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Freistellungsauftrag

Begriff und Funktion des Freistellungsauftrags

Ein Freistellungsauftrag ist eine gegenüber einem in Deutschland ansässigen Kredit- oder Finanzinstitut abgegebene Erklärung einer Privatperson, bestimmte Kapitalerträge bis zu einem gesetzlich festgelegten Höchstbetrag vom automatischen Steuerabzug auszunehmen. Er dient dazu, die Abgeltungsteuer sowie darauf entfallende Zuschläge auf Kapitalerträge im Rahmen des Sparer-Pauschbetrags nicht an der Quelle einbehalten zu lassen. Der Freistellungsauftrag wirkt ausschließlich im Verhältnis zwischen der steuerpflichtigen Person und dem inländischen auszahlenden Institut und entfaltet seine Wirkung innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres, in dem die Kapitalerträge zufließen.

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Wer einen Freistellungsauftrag erteilen kann

Freistellungsaufträge können von natürlichen Personen mit unbeschränkter Einkommensteuerpflicht in Deutschland erteilt werden. Nicht anwendbar ist der Freistellungsauftrag für juristische Personen, Personenvereinigungen oder im Rahmen betrieblicher Einkünfte. Minderjährige können für eigene Konten und Depots einen Freistellungsauftrag erhalten; die Abgabe erfolgt durch die gesetzlichen Vertretungen. Für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner mit gemeinsamer Ansässigkeit ist ein gemeinsamer Freistellungsauftrag möglich.

Erfasste Kapitalerträge

Vom Freistellungsauftrag erfasst werden typischerweise Zinsen, Dividenden, Erträge und Ausschüttungen aus Investmentvermögen sowie Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen, soweit sie dem inländischen Steuerabzug auf Kapitalerträge unterliegen. Er gilt für private Kapitalerträge; bei Einkünften aus Kapitalvermögen im Betriebsvermögen ist der Freistellungsauftrag nicht einschlägig.

Geltung bei in- und ausländischen Instituten

Der Freistellungsauftrag kann nur gegenüber inländischen auszahlenden Stellen Wirkung entfalten, die den deutschen Kapitalertragsteuerabzug vornehmen. Bei ausländischen Banken oder Brokern ohne deutschen Steuerabzug ist ein Freistellungsauftrag rechtlich wirkungslos.

Höchstbetrag und Aufteilung

Sparer-Pauschbetrag und Grenzen

Der Freistellungsauftrag darf insgesamt den Sparer-Pauschbetrag nicht überschreiten. Derzeit beträgt dieser 1.000 Euro pro Person und Kalenderjahr; für zusammenlebende Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner mit gemeinsamer steuerlicher Veranlagung beträgt der gemeinsame Höchstbetrag 2.000 Euro. Der Höchstbetrag gilt personenbezogen und jahresbezogen; eine Mehrfachnutzung über verschiedene Institute hinaus ist insgesamt nicht zulässig.

Aufteilung auf mehrere Institute

Der Freistellungsauftrag kann auf mehrere inländische Institute verteilt werden. Maßgeblich ist die Summe aller erteilten Teilfreistellungen je Person und Jahr. Zur Überwachung der Einhaltung des Höchstbetrags besteht ein behördliches Kontrollverfahren; Überschreitungen können durch Abgleich festgestellt werden. Die Institute wenden den Freistellungsbetrag jeweils nur in Höhe der ihnen zugewiesenen Teilbeträge an.

Form, Inhalt und Wirksamwerden

Formale Anforderungen

Ein Freistellungsauftrag muss der auszahlenden Stelle zugeordnet werden können und enthält regelmäßig Angaben zu Name, Anschrift, steuerlicher Identifikationsnummer und dem gewünschten Freistellungsbetrag. Er kann unbefristet oder befristet erteilt werden. Änderungen und Widerrufe sind möglich; sie wirken grundsätzlich für künftige Kapitalerträge.

Zeitpunkt der Anwendung

Die Anwendung erfolgt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Freistellungsauftrag im Institut wirksam hinterlegt ist. Eine rückwirkende Berücksichtigung bereits einbehaltener Steuern durch das Institut ist nicht vorgesehen. Ein bereits vorgenommener Steuerabzug bleibt in diesen Fällen bestehen und kann außerhalb des Quellenabzugsverfahrens berücksichtigt werden.

Datenübermittlung und Kontrolle

Zur Sicherstellung der Einhaltung des Höchstbetrags werden die für Freistellungsaufträge erforderlichen Angaben durch die Institute in ein behördliches Kontrollsystem übermittelt. Die Datenverarbeitung erfolgt zu Zwecken der Steuererhebung und -überwachung. Das Verfahren dient der Vermeidung von Mehrfachfreistellungen über den zulässigen Betrag hinaus.

Besondere Konstellationen

Gemeinschaftskonten und -depots

Bei Gemeinschaftskonten richtet sich die Anwendung des Freistellungsauftrags nach der hierzu erteilten Erklärung. Ein gemeinsamer Freistellungsauftrag kann die bei demselben Institut geführten Einzel- und Gemeinschaftskonten der betroffenen Personen umfassen. Ohne gemeinsame Freistellung wird der individuelle Freistellungsauftrag nur der jeweils berechtigten Person zugerechnet.

Ehe, Lebenspartnerschaft und Trennung

Ein gemeinsamer Freistellungsauftrag setzt eine gemeinsame Ansässigkeit und die entsprechende persönliche Beziehung voraus. Ändern sich die persönlichen Verhältnisse, etwa durch dauerhafte Trennung oder Auflösung der Partnerschaft, ist eine Anpassung des Freistellungsstatus für die Zukunft erforderlich. Eine automatische Umstellung erfolgt nicht in allen Fällen.

