Begriff und Definition der Fischwilderei
Als Fischwilderei wird die unerlaubte Entnahme von Fischen und anderen aquatischen Lebewesen aus privaten oder öffentlichen Gewässern bezeichnet. Der Begriff umfasst sämtliche Handlungen, bei denen ohne die erforderliche Erlaubnis, unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften oder durch den Einsatz verbotener Mittel Fische gefangen, getötet oder sich angeeignet werden. Fischwilderei ist in Deutschland und vielen anderen Rechtsordnungen straf- oder bußgeldbewehrt und stellt eine Form der Wilderei dar, die sich speziell auf Wasserlebewesen bezieht.
Rechtliche Grundlage der Fischwilderei
Strafrechtliche Einordnung
Das zentrale rechtliche Regelwerk zur Ahndung von Fischwilderei findet sich in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB). Der Tatbestand wird im Rahmen der Wilderei (§ 292 StGB) behandelt. Das Gesetz stellt es unter Strafe, Fische oder andere Wasserlebewesen ohne entsprechende Befugnis zu fangen, zu entnehmen oder sich sonst zuzueignen. Der Tatbestand ist bereits dann erfüllt, wenn die Handlung in einem dafür geschützten Gebiet oder Gewässer erfolgt und keine Berechtigung vorliegt.
§ 293 StGB – Fischhehlerei
Ergänzend ist auch der Tatbestand der Hehlerei mit wildgewonnenen Fischen von Bedeutung (§ 293 StGB, sogenannte Fischhehlerei). Dieser Paragraf stellt es unter Strafe, sich Fische, die durch Fischwilderei erlangt wurden, verschafft, sie absetzt oder ihre Absetzung fördert.
Verwaltungsrechtliche Regelungen
Fischereirecht der Länder
Das Fischereiwesen fällt in Deutschland überwiegend in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer. Die jeweiligen Landesfischereigesetze sowie weiterführende Verordnungen regeln, unter welchen Bedingungen gefischt werden darf. Die wichtigsten rechtlichen Anforderungen umfassen:
- Besitz eines gültigen Fischereischeins (Fischereierlaubnis)
- Einhaltung von Fangzeiten und -mengen (Schonzeiten und -maße)
- Verbot des Fangens bestimmter, besonders geschützter Arten
- Einsatz zulässiger Fanggeräte
Verstöße gegen diese Vorschriften sind Ordnungswidrigkeiten und können nach den jeweiligen Landesgesetzen mit Bußgeldern geahndet werden.
Bundesnaturschutzgesetz und Wasserhaushaltsgesetz
Zusätzlich finden sich Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie im Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Sie schützen Biotope und dienen dem Erhalt natürlicher Lebensgemeinschaften – insbesondere im Hinblick auf besonders geschützte Tierarten und naturschutzrechtlich schützenswerte Gewässer.
Europarechtliche und internationale Aspekte
Die Europäische Union reguliert mit der EU-Fischereiverordnung zahlreiche Aspekte der gewerblichen und privaten Fischerei, insbesondere hinsichtlich Fangquoten und Schutz gefährdeter Arten. Verstöße gegen diese Verordnungen können sowohl nationale als auch unionsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Auch international bestehen Übereinkommen, beispielsweise das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), welche den Handel und Fang bestimmter Fischarten einschränken oder verbieten.
Formen und Ausprägungen der Fischwilderei
Klassische Erscheinungsformen
Fischwilderei kann sich in verschiedenen Formen manifestieren, darunter:
- Angeln ohne gültige Erlaubnis: Fischen in Gewässern ohne erforderlichen Fischereischein oder Erlaubnisschein des Eigentümers bzw. Bewirtschafters.
- Entnahme geschützter Arten: Fang oder Aneignung von Fischen, die unter Artenschutz stehen oder für die Schonzeiten und Schonmaße gelten.
