Legal Lexikon

Fluglärm


Definition und Begriff des Fluglärms

Fluglärm bezeichnet Schallimmissionen, die durch den Betrieb von Luftfahrzeugen auf Flughäfen, Flugplätzen und während des Überflugs entstehen. Rechtlich ist Fluglärm als eine Form umweltbezogener Emissionen einzuordnen, die sowohl öffentliche als auch private Interessen tangiert. Die Regulierung von Fluglärm erfolgt durch zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften auf nationaler sowie europäischer Ebene.

Rechtsgrundlagen des Fluglärms

Allgemeine Grundlagen des Immissionsschutzrechts

Fluglärm wird in Deutschland insbesondere durch das Immissionsschutzrecht geregelt. Wesentliche rechtliche Grundlage ist das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz – FluglärmG), ergänzt durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie relevante Verordnungen und Verwaltungsvorschriften.

Das Fluglärmgesetz (FluglärmG)

Das Fluglärmgesetz regelt den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm in der Umgebung von zivilen Flughäfen. Ziel ist, die Auswirkungen von Luftverkehr auf die Bevölkerung in einem möglichst verträglichen Rahmen zu halten. Das Gesetz bestimmt insbesondere die Verpflichtung zur Ausweisung von Lärmschutzbereichen und legt Grenzwerte für Fluglärmemissionen fest.

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

Das BImSchG bildet den allgemeinen Rahmen für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge – hierin eingeschlossen ist auch der Schutz vor Fluglärm.

Europäische Rechtsquellen

Erhebliche Bedeutung kommt den Vorgaben der Europäischen Union zu. Richtlinien wie die Umgebungslärmrichtlinie (2002/49/EG) verpflichten Mitgliedstaaten zur Erstellung von Lärmkarten und Aktionsplänen für Flughäfen, bezogen auf die Belastung durch Fluglärm.

Regelungen zum Schutz vor Fluglärm

Ausweisung von Lärmschutzbereichen

Nach § 2 FluglärmG sind für Verkehrsflughäfen und für militärische Flugplätze Lärmschutzbereiche festzusetzen. Diese Bereiche werden in Schutzzonen unterschiedlicher Intensität unterteilt:

  • Tag-Schutzzonen: Bereiche mit besonders hohen Fluglärmbelastungen tagsüber.
  • Nacht-Schutzzonen: Geltungsbereich für schlafstörende Auswirkungen des Fluglärms in der Nacht.

Lärmgrenzwerte und Berechnungsmethoden

Die Grenzwerte für den zulässigen Fluglärm sind in der 2. Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung (2. FlugLSV) sowie in den zugehörigen Verwaltungsvorschriften festgelegt. Zur Berechnung des Fluglärms wird in Deutschland vor allem das sog. „Energieäquivalente Dauerschallpegel-Verfahren“ verwendet, wobei Mittelungspegel nach Tag und Nacht differenziert werden.

Schallschutzmaßnahmen und Anspruch auf Entschädigung

Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz

Wohngebäude, Schulen, Krankenhäuser und andere schutzwürdige Einrichtungen innerhalb von Lärmschutzbereichen begründen nach Maßgabe des Fluglärmgesetzes einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für bauliche Schallschutzmaßnahmen.

Entschädigung für Wertminderungen

Eigentümer von Grundstücken, die durch Lärmeinwirkungen erheblich beeinträchtigt werden, können unter bestimmten Voraussetzungen einen Entschädigungsanspruch für Wertverluste ihrer Immobilien geltend machen.

Zulässig­keit von Flugbewegungen und Betriebsbeschränkungen

Betriebsbeschränkungen nach dem Fluglärmschutz

Zur Einhaltung von Lärmgrenzwerten sind Flughäfen verpflichtet, betriebliche Maßnahmen zu treffen, etwa:

  • Einschränkungen der Zahl der Starts und Landungen (Slots)
  • Betriebsverbote oder -beschränkungen während der Nacht (Nachtflugverbot)
  • Einsatz lärmarmer Flugzeuge

Betriebsbeschränkungen erfolgen jedoch stets im Ausgleich mit dem Interesse am Luftverkehr und werden auf Grundlage des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) sowie durch europäische Vorschriften regelmäßig überprüft.

