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Fannie


Begriffserklärung und Ursprung von Fannie

Etymologie und allgemeine Definition

Der Begriff „Fannie“ bezieht sich in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht in erster Linie auf die Federal National Mortgage Association (FNMA), die im US-amerikanischen Finanzsystem allgemein unter dem Kurznamen „Fannie Mae“ bekannt ist. Fannie Mae ist eine bundesstaatlich gesponserte Institution (Government-Sponsored Enterprise, GSE), die 1938 von der US-Regierung gegründet wurde, um den Zugang zu Hypothekenfinanzierungen zu erleichtern, und somit den Immobilienmarkt stabilisieren sowie bezahlbaren Wohnraum fördern sollte. Die Namensgebung „Fannie Mae“ ist ein Akronym, abgeleitet aus der phonetischen Verkürzung von „Federal National Mortgage Association“.

Abgrenzung zu anderen Begriffen

„Fannie“ ist nicht mit privaten Unternehmen oder natürlichen Personen identisch, sondern bezeichnet im engeren Sinne ausschließlich die GSE Fannie Mae. Eine Verwechselung mit anderen Begriffen, insbesondere dem weiblichen Vornamen „Fannie“, ist im rechtlichen Kontext auszuschließen.


Rechtliche Grundlagen und Status von Fannie Mae

Rechtliche Stellung und Gründung

Fannie Mae wurde im Jahr 1938 im Rahmen des National Housing Act gegründet. Zunächst als staatliche Körperschaft geführt, erfolgte 1968 die Privatisierung im Rahmen der Public Law 90-448, wobei Fannie Mae eine Aktiengesellschaft nach US-amerikanischem Gesellschaftsrecht wurde. Dennoch behielt sie einen speziellen Status als bundesstaatlich geförderte Einrichtung (GSE) und unterliegt so einem besonderen aufsichtsrechtlichen Rahmen.

Gesetzliche Grundlagen

  • National Housing Act (1934, sek. 301-310)
  • Charter Act für Fannie Mae (Federal National Mortgage Association Charter Act, 12 U.S. Code § 1716 ff.)

Die rechtliche Verankerung und die Privilegien als GSE führen zu spezifischen regulatorischen Vorgaben im Hypotheken-, Aufsichts- und Gesellschaftsrecht.


Aufgaben und Funktionen im Rechtssystem

Förderung des Sekundärmarkts für Hypotheken

Zentraler gesetzlicher Zweck von Fannie Mae ist die Förderung des sog. Sekundärmarktes für Hypothekendarlehen. Fannie Mae kauft auf dem freien Markt von Banken und anderen Hypothekengebern Hypothekendarlehen an, bündelt diese und verbrieft sie als Mortgage-Backed Securities (MBS). Diese Wertpapiere werden sodann am Kapitalmarkt platziert.

Rechtliche Rahmenbedingungen des Sekundärmarkts

  • Strikte Anforderungen durch den Housing and Community Development Act
  • Pflicht zur Wahrung der Marktsolidität sowie zur Förderung von Wohneigentum insbesondere für bestimmte Bevölkerungsgruppen (Affirmative Regulations)
  • Verpflichtung zur Offenlegung und Risikotransparenz gemäß den Vorschriften der Securities and Exchange Commission (SEC)

Aufsicht und Regulierung

Fannie Mae unterliegt der Beaufsichtigung durch die Federal Housing Finance Agency (FHFA), welche 2008 im Zuge der Finanzkrise zur zentralen Aufsichtsbehörde für GSEs bestimmt wurde. Rechtsgrundlage bildet der Housing and Economic Recovery Act von 2008.

Rechte und Pflichten unter Aufsicht

  • Überwachung der Einhaltung regulatorischer Kapitalanforderungen
  • Kontrolle der Geschäftsführung auf Einhaltung der Satzung und Gesetzesvorschriften
  • Eingriffsrechte bei Risiken für den Finanzmarkt oder für Steuerzahler

Insolvenzrechtliche Besonderheiten

„Conservatorship“ als besonderes Aufsichtsverfahren

Im Zuge der Weltfinanzkrise 2008 wurde Fannie Mae nach § 1367 des Housing and Economic Recovery Act unter die Verwaltung (Conservatorship) der FHFA gestellt. Dieses einzigartig US-amerikanische Aufsichtsverfahren entspricht einer vorläufigen Verwaltung und sichert die fortlaufende Erfüllung bestehender Verpflichtungen.

