Rechtliche Definition und Rahmenbedingungen des Begriffs Familie
Der Begriff Familie nimmt im Rechtssystem vielfältige Bedeutungen ein und ist zugleich Gegenstand zahlreicher Gesetze und Verordnungen. Die rechtliche Betrachtung des Begriffs „Familie“ umfasst sowohl zivilrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Aspekte und ist dabei nicht statisch, sondern unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel und der sich verändernden Rechtsprechung.
Familie im Zivilrecht
Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft
Im Zivilrecht bildet die Ehe gemäß § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Kernzelle der Familie: Sie wird als rechtlich anerkannte Verbindung von zwei Personen verstanden, die mit Abschluss der Ehe eine Lebensgemeinschaft führen wollen. Die Ehe begründet umfassende Rechte und Pflichten, insbesondere Unterhaltsverpflichtungen, Erb- und Sorgerechte.
Die eingetragene Lebenspartnerschaft, geregelt durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG), diente gleichgeschlechtlichen Paaren als rechtliches Pendant zur Ehe. Seit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2017 wird die Lebenspartnerschaft für neue Fälle nicht mehr begründet, bestehende Lebenspartnerschaften bestehen fort und können in Ehen umgewandelt werden.
Verwandtschaft und Schwägerschaft
Das BGB unterscheidet verwandschaftliche Beziehungen in gerader Linie (Eltern, Kinder, Enkel) und in der Seitenlinie (Geschwister, Onkel, Tanten). Die rechtliche Verwandtschaft entsteht durch Abstammung oder, im Falle einer Adoption, durch den gesetzlich veranlassten Verwandtschaftswechsel. Schwägerschaft, ebenfalls im BGB geregelt, besteht durch die Verbindung eines Ehegatten mit den Verwandten des anderen Ehegatten.
Eltern-Kind-Verhältnis
Das Eltern-Kind-Verhältnis ist ein zentraler Bestandteil der rechtlichen Familie. Es entsteht in der Regel durch Geburt, kann aber auch durch Adoption begründet werden. Die elterliche Sorge (elterliche Verantwortung) ist in den §§ 1626 ff. BGB normiert und umfasst das Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und sein Vermögen zu verwalten.
Ebenfalls relevant sind das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) und das Unterhaltsrecht (§§ 1601 ff. BGB), welche die wechselseitigen Rechte und Pflichten zwischen Eltern und Kindern regeln.
Familie im Öffentlichen Recht
Grundgesetzlicher Schutz der Familie
Das Grundgesetz versteht Familie als gesellschaftliche Grundeinheit und unterstellt sie einem besonderen staatlichen Schutz. Nach Artikel 6 Absatz 1 GG steht Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Daraus ergeben sich zahlreiche Schutzpflichten des Staates, wie beispielsweise die Förderung der Familie, das Verbot ehe- und familienbezogener Diskriminierungen und die Wahrung der elterlichen Erziehungsrechte.
Familienrechtlicher Schutz im Sozialrecht
Das Sozialrecht behandelt die Familie als Bedarfsgemeinschaft. Dieser Familienbegriff ist insbesondere im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts relevant und schließt neben Eltern und Kindern ggf. weitere in Haushalt und Versorgung eingebundene Mitglieder ein. Familienfördernde Leistungen umfassen unter anderem das Kindergeld, Elterngeld sowie steuerrechtliche Begünstigungen (Ehegattensplitting, Kinderfreibetrag).
Aufenthalts- und Migrationsrecht
Im Aufenthaltsrecht ist die Familie für den Familiennachzug von erheblicher Bedeutung. Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) garantiert Familienangehörigen eines in Deutschland lebenden Ausländers oder Deutschen unter bestimmten Voraussetzungen den Nachzug. Hierzu zählen Ehegatten, minderjährige ledige Kinder und gegebenenfalls weitere Angehörige, sofern eine außergewöhnliche Härte vorliegt oder familiäre Lebensgemeinschaften zur humanitären Versorgung aufrechterhalten werden müssen.
Erweiterte Familienformen
Patchwork- und Regenbogenfamilien
Gesetzlich ist auch auf die wachsende Bedeutung nicht traditioneller Familienstrukturen einzugehen, wie Patchwork- und Regenbogenfamilien. Patchworkfamilien entstehen durch neue Partnerschaften, bei denen mindestens ein Partner eigene Kinder mit in die Beziehung bringt. Rechtlich ergeben sich daraus Fragen rund um Sorgerecht, Unterhaltsansprüche sowie die Stellung des sogenannten „Sozialelternteils“.
Regenbogenfamilien, gemeint sind gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, profitieren seit verschiedenen Gesetzesanpassungen zunehmend von einer Gleichstellung mit traditionellen Familienformen, insbesondere im Hinblick auf das Adoptionsrecht und das gemeinsame Sorgerecht.
