. Für andere EU-/EWR-Bürger gelten Sonderregelungen nach den europäischen Koordinierungsvorschriften.

Integration weiterer Personengruppen

Besondere Regelungen existieren für ehemals Versicherte, deren Versicherungspflicht wegen Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland oder Bezug einer ausländischen Rente endet. Hier gewähren die deutschen Sozialversicherungsträger zum Teil erleichterte Zugangsbedingungen zur freiwilligen Versicherung.


Fazit

Die freiwillige Versicherung stellt einen zentralen Baustein im deutschen Sozialversicherungssystem dar und ermöglicht es versicherungsfreien oder nicht versicherungspflichtigen Personen, sich gegen existenzielle Risiken abzusichern. Durch detaillierte gesetzliche Regelungen, weitreichende Anwendungsbereiche und spezifische Beitrags- und Leistungsregelungen sorgt die freiwillige Versicherung für Flexibilität und individuelle Vorsorge. Sie trägt somit entscheidend zur sozialen Absicherung in Deutschland bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die freiwillige Versicherung erfüllt sein?

Für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung, insbesondere in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt werden. Grundsätzlich steht die freiwillige Mitgliedschaft Personen offen, die nicht (mehr) versicherungspflichtig sind – zum Beispiel Selbstständigen, Freiberuflern, Studenten nach Überschreiten der Altersgrenze oder Arbeitnehmern mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Voraussetzung ist unter anderem, dass binnen drei Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht, Familienversicherung oder Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ein Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt wird. Darüber hinaus müssen sich die Betroffenen regelmäßig rechtzeitig melden und nachweisen, dass sie dem deutschen Sozialversicherungssystem weiterhin verbunden sind, beispielsweise durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Für Auslandsaufenthalte oder bestimmte Personengruppen (z.B. Rückkehrer aus dem Ausland) gelten besondere Regelungen, die zu prüfen sind. Ein weiteres Erfordernis kann das Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall sein, wie zum Beispiel durch eine private Krankenversicherung. Die gesetzlichen Voraussetzungen und Verfahren für die freiwillige Versicherung regeln insbesondere §§ 9 ff. SGB V.

Welche Fristen gelten für den Antrag auf freiwillige Versicherung?

Die Fristen für den Antrag auf freiwillige Versicherung sind streng geregelt. Nach Beendigung der Versicherungspflicht, der Familienversicherung oder einer anderen Vorversicherung muss der Antrag auf freiwillige Versicherung innerhalb von drei Monaten gestellt werden (§ 9 Abs. 2 SGB V). Wird diese Frist versäumt, ist eine rückwirkende Aufnahme in der Regel nicht möglich, was zur Folge haben kann, dass für den nicht gedeckten Zeitraum Eigenverantwortung für die Absicherung im Krankheitsfall besteht. In Ausnahmefällen kann auf Antrag eine spätere Aufnahme erfolgen, zum Beispiel wenn der Fristversäumnis unverschuldet war, wobei die Anforderungen hier sehr hoch sind. Zusätzlich gilt, dass die Mitgliedschaft in der freiwilligen Versicherung meist erst mit dem Zeitpunkt der Antragstellung beginnt, wobei darauf zu achten ist, dass Nachweise über das Ende der bisherigen Versicherungspflicht einzureichen sind.

Können Beiträge zur freiwilligen Versicherung rechtlich angefochten werden?

Die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Versicherung richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 240 SGB V). Die Beitragsbemessung erfolgt auf Grundlage der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der versicherten Person, d.h. sämtliche Einkünfte wie Einkommen aus selbstständiger oder unselbstständiger Tätigkeit, Kapitalerträge oder Mieteinnahmen werden berücksichtigt. Gegen die Höhe der festgesetzten Beiträge kann grundsätzlich Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist an die jeweilige Krankenkasse zu richten und muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beitragsbescheides eingereicht werden. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Entscheidend ist, dass Widersprüche und Klagen keine aufschiebende Wirkung haben, das heißt, die Beiträge sind zunächst weiter zu zahlen, bis über den Streit abschließend entschieden wurde.