  • Rechtlich erfolgt kein Konkursverfahren nach dem Bankruptcy Code.
  • Die Gesellschaft bleibt rechtlich existent, die FHFA übernimmt temporär alle Rechte und Pflichten der Geschäftsleitung.
  • Insolvenzschutz besteht zum Schutz der Stabilität des Finanzsystems.

Auswirkungen auf den Finanzmarkt und Haftungsregelungen

Staatsgarantie und Haftungsumfang

Fannie Mae verfügt trotz staatlicher Förderung nicht über eine ausdrückliche Staatsgarantie für ausgegebene Wertpapiere oder Verbindlichkeiten. Allerdings wird am Markt implizit davon ausgegangen, dass Verbindlichkeiten in Krisenfällen durch Bundeshilfen abgesichert werden. Diese Konstellation erzeugt eine besondere Rechtslage im Insolvenz-, Kapitalmarkt- und Schuldrecht.

Relevanz für Investoren

  • Kein gesetzlicher Anspruch auf staatlichen Bail-Out
  • In Krisenfällen haften Aktionäre und Gläubiger primär nach den allgemeinen gesellschafts- und wertpapierrechtlichen Vorschriften
  • Zusätzliche Regelungen im Rahmen der FHFA-Aufsicht bezüglich Schuldner- und Anleiherrechte

Internationale Vergleichsperspektiven und europarechtliche Würdigung

Vergleich mit internationalen Standards

Die Konstruktion von Fannie Mae als GSE ist ein US-spezifisches Phänomen. In europäischen Rechtssystemen existieren keine vollständigen Parallelen, es zeigen sich aber Ähnlichkeiten in der Förderung gemeinnütziger beziehungsweise staatsnaher Kreditvergabestellen (z.B. KfW in Deutschland).


Zusammenfassung

Der Begriff „Fannie“ steht rechtlich eindeutig für die Federal National Mortgage Association (Fannie Mae), eine fortdauernd staatlich geförderte Aktiengesellschaft im US-amerikanischen Hypotheken- und Finanzsystem. Ihr rechtlicher Status vereint Elemente privater Unternehmensführung unter besonderer staatlicher Aufsicht und öffentlicher Aufgabenwahrnehmung im Interesse der Volkswirtschaft, insbesondere des Wohnungsmarkts. Die umfassende Regulierung, Sonderregelungen im Aufsichts-, Insolvenz- und Kapitalmarktrecht sowie die besondere Stellung im internationalen Vergleich prägen den rechtlichen Charakter von Fannie Mae maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen

Wer reguliert Fannie Mae und welche gesetzlichen Grundlagen gelten?

Fannie Mae unterliegt in den USA der Aufsicht durch die Federal Housing Finance Agency (FHFA), die seit Inkrafttreten des Housing and Economic Recovery Act (HERA) von 2008 die primäre Regulierungsbehörde ist. Die gesetzlichen Grundlagen ergeben sich insbesondere aus dem National Housing Act und nachfolgenden Anpassungen, darunter bedeutende Reformen und Ergänzungen durch den Federal Housing Enterprises Financial Safety and Soundness Act von 1992. Als Government-Sponsored Enterprise (GSE) muss Fannie Mae strenge aufsichtsrechtliche Vorgaben in Bezug auf Kapitalausstattung, Risikomanagement und Transparenz erfüllen. Dies umfasst spezifische Berichtspflichten, Prüfungsanforderungen und die Einhaltung von Bestimmungen zur Finanzstabilität, zum Schutz von Verbrauchern sowie zur Förderung des Wohnungsbaus. Zudem wirken sich zahlreiche Regelungen, wie das Dodd-Frank Act und die Basel-Standards (soweit US-relevant), auf die Strukturierung der Geschäfte und die Offenlegungspflichten von Fannie Mae aus.

Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen für Fannie Mae gegenüber Investoren?

Fannie Mae ist Emittentin von hypothekenbesicherten Wertpapieren und verpflichtet, gegenüber Investoren Transparenz und vertragliche Verlässlichkeit zu gewährleisten. Die rechtlichen Verpflichtungen ergeben sich aus speziellen Emissionsprospekten, dem Securities Act von 1933 sowie dem Securities Exchange Act von 1934. Fannie Mae muss umfassende Informationen bereitstellen, die für Investoren in Bezug auf Bonität, Sicherheitenstruktur, Zahlungsströme und Risiken relevant sind. Darüber hinaus ist sie verpflichtet, bestimmte Offenlegungspflichten einzuhalten, regelmäßig Finanzberichte zu veröffentlichen und Rückzahlungsmodalitäten präzise zu gestalten. Im Fall von Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen ist Fannie Mae verpflichtet, vertraglich vereinbarte Sicherungsmechanismen und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen, unter Berücksichtigung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

Welche besonderen Verbraucherschutzvorschriften gelten beim Umgang mit Hypotheken durch Fannie Mae?