Verfahren bei Genehmigung und Änderung von Flugplätzen

Jede wesentliche Änderung eines Flughafens, die zu einer erhöhten Lärmbelastung führen könnte, bedarf einer öffentlich-rechtlichen Planfeststellung. Hierbei sind die Belange des Lärmschutzes nach dem FluglärmG umfassend zu berücksichtigen.

Rechtsschutzmöglichkeiten bei Fluglärmbelastungen

Widerspruchs- und Klageverfahren

Personen, die sich durch Fluglärm beschwert sehen, können Maßnahmen des Verwaltungshandelns – wie beispielsweise Planfeststellungen oder den Erlass von Betriebsregelungen – durch Widerspruch und, falls erforderlich, durch Klage vor den Verwaltungsgerichten angreifen.

Nachbarrechtliche Abwehransprüche

Unabhängig von behördlichen Verfahren können benachbarte Grundstückseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen zivilrechtliche Abwehransprüche (nach § 906 BGB) gegenüber dem Betreiber eines Flugplatzes geltend machen, soweit die Immissionen nicht als ortsüblich oder zumutbar anzusehen sind.

Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Rahmen von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren sind Betroffene und die Öffentlichkeit regelmäßig einzubeziehen. Hierdurch wird ermöglicht, etwaige Bedenken und Anregungen bezüglich des Fluglärms ggf. bereits im Vorfeld neuer oder veränderter Flugrouten sowie Betriebsverfahren zur Sprache zu bringen.

Entwicklung und Kontrolle der Lärmemissionen

Lärmüberwachung und Berichtspflichten

Die Betreiber von Flughäfen sind zu kontinuierlichen Lärmmessungen und Überwachungsmaßnahmen verpflichtet. Die Ergebnisse werden den Behörden sowie ggf. der Öffentlichkeit regelmäßig zur Verfügung gestellt.

Aktuelle Entwicklungen im Fluglärmschutz

Im Zuge technischer Innovationen, wie der Entwicklung lärmarmer Anflugverfahren oder effizienterer Flugzeugtypen, werden die gesetzlichen Regelungen und Grenzwerte fortlaufend überprüft und angepasst. Ebenfalls unterliegen internationale Vorgaben der ICAO (International Civil Aviation Organization) einer regelmäßigen Weiterentwicklung, um den Schutz vor Fluglärm im Rahmen des globalen Luftverkehrs zu gewährleisten.

Zusammenfassung

Fluglärm ist eine rechtlich differenziert geregelte Umwelteinwirkung, die zahlreiche Facetten des öffentlichen und privaten Rechts berührt. Aufgrund der Wechselbeziehung zwischen wirtschaftlichen Interessen am Luftverkehr und dem Schutz der Bevölkerung vor schädlichen Geräuschimmissionen existiert ein detailliertes System aus gesetzlichen Vorschriften, Verwaltungsverfahren und Rechtsschutzmöglichkeiten, die den Umgang mit Fluglärm im Sinne eines umfassenden Interessenausgleichs bestimmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Anwohner gegen Fluglärm?

Anwohner, die sich durch Fluglärm beeinträchtigt fühlen, haben in Deutschland verschiedene rechtliche Möglichkeiten, gegen diesen vorzugehen. Maßgeblich ist zunächst das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), insbesondere die Vorschriften zum Schutz gegen Fluglärm und zum passiven Schallschutz in den nach dem Fluglärmgesetz ausgewiesenen Lärmschutzbereichen (§ 2 ff. FluglärmG). Anwohner können im Einzelfall Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den Ausbau oder Neubau von Flughäfen einreichen, indem sie eine Anfechtungsklage oder Leistungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Voraussetzung für eine erfolgreiche Klage ist unter anderem, dass die Betroffenen in ihren Rechten, insbesondere dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), verletzt werden. Weiterhin steht Anwohnern im Rahmen des Immissionsschutzrechts der Weg offen, falls der Fluglärm als schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) eingestuft wird. In diesen Fällen kann eine Beschwerde bei der zuständigen Immissionsschutzbehörde eingelegt werden. Schließlich sieht das Fluglärmgesetz in bestimmten Fällen einen Anspruch auf bauliche Schallschutzmaßnahmen oder einen finanziellen Ausgleich für erhebliche Wertminderungen von Grundstücken vor. Klagen auf Entschädigung oder Schallschutzmaßnahmen sind zivilrechtlich möglich, sofern nachgewiesen wird, dass die Belastung einen unzumutbaren Grad überschreitet.

