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Fiskalvertreter


Begriff und rechtliche Einordnung des Fiskalvertreters

Der Fiskalvertreter ist eine rechtliche Institution mit besonderer Bedeutung im Steuerrecht, vor allem im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr. Seine Aufgabe besteht darin, für ausländische Unternehmen in bestimmten steuerlichen Angelegenheiten, insbesondere im Bereich der Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer), als Vertreter gegenüber den Finanzbehörden eines Staates aufzutreten. Das Konzept des Fiskalvertreters ist in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Staaten etabliert und dient insbesondere der Erleichterung des internationalen Geschäftsverkehrs sowie der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Erhebung und Abführung der jeweiligen Steuern.

Rechtsgrundlagen des Fiskalvertreters

Nationales Recht

In Deutschland sind die zentralen Vorschriften zur Fiskalvertretung im Umsatzsteuergesetz (UStG) verankert, insbesondere in § 22a UStG. Die nationale Gesetzgebung präzisiert die besonderen Anforderungen, Pflichten und Rechte des Fiskalvertreters im Verhältnis zu den deutschen Finanzbehörden und den von ihm vertretenen ausländischen Unternehmen.

Europarechtliche Vorgaben

Das Konzept des Fiskalvertreters ist maßgeblich durch die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie der Europäischen Union (RL 2006/112/EG) geprägt. Diese gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Bestellung von Fiskalvertretern für nicht im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Unternehmen vorzuschreiben oder zu gestatten. Zielsetzung ist insbesondere die Sicherstellung der steuerlichen Erfassung und die Minimierung des Steuerrisikos in grenzüberschreitenden Sachverhalten.

Internationale Regelungen

Auch außerhalb der Europäischen Union kennen zahlreiche Staaten das Instrument des Fiskalvertreters, etwa im Bereich der Umsatz- oder Mehrwertsteuer. Die Anforderungen und der Umfang der Fiskalvertretung sind dabei meist durch nationale steuerrechtliche Vorschriften geregelt und unterscheiden sich teils erheblich bezüglich Pflichten, Haftung und Verantwortlichkeit des Fiskalvertreters.

Funktionen und Aufgaben des Fiskalvertreters

Vertretung bei der steuerlichen Registrierung

Zu den wichtigsten Aufgaben des Fiskalvertreters zählt die Unterstützung ausländischer Unternehmen bei der steuerlichen Registrierung im jeweiligen Land. Der Fiskalvertreter übernimmt häufig auch den Kontakt zu den örtlichen Finanzbehörden und sorgt für die Einhaltung der für das vertretene Unternehmen geltenden steuerlichen Pflichten.

Abgabe und Übermittlung von Steuererklärungen

Der Fiskalvertreter ist in der Regel verpflichtet, für das von ihm vertretene Unternehmen sämtliche Umsatzsteuererklärungen, Voranmeldungen und zusammenfassende Meldungen fristgerecht und ordnungsgemäß bei den Steuerbehörden einzureichen.

Abführung der Steuern

Eine zentrale Aufgabe ist die ordnungsgemäße Anmeldung und Abführung der jeweiligen Steuerschuld. Der Fiskalvertreter sorgt dafür, dass die dem Fiskus zustehenden Steuern zum Fälligkeitstermin überwiesen werden und die steuerlichen Verpflichtungen pünktlich erfüllt werden.

Voraussetzungen für die Bestellung eines Fiskalvertreters

Bestellungspflicht und Wahlrecht

Nicht in allen Staaten besteht eine generelle Pflicht zur Bestellung eines Fiskalvertreters. Die Verpflichtung hängt meist davon ab, ob das ausländische Unternehmen seinen Sitz innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union hat und in welchem Umfang es steuerpflichtige Umsätze in dem betreffenden Staat tätigt.

Zulassungsvoraussetzungen

Die gesetzlichen Anforderungen für die Zulassung als Fiskalvertreter sind unterschiedlich ausgestaltet. In Deutschland etwa sind Steuerberater und andere bestimmte Dienstleister berechtigt, als Fiskalvertreter tätig zu werden, sofern sie die gesetzlichen und berufsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Der Fiskalvertreter muss dabei in der Regel über einen inländischen Geschäftssitz verfügen und gegenüber den Finanzbehörden hinreichende Zuverlässigkeit und fachliche Qualifikation nachweisen.

Verpflichtende Haftung und Sicherheiten

Oftmals sieht das Gesetz vor, dass der Fiskalvertreter auch für die ordnungsgemäße Erfüllung steuerlicher Pflichten haftet. Zum Schutz der Finanzbehörden kann in bestimmten Fällen auch das Erbringen von Sicherheiten, etwa in Form von Kautionen oder Bürgschaften, vorgeschrieben sein.

Rechte und Pflichten des Fiskalvertreters

Handlungs- und Empfangsvollmacht

Der Fiskalvertreter ist typischerweise mit einer umfassenden Handlungs- und Empfangsvollmacht gegenüber den Steuerbehörden ausgestattet. Er tritt im eigenen Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens auf und ist berechtigt, alle im Zusammenhang mit der Umsatzbesteuerung erforderlichen Handlungen vorzunehmen.

Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten

Zu den wesentlichen Pflichten gehört die ordnungsgemäße Führung und Aufbewahrung aller steuerlich relevanten Aufzeichnungen und Unterlagen. Außerdem ist der Fiskalvertreter verpflichtet, den Steuerbehörden im Rahmen von Prüfungen oder Anfragen umfassend Auskunft zu erteilen und die Mitwirkung des vertretenen Unternehmens sicherzustellen.

Haftung für Steuerschulden

Die Haftungsregelungen für den Fiskalvertreter variieren je nach nationaler Gesetzgebung. Häufig haftet der Fiskalvertreter gesamtschuldnerisch für die vom ausländischen Unternehmer geschuldeten Steuern sowie für etwaige Versäumniszuschläge und Zinsen, wenn und soweit diese nicht rechtzeitig abgeführt werden.

Beendigung und Wechsel der Fiskalvertretung

Gründe für die Beendigung

Die Fiskalvertretung kann enden durch Zeitablauf, Kündigung, Widerruf der Bestellung durch die zuständige Behörde oder wegen Wegfalls der Notwendigkeit der Fiskalvertretung. Insbesondere ein Verstoß gegen steuerliche Verpflichtungen kann einen Widerruf der Bestellung zur Folge haben.

Folgen der Beendigung

Mit Beendigung der Fiskalvertretung erlöschen die Vollmachten und Rechte des Fiskalvertreters. Etwaige steuerliche Nachhaftungen richten sich nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Das vertretene Unternehmen ist verpflichtet, unverzüglich einen neuen Fiskalvertreter zu benennen oder die steuerlichen Verpflichtungen künftig selbst wahrzunehmen, sofern dies zulässig ist.

Bedeutung des Fiskalvertreters im internationalen Geschäftsverkehr

Der Fiskalvertreter fördert die Rechtssicherheit für ausländische Unternehmen, indem er eine effiziente Schnittstelle zwischen Unternehmen und Finanzbehörden schafft. Im Binnenmarkt der Europäischen Union trägt die Fiskalvertretung wesentlich zur reibungslosen Abwicklung des grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehrs bei und stellt die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften sicher.

Literaturhinweise und weiterführende Rechtsquellen

  • Umsatzsteuergesetz (UStG) – insbesondere §§ 22a, 18
  • Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
  • Kommentierungen zu internationalen Umsatzsteuerfragen
  • Informationsschreiben der jeweiligen nationalen Finanzbehörden zur Fiskalvertretung

Diese umfangreiche Darstellung des Begriffs Fiskalvertreter verdeutlicht die zentrale und vielschichtige Rolle der Fiskalvertretung in der nationalen und internationalen Steuerpraxis sowie deren rechtliche Einbettung in die jeweiligen Steuersysteme.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet im Falle von Fehlern oder Verstößen des Fiskalvertreters gegenüber den Finanzbehörden?

Im rechtlichen Kontext ist zu beachten, dass die Haftung des Fiskalvertreters grundsätzlich einer strengen gesetzlichen Regelung unterliegt. Der Fiskalvertreter handelt im Namen und auf Rechnung des vertretenen ausländischen Unternehmens, wobei er für die ordnungsgemäße Erfüllung sämtlicher steuerlicher Pflichten verantwortlich ist, die sich aus der Fiskalvertretung ergeben. Kommt es zu Fehlern, Verstößen oder Unterlassungen, wie beispielsweise verspäteten oder fehlerhaften Umsatzsteuermeldungen, Unterlassung der Abgabe von Steuererklärungen oder Nichtabführung der fälligen Steuern, so kann der Fiskalvertreter neben dem vertretenen Unternehmen persönlich und gesamtschuldnerisch gegenüber den Finanzbehörden haften. Diese Haftung kann auch zivilrechtliche Folgen haben, etwa Regressansprüche des vertretenen Unternehmens gegen den Fiskalvertreter, wenn dieser schuldhaft gehandelt hat. In vielen Ländern ist zudem gesetzlich vorgeschrieben, dass Fiskalvertreter eine Sicherheit leisten oder eine spezielle Versicherung abschließen müssen, um mögliche Haftungsrisiken abzudecken und die Interessen des Fiskus zu schützen.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Fiskalvertreter vom Finanzamt abberufen werden?

Die Abberufung eines Fiskalvertreters durch die zuständigen Finanzbehörden ist rechtlich in mehreren Vorschriften geregelt. Sie kann erfolgen, wenn der Fiskalvertreter seinen gesetzlichen Pflichten nachhaltig nicht nachkommt, beispielsweise bei wiederholter oder grober Pflichtverletzung, bei nachgewiesenem Fehlverhalten oder gar bei Verdacht auf Steuerhinterziehung. Auch bei Verlust der Zuverlässigkeit, wie sie für die Zulassung als Fiskalvertreter gefordert wird, etwa durch Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz, kann eine Abberufung erfolgen. Die Finanzbehörden besitzen hierbei ein Ermessen, das sie im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ausüben. Weiterhin kann der Fiskalvertreter auf eigenen Wunsch abberufen werden, dies bedarf jedoch einer geordneten Übertragung der Verantwortlichkeiten, sodass steuerliche Pflichten weiterhin erfüllt werden. Im Falle der Abberufung muss das ausländische Unternehmen unverzüglich einen neuen Fiskalvertreter benennen, sofern es in dem betreffenden Steuergebiet steuerpflichtig bleibt.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für das vertretene Unternehmen gegenüber dem Fiskalvertreter?

