Begriff und rechtliche Einordnung der Frauenbeauftragten
Definition
Die Frauenbeauftragte ist eine gesetzlich institutionalisierte Funktion zur Wahrung, Förderung und Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen in öffentlichen und privaten Institutionen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz existieren verschiedene Rechtsgrundlagen, die die Bestellung, Aufgaben und Rechte von Frauenbeauftragten präzise regeln. Der Begriff bezeichnet häufig eine besondere Interessenvertretung, die Diskriminierung von Frauen verhindern und die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter fördern soll.
Historische Entwicklung
Mit der Umsetzung der Gleichberechtigung aus Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz sowie dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurden die Grundlagen für institutionelle Schutzmechanismen geschaffen. Seit den 1980er Jahren entwickelte sich in Bund, Ländern und Kommunen das spezielle Amt der Frauenbeauftragten, das im öffentlichen Dienst und in vielen Unternehmen fest etabliert ist.
Rechtsgrundlagen für Frauenbeauftragte
Verfassungsrechtlicher Rahmen
Art. 3 Abs. 2 GG verpflichtet den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern aktiv zu fördern und bestehende Nachteile zu beseitigen. Aus diesem Grundsatz erwachsen gesetzliche Regelungen für die Bestellung und Tätigkeit von Frauenbeauftragten.
Bundes- und Landesgesetze
Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)
Das BGleiG verpflichtet Bundesbehörden zur Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten, welche als Frauenbeauftragte fungieren, wenn mehr als 100 Beschäftigte, davon mindestens 21 Frauen vorhanden sind. Die Aufgaben, Rechte und Pflichten werden darin genau bezeichnet.
Landesgleichstellungsgesetze
Viele Bundesländer haben eigene Gleichstellungsgesetze (z. B. das Bayerische Gleichstellungsgesetz – BayGlG oder das Hamburger Gleichstellungsgesetz – HmbGleiG), die die Rahmenbedingungen spezifisch für öffentliche Arbeitgeber im jeweiligen Bundesland regeln. Sie konkretisieren häufig die Beteiligungsrechte, Wahlverfahren sowie die besonderen Schutzvorschriften für die Ausübung des Amtes der Frauenbeauftragten.
Weitere Regelungsbereiche
Auch im Sozialrecht sind Frauenbeauftragte vorgesehen, z. B. nach SGB IX im Bereich der Schwerbehindertenvertretung in Werkstätten für behinderte Menschen sowie im Mutterschutz- und Arbeitsrecht.
Europarechtliche Vorgaben
Europäische Richtlinien zum Diskriminierungsverbot und zur Gleichstellung der Geschlechter setzen Mindeststandards, die national in entsprechende Gesetze und Regelwerke umgesetzt werden.
Rechtliche Stellung und Aufgaben der Frauenbeauftragten
Funktion und Bestellung
Frauenbeauftragte werden je nach gesetzlicher Grundlage gewählt oder bestellt. Im öffentlichen Dienst erfolgt die Wahl meist durch die weiblichen Beschäftigten, wobei die Amtszeit und Wiederwahlmöglichkeiten gesetzlich geregelt sind. In manchen Institutionen ist auch die Bestellung durch die Leitung möglich.
Voraussetzungen
In der Regel müssen Frauenbeauftragte der wahlberechtigten Gruppe angehören und dürfen während ihrer Amtszeit nicht mit Aufgaben der Personalvertretung oder Leitungsfunktionen direkt betraut sein.
