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Farbstoffe in Lebensmitteln


Begriff und rechtliche Einordnung von Farbstoffen in Lebensmitteln

Farbstoffe in Lebensmitteln sind Stoffe, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um deren Farbe zu beeinflussen oder wiederherzustellen. Sie zählen zu den sogenannten Lebensmittelzusatzstoffen und unterliegen in der Europäischen Union sowie in Deutschland strengen gesetzlichen Regelungen. Die rechtliche Betrachtung umfasst Zulassung, Kennzeichnung, Anwendung und Überwachung sowie Sanktionen bei Verstößen.


Begriffsbestimmung und rechtliche Grundlagen

Definition nach EU-Recht

Nach Art. 3 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe sind Farbstoffe solche Stoffe, „die Lebensmitteln zugesetzt werden, um deren Farbe zu beeinflussen oder wiederherzustellen“. Dabei kann es sich sowohl um natürliche, naturidentische als auch um synthetische Stoffe handeln. Auch Trägerstoffe und Hilfsstoffe, die der Zubereitung der Farbstoffe dienen, werden berücksichtigt.

Abgrenzung zu weiteren Lebensmittelzusatzstoffen

Im Unterschied zu anderen Zusatzstoffen wie Konservierungs-, Süß- oder Aroma­stoffen dienen Farbstoffe ausschließlich der ästhetischen Gestaltung und nicht der Verlängerung der Haltbarkeit oder Geschmacksbeeinflussung. Die Verwendbarkeit und Zulässigkeit ist auf spezifische Einsatzzwecke begrenzt und unterliegt daher einer gesonderten Prüfung und Zulassung.


Zulassung und Verwendung von Farbstoffen in Lebensmitteln

Zulassungsverfahren für Farbstoffe

Die Zulassung und Listung erlaubter Farbstoffe erfolgt in der Europäischen Union zentral für alle Mitgliedstaaten. Grundlage hierfür ist die Positivliste im Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008. Nur dort aufgeführte Farbstoffe dürfen in Lebensmitteln verwendet werden („Grundsatz der Positivliste“). Die Aufnahme eines neuen Farbstoffs bedarf eines umfangreichen wissenschaftlichen Bewertungsverfahrens durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Voraussetzungen für die Zulassung

Die Zulassung wird nur erteilt, wenn

  1. vom Stoff keine Gefahr für die Gesundheit ausgeht,
  2. ein technologischer Bedarf besteht,
  3. der Verbraucher nicht getäuscht wird,
  4. die Verwendung dem Grundsatz der guten Herstellungspraxis folgt.

Das Zulassungsverfahren umfasst zudem die Festlegung von Reinheitskriterien, Höchstmengen und Verwendungsbedingungen.

Nationale Sonderregelungen

Mit Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1333/2008 wurden nationale Einzelregelungen weitgehend durch europäische Vorgaben ersetzt. Nationale Abweichungen können jedoch gemäß Art. 54 VO (EG) Nr. 1333/2008 aus gesundheitlichen Gründen im Einzelfall genehmigt werden und sind entsprechend kenntlich zu machen.


Kennzeichnungs- und Informationspflichten

Kennzeichnung nach LMIV

Lebensmittel, welche Farbstoffe enthalten, sind gemäß der Europäischen Lebensmittelinformationsverordnung (VO (EU) Nr. 1169/2011, kurz LMIV) kennzeichnungspflichtig. Der verwendete Farbstoff ist entweder mit seiner jeweiligen E-Nummer oder seinem speziellen Namen im Zutatenverzeichnis aufzuführen (z. B. „Farbstoff: E 102″ oder „Farbstoff: Tartrazin“). Farbstoffe, die bei manchen Personen Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können, sind zudem mit einem Warnhinweis zu versehen (etwa „kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ bei bestimmten Azofarbstoffen nach Anhang V der VO (EU) Nr. 1333/2008).

Spezifische Hinweise und Verbote

Es besteht ein generelles Verbot der Verwendung von Farbstoffen in bestimmten Lebensmittelgruppen, etwa in unbehandeltem Fleisch oder unverarbeitetem Fisch. Zudem dürfen Farbstoffe nicht dazu eingesetzt werden, den Eindruck besserer Qualität oder Frische zu vermitteln.


Überwachung und Sanktionen

Lebensmittelüberwachung

Die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu Farbstoffen in Lebensmitteln wird behördlich überwacht. Zuständig sind in Deutschland die amtliche Lebensmittelüberwachung der Länder sowie die Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Verstöße, etwa die Verwendung nicht zugelassener Farbstoffe oder eine unzureichende Kennzeichnung, werden mit Ordnungswidrigkeiten nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) geahndet.

