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Fernkauf


Begriff und Definition des Fernkaufs

Der Begriff Fernkauf bezeichnet eine besondere Form des Kaufvertrags, bei dem Vertragsparteien den Abschluss des Vertrages sowie die gesamte Kommunikation über eine räumliche Distanz hinweg unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abwickeln. Typischerweise handelt es sich beim Fernkauf um den Austausch von Waren und Dienstleistungen, bei dem Käufer und Verkäufer sich während der Anbahnung und des Zustandekommens des Vertrags sowie häufig auch während der Vertragsdurchführung nicht persönlich begegnen.

Fernkommunikationsmittel im Sinne des Fernkaufs umfassen unter anderem Briefe, Telefon, Telefax, E-Mail, Internet sowie elektronische Bestellformulare. Die rechtliche Grundlage für den Fernkauf wird insbesondere durch Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) sowie durch europäische Richtlinien zur Verbraucherrechte-Richtlinie geschaffen.

Rechtliche Rahmenbedingungen für den Fernkauf

Anwendungsbereich des Fernkaufs

Der Fernkauf ist in rechtlicher Hinsicht abzugrenzen von anderen Kaufvertragsformen, etwa dem Präsenzgeschäft. Er findet insbesondere Anwendung im Versandhandel und beim Onlinehandel. Ob es sich um einen Fernkauf handelt, entscheidet sich danach, ob der Vertrag über ausschließlich Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wurde.

Gesetzliche Grundlagen

Die für den Fernkauf maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften finden sich im deutschen Recht insbesondere in folgenden Rechtsquellen:

  • §§ 312 ff. BGB (Besondere Vorschriften für Fernabsatzverträge)
  • Art. 246 EGBGB (Informationspflichten im Fernabsatz)
  • Europäische Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechte-Richtlinie)

Abgrenzung zu Fernabsatzverträgen

Während der Begriff des Fernkaufs allgemein den Kauf über Distanz umfasst, ist der Begriff des Fernabsatzvertrags enger gefasst und unterscheidet sich durch die Beteiligten und die Reichweite des Verbraucherschutzes. Ein Fernabsatzvertrag liegt nach § 312c BGB vor, wenn ein Unternehmer und ein Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln einen Vertrag abschließen. Nicht jeder Fernkauf ist also zwingend Fernabsatzvertrag, insbesondere wenn kein Unternehmer oder Verbraucher beteiligt ist.

Vertragsabschluss beim Fernkauf

Zustandekommen des Vertrages

Der Fernkaufvertrag kommt regelmäßig wie andere Kaufverträge durch Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB zustande. Die Besonderheit liegt in der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Die Annahme kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Die Schriftform ist grundsätzlich nicht erforderlich, es sei denn, das Gesetz schreibt sie für den jeweiligen Vertragstyp vor.

Informationspflichten

Im Fernabsatz muss der Verkäufer (bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften) bestimmte Informationspflichten erfüllen (§ 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB). Dazu gehören insbesondere Angaben zu:

  • Wesentlichen Merkmalen der Ware oder Dienstleistung
  • Identität und Kontaktdaten des Anbieters
  • Gesamtpreis sowie alle zusätzlichen Kosten (z.B. Versand)
  • Widerrufsrecht und dessen Bedingungen, Fristen und Verfahren
  • Bestehen und Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien

Ein Verstoß gegen die Informationspflichten kann wettbewerbsrechtliche Konsequenzen sowie Auswirkungen auf die Wirksamkeit bestimmter Fristen (etwa für den Widerruf) haben.

Widerrufsrecht beim Fernkauf

Bedeutung des Widerrufsrechts

Verbrauchern steht bei Fernabsatzverträgen regelmäßig ein Widerrufsrecht zu (§ 355 BGB, § 312g BGB). Sie können den Vertrag innerhalb einer gesetzlichen Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beträgt grundsätzlich 14 Tage und beginnt regelmäßig mit Erhalt der Ware sowie ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht.

Ausschluss des Widerrufsrechts

In bestimmten Fällen sieht das Gesetz den Ausschluss des Widerrufsrechts vor, etwa bei:

  • Lieferung von Waren, die schnell verderben können
  • Lieferung von nach Kundenspezifikation gefertigten Waren
  • Versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, sofern die Versiegelung entfernt wurde

Eine rechtskonforme Belehrung über das Widerrufsrecht ist für den Beginn der Widerrufsfrist zwingend erforderlich. Erfolgt keine oder eine fehlerhafte Belehrung, verlängert sich die Widerrufsfrist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage.