Im Rahmen der Fiskalvertretung ist das vertretene Unternehmen gesetzlich verpflichtet, sämtliche zur Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen erforderlichen Informationen, Unterlagen und Daten vollständig, fristgerecht und wahrheitsgemäß an den Fiskalvertreter zu übermitteln. Dazu zählen insbesondere alle Belege über Ein- und Ausgänge von Waren, Rechnungen, Verträge und Nachweise, die für die ordnungsgemäße Umsatzsteuerdeklaration notwendig sind. Außerdem hat das Unternehmen etwaige Veränderungen, die Auswirkungen auf die steuerliche Registrierung oder Pflichtenerfüllung haben, unverzüglich mitzuteilen. Das Unternehmen trägt bei Verletzung dieser Mitwirkungspflichten ein erhebliches eigenes Risiko, da sich nicht nur Nachzahlungsansprüche und Bußgelder, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben können. Der Fiskalvertreter ist berechtigt, die Erfüllung seiner Aufgaben zu verweigern, solange die notwendigen Informationen nicht zur Verfügung stehen; in der Praxis sollte die Kommunikation lückenlos dokumentiert werden.

Gibt es Einschränkungen bezüglich der Person des Fiskalvertreters?

Die Bestellung eines Fiskalvertreters unterliegt rechtlich klaren Anforderungen an dessen persönliche und fachliche Qualifikation. Fiskalvertreter dürfen in der Regel nur natürliche oder juristische Personen mit Sitz oder Wohnsitz im betreffenden Steuergebiet sein; oftmals ist zusätzlich ein Nachweis der steuerlichen Zuverlässigkeit erforderlich. In Deutschland beispielsweise muss der Fiskalvertreter nachweislich zuverlässig und wirtschaftlich leistungsfähig sein, dies wird durch eine Prüfung der Vorstrafenfreiheit sowie die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Finanzbehörden belegt. Bestimmte Berufsgruppen, wie Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder speziell zugelassene Firmen, sind häufig besonders geeignet, weil sie bereits beruflich mit der Materie vertraut sind. In vielen Rechtsordnungen dürfen Mitarbeiter oder Beauftragte des vertretenen Unternehmens nicht zugleich als Fiskalvertreter fungieren, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Welche steuerlichen Pflichten übernimmt der Fiskalvertreter im Namen des vertretenen Unternehmens?

Aus rechtlicher Sicht ist der Fiskalvertreter für sämtliche umsatzsteuerlichen Pflichten des inländisch nicht ansässigen Unternehmens verantwortlich. Dies umfasst insbesondere die Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer, die monatliche oder quartalsweise Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen, die Erstellung und Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung, die Führung und Aufbewahrung ordnungsgemäßer Aufzeichnungen und Unterlagen sowie die Mitwirkung bei steuerlichen Prüfungen. Er ist in allen steuerlichen Angelegenheiten der Ansprechpartner gegenüber den Finanzbehörden und kann rechtsverbindliche Erklärungen abgeben. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, können gegenüber dem Fiskalvertreter ebenso steuerliche Nachforderungen, Säumniszuschläge und unter Umständen auch strafrechtliche Sanktionen verhängt werden. Verpflichtet ist er zudem, die Einhaltung aller einschlägigen Form- und Verfahrensvorschriften sicherzustellen.

Welche möglichen Folgen hat eine unrechtmäßige Fiskalvertretung?

Eine unrechtmäßige Fiskalvertretung, etwa ohne die notwendige Zulassung, Registrierung oder bei fehlender persönlicher Eignung, stellt einen Verstoß gegen steuer- und zivilrechtliche Vorschriften dar. In solchen Fällen können die Finanzbehörden sämtliche von dem Fiskalvertreter abgegebenen Steuererklärungen und getroffenen Handlungen als unwirksam zurückweisen. Dies kann dazu führen, dass das ausländische Unternehmen steuerlich als nicht registriert gilt und die steuerlichen Verpflichtungen als nicht erfüllt betrachtet werden. Mögliche Folgen sind Steuerschulden, Verspätungszuschläge, Bußgelder sowie ein Entzug jeglicher möglicher steuerlicher Vergünstigungen. Zudem kann gegen den unberechtigten Fiskalvertreter ein Ordnungswidrigkeitsverfahren oder gar ein Steuerstrafverfahren eingeleitet werden. Sowohl das vertretene Unternehmen als auch der unrechtmäßige Fiskalvertreter müssen in diesen Fällen mit erheblichen finanziellen und rechtlichen Nachteilen rechnen.