Wohnsitzwechsel und Wegzug

Der Freistellungsauftrag setzt eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland voraus. Mit Aufgabe des inländischen Wohnsitzes entfällt die Berechtigung zur Nutzung des Freistellungsauftrags gegenüber inländischen Instituten für die Zukunft. Kapitalerträge nach Wegzug unterliegen besonderen Regelungen außerhalb des Freistellungsmechanismus.

Todesfall

Mit dem Tod der berechtigten Person endet die Nutzungsmöglichkeit des Freistellungsauftrags. Für das Jahr des Todes sind bereits wirksam angewandte Freistellungen zu berücksichtigen; für die Zeit danach ist der Freistellungsauftrag gegenstandslos. Erben können für eigene Konten und Depots eigenständige Freistellungsaufträge erteilen.

Verlustverrechnung und Zuschläge

Verluste aus Kapitalvermögen werden institutsspezifisch in Verlustverrechnungstöpfen geführt und mindern positive Kapitalerträge. Ein Freistellungsauftrag greift nur, soweit nach Verlustverrechnung ein positiver steuerpflichtiger Ertrag verbleibt. Soweit der Freistellungsauftrag angewendet wird, erfasst die Freistellung auch die darauf entfallenden Zuschläge.

Abgrenzungen

Abgrenzung zur Nichtveranlagungs-Bescheinigung

Die Nichtveranlagungs-Bescheinigung ist ein behördliches Dokument, das in besonderen Fällen den Steuerabzug an der Quelle vollständig aussetzt. Der Freistellungsauftrag ist demgegenüber eine privatrechtliche Erklärung gegenüber dem Institut und wirkt nur bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags.

Verhältnis zur Veranlagung und Anrechnung

Der Steuerabzug auf Kapitalerträge ist als Quellensteuer ausgestaltet. Ohne Freistellungsauftrag einbehaltene Beträge können im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden. Liegt der individuelle Steuersatz unter dem pauschalen Quellensteuersatz, kommt eine abweichende tarifliche Behandlung in Betracht.

Rechtsfolgen bei Überschreitung oder Fehlen

Wird kein Freistellungsauftrag erteilt oder ist der zugewiesene Betrag ausgeschöpft, nimmt das Institut den Steuerabzug in der gesetzlich vorgesehenen Höhe vor. Bei Überschreitungen des zulässigen Höchstbetrags über mehrere Institute hinweg kann dies im Kontrollverfahren festgestellt werden; zu viel freigestellte Erträge führen im Ergebnis zur steuerlichen Erfassung außerhalb des Quellenabzugs. Unrichtige oder unvollständige Angaben können rechtliche Konsequenzen haben.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf einen Freistellungsauftrag erteilen?

Erteilt werden kann ein Freistellungsauftrag von natürlichen Personen mit unbeschränkter Einkommensteuerpflicht in Deutschland. Nicht zulässig ist er für juristische Personen oder für Kapitalerträge im betrieblichen Bereich.

Wie hoch ist der maximal nutzbare Betrag pro Jahr?

Der maximal nutzbare Betrag entspricht dem Sparer-Pauschbetrag. Derzeit beträgt er 1.000 Euro pro Person und 2.000 Euro bei gemeinsamer Betrachtung von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern mit gemeinsamer Ansässigkeit.

Kann der Freistellungsauftrag auf mehrere Banken verteilt werden?

Eine Verteilung auf mehrere Institute ist möglich. Entscheidend ist, dass die Summe der erteilten Freistellungsbeträge den zulässigen Höchstbetrag pro Person und Jahr nicht überschreitet. Ein behördliches Kontrollsystem dient der Überwachung.

Gilt ein Freistellungsauftrag auch für Konten im Ausland?

Nein. Der Freistellungsauftrag wirkt nur gegenüber inländischen auszahlenden Stellen, die dem deutschen Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Bei ausländischen Instituten entfaltet er keine Wirkung.

Wirkt ein nachträglich erteilter Freistellungsauftrag rückwirkend?

Die Wirkung setzt grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt der wirksamen Hinterlegung beim Institut ein. Bereits vorgenommene Steuerabzüge werden durch den Freistellungsauftrag nicht rückgängig gemacht.

Können Kinder einen eigenen Freistellungsauftrag nutzen?

Ja. Für Minderjährige kann ein eigener Freistellungsauftrag für deren Konten und Depots genutzt werden. Die Erteilung erfolgt durch die gesetzlichen Vertretungen; der Höchstbetrag steht dem Kind zu und ist nicht auf die Eltern übertragbar.

Was geschieht bei Trennung oder Scheidung mit einem gemeinsamen Freistellungsauftrag?

Ein gemeinsamer Freistellungsauftrag setzt die entsprechenden persönlichen Voraussetzungen voraus. Bei Trennung oder Beendigung der Partnerschaft ist für die Zukunft eine Anpassung erforderlich, da ein gemeinsamer Freistellungsauftrag dann nicht mehr fortgeführt werden kann.

Welche Folgen hat eine Überschreitung des Freistellungsbetrags?

Wird der zulässige Höchstbetrag insgesamt überschritten, werden übersteigende Kapitalerträge besteuert. Das Kontrollverfahren ermöglicht die Feststellung und nachgelagerte steuerliche Erfassung der zu viel freigestellten Beträge.