Pflichten und Rechte der Vertragsparteien beim Fernkauf

Pflichten des Verkäufers

Der Verkäufer ist verpflichtet, die bestellte Ware ordnungsgemäß und rechtzeitig zu liefern (§§ 433, 474 BGB). Die Gefahrtragung bei der Versendung ist je nach Vertragstyp unterschiedlich geregelt:

  • Beim Verbrauchsgüterkauf trägt grundsätzlich der Unternehmer bis zur Übergabe die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung (§ 474 Abs. 2 BGB).
  • Im reinen Handelskauf (Unternehmer-zu-Unternehmer) kann abweichend vereinbart werden, wann die Gefahr übergeht.

Pflichten des Käufers

Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis zu entrichten und die ordnungsgemäß gelieferte Ware abzunehmen. Kommt der Käufer seinen Pflichten nicht nach, kann der Verkäufer nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen.

Mängelhaftung und Gewährleistung beim Fernkauf

Mängelrechte des Käufers

Im Falle von Sach- oder Rechtsmängeln stehen dem Käufer die Rechte aus § 437 BGB zu:

  • Nacherfüllung (Nachbesserung oder Neulieferung)
  • Rücktritt oder Minderung
  • Schadensersatz

Im Verbrauchsgüterkauf zugunsten von Verbrauchern gelten verschärfte Regelungen. So besteht eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers innerhalb der ersten zwölf Monate nach Übergabe und eine zweijährige Verjährungsfrist bei neuen Sachen (§ 477 BGB).

Besonderheiten bei gebrauchten Sachen

Für gebrauchte Sachen kann die Gewährleistungsfrist durch Individualvereinbarung auf ein Jahr reduziert werden, sofern der Vertragspartner Verbraucher ist (§ 476 BGB).

Datenschutz und Zahlungssicherheit beim Fernkauf

Beim Fernkauf, insbesondere im Onlinehandel, spielt der Schutz personenbezogener Daten eine wichtige Rolle. Anbieter sind nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verpflichtet, Käufer über die Verarbeitung ihrer Daten zu informieren und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Zahlungsmethoden müssen ebenfalls den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen. Elektronische Zahlungssysteme, sichere Übertragungswege (z.B. SSL-Verschlüsselung) und die sichere Aufbewahrung vertraulicher Daten sind gesetzlich vorgeschrieben und dienen dem Schutz der Vertragsparteien.

Internationale Aspekte des Fernkaufs

Fernkaufverträge können grenzüberschreitend abgeschlossen werden. In diesem Fall sind weitere rechtliche Vorschriften, wie das internationale Privatrecht (EGBGB), die Rom-I-Verordnung sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) zu beachten. Bei grenzüberschreitenden Verbraucherverträgen gilt stets das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Anbieter seine Tätigkeit auch auf diesen Staat ausrichtet.

Zusammenfassung

Der Fernkauf stellt eine bedeutsame und weitverbreitete Vertragsart im nationalen und internationalen Handelsverkehr dar. Die rechtlichen Anforderungen sind insbesondere durch umfangreiche Schutzvorschriften im Verbraucherrecht geprägt. Maßgeblich sind dabei neben den allgemeinen kaufrechtlichen Regelungen die besonderen Vorschriften zum Fernabsatz, umfassende Informationspflichten sowie das gesetzliche Widerrufsrecht. Im internationalen Kontext kommen weitere Regelwerke zum Tragen, welche die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regeln. Der Fernkauf bietet Käufern und Verkäufern zahlreiche Vorteile, erfordert jedoch die Beachtung vielfältiger rechtlicher Vorgaben zur Sicherung eines fairen und sicheren Handels.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte haben Verbraucher beim Fernkauf hinsichtlich des Widerrufs?

Verbrauchern steht beim Fernkauf grundsätzlich ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Dieses Recht gilt bei Verträgen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, E-Mail oder Internet abgeschlossen wurden. Nach erfolgter Belehrung über das Widerrufsrecht können Verbraucher den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Wird keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt, verlängert sich das Widerrufsrecht auf maximal zwölf Monate und 14 Tage. Der Widerruf muss eindeutig erklärt werden; die bloße Rücksendung der Ware genügt nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Vom Widerrufsrecht ausgenommen sind unter anderem individuell angefertigte Waren, versiegelte Hygieneartikel nach Entsiegelung sowie verderbliche Waren.

Welche Informationspflichten treffen den Verkäufer beim Fernkauf?

Verkäufer sind nach §§ 312d, 312j und 246a EGBGB verpflichtet, dem Verbraucher vor Abgabe der Bestellung bestimmte Informationen klar und verständlich zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören unter anderem Angaben zur Identität des Verkäufers, eine genaue Beschreibung der Ware oder Dienstleistung, der Gesamtpreis einschließlich Versandkosten und Steuern, die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie das Bestehen und die Bedingungen des Widerrufsrechts. Diese Informationen müssen dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger, etwa per E-Mail oder ausdruckbarer Webseite, spätestens bei Lieferung der Ware zugänglich gemacht werden.

Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Lieferung und Gefahrübergang beim Fernkauf?

Beim Fernkauf regelt § 446 BGB den Gefahrübergang: Grundsätzlich trägt der Verkäufer bis zur Übergabe der Ware an den Verbraucher die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung. Dies gilt auch beim Versand, sofern der Verkäufer selbst oder ein von ihm beauftragter Spediteur liefert. Wird ein vom Käufer bestimmter Transporteur eingesetzt, der nicht vom Verkäufer benannt wurde, geht die Gefahr bereits mit der Übergabe an das Transportunternehmen auf den Käufer über (§ 447 BGB). Zudem muss die Lieferung innerhalb der im Vertrag vereinbarten Frist oder, falls keine Frist festgelegt ist, innerhalb von 30 Tagen ab Vertragsschluss erfolgen (§ 312f BGB).

Welche Rückabwicklungsregeln greifen im Falle eines wirksamen Widerrufs oder Rücktritts?

Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren (§§ 355, 357 BGB). Der Verkäufer muss den Kaufpreis einschließlich der ursprünglich gezahlten Lieferkosten binnen 14 Tagen nach Erklärung des Widerrufs zurückzahlen. Die Rückzahlung erfolgt grundsätzlich über dasselbe Zahlungsmittel, das der Verbraucher eingesetzt hat. Der Verbraucher trägt jedoch die unmittelbaren Kosten der Rücksendung, sofern der Verkäufer den Verbraucher hierüber ordnungsgemäß informiert hat. Für einen etwaigen Wertverlust der Ware haftet der Verbraucher nur, wenn dieser auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der über eine Prüfung der Beschaffenheit hinausgeht.

Welche Gewährleistungsrechte bestehen beim Fernkauf?

Auf Fernkaufverträge findet das allgemeine Gewährleistungsrecht (§§ 434 ff. BGB) Anwendung. Im Falle eines Mangels kann der Verbraucher zunächst Nacherfüllung (Reparatur oder Lieferung einer mangelfreien Sache) verlangen. Schlägt die Nacherfüllung fehl oder wird sie verweigert, stehen dem Verbraucher weitere Rechte wie Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz zu. Die regelmäßige Verjährungsfrist für Mängelansprüche beträgt zwei Jahre ab Ablieferung der Ware. Innerhalb der ersten zwölf Monate gilt zudem eine Beweislastumkehr, das heißt, es wird zugunsten des Verbrauchers vermutet, dass ein aufgetretener Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war.

Welche Besonderheiten gelten im Hinblick auf digitale Inhalte und Dienstleistungen beim Fernkauf?

Bei der Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen sieht das Gesetz seit dem 01.01.2022 (neue §§ 327 ff. BGB) spezielle Regelungen vor. Verbraucher haben Anspruch auf den vertragsgemäßen Zustand und die regelmäßige Aktualisierung digitaler Produkte. Bei Mängeln gelten ähnliche Nacherfüllungs-, Rücktritts- und Schadensersatzrechte wie bei Sachgütern. Das Widerrufsrecht besteht auch bei digitalen Inhalten, erlischt jedoch vorzeitig, wenn der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass die Ausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und er seine Kenntnis vom Erlöschen des Rücktrittsrechts bestätigt hat.

Wie verhält es sich mit dem Datenschutz beim Fernkauf?

Im Rahmen des Fernkaufs erhebt und verarbeitet der Verkäufer personenbezogene Daten des Verbrauchers. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verpflichtet den Verkäufer zur Transparenz über Art, Umfang, Zwecke und Speicherfristen der Datenverarbeitung. Der Verbraucher ist über seine Rechte wie Auskunft, Berichtigung, Löschung und Widerspruch aufzuklären. Die Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten muss auf einer rechtlichen Grundlage wie Vertragserfüllung, gesetzlicher Pflicht oder Einwilligung des Betroffenen beruhen. Die Verwendung der Daten für Werbung erfordert grundsätzlich eine ausdrückliche Einwilligung.

Wann kommt beim Fernkauf ein wirksamer Vertrag zustande?

Im Fernabsatz kommt der Vertrag in der Regel durch Angebot und Annahme zustande. Der Zugang einer Bestellbestätigung nach § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB stellt für sich genommen noch keine Vertragsannahme dar, sondern dokumentiert nur den Eingang der Bestellung. Erst eine ausdrückliche Annahmeerklärung des Verkäufers oder die Lieferung der Ware gelten als Vertragsannahme. Online-Shops sind zudem verpflichtet, vor Abgabe der Bestellung den Bestellvorgang so zu gestalten, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, eine zahlungspflichtige Bestellung vorzunehmen („Button-Lösung“ gemäß § 312j Abs. 3 BGB).