Sanktionen und Maßnahmen

Bei festgestellten Rechtsverstößen kommen Maßnahmen wie die Beanstandung, Anordnung des Rückrufs betroffener Produkte, Vertriebsverbote sowie Bußgelder oder Geldstrafen in Betracht. Schwerwiegende, vorsätzliche Verstöße können nach § 58 LFGB auch mit Freiheitsstrafe geahndet werden.


Zusammenfassung und Ausblick

Farbstoffe in Lebensmitteln sind gesetzlich umfassend geregelt und dürfen nur nach eingehender Prüfung und Zulassung verwendet werden. In der gesamten Europäischen Union gilt der Grundsatz der Positivliste, ergänzt durch strenge Kennzeichnungs-, Informations- sowie Überwachungspflichten. Ziel der rechtlichen Regelungen ist es, Verbraucher zu schützen, die Gesundheit sicherzustellen und Täuschungen zu vermeiden.

Die Rechtslage ist dynamisch: Veränderungen in wissenschaftlicher Bewertung, neue Studien und Ergebnisse toxikologischer Untersuchungen können zur Streichung oder Neuaufnahme von Farbstoffen in die Positivliste führen. Die laufende Aktualisierung der Vorschriften stellt sicher, dass der Verbraucherschutz im Bereich Farbstoffe in Lebensmitteln auf aktuellem Stand bleibt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für den Einsatz von Farbstoffen in Lebensmitteln innerhalb der Europäischen Union?

In der Europäischen Union regelt die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe den Einsatz von Farbstoffen in Lebensmitteln. Demnach dürfen nur die in den Anhängen dieser Verordnung gelisteten Farbstoffe (sogenannte Zulassungsliste) verwendet werden. Jeder Farbstoff erhält eine spezifische E-Nummer. Die Zulassung ist meistens mit bestimmten Verwendungszwecken und Höchstmengen für jeweilige Lebensmittelkategorien verbunden („quantum satis“ oder absolute Grenzwerte in mg/kg Lebensmittel). Zudem müssen Farbstoffe auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft werden, sowohl durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als auch durch die EU-Kommission. Änderungen der Zulassung erfolgen auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, sodass die Liste regelmäßig aktualisiert wird. Für bestimmte Farbstoffe gelten spezielle Warnhinweise, beispielsweise bei einigen Azofarbstoffen, deren Verwendung eine deklarationspflichtige Kennzeichnung gemäß Artikel 24 der Verordnung nach sich zieht („kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“). Die rechtlichen Vorgaben gelten für im Handel erhältliche Endprodukte sowie für Zwischen- und Halbfabrikate gleichermaßen.

Wie müssen Farbstoffe auf Lebensmitteln deklariert werden?

Laut der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011, Artikel 18 sowie Anhang VII, müssen Farbstoffe in der Zutatenliste des Produkts aufgeführt werden. Dies muss mit der Funktionsklasse „Farbstoff“ und entweder der spezifischen Bezeichnung des Stoffs oder seiner E-Nummer erfolgen (z. B. „Farbstoff: E 100″ oder „Farbstoff: Kurkumin“). Bei bestimmten Farbstoffen wie den aus allergologischer oder toxikologischer Sicht bedenklichen Azofarbstoffen ist ein zusätzlicher Hinweis erforderlich, wie im vorherigen Absatz beschrieben. Wichtig ist zudem, dass diese Deklarationspflicht für alle vorverpackten Lebensmittelprodukte gilt, einschließlich solcher, die in der Gastronomie oder Gemeinschaftsverpflegung angeboten werden. Fehlen diese Angaben oder wird ein nicht zugelassener Farbstoff verwendet, sind dies straf- oder bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten, die von den Lebensmittelüberwachungsbehörden geahndet werden.

Gibt es Unterschiede zwischen gesetzlichen Regelungen für künstliche und natürliche Farbstoffe?

Die EU-Rechtslage unterscheidet hinsichtlich der Zulassung und Verwendung nicht direkt zwischen „künstlichen“ (synthetischen) und „natürlichen“ Farbstoffen, sondern prüft jeden Stoff individuell auf gesundheitliche Risiken. Auch Stoffe mit natürlichem Ursprung, wie aus Pflanzen oder Tieren gewonnene Extrakte, unterliegen den gleichen Zulassungsverfahren wie synthetische Farbstoffe. Für Stoffe natürlichen Ursprungs gelten jedoch teilweise andere Höchstmengen oder Anwendungsbereiche. Beispielsweise ist Carotin (E 160a) für zahlreiche Produkte ohne Mengenbegrenzung zugelassen, während synthetisch hergestellte Azofarbstoffe oft strenger limitiert sind und spezielle Warnhinweise erfordern. In der Praxis werden viele natürliche Farbstoffe weniger restriktiv behandelt, sofern sie gesundheitlich unbedenklich sind und keine toxikologischen Bedenken bestehen.

