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Familienversicherung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Familienversicherung

Die Familienversicherung ist ein zentraler Begriff im deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie ermöglicht die beitragsfreie Mitversicherung bestimmter Angehöriger über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und spiegelt ein Kernelement des solidarischen Gesundheitssystems wider. Rechtsgrundlagen bilden maßgeblich das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und ergänzend das Elfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) für die Pflegeversicherung. Auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) existiert ein eigenständiges Konzept der Familienabsicherung, dieses unterliegt jedoch anderen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Rechtsgrundlagen der Familienversicherung

Gesetzliche Grundlagen

Die Familienversicherung ist im SGB V, insbesondere in den §§ 10 ff., geregelt. Sie ordnet den Kreis der versicherungsfähigen Personen, die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Familienversicherung sowie die Dauer des Anspruchs. Für die Pflegeversicherung gelten die Bestimmungen zur Familienversicherung gemäß § 25 SGB XI entsprechend.

Bedeutung der Familienversicherung

Durch diese Regelungen erhalten insbesondere nicht oder nur geringfügig erwerbstätige Ehegatten, Lebenspartner sowie Kinder einen umfassenden Krankenversicherungsschutz, ohne selbst Beiträge leisten zu müssen. Die Familienversicherung trägt so zur sozialen Absicherung von Familien bei und verhindert Versicherungslücken.

Anspruchsberechtigte Personen und Voraussetzungen

Personenkreis der Familienversicherung

Folgende Personen können über die GKV familienversichert werden:

  • Ehegatten und eingetragene Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, sofern die Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht und der Ehegatte/Lebenspartner nicht selbst versicherungspflichtig oder freiwillig versichert ist
  • Kinder (einschließlich Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder) bis zu einer bestimmten Altersgrenze
  • Enkel, unter bestimmten Bedingungen (wenn sie überwiegend vom Mitglied unterhalten werden)

Altersgrenzen für familienversicherte Kinder

  • Grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
  • Bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, wenn das Kind nicht erwerbstätig ist
  • Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sich das Kind in Schul- oder Berufsausbildung befindet, einschließlich Studium und freiwilligem Dienst (z. B. freiwilliges soziales Jahr)
  • Über das 25. Lebensjahr hinaus, sofern eine Behinderung vorliegt, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist und die Erwerbsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt

Ausschlussgründe für die Familienversicherung

Familienversicherte Personen dürfen

  • kein eigenes Einkommen oberhalb bestimmter Freigrenzen erzielen (2024: monatlich 485 Euro oder 520 Euro bei Minijobs; Anpassung jährlich)
  • nicht selbst krankenversicherungspflichtig bzw. freiwillig oder privat versichert sein
  • nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sein

Ferner besteht kein Anspruch, wenn der Ehegatte/Lebenspartner privat versichert ist und dessen Einkommen eine bestimmte Grenze überschreitet (allgemein als Jahresarbeitsentgeltgrenze oder Versicherungsfreiheitgrenze bezeichnet).

Melde- und Nachweispflichten

Nachweise und Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen

Die Krankenkassen prüfen regelmäßig, ob die Voraussetzungen für die Familienversicherung erfüllt sind. Versicherte müssen relevante Veränderungen, wie z. B. das Überschreiten der Einkommensgrenze, Ausbildungsende oder Aufnahme einer eigenen Versicherungspflicht, unaufgefordert mitteilen. Andernfalls kann es zu Nachforderungen der Beiträge kommen.

Spezielle Vorschriften für getrennt lebende Eltern und Patchwork-Familien

Im Fall der getrennten Elternschaft oder Patchwork-Konstellationen ist zu prüfen, welcher Elternteil vorrangig zur Familienversicherung berechtigt. Maßgeblich sind unter anderem die Wohnsituation, das Sorgerecht sowie die jeweilige Versicherungsart und das Einkommen der Elternteile.

Dauer und Ende der Familienversicherung

Die Familienversicherung besteht, solange die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie endet insbesondere mit

  • dem Ende der Familienbeziehung (z. B. Scheidung, Tod)
  • dem Überschreiten der Altersgrenzen
  • dem Wegfall der sonstigen Voraussetzungen (z. B. Beginn einer eigenen Versicherungspflicht, Überschreiten der Einkommensgrenze, Begründung einer privaten Krankenversicherung)

Beim Wegfall der Familienversicherung besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf eine nahtlose Weiterversicherung als freiwilliges Mitglied oder im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung.