Welche Rechte und Pflichten haben freiwillig Versicherte im Verhältnis zur Krankenkasse?

Freiwillig Versicherte besitzen im Allgemeinen dieselben Rechte und Pflichten wie pflichtversicherte Mitglieder. Dazu zählen das Recht auf alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des SGB V sowie die Pflicht, der Krankenkasse vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zur Person und zu den Einkommensverhältnissen zu machen. Die Einkommensverhältnisse müssen regelmäßig und auf Verlangen nachgewiesen werden, da sich danach die Beitragshöhe richtet. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten kann zur Nachforderung von Beiträgen und im Einzelfall zu Bußgeldern führen. Zudem haben freiwillig Versicherte das Recht, die Mitgliedschaft ordentlich zu kündigen, sie sind jedoch bis zur Dauer der Bindungsfrist an ihre Krankenkasse gebunden, die in der Regel 12 Monate beträgt.

Welche Folgen ergeben sich bei Nichtzahlung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung?

Kommt ein freiwillig Versicherter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, so sieht das Gesetz verschiedene Maßnahmen vor. Zunächst wird die Krankenkasse eine Mahnung aussprechen und säumige Beiträge anmahnen. Bleibt die Zahlung weiterhin aus, kann die Krankenkasse Säumniszuschläge erheben und letztlich zum Mittel der Vollstreckung übergehen. Zudem ist der Leistungsanspruch des Versicherten eingeschränkt, wenn ein Rückstand von mindestens zwei Monatsbeiträgen besteht (§ 16 SGB V). Dann besteht nur noch Anspruch auf Leistungen zur akuten Krankenbehandlung und Schmerzlinderung. Erst nach Begleichung der Rückstände wird vollständiger Versicherungsschutz wieder gewährt. Die Nichtzahlung kann außerdem zur Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft führen.

Unter welchen Umständen kann die freiwillige Versicherung wieder beendet werden?

Die Beendigung der freiwilligen Versicherung ist an bestimmte rechtliche Bedingungen geknüpft. Die Mitgliedschaft endet automatisch, wenn eine Versicherungspflicht eintritt, etwa durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Eine Kündigung der freiwilligen Versicherung ist zudem möglich, unterliegt jedoch der Einhaltung einer Mindestbindungsfrist von 12 Monaten und einer Kündigungsfrist von zwei vollen Kalendermonaten zum Monatsende (§ 175 Abs. 4 SGB V). Die Erklärung hat schriftlich gegenüber der Krankenkasse zu erfolgen. Die Mitgliedschaft endet ebenfalls, wenn der Versicherte keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat und keine sonstigen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft gegeben sind. Auch durch Wechsel in eine private Krankenversicherung kann die freiwillige Versicherung enden, wobei hier der Nachweis über eine lückenlose Anschlussversicherung zu erbringen ist.

Gibt es eine Nachversicherungspflicht nach Beendigung der freiwilligen Versicherung?

Nach Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft besteht keine allgemeine Nachversicherungspflicht im Sinne eines gesetzlichen Automatismus. Allerdings besteht nach § 188 Abs. 4 SGB V die Pflicht zur lückenlosen Versicherung im Krankheitsfall für alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland, was bedeutet, dass niemand unangemeldet und ohne Versicherungsschutz bleiben darf. Bei Versäumnis ist daher ohne erneuten Antrag und Nachweis einer anderweitigen Absicherung eine Beitragspflicht zu rückwirkenden Prämienzahlungen möglich. Das Gesetz stellt durch den „Kontrahierungszwang“ sicher, dass deutsche Krankenkassen grundsätzlich verpflichtet sind, Anträge auf (Wieder-)Aufnahme zu prüfen, um eine Versicherungslücke zu verhindern.