Aufgabenfeld
Zentrale Aufgabe ist die Förderung der Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frauen. Dazu zählen insbesondere:
- Überwachung der Einhaltung von Gleichstellungsgesetzen
- Beratung bei Personalmaßnahmen und Auswahlverfahren
- Initiierung und Begleitung von Fördermaßnahmen für Frauen und Wiedereinsteigerinnen
- Unterstützung und Beratung bei Problemen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
- Mitarbeit in Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen
- Durchführung von Informations- und Fortbildungsveranstaltungen
- Zusammenarbeit mit anderen Interessenvertretungen wie Personalrat und Schwerbehindertenvertretung
Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte
Frauenbeauftragte besitzen ausgeprägte Beteiligungsrechte, etwa:
- Recht zur frühzeitigen und umfassenden Information über alle Personalmaßnahmen, die Gleichstellungsaspekte betreffen
- Recht auf Stellungnahme und Einsichtnahme in Unterlagen
- Initiativrecht, d. h. Initiierung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung
- Beteiligung an Einstellungen, Beförderungen, Versetzungen, Fortbildungen und bei der Erstellung von Gleichstellungsplänen
In vielen Gesetzen ist ausdrücklich geregelt, dass Personalmaßnahmen, die gegen die Stellungnahme der Frauenbeauftragten getroffen werden, besonders zu begründen sind.
Rechtsstellung, Schutz und Freistellung
Frauenbeauftragte sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsunabhängig und genießen besonderen Schutz vor Benachteiligungen und Kündigung während der Amtsausübung und oftmals darüber hinaus. Die Freistellung von der Arbeit, Ausstattung mit Sachmitteln sowie Zugang zu erforderlichen Informationen und Fortbildungen sind gesetzlich verankert, um die wirksame Wahrnehmung des Amtes sicherzustellen.
Frauenbeauftragte außerhalb des öffentlichen Dienstes
Betriebliche Frauenbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte
Im privaten Sektor besteht keine gesetzliche Pflicht zur Bestellung von Frauenbeauftragten. Allerdings fördern viele tarifliche und betriebliche Vereinbarungen die Einrichtung entsprechender Stellen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Unternehmen, auf Diskriminierungsfreiheit hinzuwirken, und empfiehlt die Benennung von Ansprechpartnerinnen für Gleichstellungsfragen.
Frauenbeauftragte in sozialen Einrichtungen
Nach SGB IX ist in Werkstätten für behinderte Menschen eine Frauenbeauftragte zu wählen, die Belange der weiblichen Beschäftigten vertritt. Diese Vorschrift stärkt den besonderen Schutzstatus dieser Personengruppe.
Rechte, Pflichten und Grenzen der Frauenbeauftragten
Vertretungsrecht und Verschwiegenheit
Frauenbeauftragte vertreten die Belange der Frauen ausdrücklich innerhalb der Organisation, jedoch nicht einzeln vor Gerichten oder Behörden. Sie sind zur Verschwiegenheit über persönliche Daten und vertrauliche Angelegenheiten verpflichtet.
Kooperations- und Informationspflichten der Dienststelle
Dienststellen und Unternehmen sind verpflichtet, die Frauenbeauftragte frühzeitig und umfassend zu informieren sowie ihre Stellungnahmen und Anregungen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Ausschluss und Befangenheit
Eine Frauenbeauftragte kann von einzelnen Vorgängen ausgeschlossen werden, wenn persönliche Betroffenheit oder Interessenkollisionen vorliegen, um die Integrität der Funktion zu wahren.
Rechtsschutz und Durchsetzung
Beschwerderecht
Beschäftigte können sich bei vermuteter Benachteiligung an die Frauenbeauftragte wenden. Diese kann auf Abhilfe hinwirken und gegebenenfalls das Beschwerdeverfahren einleiten.
Rechtliche Schritte
Im Falle von Rechtsverletzungen stehen Frauenbeauftragten nach Maßgabe der jeweiligen Gesetze eigene Beschwerde- und Klagerechte zu, etwa gegen Maßnahmen, die unter Missachtung der Beteiligungsrechte erfolgen.
