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Fernverkehrsstraßen


Definition und Bedeutung von Fernverkehrsstraßen

Fernverkehrsstraßen sind Straßen des überörtlichen Verkehrs, die insbesondere dem schnellen und leistungsfähigen Transport von Personen und Gütern über größere Entfernungen dienen. Im rechtlichen Sinne handelt es sich bei Fernverkehrsstraßen um spezifische Straßenkategorien, die in den verschiedenen Gesetzen und Verordnungen Deutschlands sowie zahlreicher anderer Staaten explizit geregelt und definiert werden. Fernverkehrsstraßen bilden einen zentralen Bestandteil der Infrastruktur und sind wesentlicher Gegenstand der Straßenverkehrs-, Straßenbau- und Immissionsschutzgesetzgebung.


Rechtliche Grundlagen der Fernverkehrsstraßen in Deutschland

Bundesfernstraßengesetz (FStrG)

Die zentrale Rechtsgrundlage für Fernverkehrsstraßen in Deutschland bildet das Bundesfernstraßengesetz (FStrG). Dort werden die Bundesstraßen des Fernverkehrs, insbesondere Autobahnen und Bundesstraßen im eigentlichen Sinne, geregelt. Das Bundesfernstraßengesetz unterscheidet maßgeblich zwischen folgenden Straßenarten:

  • Bundesautobahnen (§ 1 Abs. 1 FStrG): Diese sind ausschließlich dem überregionalen, schnellen Verkehr vorbehalten und unterliegen besonderen Bauvorschriften und Verkehrsbeschränkungen.
  • Bundesstraßen im eigentlichen Sinne (§ 1 Abs. 2 FStrG): Diese dienen ebenfalls dem Fernverkehr, weisen jedoch häufig Anschluss zu regionalen Straßennetzen auf.

Fernverkehrsstraßen sind gemäß FStrG solche Straßen, die Bestandteil des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen nach dem Fernstraßenausbaugesetz sind und einer ständigen Widmung durch den Bund unterliegen.

Zuständigkeiten und Trägerschaft

Die Trägerschaft der Fernverkehrsstraßen obliegt in Deutschland in der Regel dem Bund. Die Verwaltung der Bundesautobahnen liegt seit 2021 bei der Autobahn GmbH des Bundes. Für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb der Bundesstraßen ist abhängig von ihrer Einstufung entweder der Bund, die Länder oder – im Rahmen bestimmter Übertragungen – die Kommunen verantwortlich.

Widmung, Umstufung und Einziehung

Die rechtliche Nutzung und Zweckbestimmung von Fernverkehrsstraßen unterliegt einem formellen Verwaltungsakt, der Widmung genannt wird. Die Widmung legt fest, welchem öffentlichen Zweck die Straße dient. Im Falle der Fernverkehrsstraßen wird stets ein übergeordneter, überregionaler Verkehrsbedarf angenommen. Änderungen der Klassifizierung, etwa Herabstufungen zu Landesstraßen (Umstufung) oder die Entziehung der Öffentlichkeit (Einziehung), sind an strenge rechtliche Voraussetzungen geknüpft, die im FStrG detailliert geregelt sind.


Besondere rechtliche Vorschriften für Fernverkehrsstraßen

Verkehrsbeschränkungen und Nutzungsarten

Auf Fernverkehrsstraßen gelten spezielle Verkehrsregelungen, insbesondere zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit, dem Überholen, der Nutzung durch bestimmte Fahrzeugarten und Sondergenehmigungen. Autobahnen als Fernverkehrsstraßen sind in der Regel für den Fuß- und Radverkehr sowie für landwirtschaftlichen Verkehr gesperrt (§ 18 StVO).

Technische und bauliche Anforderungen

An den Bau und die Unterhaltung von Fernverkehrsstraßen sind hohe technische Anforderungen geknüpft, um Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit zu gewährleisten. Diese Anforderungen orientieren sich an der Richtlinie für die Anlage von Straßen (RAS) sowie am Regelwerk des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.

Schutz durch Immissions-, Lärm- und Umweltschutzrecht

Fernverkehrsstraßen sind vor allem wegen ihrer Bedeutung für Umwelt und Bevölkerung einer Vielzahl von Schutzgesetzen unterworfen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und die 16. BImSchV stellen beispielsweise sicher, dass Immissionen durch Lärm und Abgase auf ein verträgliches Maß beschränkt werden.


Fernverkehrsstraßen im europäischen und internationalen Recht

EU-Straßenkategorien und TEN-V-Netz

Im europäischen Kontext sind Fernverkehrsstraßen oftmals als Teile des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) ausgewiesen, das die grenzüberschreitende Erreichbarkeit von Regionen sicherstellen soll. Die Vorgaben der EU-Kommission, insbesondere zur Straßenqualität, Sicherheit und Umweltverträglichkeit, nehmen unmittelbaren Einfluss auf die nationale Gesetzgebung und die Umsetzung großräumiger Projekte.

