Begriff und Abgrenzung: Freie Mitarbeiter
Der Begriff „Freier Mitarbeiter“ bezeichnet im deutschen Arbeitsrecht eine Person, die für ein Unternehmen oder eine Organisation auf vertraglicher Basis selbstständig tätig ist, ohne dabei als Arbeitnehmer beschäftigt zu sein. Häufig wird der freie Mitarbeiter auch als Selbstständiger, Freelancer oder Honorarkraft bezeichnet. Die Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsformen, insbesondere zu Arbeitnehmern und Unternehmern, ist für die rechtliche Einordnung und die damit verbundenen Pflichten und Rechte von zentraler Bedeutung.
Definition
Ein freier Mitarbeiter ist eine natürliche Person, die auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages für einen Auftraggeber tätig wird, ohne in dessen betriebliche Organisation eingegliedert zu sein und ohne dessen arbeitsrechtliche Weisungen im engeren Sinne zu unterliegen. Vereinbart wird üblicherweise ein Werk- oder Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. oder §§ 631 ff. BGB.
Abgrenzung zum Arbeitnehmer
Der wesentliche Unterschied zwischen freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern besteht in der persönlichen Unabhängigkeit bei der Ausübung der Tätigkeit. Arbeitnehmer sind weisungsgebunden, in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert und unterliegen oftmals Arbeitszeitregelungen sowie betrieblichen Kontrollen. Freie Mitarbeiter hingegen organisieren ihre Arbeitszeit und Arbeitsweise eigenverantwortlich und sind nicht in den Betrieb integriert.
Abgrenzung zum Unternehmer
Während Unternehmer ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragen und nicht nur für einen Auftraggeber, sondern für mehrere Kunden tätig sind, kann ein freier Mitarbeiter auch ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig werden, solange die Merkmale der Selbstständigkeit, wie die Eigenverantwortlichkeit und das Fehlen von Weisungen, erhalten bleiben.
Rechtliche Grundlagen
Vertragsarten
Freie Mitarbeiter werden auf Basis eines Dienstvertrags (§§ 611 ff. BGB) oder eines Werkvertrags (§§ 631 ff. BGB) beschäftigt. Beim Dienstvertrag schuldet der freie Mitarbeiter das Tätigwerden, ohne einen bestimmten Erfolg gewährleisten zu müssen. Beim Werkvertrag ist ein konkreter Erfolg geschuldet. In der Praxis ist die vertragliche Gestaltung entscheidend, aber nicht ausschließlich maßgeblich für die rechtliche Einordnung. Die tatsächliche Durchführung der Zusammenarbeit ist im Streitfall ausschlaggebend.
Weisungsfreiheit und Selbstständigkeit
Ein zentrales Kriterium für den Status eines freien Mitarbeiters ist die Weisungsfreiheit. Dies bedeutet, dass weder der Arbeitsort noch die Arbeitszeit regelmäßig vom Auftraggeber bestimmt werden. Freie Mitarbeiter tragen typischerweise das unternehmerische Risiko für ihre Tätigkeit selbst und stellen eigene Betriebsmittel.
Soziale Absicherung und Meldepflichten
Anders als Arbeitnehmer unterliegen freie Mitarbeiter grundsätzlich nicht der Sozialversicherungspflicht, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen der sogenannten „Scheinselbstständigkeit“ (siehe unten). Sie sind selbst für ihre Kranken-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung sowie für die Abführung von Steuern verantwortlich. Einige Berufsgruppen unterliegen jedoch der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (z. B. Lehrer, Pflegekräfte, Hebammen).
Steuern
Freie Mitarbeiter gelten als Unternehmer im Sinne des Einkommenssteuergesetzes und des Umsatzsteuergesetzes. Sie müssen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) oder aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) versteuern und unterliegen regelmäßig der Umsatzsteuerpflicht (§ 1 UStG), sofern keine Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) greift.
Scheinselbstständigkeit
Definition und Abgrenzung
Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Tätigkeit formal als selbstständige Tätigkeit ausgegeben wird, jedoch im Wesentlichen dem Bild eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entspricht. Die Deutsche Rentenversicherung prüft insbesondere nach folgenden Kriterien:
- Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers,
- persönliche Abhängigkeit,
- keine eigene Betriebsstätte,
- keine eigenen Mitarbeiter,
- Tätigkeit für nur einen Auftraggeber.
Bei Feststellung der Scheinselbstständigkeit können erhebliche Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen aufseiten des Auftraggebers die Folge sein.
Statusfeststellungsverfahren
Bei Unsicherheiten kann ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Ziel ist es, eine verbindliche Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status herbeizuführen – ob es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit handelt.
