Begriff und rechtliche Definition der Fischwilderei
Fischwilderei bezeichnet das unerlaubte Fangen, Töten oder Aneignen von Fischen, Krebsen und anderen Wassertieren aus öffentlichen oder privaten Gewässern. Der Begriff entstammt dem Bereich der Wilderei und stellt einen Verstoß gegen geltende fischerei-, naturschutz- und wasserrechtliche Vorschriften dar. In Deutschland ist Fischwilderei strafrechtlich und ordnungsrechtlich geregelt. Sie ist von regulären Fischereihandlungen zu unterscheiden, für die eine entsprechende Erlaubnis oder Berechtigung notwendig ist.
Rechtliche Grundlagen
Strafrechtliche Regelung in Deutschland
Die maßgebliche strafrechtliche Norm zur Fischwilderei findet sich in § 293 des Strafgesetzbuches (StGB). Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer in einem fremden oder öffentlichen Gewässer Fische oder sonstige Wassertiere vorsätzlich und ohne entsprechende Befugnis fischt, fängt oder sich aneignet.
Wortlaut des § 293 StGB:
„Wer unter Verletzung fremden Fischereirechts oder Fischereiausübungsrechts fischt oder Fische entnimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Tatbestandsmerkmale:
- Verletzung eines fremden Fischereirechts oder Fischereiausübungsrechts
- Fischfang oder Entnahme von Fischen (auch sonstigen Wassertieren, z.B. Flusskrebse)
- Vorsatz des Handelnden
Abgrenzung zu anderen Delikten
Fischwilderei grenzt sich strafrechtlich von anderen Delikten ab, insbesondere:
- Diebstahl (§ 242 StGB): Komplette Aneignung von Fischen aus fremdem Gewässer, insbesondere bei privatem Gewässer. Speziell bei Fischzuchten oder Aquakulturen wird auch der Diebstahlstatbestand geprüft.
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB): Bei Zerstörung von Fischbrut oder Fischereianlagen.
- Umweltstraftaten (§ 324 ff. StGB): Einsatz verbotener Fangmethoden, z. B. mit Giftstoffen oder Sprengmitteln.
Voraussetzungen der Strafbarkeit
Erlaubnis und Fischereirecht
Das inländische Fischereirecht unterscheidet zwischen dem Fischereirecht und dem Fischereiausübungsrecht:
- Fischereirecht: Verfügbarkeit über den Fischbestand im jeweiligen Gewässer, häufig an das Grundeigentum gekoppelt.
- Fischereiausübungsrecht: Berechtigung, im Rahmen gesetzlicher und behördlicher Vorschriften tatsächlich zu fischen.
Eine Strafbarkeit setzt voraus, dass gegen das Fischereirecht oder das Ausübungsrecht einer fremden Partei verstoßen wird. Fehlt die erforderliche Genehmigung (wie Fischereischein, Erlaubnisschein oder Pachtvertrag), liegt in der Regel eine rechtswidrige Handlung vor.
Vorsatz
Fischwilderei ist ein Vorsatzdelikt. Der Täter muss bewusst und gewollt ohne Erlaubnis handeln.
Tatobjekt
Das Gesetz erfasst Fische, aber auch Krebse und andere im Wasser lebende Tiere, die unter Fischereirecht fallen (z. B. Muscheln oder ggf. Amphibien).
Mögliche Straf- und Bußgeldfolgen
Strafrechtliche Konsequenzen
Die Sanktionen des § 293 StGB reichen von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen (etwa bandenmäßige Fischwilderei oder gewerbsmäßiges Vorgehen) kann eine Strafschärfung erfolgen.
Ordnungswidrigkeiten
Neben der Strafbarkeit können Verstöße auch als Ordnungswidrigkeiten nach den jeweiligen Landesfischereigesetzen geahndet werden. Typische Sanktionen sind hier Bußgelder bis zu mehreren tausend Euro.
Landesrechtliche und fischereirechtliche Bestimmungen
Die einzelnen Bundesländer erlassen im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz spezifische Fischereigesetze. Darin sind neben möglichen Bußgeldern auch Regelungen über Fangverbote, Fangzeiten, Geräteeinsatz und Artenschutz enthalten. In einigen Fällen kann die unerlaubte Ausübung der Fischerei als besonders schwerwiegend eingestuft und mit erhöhten Bußgeldern oder sogar dem Entzug der Angelerlaubnis geahndet werden.