- Verwendung verbotener Fangmethoden: Einsatz technischer Hilfsmittel wie Reusen, Netze, Strom, Giftstoffe oder Sprengstoffe.
- Illegaler Handel: Erwerb, Verkauf oder Tausch von wildgefangenen Fischen ohne Nachweis legaler Herkunft.
Organisierte Fischwilderei
Insbesondere in stärker reglementierten Gewässern, beispielsweise Forellenzuchtbächen oder Naturschutzgebieten, tritt organisierte Fischwilderei auf. Diese kann gewerblich erfolgen, teilweise unter Einsatz schwer nachweisbarer Fanggeräte und unter Inkaufnahme erheblicher Schäden am Ökosystem.
Folgen und Sanktionen der Fischwilderei
Strafrechtliche Sanktionen
Die unbefugte Entnahme von Fischen kann gemäß § 292 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Taten sowie bei der Verwendung bestimmter Fangmethoden kann das Strafmaß erhöht werden.
Ordnungswidrigkeiten
Verstöße gegen fischereirechtliche Vorschriften, die nicht den Tatbestand der Straftat erfüllen, werden in der Regel als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Bußgelder variieren, je nach Bundesland und Schwere des Tatbestands, oftmals zwischen mehreren hundert und mehreren tausend Euro.
Zivilrechtliche Ansprüche
Fischereiberechtigte (Eigentümer, Pächter, Fischereigenossenschaften) können Schadensersatzansprüche geltend machen. Rechtsgrundlage bilden das Bürgerliche Gesetzbuch (insbesondere Besitzschutz und Eigentumsschutz) sowie fischereirechtliche Bestimmungen.
Weitere Konsequenzen
- Einziehung der Fanggeräte: Die verwendeten Geräte können eingezogen und vernichtet werden.
- Entziehung des Fischereischeins: Wiederholungstätern kann die fischereirechtliche Erlaubnis dauerhaft oder zeitweise entzogen werden.
Prävention und Kontrolle
Die Kontrolle und Überwachung der Fischerei obliegt in der Regel den Fischereiaufsehern, der Polizei und anderen befugten Behörden. Regelmäßige Kontrollen, Aufklärungskampagnen sowie technische Überwachungsmaßnahmen (z.B. Kameras an Gewässern) sollen Fischwilderei eindämmen. Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung nachhaltiger Fischerei zu stärken.
Abgrenzung zu anderen Delikten
Unterschied zur Wilderei im engeren Sinne
Während sich der allgemeine Begriff Wilderei auf unbefugtes Jagen von Wildtieren im Wald bezieht (§ 292 StGB), ist die Fischwilderei auf aquatische Lebewesen in Gewässern beschränkt. Beide Delikte sind gesetzlich jedoch vergleichbar geregelt.
Abgrenzung zur Fischereiveruntreuung
Nicht jede unerlaubte Fischentnahme ist als Fischwilderei zu qualifizieren. Liegt etwa eine Überschreitung der im Erlaubnisschein festgelegten Fangmengen vor, kann dies auch lediglich als Verwaltungsübertretung eingestuft werden.
Literatur, Rechtsprechung und Praxis
Die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften unterliegt teilweise einer umfangreichen Rechtsprechung. Relevante Urteile betreffen insbesondere die Auslegung des Begriffs „Befugnis“, die Voraussetzungen der Zueignung sowie die Bewertung von Beweismitteln im Ermittlungsverfahren.
Zusammenfassung
Fischwilderei stellt einen klar umrissenen Straftatbestand dar, der dem Schutz aquatischer Populationen und der nachhaltigen Bewirtschaftung von Fischbeständen dient. Die gesetzlichen Regelungen greifen auf mehreren Ebenen – vom Strafrecht über verwaltungsrechtliche Vorgaben bis hin zu naturschutzrechtlichen und internationalen Vorschriften. Die Ahndung kann sowohl strafrechtlich (Freiheitsstrafe, Geldstrafe) als auch ordnungsrechtlich (Bußgeld, Entzug der Angelerlaubnis) erfolgen und dient der Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit von Gewässern sowie dem Schutz vor dem Raubbau an Fischbeständen.