Pflichten und Rechte freier Mitarbeiter
Pflichten
- Vertragserfüllung nach individuellen Vereinbarungen
- Selbstständige Steuer- und Sozialversicherungsabführung
- ggf. Umsatzsteuervoranmeldung und -zahlung
- Führung einer eigenen Buchhaltung
- Einhaltung von berufsrechtlichen Pflichten (z. B. Verschwiegenheitspflicht bei bestimmten Tätigkeiten)
Rechte
- Eigenständige Gestaltung der Arbeitsbedingungen
- Wahl der Arbeitsmittel und Arbeitszeit
- Anspruch auf vertraglich vereinbarte Vergütung
- Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung für erbrachte Leistungen
- Keine Bindung an tarifliche oder betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften
Arbeits- und Kündigungsschutz
Freie Mitarbeiter sind nicht durch arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, wie das Kündigungsschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz oder das Bundesurlaubsgesetz, geschützt. Es gelten ausschließlich die im Vertrag vereinbarten Regelungen. Pflichtverletzungen des Auftraggebers oder des freien Mitarbeiters können gegebenenfalls zu Schadensersatzansprüchen oder einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen.
Bedeutung im Wirtschaftsleben
Freie Mitarbeiter sind ein fester Bestandteil des modernen Arbeitsmarktes und kommen insbesondere in projektbezogenen Bereichen, in der IT, im Medienbereich, in der Beratung, im Kulturbereich sowie im Gesundheitswesen zum Einsatz. Durch die Flexibilität dieser Beschäftigungsform können Unternehmen auf schwankende Auftragslagen und projektbezogene Anforderungen reagieren, während freie Mitarbeiter ihre Arbeitszeit und Tätigkeiten flexibel gestalten können.
Zusammenfassung
Der freie Mitarbeiter steht rechtlich zwischen herkömmlichen Arbeitnehmern und klassischen Unternehmern. Seine Tätigkeit zeichnet sich durch Selbstständigkeit, Weisungsfreiheit und eigenverantwortliche Organisation aus. Für die rechtliche Bewertung ist das tatsächliche Tätigkeitsbild entscheidend – insbesondere angesichts möglicher Scheinselbstständigkeit. Wer als freier Mitarbeiter tätig ist, muss sowohl die sozialen als auch steuerlichen Pflichten eigenständig erfüllen und genießt zugleich größere Gestaltungsfreiheit im beruflichen Alltag.
Hinweis: Diese Ausführungen stellen eine allgemeine Information dar und können insbesondere individuelle Besonderheiten einzelner Tätigkeiten und Branchen nicht abschließend erfassen.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die wichtigsten rechtlichen Unterschiede zwischen freien Mitarbeitern und Festangestellten?
Freie Mitarbeiter (auch Freelancer oder Selbständige genannt) stehen im Gegensatz zu Festangestellten nicht in einem klassischen Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber. Rechtlich bedeutet dies, dass auf freie Mitarbeiter nicht das Arbeitsrecht, sondern zumeist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) Anwendung findet. Während Festangestellte dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen und in die betriebliche Organisation eingegliedert sind, arbeiten freie Mitarbeiter eigenverantwortlich und können Art, Zeit und Ort ihrer Tätigkeit grundsätzlich selbst bestimmen. Für sie gelten keine Vorschriften zum Kündigungsschutz, zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder zu Urlaub, ersatzweise greifen die individuell im Dienst- oder Werkvertrag vereinbarten Bestimmungen. Auch auf den Versicherungsschutz wirken sich die Unterschiede aus: Freie Mitarbeiter sind selbst für ihre Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung verantwortlich und erhalten keine Sozialversicherungsleistungen durch ihren Auftraggeber.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass eine Tätigkeit als freie Mitarbeit rechtlich anerkannt wird?
Für die rechtliche Anerkennung als freie Mitarbeit müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zentrale Kriterien sind die Weisungsunabhängigkeit bezüglich Ort, Zeit und Ausführung der Tätigkeit, das unternehmerische Risiko des freien Mitarbeiters sowie die Möglichkeit, mehrere Auftraggeber gleichzeitig zu bedienen. Ausschlusskriterien sind hingegen die enge Eingliederung in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers, umfassende Berichtspflichten oder ein dauerhaft gleichbleibendes und ausschließliches Tätigwerden für einen Auftraggeber. Die Statusprüfung überprüft dabei das tatsächliche Erscheinungsbild der Tätigkeit, nicht allein vertragliche Bezeichnungen. In Zweifelsfällen kann die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens prüfen, ob tatsächlich eine selbständige Tätigkeit vorliegt oder eine Scheinselbständigkeit gegeben ist.
Welche rechtlichen Pflichten muss ein Auftraggeber gegenüber freien Mitarbeitern beachten?
