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Begriff und rechtliche Grundlagen von FOB

Der Begriff FOB, abgekürzt von „Free On Board“ (deutsch: „Frei an Bord“), ist eine international anerkannte Handelsklausel, die vor allem im Bereich des Seehandelsrechts verwendet wird. Sie regelt die Risiko- und Kostenverteilung zwischen Käufer und Verkäufer im internationalen Warenverkehr und ist Teil der sogenannten Incoterms (International Commercial Terms). Die Rechtsnatur, Auslegung und Anwendung von FOB werden sowohl durch internationale Abkommen wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) als auch durch nationale Handelsgesetze und die Incoterms in ihrer jeweils aktuellen Fassung bestimmt.

Entstehung und Regelungsrahmen

FOB wurde erstmals 1936 von der Internationalen Handelskammer (ICC) als Teil der Incoterms veröffentlicht. Die Regelungen wurden fortlaufend aktualisiert, zuletzt in den Incoterms 2020. Ziel ist die Standardisierung und Vereinfachung von Vertragsbedingungen im internationalen Handel und die Verringerung rechtlicher Unsicherheiten.

Rechtliche Bedeutung und Funktionen der FOB-Klausel

Risikoübergang

Einer der zentralen Aspekte des FOB ist der genaue Zeitpunkt des Risikoübergangs vom Verkäufer auf den Käufer. Nach der klassischen Definition versendet der Verkäufer die Ware, trägt alle Kosten und Risiken bis zur Verladung auf das benannte Schiff im Verschiffungshafen. Mit dem Überqueren der Reling des Schiffes (bzw. nach aktueller Interpretation mit dem Verstauen oder Bereitstellen an Bord), geht das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Ware auf den Käufer über. Diese Regelung unterscheidet sich deutlich von anderen Incoterms-Klauseln, beispielsweise EXW (Ex Works) oder CIF (Cost, Insurance & Freight).

Kostenverteilung

FOB regelt zudem, welche Kosten bis zu welchem Punkt vom Verkäufer zu tragen sind. Beispielsweise umfassen die vom Verkäufer zu tragenden Kosten:

  • Verpackung
  • Transport bis zum Verschiffungshafen
  • Ausfuhrverzollung
  • Verladung der Ware auf das Schiff

Der Käufer trägt die Kosten für Fracht, Versicherung (falls gewünscht), Importverzollung und alle weiteren nachfolgenden Transportkosten.

Lieferpflichten

Der Verkäufer muss:

  • Die Ware gemäß den vertraglichen Bestimmungen bereitstellen
  • Alle notwendigen Ausfuhrformalitäten erfüllen
  • Den Käufer rechtzeitig über die erfolgte Verladung informieren

Der Käufer ist verpflichtet, das Frachtschiff zu benennen und alle relevanten Transportinformationen bereitzustellen.

Dokumentationspflichten

Im Rahmen der Incoterms 2020 hat der Verkäufer die Pflicht, dem Käufer den Ladebeleg (z.B. Bordkonnossement oder Freight Receipt) auszuhändigen. Dieses Dokument bestätigt den Übergang der Ware in die Obhut des Frachtführers und ist für den Käufer insbesondere im Rahmen von Zahlungsbedingungen wie Akkreditiven (Letter of Credit) von Bedeutung.

FOB im deutschen und internationalen Recht

Anwendung auf internationale Kaufverträge

FOB wird regelmäßig bei Kaufverträgen über Waren mit See- oder Binnenschifftransport verwendet. In internationalen Kaufverträgen gilt regelmäßig das UN-Kaufrecht (CISG), sofern die Parteien dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben. Die Incoterms sind nur verbindlich, wenn sie ausdrücklich Bestandteil des Vertrags sind; ansonsten gelten die nationalen gesetzlichen Regelungen, etwa die Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) in Deutschland, das insbesondere das Fracht-, Speditions- und Lagerrecht enthält.

Unterschied zu anderen Incoterms-Klauseln

Die Abgrenzung der FOB-Klausel zu anderen Incoterms wie EXW (Ab Werk), FCA (Free Carrier), CFR (Cost and Freight) und CIF (Cost, Insurance and Freight) ist bedeutsam, insbesondere in Bezug auf Risiko- und Kostenübergang sowie Dokumentationsverpflichtungen.

Stellenwert im deutschen HGB

Im deutschen Recht entsprechen die FOB-Regelungen weitgehend den Vorschriften des HGB über den Versendungskauf. Hierbei trägt der Verkäufer die Kosten und Gefahren bis zur Übergabe der Ware an den Frachtführer, es sei denn, im Vertrag ist etwas anderes geregelt.

