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Familiensachen

Was sind Familiensachen?

Familiensachen sind gerichtliche Verfahren, die rechtliche Beziehungen und Konflikte innerhalb von Familie und Partnerschaft betreffen. Dazu zählen Angelegenheiten rund um Ehe und Trennung, Unterhalt, Sorge- und Umgangsrechte, Abstammung, Adoption, Schutz vor Gewalt sowie die vermögensrechtliche Auseinandersetzung von Partnern. Zuständig ist in der Regel das Familiengericht, das als spezialisierte Abteilung bei den Amtsgerichten geführt wird. Ziel der Verfahren ist eine sachgerechte und dem Schutz von Kindern und Betroffenen dienende Klärung der jeweiligen Rechtsverhältnisse.

Zuständigkeiten und Verfahrensgrundsätze

Zuständigkeit der Familiengerichte

Familiensachen werden von den Familiengerichten entschieden. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich typischerweise nach dem Wohnsitz der Beteiligten oder – bei Kindschaftssachen – nach dem Lebensmittelpunkt des Kindes. Bei internationalen Bezügen prüfen die Gerichte zusätzlich, ob sie überhaupt zuständig sind und welches Recht anzuwenden ist.

Beteiligte und Verfahrensrollen

Regelmäßig sind eine antragstellende und eine weitere beteiligte Person (etwa Ehegatten oder Elternteile) beteiligt. In Kindschaftssachen wird das Kind – seinem Alter und seiner Reife entsprechend – angehört. Das Jugendamt kann als beteiligte Stelle hinzugezogen werden. Zur Wahrung der Interessen eines Kindes kann das Gericht eine eigenständige Vertretung für das Kind bestellen. Sachverständige kommen hinzu, wenn psychologische, medizinische oder wirtschaftliche Fragen fachlich zu klären sind.

Grundsätze des Verfahrens

Familiengerichte ermitteln den Sachverhalt von Amts wegen. Verhandlungen sind grundsätzlich nicht öffentlich, um die Privatsphäre zu schützen. In Kindschaftssachen gilt das Beschleunigungsgebot, damit tragfähige Lösungen schnell erreicht werden. Einvernehmliche Regelungen werden gefördert, sofern sie rechtlich zulässig sind und insbesondere dem Wohl von Kindern entsprechen.

Arten von Familiensachen

Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft

Aufhebung und Scheidung

Das Familiengericht entscheidet über die Aufhebung einer Ehe oder einer früher begründeten Lebenspartnerschaft sowie über die Scheidung. Im Rahmen der Scheidung werden häufig weitere Punkte mitgeregelt, etwa der Ausgleich von Rentenanrechten, Unterhalt und die Verteilung des gemeinsamen Hausrats.

Folgesachen

Mit der Scheidung verbunden sind regelmäßig Folgesachen, die im selben oder in getrennten Verfahren geklärt werden, darunter Unterhalt, elterliche Sorge, Umgang, Zuweisung der Ehewohnung sowie vermögensrechtliche Fragen.

Unterhalt

Unterhalt dient der Sicherung des Lebensbedarfs. Familiengerichte befassen sich mit Kindesunterhalt, Trennungs- und nachehelichem Unterhalt sowie Unterhaltsansprüchen zwischen Verwandten. Gegenstand sind Bedarf, Leistungsfähigkeit, Rangfolge mehrerer Berechtigter, Dauer und Anpassung. Unterhalt kann tituliert werden, um eine spätere Durchsetzung zu ermöglichen.

Sorge und Umgang

Die elterliche Sorge umfasst unter anderem Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge. Das Gericht regelt auf Antrag die Ausübung der Sorge, überträgt Teilbereiche oder die alleinige Sorge, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Umgangsregelungen sichern den Kontakt des Kindes zu beiden Eltern. Das Kind wird altersgerecht beteiligt; bei Bedarf werden Hilfen vermittelt und Sachverständige hinzugezogen.

Schutz vor Gewalt und Wohnungszuweisung

Bei Gewalt oder Bedrohungen kann das Familiengericht Schutzanordnungen treffen, zum Beispiel Kontakt- und Näherungsverbote. In angespannten Trennungssituationen kann die gemeinsame Wohnung vorübergehend einer Person zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden, wenn dies zum Schutz erforderlich erscheint.

Abstammung und Vaterschaft

Gerichte klären die rechtliche Abstammung, insbesondere die Vaterschaft. Gegenstand sind Anerkennung, Anfechtung und gerichtliche Feststellung. Ziel ist die eindeutige Zuordnung rechtlicher Elternschaft mit ihren Rechten und Pflichten, einschließlich Unterhalt und Sorge.

Adoption, Vormundschaft und Pflegschaft

Bei Adoptionen prüft das Familiengericht die Eignung der Adoptionsbewerbenden, die Einwilligungen der Beteiligten und die Kindeswohlverträglichkeit. Mit der Adoption entstehen rechtliche Eltern-Kind-Beziehungen mit umfassenden Folgen, insbesondere in Sorge, Unterhalt und Erbrecht. Vormundschaft und Pflegschaft betreffen die gesetzliche Vertretung von Minderjährigen, wenn Eltern die Sorge nicht ausüben können.

Güterrecht und Vermögensauseinandersetzung

Im Güterrecht werden die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten geklärt. Typisch ist der Zugewinnausgleich, bei dem Wertzuwächse während der Ehe zwischen den Ehegatten ausgeglichen werden. Daneben regelt das Gericht auf Antrag die Verteilung von Haushaltsgegenständen, die Nutzung der Ehewohnung sowie Ausgleichsansprüche aus gemeinsamer Vermögensbildung.

Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich ist die Teilung von während der Ehe erworbenen Anwartschaften auf Alters- und Invaliditätsversorgung. Er erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit der Scheidung. Die beteiligten Versorgungsträger werden einbezogen, und das Gericht entscheidet über Art und Umfang der Teilung.

Ablauf eines Verfahrens

Einleitung und Antrag

Familiensachen werden meist durch einen schriftlichen Antrag eingeleitet. Das Gericht stellt den Antrag zu, setzt Fristen und terminiert eine Anhörung. In Kindschaftssachen wird häufig das Jugendamt beteiligt; in Unterhaltssachen sind Einkommens- und Bedarfsunterlagen bedeutsam.

Anhörung und Beweis

Die Gerichte führen mündliche Anhörungen durch. Kinder werden altersgerecht angehört. Als Beweismittel kommen Urkunden, Zeugenaussagen, Auskünfte öffentlicher Stellen sowie Gutachten in Betracht. Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise eigenständig, um eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

Entscheidungen und Einigungen

Das Familiengericht entscheidet regelmäßig durch Beschluss. Einigungen können als gerichtlicher Vergleich protokolliert werden und erhalten damit die Wirkung einer vollstreckbaren Regelung. Bei eilbedürftigen Situationen ist vorläufiger Rechtsschutz möglich, um eine Zwischenregelung zu treffen.

Rechtsmittel

Gegen Entscheidungen stehen je nach Gegenstand unterschiedliche Rechtsmittel zur Verfügung. Diese müssen innerhalb bestimmter Fristen eingelegt werden. In dringenden Fällen kann gesonderter vorläufiger Rechtsschutz begehrt werden, bis über die Hauptsache entschieden ist.

Kosten und Verfahrenshilfen

Die Kosten setzen sich aus Gerichtsgebühren und gegebenenfalls Vergütung für die Vertretung sowie Auslagen (zum Beispiel Sachverständigenkosten) zusammen. Die Höhe orientiert sich an Bedeutung und wirtschaftlichem Wert des Verfahrensgegenstands. Unter bestimmten Voraussetzungen kann staatliche Unterstützung in Form von Verfahrenskostenhilfe gewährt werden. Über die endgültige Kostentragung entscheidet das Gericht nach den gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs und der Billigkeit.

Durchsetzung und Vollstreckung

Entscheidungen der Familiengerichte können vollstreckt werden. Unterhaltstitel werden regelmäßig über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgesetzt. Umgangs- und Sorgerechtsentscheidungen werden mit geeigneten Mitteln gesichert; dabei achtet das Gericht besonders auf das Kindeswohl und setzt Maßnahmen verhältnismäßig ein. Schutzanordnungen bei Gewalt können mit Ordnungsmitteln abgesichert werden.

Internationale Bezüge

In grenzüberschreitenden Konstellationen prüfen die Gerichte internationale Zuständigkeiten, das anzuwendende Recht und die Anerkennung sowie Vollstreckung ausländischer Entscheidungen. Besondere Regelungen bestehen etwa für grenzüberschreitenden Unterhalt, internationale Kindesentführungen und die Anerkennung von Scheidungen.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Familiensachen betreffen besonders sensible Lebensbereiche. Verhandlungen sind in der Regel nicht öffentlich. Die Einsicht in die Verfahrensakte ist auf Beteiligte und berechtigte Stellen beschränkt. Entscheidungen werden so gefasst, dass Persönlichkeitsrechte, insbesondere von Kindern, gewahrt bleiben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Verfahren fallen unter den Begriff Familiensachen?

Hierzu zählen Angelegenheiten zu Ehe und Trennung, Unterhalt, elterlicher Sorge und Umgang, Abstammung und Vaterschaft, Adoption, Schutz vor Gewalt, Wohnungszuweisung, Güterrecht, Hausrat und Versorgungsausgleich.

Welches Gericht entscheidet über Familiensachen?

Zuständig ist das Familiengericht als Abteilung des Amtsgerichts. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich vor allem nach dem Wohnsitz der Beteiligten oder dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes.

Sind Verhandlungen in Familiensachen öffentlich?

In der Regel sind Verhandlungen nicht öffentlich. Dies dient dem Schutz der Privatsphäre der Beteiligten und insbesondere dem Schutz von Kindern.

Wie werden Kinder im Verfahren beteiligt?

Kinder werden alters- und entwicklungsangemessen angehört. Das Gericht kann eine eigene Vertretung für das Kind bestellen. Das Jugendamt wird in Kindschaftssachen regelmäßig beteiligt.

Welche Kosten entstehen in Familiensachen und gibt es Unterstützung?

Anfallen können Gerichtsgebühren, Vergütung für die Vertretung und Auslagen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist staatliche Unterstützung in Form von Verfahrenskostenhilfe möglich.

Wie lange dauern Verfahren in Familiensachen?

Die Dauer hängt vom Gegenstand und der Komplexität ab. Kindschaftssachen werden beschleunigt behandelt. Verfahren mit Gutachten oder umfangreicher Beweisaufnahme dauern häufig länger.

Wie werden Entscheidungen in Familiensachen durchgesetzt?

Unterhaltsentscheidungen werden über Zwangsvollstreckung durchgesetzt. Umgangs- und Sorgerechtsregelungen werden mit geeigneten, dem Kindeswohl verpflichteten Maßnahmen gesichert. Schutzanordnungen werden mit Ordnungsmitteln durchgesetzt.