Auch wenn kein klassisches Arbeitsverhältnis besteht, hat der Auftraggeber gewisse rechtliche Pflichten gegenüber freien Mitarbeitern. Zunächst muss er sicherstellen, dass keine Scheinselbständigkeit vorliegt, da andernfalls umfangreiche Nachzahlungen zur Sozialversicherung, Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen drohen. Weiterhin ist der Auftraggeber verpflichtet, unabhängig beschäftigte Personen, die auf Baustellen oder im Produktionseinsatz tätig sind, beim Unternehmer oder bei der Sozialkasse (je nach Branche) ordnungsgemäß zu melden. Datenschutzrechtliche Vorschriften, insbesondere im Sinne der DSGVO, müssen bei der Datenverarbeitung ebenfalls eingehalten werden. Darüber hinaus ist der Auftraggeber verpflichtet, dem freien Mitarbeiter eine ordnungsgemäße Rechnungstellung zu ermöglichen und keine festen Gehaltszahlungen ohne Leistungserbringung zu gewähren, um die rechtliche Trennung zum Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten.
Wie erfolgt die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von freien Mitarbeitern?
Freie Mitarbeiter gelten in der Regel als selbständig Tätige und sind damit grundsätzlich sozialversicherungsfrei im Hinblick auf die gesetzliche Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie müssen sich selbst um ihre Versicherungen kümmern und die Beiträge eigenständig abführen. Allerdings gibt es Ausnahmen, insbesondere für Tätigkeiten, die als arbeitnehmerähnlich angesehen werden, etwa bei sogenannten „arbeitnehmerähnlichen Selbständigen“, die regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig sind und kein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis beschäftigen. In diesen Fällen kann eine Rentenversicherungspflicht bestehen (§ 2 SGB VI). Auch ist eine freiwillige Weiterversicherung möglich. Kommt es im Einzelfall zu Zweifeln, empfiehlt sich die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Deutschen Rentenversicherung, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Welche Haftungspflichten treffen freie Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber?
Freie Mitarbeiter haften – im Gegensatz zu angestellten Arbeitnehmern – grundsätzlich vollumfänglich für Schäden, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit verursachen, sofern diese auf Schuldhaftigkeit zurückzuführen sind (Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Die Haftung kann vertraglich geregelt und in manchen Bereichen (z.B. bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz) nicht ausgeschlossen werden. Bei leichter Fahrlässigkeit ist eine Beschränkung der Haftung auf den typischen vorhersehbaren Schaden möglich. Der freie Mitarbeiter sollte eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, um sich gegen Forderungen aus etwaigen Fehlern oder Pflichtverletzungen zu schützen. Auch bei der Verletzung von Datenschutzvorgaben, Urheberrechten oder Geheimhaltungspflichten kann der Freelancer rechtlich in Anspruch genommen werden.
Welche steuerrechtlichen Aspekte sind bei der Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern zu beachten?
Freie Mitarbeiter gelten steuerlich als Selbständige und unterliegen damit den Pflichten zur Anmeldung beim Finanzamt, zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen und zur Zahlung der Einkommen- sowie gegebenenfalls Umsatzsteuer. Ihre Einnahmen und Ausgaben müssen sie im Rahmen der Gewinnermittlung (EÜR bzw. Bilanz) dokumentieren. Der Auftraggeber wiederum muss darauf achten, dass keine Abzugsverpflichtungen hinsichtlich der Lohnsteuer bestehen, wie dies bei Festangestellten der Fall ist. Freie Mitarbeiter stellen für ihre Leistungen Rechnungen und weisen gegebenenfalls die Umsatzsteuer aus (§ 14 UStG). Ist ein freier Mitarbeiter als Kleinunternehmer gemeldet, entfällt der Ausweis der Umsatzsteuer. Zudem ist die Dokumentation der Zusammenarbeit für etwaige Prüfungen durch das Finanzamt oder die Sozialversicherungsträger notwendig, insbesondere zur Vermeidung des Risikos der Scheinselbständigkeit.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Scheinselbständigkeit?
Wird eine freie Mitarbeit als Scheinselbständigkeit eingestuft, sind erhebliche rechtliche Konsequenzen zu erwarten. In diesem Fall wird angenommen, dass ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegt. Der Auftraggeber ist dann rückwirkend zur Abführung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung verpflichtet (bis zu vier Jahre rückwirkend, bei Vorsatz bis zu 30 Jahre). Darüber hinaus können Bußgelder und Nachzahlungen entstehen, und strafrechtliche Ermittlungen, beispielsweise wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB), sind möglich. Für den Freelancer bedeutet eine Feststellung der Scheinselbständigkeit einen nachträglichen Anspruch auf Arbeitnehmerrechte, etwa Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub oder Kündigungsschutz. Die korrekte Vertragsgestaltung und eine realitätsgerechte Ausgestaltung der Zusammenarbeit sind daher unerlässlich, um dieses Risiko zu minimieren.