Familienheimfahrten: Bedeutung, Einordnung und Anwendungsbereich
Familienheimfahrten bezeichnen Fahrten zwischen einer aus beruflichen Gründen begründeten Zweitwohnung am Arbeitsort und dem Lebensmittelpunkt (Hauptwohnung). Sie sind typischer Bestandteil der doppelten Haushaltsführung und dienen der Aufrechterhaltung des privaten Lebensbezugs zum Hauptwohnsitz. Im Steuerrecht werden solche Fahrten unter bestimmten Voraussetzungen als beruflich veranlasste Aufwendungen anerkannt.
Abzugrenzen sind Familienheimfahrten von regelmäßigen Pendelfahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie von Reisekosten bei vorübergehenden Auswärtstätigkeiten. Familienheimfahrten setzen eine doppelte Haushaltsführung voraus; reine Pendelfahrten oder Dienstreisen fallen nicht hierunter.
Voraussetzungen für die Anerkennung
Doppelte Haushaltsführung als Grundvoraussetzung
Familienheimfahrten werden nur anerkannt, wenn eine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Erforderlich ist eine Hauptwohnung, an der der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt (z. B. familiäre Bindungen, gesellschaftlicher Lebensmittelpunkt), sowie eine weitere Wohnung am Beschäftigungsort, die aus beruflichen Gründen gehalten wird. Die Zweitwohnung muss der Ausübung der Erwerbstätigkeit dienen; rein private Gründe reichen nicht aus.
Berufliche Veranlassung
Die Begründung und Unterhaltung der Zweitwohnung am Arbeitsort muss durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sein. Maßgeblich ist, dass die tägliche Rückkehr zur Hauptwohnung unzumutbar oder organisatorisch nicht sinnvoll ist und deshalb eine Zweitunterkunft am Beschäftigungsort unterhalten wird.
Haupt- und Nebenwohnung
Die Hauptwohnung ist der Lebensmittelpunkt. Die Nebenwohnung befindet sich am Beschäftigungsort. Die Entfernung zwischen beiden Wohnungen spielt für die Anerkennung insoweit eine Rolle, als sie die berufliche Veranlassung einer zweiten Unterkunft plausibilisiert. Eine bloße räumliche Nähe schließt die doppelte Haushaltsführung regelmäßig aus.
Häufigkeit der Fahrten
Im Regelfall wird eine Familienheimfahrt pro Woche berücksichtigt. Mehrere Fahrten innerhalb einer Woche kommen nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht. Erfolgen in einzelnen Wochen keine Heimfahrten, entsteht hierfür auch kein abziehbarer Aufwand.
Anerkannte Aufwendungen und Berechnung
Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs
Bei Fahrten mit einem eigenen oder privat genutzten Fahrzeug wird die Entfernung zwischen Haupt- und Nebenwohnung mit einer gesetzlich festgelegten Entfernungspauschale je Entfernungskilometer berücksichtigt. Maßgeblich ist die einfache Entfernung; damit sind die Kosten für Hin- und Rückfahrt pauschal abgegolten. Mit der Pauschale sind in der Regel sämtliche fahrzeugbezogenen Aufwendungen abgegolten; gesonderte Aufwendungen wie Treibstoff, Parkentgelte oder Maut werden grundsätzlich nicht zusätzlich berücksichtigt.
Öffentliche Verkehrsmittel
Bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel werden grundsätzlich die tatsächlichen Ticketkosten angesetzt. Erstattungen oder Vergünstigungen mindern den ansetzbaren Betrag.
Flugreisen
Bei Flügen ist der notwendige und angemessene Aufwand maßgeblich. Üblicherweise ist hierfür die einfache, wirtschaftliche Beförderungsklasse maßgebend. Komfortzuschläge ohne betriebliche Erforderlichkeit werden regelmäßig nicht anerkannt.
Mitfahrten und Fahrgemeinschaften
Maßgeblich sind die selbst getragenen Aufwendungen. In Fahrgemeinschaften kann nur der Aufwand berücksichtigt werden, der der steuerpflichtigen Person tatsächlich entsteht. Erhält jemand Mitfahrentgelte, hat dies Auswirkungen auf die Zurechnung der eigenen Aufwendungen.
Begleitpersonen
Kosten für die Mitnahme von Angehörigen oder anderen Begleitpersonen sind im Rahmen von Familienheimfahrten grundsätzlich nicht abziehbar, da nur die eigene beruflich veranlasste Fahrt berücksichtigt wird.
Arbeitgeberleistungen
Erstattet der Arbeitgeber Aufwendungen für Familienheimfahrten, mindert dies den eigenen abziehbaren Aufwand. Übersteigt eine Erstattung die steuerlich anerkennbaren Beträge, kann ein steuerpflichtiger Vorteil entstehen.
Dienstwagen und Nutzungsüberlassung
Wird ein Fahrzeug vom Arbeitgeber überlassen und dieser trägt die Kosten der Heimfahrten, entstehen regelmäßig keine eigenen abziehbaren Aufwendungen. Je nach Ausgestaltung kann die Nutzung zu einem geldwerten Vorteil führen, dessen Bewertung besonderen Regeln folgt.
Nachweise und Abgrenzungsfragen
Nachweise der Haushalte und Fahrten
Für die Anerkennung ist die tatsächliche Existenz beider Haushalte und die berufliche Veranlassung nachzuweisen. In der Praxis sind Belege zur Wohnsituation sowie zum Verlauf der Heimfahrten üblich. Plausible, in sich schlüssige Angaben zum Zeitraum und zur Häufigkeit sind bedeutsam.