Familienversicherung in der Pflegeversicherung

Die Familienversicherung in der Pflegeversicherung (§ 25 SGB XI) ist eng mit der Krankenversicherung verknüpft. Sie gilt nach den gleichen Regelungen wie in der GKV, sodass versicherte Angehörige einen uneingeschränkten Zugang zur sozialen Pflegeversicherung erhalten.

Familienversicherung in der privaten Krankenversicherung

Anders als in der GKV existiert in der PKV keine beitragsfreie Familienversicherung. Familienangehörige müssen jeweils eigene individuelle Versicherungsverträge abschließen und Beiträge zahlen. Private Krankenversicherungsunternehmen bieten teilweise sogenannte Familientarife oder Sonderkonditionen für Kinder an, doch eine kollektive beitragsfreie Absicherung wie in der GKV ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Bedeutung und Folgen bei Fehlangaben

Liegt ein Ausschlussgrund – etwa durch Überschreiten der Einkommensgrenze oder Aufnahme einer eigenen Versicherungstätigkeit – vor und dies wird der Krankenversicherung nicht mitgeteilt, können rückwirkend Beiträge erhoben werden. Zudem sind im Falle vorsätzlicher Täuschung oder Falschangaben rechtliche Konsequenzen, bis hin zu Strafverfahren wegen Beitragsbetrugs, möglich.

Fazit

Die Familienversicherung ist ein zentrales Element des deutschen Sozialversicherungssystems und sorgt für einen umfassenden Versicherungsschutz von Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern ohne eigene Beitragspflicht, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erfordern regelmäßige Prüfung und Meldung relevanter Änderungen durch die versicherten Mitglieder. Die Familienversicherung trägt maßgeblich zur sozialen und gesundheitlichen Sicherung von Familien in Deutschland bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Familienversicherung nach § 10 SGB V erfüllt sein?

Für die Familienversicherung nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) müssen eine Reihe rechtlicher Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss es sich um Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder Kinder handeln, die in die gesetzliche Krankenversicherung eines Mitglieds familienversichert werden sollen. Das zu versichernde Familienmitglied darf nicht selbst versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder von der Versicherungspflicht befreit sein. Außerdem darf das regelmäßige Gesamteinkommen des Familienmitglieds eine bestimmte Grenze nicht überschreiten, die sich jährlich ändert (2024: 505 Euro monatlich). Für Kinder gilt zusätzlich eine Altersgrenze: Sie sind grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres mitversichert, unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Schul- oder Berufsausbildung, Studium, freiwilliges soziales Jahr) verlängert sich die Mitversicherung bis maximal zum 25. Lebensjahr. Bei Behinderung kann die Mitversicherung zeitlich unbegrenzt fortbestehen. Eine Familienversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland liegt.

Können nebenleibliche Kinder, Stiefkinder oder Pflegekinder auch familienversichert werden?

Ja, nach § 10 Abs. 3 SGB V können neben leiblichen Kindern auch Stiefkinder und Pflegekinder unter den gleichen gesetzlichen Voraussetzungen familienversichert werden. Voraussetzung ist, dass sie im gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied leben. Pflegekinder müssen aufgrund eines auf Dauer angelegten Pflegeverhältnisses mit familienähnlichen Bindungen aufgenommen worden sein. Verwandte zweiten oder ferneren Grades (etwa Enkelkinder) können nur bei besonderen Voraussetzungen (zum Beispiel bei bestehender Unterhaltspflicht und Haushaltsgemeinschaft) in die Familienversicherung einbezogen werden. Adoptivkinder werden wie leibliche Kinder behandelt.

Welche Auswirkungen hat eine geringfügige Beschäftigung auf die Familienversicherung?