Bedeutung der Frauenbeauftragten im Gleichstellungsrecht
Frauenbeauftragte sind ein wesentlicher Mechanismus zur Durchsetzung der verfassungsrechtlich garantierten Gleichstellung von Frauen und Männern. Dabei sind sie Schnittstelle zwischen Diskriminierungsschutz, Fördermaßnahmen und Personalentwicklung. Sie tragen dazu bei, strukturelle Benachteiligungen abzubauen und die Chancengleichheit zu verwirklichen.
Literatur und Weblinks
- Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Landesgleichstellungsgesetze der Bundesländer
- Broschüren und Hinweise der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
- Verlinkungen auf offizielle Portale von Bundes- und Landesministerien
Hinweis: Dieser Beitrag liefert eine umfassende rechtliche Übersicht zum Begriff Frauenbeauftragte und verweist auf zentrale gesetzliche Grundlagen. Für Details empfiehlt sich die Konsultation der jeweiligen Gesetzestexte und amtlichen Erläuterungen.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Arbeit der Frauenbeauftragten?
Die Arbeit der Frauenbeauftragten basiert in Deutschland auf verschiedenen gesetzlichen Regelungen, die je nach Geltungsbereich unterschiedlich ausgestaltet sein können. Im öffentlichen Dienst sind zentrale Regelwerke das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) sowie die entsprechenden Landesgleichstellungsgesetze, welche die Einrichtung, Aufgaben und Rechte von Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten verbindlich vorschreiben. Für große Unternehmen sind zudem Vorgaben aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) relevant, das u. a. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet und Strukturen fordert, die Benachteiligung verhindern. In Hochschulen oder Forschungseinrichtungen gelten spezialgesetzliche Vorschriften, wie etwa das Hochschulrahmengesetz und landesspezifische Hochschulgesetze, die eigene Regelungen zur Gleichstellung und zur Bestellung von Frauenbeauftragten enthalten. Die gesetzlichen Grundlagen definieren insbesondere die Bestellung, den Schutz vor Benachteiligung, Beteiligungsrechte an Entscheidungsprozessen sowie Unterstützungs- und Interventionsmöglichkeiten. Die Einhaltung der Rechtsvorschriften wird durch die Frauenbeauftragten überwacht, die dabei über besondere Beteiligungs- und oft auch Mitbestimmungsrechte verfügen.
Welche Rechte und Befugnisse haben Frauenbeauftragte nach dem Gesetz?
Frauenbeauftragte verfügen in rechtlicher Hinsicht über umfangreiche Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte. Sie sind frühzeitig und umfassend bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten, die die Gleichstellung betreffen können, zu beteiligen. Dies umfasst insbesondere Stellenausschreibungen, Einstellungen, Beförderungen, Teilzeitanträge, Fortbildungsmaßnahmen und Organisationsveränderungen. Sie haben ein Recht auf Auskunft und Einsicht in alle Unterlagen, die zur Ausübung ihrer Aufgaben notwendig sind, sowie auf Teilnahme an Besprechungen und Sitzungen, in denen entsprechende Themen behandelt werden. Außerdem besitzen Frauenbeauftragte häufig ein Initiativrecht zur Einleitung von Maßnahmen zur Gleichstellung und dürfen Vorschläge und Stellungnahmen abgeben. Ihre Rechtsposition ist durch gesetzlichen Benachteiligungs- und Kündigungsschutz, zum Teil auch durch Freistellungsregelungen, abgesichert.
In welchen Situationen muss die Frauenbeauftragte zwingend beteiligt werden?
Frauenbeauftragte müssen nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen zwingend in allen Angelegenheiten angehört und eingebunden werden, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben könnten. Konkrete Beispiele sind die (interne wie externe) Stellenausschreibung, Auswahlverfahren, Einstellungen, Versetzungen, Maßnahmen der Personalentwicklung, Arbeitszeitregelungen, strukturelle und organisatorische Änderungen sowie die Einführung neuer Arbeitsmethoden oder -techniken. Die Pflicht zur Beteiligung gilt unabhängig davon, ob bereits Nachteile erkennbar sind oder lediglich deren Möglichkeit besteht. Die Nichtbeteiligung der Frauenbeauftragten kann zu Rechtsverstößen führen und beanstandet werden.