Häufig gestellte Fragen
Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei Fischwilderei?
Fischwilderei, also das unerlaubte Fangen oder Entnehmen von Fischen aus Gewässern, stellt nach deutschem Recht eine Straftat nach § 293 des Strafgesetzbuches (StGB) dar. Wer vorsätzlich ohne Erlaubnis oder unter Verstoß gegen geltende fischereirechtliche Bestimmungen fischt, muss mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren rechnen. Besonders schwer wiegt das Delikt, wenn die Tat wiederholt, gemeinschaftlich oder unter Verwendung unerlaubter Fanggeräte oder -methoden begangen wird, was zu einer Verschärfung des Strafmaßes führen kann. Neben der strafrechtlichen Sanktion drohen Zusatzfolgen, wie der Entzug des Fischereischeines (als Nebenstrafe nach § 70 StGB), Beschlagnahme von Fanggeräten sowie die Einziehung des Fangertrags. Zusätzlich bleibt es Behörden vorbehalten, Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten, wenn zum Beispiel gegen bestimmte fischereiliche Vorschriften ohne strafbaren Vorsatz verstoßen wurde. Im Wiederholungsfall wird regelmäßig das Strafmaß erhöht, und auch eine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis kann die Folge sein, was insbesondere für berufliche Fischereiberechtigte existenzbedrohend werden kann.
Welche Rolle spielen Fischereischeine und Erlaubnisscheine im rechtlichen Kontext der Fischwilderei?
Fischereischeine (oft als „Angelschein“ bezeichnet) berechtigen grundsätzlich zum Ausüben der Angelfischerei nach erfolgreicher Fachprüfung und werden von der jeweiligen Landesbehörde ausgestellt. Für das tatsächliche Fischen in einem bestimmten Gewässer ist zusätzlich ein Erlaubnisschein (auch Gewässerschein genannt) erforderlich, der von dem jeweiligen Fischereiberechtigten (in der Regel der Pächter oder Eigentümer des Gewässers) ausgestellt wird. Fischwilderei liegt demnach immer dann vor, wenn einer oder beide Scheine fehlen beziehungsweise die Nutzung ohne gültige Dokumente erfolgt. Die Polizei oder Fischereiaufsichtspersonen sind berechtigt, diese Nachweise jederzeit vor Ort zu überprüfen. Das Fehlen dieser Dokumente ist dabei nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern, sofern vorsätzlich gehandelt wird, als Straftat nach § 293 StGB zu werten.
Können auch versuchte Handlungen der Fischwilderei strafbar sein?
Auch der Versuch der Fischwilderei ist nach deutschem Strafrecht gemäß § 293 Absatz 2 StGB ausdrücklich strafbar. Das bedeutet, dass bereits das Vorbereiten oder der Beginn einer rechtswidrigen Fischfanghandlung – etwa durch Auswerfen einer Angel ohne erforderliche Genehmigung – ausreicht, um polizeilich verfolgt zu werden, auch wenn keine Fische tatsächlich gefangen oder entnommen wurden. Die Strafandrohung orientiert sich dabei an der für die vollendete Tat vorgesehenen Strafe und wird durch das Gericht bemessen, wobei Tatumstände wie der Umfang des Versuchs, das Verhalten des Täters sowie etwaige Rücktrittshandlungen berücksichtigt werden. Die konsequente Ahndung des Versuches dient primär der Abschreckung und dem Schutz der Fischbestände sowie der Rechte der Fischereiberechtigten.
Wie werden Fischwilderei-Verstöße rechtlich von Ordnungswidrigkeiten unterschieden?