Eine geringfügige Beschäftigung – also ein sogenannter Minijob mit regelmäßigem Einkommen bis zu 538 Euro monatlich (Stand 2024) – ist für die Familienversicherung unschädlich, sofern das Gesamteinkommen nicht die maßgebliche Einkommensgrenze überschreitet (2024: 505 Euro monatlich; für Minijobs gelten jedoch bestimmte Ausnahmeregelungen). Wird im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung das Einkommen ausnahmsweise als sogenanntes „unwiderbringliches Taschengeld“ verstanden, bleibt die Familienversicherung weiterhin möglich. Überschreitet das Gesamteinkommen aus Minijob und anderen Einkünften (z. B. Mieteinnahmen) die Grenze, endet die Familienversicherung und es besteht Versicherungspflicht oder die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung.

Was passiert, wenn die Voraussetzungen der Familienversicherung nicht mehr vorliegen?

Sobald eine der gesetzlichen Voraussetzungen entfällt, endet die Familienversicherung. Dies kann z.B. durch Überschreiten der Einkommensgrenze, Vollendung der maßgeblichen Altersgrenze des Kindes oder einen Statuswechsel (z.B. Aufnahme einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit oder Beginn einer Pflichtversicherung) geschehen. Die Krankenversicherungspflicht bleibt dennoch bestehen, sodass unverzüglich eine eigenständige Krankenversicherung abgeschlossen werden muss. Die Krankenkassen verlangen hierzu entsprechende Nachweise, und Versäumnisse können zu rückwirkenden Beitragsforderungen führen.

Welche Folgen hat eine Änderung des Versicherungsstatus der Eltern (zum Beispiel Wechsel in die private Krankenversicherung) auf die Familienversicherung der Kinder?

Wechselt der hauptversicherte Elternteil in die private Krankenversicherung (PKV) und ist das andere Elternteil gesetzlich versichert, kommt es für die Familienversicherung der Kinder auf verschiedene Faktoren an. Nach § 10 Abs. 3 SGB V endet die Familienversicherung für Kinder, wenn der privatversicherte Ehegatte besser verdient als der gesetzlich versicherte und das Gesamteinkommen regelmäßig die Versicherungspflichtgrenze übersteigt (sogenannte Jahresarbeitsentgeltgrenze, 2024: 69.300 Euro). In diesem Fall müssen die Kinder in der Regel ebenfalls privat krankenversichert werden. Sollte der Gesetzlichversicherte Elternteil mehr verdienen oder der Privatversicherte die Grenze nicht überschreiten, bleibt die Familienversicherung in der GKV für das Kind möglich.

Gibt es eine Wartezeit oder Karenzzeit bei der Aufnahme in die Familienversicherung?

Bei der Familienversicherung im Sinne des § 10 SGB V gibt es grundsätzlich keine Warte- oder Karenzzeiten. Der Versicherungsschutz beginnt mit dem Tag, an dem sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen der Familienversicherung vorliegen. Wird die Meldung verspätet vorgenommen, so greift der Versicherungsschutz dennoch rückwirkend ab Vorliegen der Voraussetzungen, sofern die Meldung innerhalb von drei Monaten erfolgt. Die Krankenkassen überprüfen die Angaben regelmäßig, speziell bei Änderungen im Einkommen oder Status.

Wie wirken sich Auslandsaufenthalte auf den Anspruch auf Familienversicherung aus?

Bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten bleibt die Familienversicherung grundsätzlich bestehen, sofern der ständige Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt weiterhin in Deutschland gegeben ist. Für längere oder dauerhafte Aufenthalte im Ausland, beispielsweise im Rahmen eines Studiums, Freiwilligendienstes oder einer Entsendung, gelten besondere Regelungen: Ein vorübergehender Auslandsaufenthalt bis zu zwölf Monaten wird in der Regel nicht als Unterbrechung der Familienversicherung angesehen, sofern die Rückkehr nach Deutschland beabsichtigt ist und der Lebensmittelpunkt nicht ins Ausland verlagert wurde. Bei dauerhafter Verlagerung des Aufenthaltsortes ins Ausland, etwa durch Wohnsitznahme, erlischt der Anspruch auf Familienversicherung regelmäßíg – in diesem Fall muss eine geeignete Krankenversicherung im Aufenthaltsland abgeschlossen werden. Besondere Sozialversicherungsabkommen (z.B. innerhalb der EU oder mit Staaten, mit denen ein entsprechendes Abkommen besteht) können im Einzelfall abweichende Regelungen vorsehen.