Wie erfolgt die Überprüfung und Zulassung neuer Farbstoffe?

Die Zulassung neuer Farbstoffe erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Antragsteller, meist Hersteller oder Rohstofflieferanten, müssen bei der Europäischen Kommission einen Zulassungsantrag stellen. Dieser muss umfangreiche toxikologische Daten, eine Beschreibung des Herstellungsverfahrens, Angaben zur Reinheit sowie Nutzungs- und Verbrauchsdaten enthalten. Die EFSA bewertet sodann auf Basis dieser Unterlagen Sicherheit und gesundheitliche Auswirkungen. Nach positiver Risikobewertung kann die Europäische Kommission, unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten im Ständigen Lebensmittelausschuss, den Antrag genehmigen und den Farbstoff in die Zulassungsliste aufnehmen. Auch nach der Zulassung werden Nutzung und Sicherheit regelmäßig überprüft (Re-Evaluierungsprogramm der EFSA). Neue wissenschaftliche Erkenntnisse können zu Veränderung von Anwendungsbedingungen, Höchstmengen oder sogar zum Entzug der Zulassung führen.

Unterliegen bestimmte Farbstoffe einem Verwendungsverbot in speziellen Lebensmittelkategorien?

Ja, die Anhänge II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 enthalten differenzierte Vorgaben zur zulässigen Verwendung und zu Anwendungsbeschränkungen. So sind manche Farbstoffe beispielsweise für Getränke, Babynahrung, Kleinkindnahrung oder Bio-Produkte gänzlich verboten. Besonders streng sind die Regelungen für Lebensmittel, die für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind; Farbstoffe sind hier weitgehend ausgeschlossen, um gesundheitliche Risiken für diese besonders schutzbedürftige Verbrauchergruppe zu minimieren. Auch für unbehandelte Lebensmittel und Rohprodukte wie frisches Obst, Gemüse, Fleisch oder Fisch ist der Zusatz von Farbstoffen grundsätzlich unzulässig. Verstöße gegen solche Verwendungsverbote gelten als schwere Ordnungswidrigkeit und führen im Einzelfall zur Rücknahme oder Vernichtung des betroffenen Produkts und zu empfindlichen Bußgeldern.

Bestehen besondere rechtliche Anforderungen für Bio-Lebensmittel hinsichtlich Farbstoffen?

Für Bio-Lebensmittel gilt neben den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorgaben zusätzlich die EU-Öko-Verordnung (Verordnung (EU) 2018/848 und Delegierte Verordnung (EU) 2021/1165). Hier ist der Einsatz von Lebensmittelzusatzstoffen, einschließlich Farbstoffen, stark eingeschränkt und auf eine speziell definierte Positivliste reduziert. Nur wenige Farbstoffe sind für Bio-Lebensmittel zugelassen, meist nur solche natürlichen Ursprungs und unter engen Vorgaben zur Herkunft. Die Verwendung sämtlicher synthetischer Farbstoffe in Bio-Produkten ist verboten. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird regelmäßig durch spezialisierte Kontrollstellen im Rahmen von Bio-Zertifizierungen überwacht. Ein Verstoß führt nicht nur zu Sanktionen nach dem allgemeinen Lebensmittelrecht, sondern auch zum Entzug der Bio-Zertifizierung.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen die rechtlichen Vorgaben zu Farbstoffen?

Bei Missachtung der gesetzlichen Vorschriften drohen lebensmittelrechtliche Sanktionen auf Grundlage des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB). Zum einen handelt es sich beim Zusatz nicht zugelassener Farbstoffe oder nicht ordnungsgemäßer Kennzeichnung um Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern bis zu mehreren 10.000 Euro geahndet werden können. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Handlung, insbesondere wenn dadurch die Gesundheit von Verbraucher:innen gefährdet wird, können auch strafrechtliche Konsequenzen, etwa Geld- oder Freiheitsstrafen, verhängt werden. Zusätzlich ist mit Maßnahmen wie Rückruf der betroffenen Produkte, Veröffentlichung im europäischen Schnellwarnsystem RASFF und ggf. Schließung der Produktionsbetriebe zu rechnen. Auch kann die öffentliche Wahrnehmung stark beeinträchtigt werden, was wirtschaftliche Folgeschäden nach sich zieht.