Praxisrelevanz und rechtliche Risiken

Typische Streitfragen

Im praktischen Geschäftsverkehr können aus FOB-Klauseln folgende Streitfragen entstehen:

  • Zeitpunkt des tatsächlichen Risikoübergangs, insbesondere bei nicht eindeutiger Bestimmung des Verschiffungshafens
  • Dokumentations- und Nachweispflichten bezüglich der Verladung
  • Fragen der Haftung bei Verzögerungen oder Schäden im Hafengebiet
  • Abgrenzung zu ähnlichen Lieferklauseln wie FCA, die im Containerverkehr häufig Anwendung finden

Haftung und Sicherungsmaßnahmen

Rechtliche Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn Waren in Containern verschifft werden oder wenn die Übergabe an Bord nicht eindeutig nachweisbar ist. In solchen Fällen kann die Verwendung einer alternativen Lieferklausel angezeigt sein. Weiterhin sollte in der Vertragsgestaltung auf die präzise Angabe der Incoterm-Version und des Verschiffungshafens sowie auf die klare Regelung von Übergabe- und Dokumentationspflichten geachtet werden.

Praktische Empfehlungen

Aus rechtlicher Sicht ist es ratsam, in internationalen Kaufverträgen die jeweils gewünschte Incoterm-Klausel eindeutig zu bestimmen und im Vertragstext ausdrücklich zu benennen (z.B. „FOB Hamburg Incoterms® 2020“). Eine widersprüchliche oder unklare Verwendung kann zu Haftungsrisiken und Interpretationsstreitigkeiten führen.

Zusammenfassung

Der Begriff FOB (Free On Board) zählt zu den wichtigsten und am weitesten verbreiteten Klauseln im internationalen Warenhandel und ist insbesondere im Seehandelsrecht von zentraler Bedeutung. Er legt fest, bis zu welchem Punkt der Verkäufer für Kosten und Risiken verantwortlich ist und ab welchem Zeitpunkt diese auf den Käufer übergehen. Die korrekte Anwendung und vertragliche Ausgestaltung der FOB-Klausel ist für die rechtssichere und effiziente Abwicklung internationaler Handelsgeschäfte unerlässlich.


Siehe auch:

  • Incoterms
  • Seehandelsrecht
  • Internationaler Warenkauf
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • UN-Kaufrecht (CISG)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten ergeben sich für den Verkäufer bei einem FOB-Geschäft gemäß Incoterms?

Beim Abschluss eines Kaufvertrags unter der Klausel „FOB“ (Free On Board) gemäß den Incoterms 2020 ist der Verkäufer rechtlich verpflichtet, die Ware gemäß den vertraglich festgelegten Bedingungen auf das vom Käufer benannte Seeschiff im Verschiffungshafen zu liefern. Zu den Hauptpflichten zählt, dass der Verkäufer auf eigene Kosten und Gefahr für die Ausfuhrfreigabe (z.B. Ausfuhranmeldung beim Zoll) sorgt und alle erforderlichen Exportdokumente vorlegt. Er muss sicherstellen, dass die Ware ordnungsgemäß verpackt, markiert und zum vereinbarten Zeitpunkt dem Schiff zur Verfügung gestellt wird. Die Übergabe an Bord des Schiffs markiert den Gefahrenübergang: Ab diesem Moment trägt der Käufer das Risiko von Verlust oder Beschädigung der Ware sowie alle nachfolgenden Kosten. Der Verkäufer hat keinen rechtlichen Pflichten hinsichtlich der Beförderung nach der Verladung oder der Versicherung der Ware für die Seereise. Kommt der Verkäufer seinen Verpflichtungen nicht nach, kann der Käufer Schadenersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.

Was sind die rechtlichen Konsequenzen, wenn der Verkäufer beim FOB-Geschäft die Ware nicht rechtzeitig bereitstellt?

Stellt der Verkäufer die Ware beim FOB-Geschäft nicht binnen der vereinbarten Frist (bzw. innerhalb eines üblichen Zeitraums) an Bord des vom Käufer bezeichneten Schiffs zur Verfügung, begeht er eine Vertragsverletzung. Rechtliche Konsequenz ist zunächst ein Anspruch des Käufers auf Erfüllung des Vertrags. In der Praxis kann der Käufer jedoch regelmäßig vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen, etwa für entgangene Weiterverkäufe oder zusätzliche Transportkosten. Im internationalen Handelsrecht finden hierbei oft die Regelungen des UN-Kaufrechts (CISG) Anwendung, soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Darüber hinaus kann eine verspätete Lieferung eventuell zu Vertragsstrafen (Konventionalstrafen) führen, sofern solche im Vertrag vereinbart sind.