Internationale Abkommen

Verschiedene internationale Verträge, wie das Europäische Übereinkommen über internationale Straßen (AGR), regeln Bezeichnung, Ausstattung und Kategorisierung internationaler Fernverkehrsstraßen über nationale Grenzen hinweg.


Klassifizierung von Fernverkehrsstraßen

Unterteilung nach Bedeutung und Funktion

In Deutschland erfolgt die Differenzierung insbesondere nach:

  • Autobahnen: ausschließlich dem Fernverkehr vorbehalten, hohe Ausbaustandards, Zugang nur über Anschlussstellen.
  • Bundesstraßen: oftmals auch Anschluss an Regionalnetze, aber ebenfalls vorrangige Funktion für den Fernverkehr.
  • Europastraßen: internationale Verbindungen, vielfach deckungsgleich mit Bundesfernstraßen.

Einordnung innerhalb des Straßensystems

Fernverkehrsstraßen stehen in der Hierarchie des Innerorts- und Überlandstraßennetzes an oberster Stelle, gefolgt von den Landes- und Staatsstraßen, Kreisstraßen sowie Gemeindestraßen.


Bedeutung im Planungs-, Bau- und Haushaltsrecht

Planfeststellung und Genehmigungsverfahren

Fernverkehrsstraßen bedürfen zur Errichtung, Änderung oder Erweiterung eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens gemäß § 17 FStrG, welches Umweltverträglichkeitsprüfungen und Beteiligungen von Trägern öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit einschließt.

Finanzierung und Erhaltung

Die Finanzierung der Fernverkehrsstraßen erfolgt in Deutschland überwiegend aus Bundesmitteln. Hierzu gehören sowohl die Bereitstellung der Mittel im Rahmen des Bundeshaushalts als auch die Einnahmen aus Mautsystemen, die für Lkws auf vielen Fernverkehrsstraßen verpflichtend sind.


Zusammenfassung

Fernverkehrsstraßen sind ein rechtlich umfassend geregelter Teil der deutschen und internationalen Straßeninfrastruktur. Sie dienen vor allem dem leistungsfähigen Fernverkehr, unterliegen strengen technischen, verkehrsrechtlichen und umweltschutzrechtlichen Anforderungen und werden in Deutschland durch das Bundesfernstraßengesetz, diverse Spezialgesetze sowie europäische und internationale Regelwerke bestimmt. Die Planung, Widmung, Nutzung, der Bau und die Finanzierung dieser Straßen befinden sich in einem komplexen Geflecht aus Verwaltungs-, Planungs- und Umweltrecht, das dem hohen Stellenwert dieser Infrastruktur Rechnung trägt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Fernverkehrsstraßen in Deutschland?

Die rechtlichen Grundlagen für Fernverkehrsstraßen in Deutschland sind vor allem im Bundesfernstraßengesetz (FStrG) geregelt. Dieses Gesetz definiert, untergliedert und regelt Bau, Betrieb und Erhaltung von Bundesfernstraßen, dazu gehören Autobahnen und Bundesstraßen. Darüber hinaus regeln weitere Verordnungen spezifische Details, etwa die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) sowie das Fernstraßenausbaugesetz. Das FStrG bestimmt, welche Straßen als Fernverkehrsstraßen gelten, wie Trassenführung und Widmung erfolgen, wer Träger der Straßenbaulast ist (in der Regel der Bund) und welche Anforderungen beim Bau zu beachten sind. Ferner enthält das Gesetz Regelungen zum Eigentum, zu Enteignungsverfahren und zu Besonderheiten wie Umweltverträglichkeit, Planfeststellung und Finanzierung. Ergänzt werden diese Vorschriften durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), das beispielsweise bei Planfeststellungsverfahren anzuwenden ist.

Wie funktioniert das Planfeststellungsverfahren für Fernverkehrsstraßen?

Das Planfeststellungsverfahren ist für Fernverkehrsstraßen gesetzlich vorgeschrieben und stellt eine umfassende Genehmigungs- und Beteiligungsprozedur dar. Es beginnt mit der Einreichung von Planunterlagen bei der zuständigen Planfeststellungsbehörde, meist eine Behörde auf Landesebene. Im Verfahren erfolgt eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung betroffener Behörden, Kommunen sowie der Öffentlichkeit. Einwände und Anregungen werden geprüft und abgewogen. Am Ende steht der Planfeststellungsbeschluss, der die Zulässigkeit des Vorhabens unter Berücksichtigung aller öffentlichen und privaten Belange rechtsverbindlich feststellt. Gegen diesen Beschluss kann innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Das Verfahren ist zwingend, wenn wesentliche neue Fernverkehrsstraßen gebaut oder bestehende bedeutend geändert werden.

Welche Haftungsregelungen gelten auf Fernverkehrsstraßen?