Wie ist die Unabhängigkeit der Frauenbeauftragten rechtlich abgesichert?
Frauenbeauftragte sind in ihrer Tätigkeit weitgehend unabhängig und unterliegen keinen fachlichen Weisungen. Diese Unabhängigkeit ist gesetzlich ausdrücklich festgeschrieben, um eine effektive Erfüllung ihrer Aufgaben zu gewährleisten. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Gegen sie ausgesprochene personelle Maßnahmen, wie zum Beispiel Umbesetzungen, Kündigungen oder Abberufungen, stehen unter einem besonderen gesetzlichen Schutz und sind in der Regel nur mit Zustimmung bzw. nach Anhörung übergeordneter Instanzen zulässig. Zudem ist jede Maßregelung aufgrund der Tätigkeit als Frauenbeauftragte gesetzlich untersagt. Straf- und arbeitsrechtliche Schutzrechte greifen, falls diese Unabhängigkeit beeinträchtigt werden sollte.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, wenn die Frauenbeauftragte übergangen wurde?
Wird die Frauenbeauftragte gesetzeswidrig nicht ordnungsgemäß beteiligt oder bei relevanten Entscheidungen übergangen, sieht das Gesetz verschiedene Rechtsbehelfe vor. Zunächst kann die Frauenbeauftragte das betreffende Verfahren schriftlich beanstanden und eine Nachbesserung fordern. In schwerwiegenden Fällen besteht die Möglichkeit, eine aufsichtsführende oder übergeordnete Stelle einzuschalten oder den Rechtsweg zu beschreiten. Die Verletzung der Beteiligungsrechte kann dazu führen, dass getroffene Entscheidungen (z. B. Personalauswahl oder organisatorische Maßnahmen) unwirksam sind und von vorn durchgeführt werden müssen. Die jeweiligen Gleichstellungsgesetze und das AGG sehen zudem vor, dass Betroffene und die Frauenbeauftragte sich an Schlichtungsstellen oder ggf. Gerichte wenden können.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen Interessenvertretungen rechtlich?
Frauenbeauftragte arbeiten rechtlich auf Augenhöhe mit anderen Interessenvertretungen wie dem Personalrat, dem Betriebsrat oder Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten zusammen. Die jeweiligen Gesetze regeln, dass die Beteiligung der Frauenbeauftragten eigenständig erfolgt und ihre Mitwirkungsrechte unabhängig von den Rechten anderer Vertretungen gelten. Dennoch ist eine koordinierte Zusammenarbeit vorgesehen, etwa bei gemeinsamen Initiativen zur Gleichstellung oder bei komplexen Verfahren. Schnittstellen, wie zum Beispiel bei der Ausgestaltung von Dienstvereinbarungen oder bei Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sind in den Gesetzen ausdrücklich vorgesehen und verlangen eine gegenseitige Information und Abstimmung.
Welche Pflichten haben Arbeitgeber gegenüber der Frauenbeauftragten?
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Frauenbeauftragten wirksam zu unterstützen. Dies umfasst insbesondere die Pflicht, sie über alle relevanten Angelegenheiten rechtzeitig und umfassend zu informieren, ihnen die Teilnahme an Sitzungen und Besprechungen zu ermöglichen, erforderliche interne Ressourcen (zum Beispiel Räume oder Sachmittel) bereitzustellen und ihnen ausreichend Arbeitszeit für die Erfüllung der Aufgaben einzuräumen. Arbeitgeber dürfen Frauenbeauftragte nicht benachteiligen oder in ihrer Tätigkeit behindern. Kommt der Arbeitgeber diesen Pflichten nicht nach, können rechtliche Schritte eingeleitet werden, einschließlich Beanstandung durch die Gleichstellungsbeauftragte oder Beschwerden bei Aufsichtsbehörden.