Fannie Mae muss beim Ankauf und der Absicherung von Hypothekendarlehen eine Vielzahl von Verbraucherschutzvorschriften beachten. Dazu gehören insbesondere die Vorgaben aus dem Truth in Lending Act (TILA), dem Real Estate Settlement Procedures Act (RESPA) sowie Bestimmungen des Consumer Financial Protection Bureau (CFPB). Es sind Maßnahmen zu ergreifen, um Transparenz im Kreditvergabeprozess sicherzustellen, die Offenlegung aller relevanten Kreditkonditionen und Kosten zu gewährleisten und faire Praktiken im Falle von Kreditbearbeitungen, -übertragungen und -abwicklungen zu garantieren. Auch Vorschriften zur Diskriminierungsfreiheit gemäß dem Fair Housing Act und dem Equal Credit Opportunity Act müssen eingehalten werden. Fannie Mae ist verpflichtet, die Qualität der übernommenen Kredite regelmäßig zu überprüfen und Missstände (z. B. inkorrekte Zwangsvollstreckungen) zu beheben oder zu regulieren.

Wie wird im Insolvenzfall von Fannie Mae vorgegangen?

Fannie Mae genießt keinen automatischen staatlichen Bürgschaftsschutz, sondern ist im Rahmen des HERA unter die sogenannte „Conservatorship“ der FHFA gestellt worden. Im Insolvenzfall oder bei erheblichen finanziellen Problemen kann die FHFA die Kontrolle übernehmen und als „Treuhänder“ („conservator“ bzw. „receiver“) agieren. Das rechtliche Verfahren orientiert sich hierbei an den Vorgaben für GSEs im HERA und unterscheidet sich von klassischen Insolvenzverfahren nach Chapter 11 des US Bankruptcy Code. Oberste Priorität haben dabei der Schutz der Anlegerinteressen, die Stabilität der Finanzmärkte und die Sicherstellung des amerikanischen Immobilienfinanzierungssystems. Verträge mit Investoren und Servicern können modifiziert oder beendet werden, und Vermögenswerte werden nach gesetzlich vorgesehenen Rangfolgen abgewickelt.

Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen muss Fannie Mae einhalten?

Fannie Mae muss bei der Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten die US-amerikanischen Datenschutzgesetze, insbesondere den Gramm-Leach-Bliley Act (GLBA) und ergänzende Regelungen auf Bundesstaatenebene (z.B. das California Consumer Privacy Act, CCPA), beachten. Sie unterliegt streng definierten Anforderungen bzgl. Informationssicherheit, Offenlegungspflichten bei Datennutzung und -pannen und muss Maßnahmen zur Sicherstellung von Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit personenbezogener Daten implementieren. Bei der Weitergabe von Daten an Dienstleister und Dritte gelten zusätzliche vertragliche und technische Sicherungspflichten. Durch die nahezu ausschließlich nationale Tätigkeit ist Fannie Mae allerdings regulär nicht unmittelbar dem europäischen Datenschutzrecht (DSGVO) unterworfen, es sei denn, es bestehen explizite Geschäftsbeziehungen in die EU.

Wie gestaltet sich die Haftung von Fannie Mae gegenüber Dritten?

Die Haftung von Fannie Mae ist gesetzlich begrenzt und richtet sich einerseits nach den Emissionsbedingungen der jeweiligen Wertpapiere sowie den allgemeinen Grundsätzen des US Vertrags- und Deliktsrechts. Fannie Mae haftet grundsätzlich für Pflichtverletzungen aus Verträgen, kann sich jedoch auf besondere Haftungsbeschränkungen aus den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen sowie aus den Transaktionsdokumenten berufen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als GSE genießt Fannie Mae keine vollständige Immunität; allerdings gilt im Rahmen ihrer Treuhandverwaltung durch die FHFA (conservatorship) eine gewisse Schutzfunktion, um systemische Risiken zu vermeiden. Ansprüche Dritter – insbesondere im Bereich Fehlberatung, Vertragsbruch oder Datenverlust – können sich daraus ergeben, dass sie gegen ihre aufsichtsrechtlichen oder vertraglichen Verpflichtungen verstößt. Gerichtsverfahren werden regelmäßig auf Bundesebene geführt, wobei sich komplexe Fragen zu Jurisdiktion und Anwendbarkeit staatlicher Gesetze ergeben können.