Welche Dokumente müssen dem Käufer beim FOB-Geschäft rechtlich übergeben werden?

Der Verkäufer ist rechtlich verpflichtet, dem Käufer alle Dokumente zu übergeben, die notwendig sind, um die Ware zu übernehmen und insbesondere den Weitertransport oder die Abfertigung am Bestimmungshafen zu ermöglichen. Dazu zählen in der Regel das Konnossement (Bill of Lading), das den Nachweis der Verladung und den Anspruch auf Herausgabe der Ware verbrieft, ggf. ein Ausfuhrnachweis, Ursprungszeugnisse sowie Pack- und Lieferlisten. Die Pflicht zur Dokumentenvorlage umfasst sowohl die fristgemäße als auch die formal und inhaltlich korrekte Ausstellung. Ebenso muss der Verkäufer dem Käufer alle erlangten Informationen über die Verschiffung mitteilen, insbesondere im Hinblick auf den Ablauf der Übernahme. Fehlerhafte oder verspätet übergebene Dokumente können zu Schadensersatzansprüchen des Käufers führen.

Wer trägt im rechtlichen Sinne beim FOB-Geschäft das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Ware während des Transports?

Im rechtlichen Kontext geht das Risiko bei einem FOB-Geschäft exakt in dem Moment auf den Käufer über, in dem die Ware ordnungsgemäß an Bord des benannten Schiffs im Verschiffungshafen gebracht wurde. Alle Verlustrisiken und Schäden, die nach diesem Zeitpunkt entstehen – unabhängig von deren Ursache, etwa höhere Gewalt, Seeunfall oder Piraterie – trägt allein der Käufer. Bis zu diesem Zeitpunkt haftet der Verkäufer für Verluste oder Schäden, sofern diese auf seinem Einflussbereich beruhen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Verkäufer seinen Pflichten nicht pflichtgemäß nachgekommen ist und die Gefahr daraus resultiert.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei der Wahl des Verschiffungshafens und des Seeschiffs?

Grundsätzlich ist der Käufer nach Incoterms 2020 für die Auswahl und Buchung des Schiffs zum festgelegten Verschiffungshafen verantwortlich. Der Verkäufer hat die rechtliche Pflicht, den Käufer frühzeitig zu informieren, damit dieser einen geeigneten Transport organisieren kann. Ist im Vertrag der Verschiffungshafen nicht konkret bezeichnet, besteht ein erhebliches Streitpotenzial: Laut Rechtsprechung ist dann derjenige Hafen zu wählen, der für beide Parteien zumutbar und handelsüblich ist, ansonsten drohen Rechtsstreitigkeiten über die Vertragserfüllung oder gar Unwirksamkeit der FOB-Vereinbarung. Unklarheiten gehen im Zweifel zulasten der Vertragspartei, die sie verursacht hat.

Wie wirken sich Embargos und Exportverbote rechtlich auf FOB-Geschäfte aus?

Sollte während der Vertragsdurchführung ein gesetzliches Exportverbot oder Embargo in Kraft treten, entfällt nach deutschem Recht sowie nach UN-Kaufrecht die Leistungspflicht des Verkäufers gemäß § 275 BGB bzw. Art. 79 CISG, sofern ihn kein Verschulden trifft. Der Vertrag wird insoweit und für die Dauer des Embargos oder Exportverbots suspendiert. In vielen Handelsverträgen finden sich sogenannte „Force-Majeure-Klauseln“, die die Folgen eines Exportverbots oder Embargos regeln – beispielsweise, dass beide Parteien von der weiteren Vertragserfüllung entbunden werden. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer unverzüglich über das Eintreten solcher Umstände und über mögliche Auswirkungen auf die Erfüllung des FOB-Geschäfts zu informieren.

Unter welchen rechtlichen Bedingungen kann der Käufer beim FOB-Geschäft die Annahme verweigern?

Der Käufer darf im rechtlichen Rahmen die Annahme der Ware verweigern, wenn diese nicht vertragsgemäß, also nicht in Menge, Art, Qualität oder Zeit, geliefert wurde oder wenn benötigte Dokumente fehlen oder Fehler aufweisen. Nach dem UN-Kaufrecht (CISG) ist dies insbesondere dann zulässig, wenn eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt, die den Käufer erheblich beeinträchtigt. Die Verweigerung muss dem Verkäufer unverzüglich angezeigt werden, da ansonsten je nach anwendbarem nationalen Recht oder den Incoterms ein Verlust von Rechten aus der Mängelrüge droht (sog. „Rügeobliegenheit“).