Die Abgrenzung zwischen Fischwilderei als Straftat und fischereirechtlichen Ordnungswidrigkeiten ist im jeweiligen Verhalten und vor allem im Vorsatz zu suchen. Fischwilderei im strafrechtlichen Sinne liegt immer dann vor, wenn jemand wissentlich und willentlich, also mit Vorsatz, ohne die erforderlichen Erlaubnisse fischt oder Fischbestände unrechtmäßig entnimmt. Ordnungswidrigkeiten hingegen liegen beispielsweise dann vor, wenn Vorschriften wie Schonzeiten oder Fangmengen unbeabsichtigt oder fahrlässig verletzt werden oder Nachweise (wie der Fischereischein) kurzfristig vergessen wurden. Ordnungswidrigkeiten werden mit Bußgeldern geahndet, während Straftaten zu einer Anzeige und ggf. einer Gerichtsverhandlung führen können. Ob es sich um einen Straftatbestand oder eine Ordnungswidrigkeit handelt, liegt im Ermessen der ermittelnden Behörden und hängt vom konkreten Sachverhalt ab.
Welche Rechte und Pflichten haben Fischereiaufseher und Polizeibeamte bei Verdacht auf Fischwilderei?
Fischereiaufseher sowie Polizeibeamte besitzen im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufgaben umfangreiche Kontroll- und Eingriffsrechte zum Schutz der Fischbestände und zur Durchsetzung des Fischereirechts. Sie dürfen verdächtige Personen anhalten, die Vorlage von Fischereischein und Erlaubnisschein verlangen, Fanggeräte und -gefäße kontrollieren sowie den Fang begutachten. Bei konkretem Verdacht auf Fischwilderei sind sie berechtigt, Beweismittel sicherzustellen, Fanggeräte zu beschlagnahmen und Personalien aufzunehmen. In Ausnahmefällen und bei Gefahr im Verzug dürfen sogar Festnahmen und Durchsuchungen erfolgen. Die Kontrolle und Durchsetzung erfolgt dabei stets unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und unter Wahrung von Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. Wer sich einer Kontrolle widersetzt oder gefälschte Dokumente vorlegt, macht sich zusätzlich strafbar.
Können zivilrechtliche Ansprüche durch Fischwilderei entstehen?
Neben strafrechtlichen Folgen können sich aus Fischwilderei auch zivilrechtliche Ansprüche ergeben. Insbesondere der Eigentümer oder Pächter des betroffenen Gewässers kann Schadensersatzansprüche gegen den Täter geltend machen, etwa bei erheblichen Einbußen im Bestand oder durch entgangene Pachterträge. Die Höhe des Schadens bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Wert des widerrechtlich entnommenen Fischbestandes, etwaigen Zuchtkosten und möglichen Folgeschäden wie Beeinträchtigungen des Ökosystems. Zudem sind Täter vielfach verpflichtet, alle im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung stehenden Kosten (z.B. für Anwälte, Gutachten oder Gewässerrevitalisierung) zu tragen. Diese Ansprüche bestehen unabhängig von einer strafrechtlichen Ahndung und können auch parallel durchgesetzt werden.
Gibt es besondere Regelungen für Jugendliche und Minderjährige im Kontext der Fischwilderei?
Im Umgang mit minderjährigen Tätern kommen bei Ermittlungen wegen Fischwilderei stets die spezifischen Vorschriften des Jugendstrafrechts gemäß Jugendgerichtsgesetz (JGG) zur Anwendung. Vor allem steht hier der Erziehungsgedanke im Vordergrund, sodass statt Freiheitsstrafe eher erzieherische Maßnahmen, Arbeitsauflagen oder Sozialstunden verhängt werden. Auch können Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen minderjährige Ersttäter vermehrt mit Aufklärungsgesprächen oder verwarnenden Maßnahmen – etwa dem Entzug befristeter Fischereiberechtigungen – enden. Gleichzeitig haften in manchen Fällen die Eltern oder Erziehungsberechtigten zivilrechtlich, vor allem dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben oder den Jugendlichen zur Tat angestiftet haben.