Für Schäden, die durch den Zustand oder die Benutzung von Fernverkehrsstraßen entstehen, gilt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere § 839 BGB (Amtspflichtverletzung) sowie das Haftungsprivileg des § 7 StVG. Die Träger der Straßenbaulast – überwiegend der Bund – haften grundsätzlich nur für Verletzungen der Verkehrssicherungspflicht, also wenn gefahrenträchtige Straßenzustände nicht erkannt oder beseitigt werden. Nutzer haben aber keinen Anspruch auf schadensfreie Straßen, sondern nur auf die Einhaltung der allgemein üblichen Sicherheitsstandards. Bei höherer Gewalt oder nicht vorhersehbaren Schäden ist die Haftung regelmäßig ausgeschlossen. Ergänzend finden die Regelungen der Amtshaftung Anwendung, jedoch mit besonderen Ausschluss- und Einschränkungsregelungen zugunsten der öffentlichen Hand.

Welche Vorschriften gelten für den Ausbau und die Unterhaltung von Fernverkehrsstraßen?

Die Vorschriften für den Ausbau und die Unterhaltung von Fernverkehrsstraßen sind detailliert im Bundesfernstraßengesetz und ergänzenden technischen Regelwerken festgelegt. Die Straßenbaulastträger – meist der Bund, ausgeführt durch die Autobahn GmbH und Landesbehörden – sind verpflichtet, Ausbau und Unterhaltung so durchzuführen, dass die Verkehrssicherheit und die Leistungsfähigkeit der Straße gewährleistet sind. Maßnahmen müssen in der Regel mit Planfeststellung beziehungsweise Plangenehmigung erfolgen. Technische Regelwerke wie die Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS) und die ZTV (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen) sind verbindlich anzuwenden. Besonders geregelt ist auch die Finanzierung: Während der Bund die Kosten für Bau und Erhalt übernimmt, werden Kosten für Anschlüsse oder zusätzliche Ausstattungen häufig von Dritten getragen.

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es bezüglich der Beschilderung und Verkehrslenkung auf Fernverkehrsstraßen?

Die Beschilderung und Verkehrslenkung auf Fernverkehrsstraßen sind bundesweit einheitlich durch die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur StVO geregelt. Die zuständigen Straßenverkehrsbehörden erlassen Anordnungen zur Aufstellung, Entfernung und Änderung von Verkehrszeichen. Für Autobahnen und wichtige Bundesstraßen gibt es zusätzlich Regelwerke, wie die Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen (RWBA) und für die Verkehrslenkung im Baustellenbereich. Die Rechtsgrundlagen untersagen Privatpersonen, eigenständig Verkehrszeichen zu errichten oder zu entfernen. Wer Verkehrsschilder missachtet, begeht Ordnungswidrigkeiten nach dem Verkehrsrecht. Die genaue Beschilderung und Lenkung liegt stets im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde unter Berücksichtigung von Verkehrsfluss, Sicherheit und Umweltschutz.

Welche Enteignungsregelungen gibt es im Zusammenhang mit Fernverkehrsstraßen?

Wenn für Neubau oder Ausbau von Fernverkehrsstraßen Grundstücke benötigt werden, kommen die gesetzlichen Enteignungsregelungen zur Anwendung. Zentral ist hierbei das Bundesfernstraßengesetz, das dem Bund das Recht gibt, notwendige Flächen notfalls gegen Entschädigung zu enteignen. Das Verfahren erfolgt gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz und Landesenteignungsregeln. Voraussetzung ist stets ein Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung. Die Enteignung ist nur zulässig, wenn das Vorhaben im öffentlichen Interesse zwingend erforderlich ist und eine angemessene Entschädigung gezahlt wird (§ 14 GG). Betroffene Eigentümer werden im Verfahren angehört und können gegen die Verfügung Rechtsmittel einlegen. Die Entschädigungshöhe richtet sich nach dem Verkehrswert der betroffenen Grundstücke.

Welche besonderen Regelungen bestehen für Umweltschutz und Naturschutz bei Fernverkehrsstraßenprojekten?

Bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Fernverkehrsstraßen gelten umfangreiche Umwelt- und Naturschutzvorschriften. Zentrale Grundlage ist das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), das fordert, dass die Auswirkungen eines Projekts auf Natur, Mensch und Umwelt umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Im Planfeststellungsverfahren sind Eingriffsregelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu berücksichtigen. Es müssen Schutz-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festgelegt werden, die Eingriffe in Ökosysteme kompensieren. Auch das Wasserhaushaltsgesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz und ggf. das Artenschutzrecht finden Anwendung. Gerichtlich überprüfbar ist, ob Umweltbelange ausreichend gewichtet und Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung oder Kompensation von Umweltschäden vorgesehen sind. Zudem sind europaweit relevante Vorgaben einzuhalten, etwa aus der FFH- und Vogelschutzrichtlinie.