Zentrum der Lebensinteressen
Das rechtliche Verständnis des Lebensmittelpunkts orientiert sich an den persönlichen, familiären und gesellschaftlichen Bindungen. Er liegt dort, wo die maßgeblichen Lebensbeziehungen bestehen. Verlagert sich der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort, entfällt regelmäßig die doppelte Haushaltsführung und damit die Grundlage für Familienheimfahrten.
Beendigung und Änderungen
Die Anerkennung von Familienheimfahrten endet, wenn die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung entfallen, etwa durch Aufgabe der Zweitwohnung oder Verlagerung des Lebensmittelpunkts. Auch wesentliche Änderungen der Arbeitsverhältnisse oder Wohnsituation können die Einordnung beeinflussen.
Besondere Konstellationen
Unverheiratete und andere Lebensformen
Der Begriff „Familienheimfahrten“ ist historisch geprägt. Auch Personen ohne Ehe oder eingetragene Partnerschaft können begünstigte Heimfahrten haben, wenn der Lebensmittelpunkt an der Hauptwohnung liegt und die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Grenzüberschreitende Fälle
Familienheimfahrten können auch bei Haupt- und Nebenwohnungen in unterschiedlichen Staaten vorliegen. In solchen Fällen sind zusätzliche Abgrenzungen, Nachweise und ggf. Wechselwirkungen mit zwischenstaatlichen Regelungen zu beachten.
Selbständige und Mitunternehmer
Bei selbständig Tätigen werden anerkannte Aufwendungen für Familienheimfahrten als Betriebsausgaben behandelt, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Inhaltlich gelten entsprechende Grundsätze.
Studierende und Auszubildende
Für Personen in Ausbildung können abweichende steuerliche Grundsätze gelten, insbesondere zur Einordnung von Aufwendungen und deren Abzugsart. Familienheimfahrten kommen nur in Betracht, wenn eine doppelte Haushaltsführung aufgrund einer Erwerbstätigkeit vorliegt.
Steuerliche Wirkung
Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben
Aufwendungen für Familienheimfahrten wirken sich – bei Vorliegen der Voraussetzungen – als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder als Betriebsausgaben bei betrieblichen Einkünften aus. Sie mindern die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Auswirkungen auf Lohnsteuer und Veranlagung
Die steuerliche Entlastung erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Arbeitgebererstattungen, geldwerte Vorteile und Pauschalen beeinflussen die steuerliche Behandlung.
Höchstbeträge und Pauschalen
Für Familienheimfahrten gelten gesetzlich festgelegte Pauschalen beziehungsweise ansetzbare Kostenarten. Üblicherweise ist eine Fahrt pro Woche begünstigt. Weitere allgemeine Pauschalen (etwa für Verpflegung) stehen im Zusammenhang mit Familienheimfahrten nicht zusätzlich zu.
Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen
Pendelfahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Regelmäßige Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind gewöhnliche Arbeitswege. Für sie gelten eigenständige Pauschalierungsregeln, die von Familienheimfahrten zu unterscheiden sind.
Reisekosten bei Auswärtstätigkeit
Bei vorübergehender Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte liegen Reisekosten vor. Diese erfassen Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungskosten nach gesonderten Grundsätzen und sind von Familienheimfahrten strikt abzugrenzen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Familienheimfahrten
Was gilt rechtlich als Familienheimfahrt?
Eine Familienheimfahrt ist die Fahrt zwischen der aus beruflichen Gründen unterhaltenen Zweitwohnung am Beschäftigungsort und der Hauptwohnung, an der der Lebensmittelpunkt liegt. Sie setzt eine doppelte Haushaltsführung voraus.
Wie oft werden Familienheimfahrten anerkannt?
Im Regelfall wird eine Heimfahrt pro Woche berücksichtigt. Zusätzliche Fahrten kommen nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht.
Welche Kosten sind bei Familienheimfahrten abziehbar?
Bei eigenem Kraftfahrzeug gilt die Entfernungspauschale je Entfernungskilometer der einfachen Strecke; damit sind in der Regel sämtliche fahrzeugbezogenen Kosten abgegolten. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln werden die tatsächlichen Ticketkosten angesetzt.
Sind Umwege oder die Mitnahme von Angehörigen berücksichtigungsfähig?
Grundsätzlich wird die notwendige Verbindung zwischen Haupt- und Nebenwohnung zugrunde gelegt. Kosten für Begleitpersonen sind nicht abziehbar, da nur die eigene beruflich veranlasste Fahrt berücksichtigt wird.
Wie wirken sich Arbeitgebererstattungen aus?
Erstattete Beträge mindern den eigenen abziehbaren Aufwand. Soweit Erstattungen die steuerlich anerkennbaren Beträge übersteigen, kann ein steuerpflichtiger Vorteil vorliegen.
Können auch Unverheiratete Familienheimfahrten geltend machen?
Ja, maßgeblich ist der Lebensmittelpunkt an der Hauptwohnung und das Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung; ein Trauschein ist keine Voraussetzung.
Wann endet die Anerkennung von Familienheimfahrten?
Sie endet, wenn die doppelte Haushaltsführung entfällt, etwa bei Verlagerung des Lebensmittelpunkts an den Beschäftigungsort oder Aufgabe der Zweitwohnung.
Wie ist die Situation bei Nutzung eines Dienstwagens?
Trägt der Arbeitgeber die Kosten der Heimfahrten, entstehen regelmäßig keine eigenen abziehbaren Aufwendungen. Die Nutzung kann zu einem gesondert zu bewertenden geldwerten Vorteil führen.