Welche gesetzlichen Grenzwerte gelten für Fluglärm?

Die gesetzlichen Grenzwerte für Fluglärm ergeben sich in Deutschland insbesondere aus dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluglärmG) sowie aus den zugehörigen Rechtsverordnungen, wie der 2. FlugLSV (Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm). Diese Regelungen bestimmen je nach Art des Gebiets (z. B. Wohn-, Misch-, Gewerbegebiet) und je nach Tages- oder Nachtzeit differenzierte Immissionsgrenzwerte, die in Form von Dauerschallpegeln (L_Aeq) festgelegt sind. So sind für tagsüber im Allgemeinen Werte von beispielsweise 55 dB(A) für Wohngebiete maßgeblich, während nachts wesentlich strengere Werte gelten, wie zum Beispiel 45 dB(A). Überschreiten die gemessenen oder prognostizierten Werte diese Grenzwerte dauerhaft, bestehen Anspruchsmöglichkeiten auf Schallschutzmaßnahmen an den betroffenen Gebäuden. Die Einhaltung und Kontrolle dieser Grenzwerte obliegt den zuständigen Landes- und Bundesbehörden. Zusätzlich stellen regionale Planfeststellungsbeschlüsse für einzelne Flughäfen oft verschärfte oder individuell angepasste Grenzwerte auf, die auch Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen sein können.

Wann besteht ein Anspruch auf baulichen Schallschutz?

Ein Anspruch auf baulichen Schallschutz besteht für Grundstückseigentümer und sonstige dinglich Berechtigte dann, wenn sich das betreffende Grundstück im festgelegten Lärmschutzbereich eines Flughafens befindet und die festgesetzten Immissionswerte für Fluglärm überschritten werden. Der Umfang und die Art der Schallschutzmaßnahmen richten sich nach den detaillierten Vorgaben des Fluglärmgesetzes und der dazugehörigen Verordnungen. Zu den typischen Maßnahmen zählen der Einbau von Schallschutzfenstern, Lüftungseinrichtungen und gegebenenfalls zusätzliche bauliche Veränderungen an Gebäuden, die den Aufenthalt von Menschen ermöglichen (wie etwa Wohnhäuser, Schulen oder Krankenhäuser). Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruchs ist ein Antrag bei der zuständigen Behörde oder beim Flughafenträger, meist gestützt auf ein entsprechendes Gutachten. In besonders schwerwiegenden Fällen kann zudem ein Anspruch auf Entschädigung für Wertminderungen des Grundstücks entstehen. Die Ansprüche sind jedoch grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das Gebäude bereits vor Inkrafttreten der Schutzvorschriften bestand und der Fluglärm damals als zumutbar galt.

Welche Rolle spielen Planfeststellungsverfahren beim Schutz vor Fluglärm?

Das Planfeststellungsverfahren ist das zentrale Verwaltungsverfahren zur Genehmigung des Neubaus oder Ausbaus von Flughäfen und Flugplätzen. Im Rahmen dieses Verfahrens werden alle von einem Ausbau betroffenen öffentlichen und privaten Belange, insbesondere der Schutz vor Fluglärm, geprüft und abgewogen. Die betroffenen Anwohner haben das Recht auf Beteiligung, indem sie Einwendungen gegen das Vorhaben erheben können. Ziel des Verfahrens ist ein rechtssicherer Planfeststellungsbeschluss, der Bedingungen und Auflagen zum Lärmschutz enthalten muss – etwa Betriebsbeschränkungen, Betriebszeiten oder Schallschutzauflagen. Dieser Beschluss ist auch Grundlage gerichtlicher Überprüfungen; Anwohner können gegen ihn Klage erheben, soweit sie sich in ihren Rechten verletzt sehen. Die Planfeststellungsbehörde muss dabei stets das Abwägungsgebot des § 17 LuftVG beachten, was bedeutet, dass der Schutz vor Gesundheitsgefahren und erheblicher Belästigung durch Fluglärm besonderen Stellenwert hat.