Internationale und Europäische Regelungen
Auch grenzüberschreitende Fischwilderei wird verfolgt: Unter bestimmten Voraussetzungen können internationale Abkommen greifen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes bedrohter Arten (zum Beispiel nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen – CITES). Darüber hinaus existieren innerhalb der Europäischen Union zahlreiche Richtlinien zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der Fischbestände.
Ermittlungs- und Verfahrenspraxis
Anzeige und Strafverfolgung
Fischwilderei wird überwiegend durch Anzeige der Fischereiberechtigten oder von Fischereiaufsichten aufgedeckt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und entscheidet über das weitere Vorgehen. Oftmals werden auch Ausrüstungsgegenstände und Fischereierträge eingezogen (§ 74 StGB).
Belehrung und Rechte des Beschuldigten
Betroffene haben Anspruch auf Verfahrensrechte wie das Recht auf Aussageverweigerung und das Recht auf Verteidigung.
Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung
Zur Verhinderung von Fischwilderei kommen unterschiedliche Maßnahmen zum Einsatz, darunter:
- Fischereiaufsicht mit Kontrollbefugnissen
- Kontrolle des Fischereischeins und der Erlaubnisscheine
- Einsatz von Fangbuch und Eintragungspflichten
- Überwachung von Gewässern, insbesondere in Schutzgebieten
Unterscheidung: Sportfischerei und Wilderei
Der Unterschied zwischen legaler Sportfischerei und Fischwilderei liegt insbesondere im Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen und in der Einhaltung der Schutzvorschriften. Fehlt eine gültige Erlaubnis und/oder werden gesetzliche Vorgaben (z. B. Mindestmaße, Schonzeiten) missachtet, kann der Übergang zur strafbaren Handlung erfolgen.
Überblick über die Rechtsfolgen und Schutzgüter
Fischwilderei stellt ein Schutzdelikt zugunsten des Fischereiberechtigten sowie des öffentlichen Interesses am Erhalt und Schutz der natürlichen Wasserwelt dar. Die Verfolgung dient nicht nur dem individuellen Schutz des Eigentums, sondern auch dem Ressourcenschutz und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Gewässer.
Zusammenfassung:
Fischwilderei ist das unbefugte Fangen oder Aneignen von Fischen und anderen Wassertieren in Gewässern unter Verletzung fremden Fischereirechts. Die Täterschaft kann strafrechtliche und/oder ordnungswidrige Folgen nach sich ziehen. Die Regelungen und Sanktionen sind im Strafgesetzbuch, Landesfischereigesetzen und einschlägigen EU- sowie internationalen Vorschriften verankert und gewährleisten so den Schutz der Fischbestände sowie die nachhaltige Nutzung der Gewässerressourcen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen bei Fischwilderei in Deutschland?
Fischwilderei stellt in Deutschland eine Straftat nach § 293 Strafgesetzbuch (StGB) dar. Wer vorsätzlich ohne Erlaubnis oder unter Verstoß gegen fischereirechtliche Bestimmungen fischt, kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die Höhe der Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa dem Ausmaß des Schadens, der verwendeten Fangmethoden (z. B. Netze, Reusen, Gift, Sprengstoffe), der Menge der entnommenen Fische und der Wiederholungstat. Bei besonders schwerwiegenden Fällen, etwa bei organisierter Wilderei oder erheblichen ökologischen Schäden, können die Strafen entsprechend höher ausfallen. Neben der eigentlichen Strafe drohen zudem Nebenstrafen, wie der Entzug des Fischereischeins sowie die Einziehung von Fanggerät oder Fahrzeugen. Außerdem können zivilrechtliche Schadensersatzforderungen von den berechtigten Fischereiausübenden, wie beispielsweise Fischereivereinen oder Fischereiberechtigten, geltend gemacht werden.
Darf ein Fischereiaufseher bei Verdacht auf Fischwilderei eine Person durchsuchen?
Fischereiaufseher haben nach den jeweiligen Fischereigesetzen der Bundesländer bestimmte Kontrollbefugnisse. In der Regel dürfen sie Personen anhalten, kontrollieren und zur Mitwirkung bei Feststellungen auffordern. Sie dürfen Fanggeräte und die mitgeführten Behältnisse in Augenschein nehmen, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Jedoch ist eine körperliche Durchsuchung einer Person in der Regel nicht zulässig, da diese ausschließlich der Polizei vorbehalten ist. Die Aufseher haben allerdings die Möglichkeit, im Falle eines dringenden Verdachts auf eine Straftat die Polizei hinzuzuziehen und Personen bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten (§ 127 Abs. 1 StPO, Jedermannsrecht der vorläufigen Festnahme).
Wie verhält es sich mit der Verfolgung von Fischwilderei auf privaten und öffentlichen Gewässern?
Die rechtliche Verfolgung der Fischwilderei unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen privaten oder öffentlichen Gewässern. Entscheidend ist, ob eine Person unberechtigt fischt, das heißt, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Erlaubnis des Fischereiberechtigten. In beiden Fällen liegt bei vorsätzlichem Handeln eine Straftat gemäß § 293 StGB vor. Zusätzlich können landesfischereirechtliche Ordnungswidrigkeiten greifen, zum Beispiel bei Verstößen gegen Schonzeiten oder Fangbeschränkungen. Die Behörden, zumeist die Unteren Fischereibehörden, sind für die Verfolgung zuständig, unterstützen von Polizei und Fischereiaufsehern. Private Fischereiberechtigte sind zudem befugt, Strafanzeige zu stellen.
Kann bereits der Versuch der Fischwilderei strafbar sein?
Ja, der Versuch der Fischwilderei ist nach deutschem Recht bereits strafbar. Das Strafgesetzbuch (§ 293 Abs. 2 StGB) erfasst nicht nur die vollendete Tat, sondern auch den Versuch. Wer also konkrete vorbereitende Handlungen vornimmt, wie zum Beispiel das Ausbringen von Netzen oder das Angeln ohne Erlaubnis, macht sich schon strafbar, auch wenn letztlich kein Fisch gefangen oder entnommen wird. Hierbei ist ausschlaggebend, dass die Handlung nach der Vorstellung des Täters unmittelbar zur Ausführung der Wilderei führen soll.
Können Minderjährige für Fischwilderei belangt werden?
Minderjährige sind bei strafbarem Verhalten nach Maßgabe des Jugendstrafrechts (§§ 1 ff. JGG) zur Verantwortung zu ziehen. Kinder unter 14 Jahren sind nach § 19 StGB jedoch grundsätzlich strafunmündig und können somit nicht strafrechtlich verfolgt werden. Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren sowie Heranwachsende bis zum 21. Lebensjahr unterliegen dem Jugendgerichtsgesetz, welches vorrangig erzieherische Maßnahmen und Sanktionen vorsieht. Zudem können auch Erziehungsberechtigte im Rahmen der Aufsichtspflicht (zivilrechtlich) belangt werden, falls sie ihre Überwachungspflichten grob verletzen.
Was geschieht mit illegal gefangenen Fischen und beschlagnahmten Fanggeräten?
Im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Fischwilderei kann die Polizei oder die Fischereibehörde die illegal gefangenen Fische und die verwendeten Fanggeräte sicherstellen beziehungsweise beschlagnahmen. Nach § 74 StGB kann das zuständige Gericht die Einziehung dieser Tatmittel anordnen, wenn sie zur Begehung der Straftat verwendet wurden. Die Fische werden in der Regel, sofern sie noch lebensfähig sind, wieder ins Gewässer zurückgesetzt, andernfalls entsorgt. Fanggeräte und gegebenenfalls auch Fahrzeuge, Boote oder andere Hilfsmittel können dauerhaft eingezogen werden, um strafbares Verhalten künftig zu unterbinden.
Welche Rolle spielen Zeugen und Beweisführung bei der Verfolgung von Fischwilderei?
Die Verfolgung von Fischwilderei beruht maßgeblich auf einer sorgfältigen Beweisführung. Augenzeugen, insbesondere Fischereiaufseher, Anwohner oder andere Angler, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie können durch detaillierte Aussagen zum Tathergang, zu verdächtigen Personen und verwendeten Fangmethoden beitragen. Ebenso gehören Fotos, Videos, sichergestellte Fanggeräte und die Dokumentation der festgestellten Fischentnahme zu den Beweismitteln. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Beweise für eine Anklage reichen. Auch private Fischereiberechtigte können als Anzeigeerstatter oder Zeugen einen erheblichen Beitrag zur Aufklärung der Straftat leisten.