Können Nachtflüge rechtlich eingeschränkt werden?

Ja, Nachtflüge unterliegen strengen rechtlichen Beschränkungen, die maßgeblich dem Schutz der Nachtruhe und der Gesundheit der Bevölkerung dienen. In Deutschland regelt das Fluglärmgesetz zusammen mit der jeweiligen Betriebsgenehmigung eines Flughafens, ob und in welchem Umfang Nachtflüge zulässig sind. Die zuständige Genehmigungsbehörde – häufig das Verkehrsministerium des Bundes oder des Landes – kann für den Zeitrahmen von 22 bis 6 Uhr (Nachtzeit im rechtlichen Sinn) grundsätzliche Start- und Landeverbote oder -beschränkungen erlassen. Ausnahmen sind nur in besonders begründeten Einzelfällen möglich, etwa bei medizinischen Notflügen, Staatsflügen oder zur Aufrechterhaltung besonderer Verkehrsinteressen. Rechtlich überprüfbar sind diese Beschränkungen im Rahmen von Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse oder Betriebsgenehmigungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach bestätigt, dass dem Schutz der Nachtruhe unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) ein besonders hoher Rang zukommt und Betriebszeitenbeschränkungen regelmäßig rechtmäßig sind, sofern diese verhältnismäßig ausgestaltet wurden.

Gibt es Entschädigungsansprüche bei Wertminderung von Grundstücken durch Fluglärm?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen sieht das deutsche Recht Entschädigungsansprüche für Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte von Grundstücken vor, deren Wert infolge von Fluglärm erheblich gemindert wird. Solche Ansprüche ergeben sich insbesondere aus dem § 9 FluglärmG und können immer dann geltend gemacht werden, wenn der Verkehrswert eines Grundstücks durch neu entstehenden oder wesentlich verstärkten Fluglärm in den förmlich festgesetzten Lärmschutzbereichen erheblich beeinträchtigt wird und keine baulichen Schutzmaßnahmen möglich oder ausreichend sind. Die Entschädigung bemisst sich in der Regel nach dem Unterschied zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks vor und nach der Zunahme des Fluglärms. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist, dass der Betroffene innerhalb der gesetzlichen Frist einen Antrag auf Entschädigung stellt und der Nachweis der kausalen Wertminderung erbracht wird. In besonders gelagerten Fällen können auch Schadenersatzansprüche aufgrund enteignungsgleichen Eingriffs aus Art. 14 GG geprüft werden.

Wie werden Flugrouten und deren Änderung rechtlich geregelt?

Die Festlegung und Änderung von Flugrouten (An- und Abflugverfahren) in Deutschland erfolgt durch die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) im Einvernehmen mit dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). Die rechtliche Grundlage hierfür bilden das Luftverkehrsgesetz und die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO). Änderungen an bestehenden Flugrouten sind verwaltungsrechtliche Maßnahmen und unterliegen keiner umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung wie ein Planfeststellungsverfahren, können aber in Einzelfällen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, wenn erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Lärmschutz, zu erwarten sind. Betroffene Bürger oder Gemeinden können nach Bekanntgabe einer geänderten Flugroute Einwendungen oder Beschwerden beim BAF geltend machen und in bestimmten Fällen eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung anstrengen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass gesundheitliche Belange der Bevölkerung bei der Festlegung von Flugrouten berücksichtigt werden müssen. Die Rechtmäßigkeit von Routenänderungen hängt unter anderem davon ab, ob das Abwägungsgebot und bestehende Lärmschutzvorschriften eingehalten wurden.