Internationale Aspekte des Familienrechts
Das internationale Familienrecht klärt, welches nationale Recht bei grenzüberschreitenden Familienverhältnissen Anwendung findet. Die Regelungen zur Anerkennung ausländischer Ehen, Adoptionen oder Sorgerechtsentscheidungen richten sich nach dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) und einschlägigen internationalen Übereinkommen, wie dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption.
Familienbegriff im Steuerrecht
Das Steuerrecht verwendet zur Bestimmung einer Familie insbesondere die Tatbestände Ehe und Kindschaft (§ 26 EStG, § 32 EStG). Berücksichtigung finden unterschiedliche Bedarfskonstellationen, die sich auf die Höhe der Freibeträge, das Prinzip der Zusammenveranlagung und steuerliche Begünstigungen auswirken.
Zusammenfassung
Der Begriff „Familie“ hat zahlreiche rechtliche Facetten und ist wesentliches Element im Zivilrecht, im öffentlichen Recht, im Sozial- und Steuerrecht und auch im internationalen Kontext. Seine Ausgestaltung und rechtliche Behandlung verändern sich stetig im Einklang mit gesellschaftlichen Entwicklungen und den Vorgaben der Rechtsprechung. Der Schutz und die Förderung von Familien sind in Deutschland durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen gesichert und unterliegen dem kontinuierlichen Wandel.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Sorgerecht für Eltern?
Das Sorgerecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und umfasst die elterliche Sorge für minderjährige Kinder. Diese beinhaltet sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge. Das bedeutet, Eltern haben das Recht und die Pflicht, für die Pflege, Erziehung, Beaufsichtigung sowie für die Vertretung der Kinder in rechtlichen Angelegenheiten zu sorgen. Zudem obliegt ihnen die Verwaltung des Vermögens ihrer Kinder. Entscheidungen, die das Kind betreffen – etwa in Bezug auf Aufenthaltsbestimmung, Ausbildung, medizinische Behandlung und Religion – dürfen grundsätzlich nur von den Eltern gemeinsam getroffen werden, solange das gemeinsame Sorgerecht besteht. Im Falle einer Trennung oder Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht in der Regel bestehen, es sei denn, ein Elternteil beantragt das alleinige Sorgerecht und das Familiengericht entscheidet im Sinne des Kindeswohls hierüber. Das Sorgerecht kann auch durch schwerwiegende Gründe, wie Kindeswohlgefährdung, ganz oder teilweise entzogen werden. Eltern sind verpflichtet, das Kind in seinen Rechten zu achten und es altersgerecht zu fördern. Eine Missachtung der Sorgerechtspflichten kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen haben.
Wie erfolgt die Anerkennung und Anfechtung der Vaterschaft rechtlich?
Die Anerkennung der Vaterschaft ist im deutschen Recht gemäß § 1592 ff. BGB geregelt. Ein Mann kann die Vaterschaft für ein nicht eheliches Kind durch eine Erklärung vor dem Standesamt oder Jugendamt anerkennen; hierzu ist stets die Zustimmung der Mutter erforderlich. Verweigert sie diese, kann ein Gerichtsverfahren notwendig werden. Die Anfechtung der Vaterschaft kann durch den rechtlichen Vater, die Mutter sowie das Kind selbst vor dem Familiengericht innerhalb bestimmter Fristen erfolgen, wenn ernsthafte Zweifel an der biologischen Vaterschaft bestehen. Wird die Vaterschaft erfolgreich angefochten, entfallen sämtliche Rechte und Pflichten, wie das Umgangsrecht sowie Unterhaltsansprüche. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der rechtliche Vater von der fehlenden leiblichen Vaterschaft wusste und dennoch die Vaterschaft anerkannt hat. Die Anfechtung ist in der Regel innerhalb von zwei Jahren nach Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen, möglich.
Welche Ansprüche auf Unterhalt bestehen zwischen Familienmitgliedern?
Im Rahmen des Familienrechts besteht eine gesetzliche Unterhaltspflicht gemäß §§ 1601 ff. BGB zwischen Verwandten in gerader Linie, dazu gehören insbesondere Eltern und Kinder. Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner sind ebenfalls gegenseitig unterhaltspflichtig (§ 1360 BGB). Die Unterhaltspflicht umfasst den Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt, nachehelichen Unterhalt sowie Elternunterhalt. Die Höhe richtet sich nach der so genannten Düsseldorfer Tabelle und ist vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen sowie dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten abhängig. Eltern sind verpflichtet, ihre minderjährigen sowie unverheirateten volljährigen Kinder, die sich in Ausbildung befinden, zu unterhalten. Im Gegenzug können auch Eltern von ihren Kindern Unterhalt verlangen, wenn sie bedürftig sind. Für Ehegatten gilt eine Unterhaltspflicht bei Bedürftigkeit, die im Rahmen einer Scheidung durch das Familiengericht geprüft und festgelegt wird.
Wie wird das Umgangsrecht zwischen Eltern und Kindern geregelt?
Das Umgangsrecht stellt nach § 1684 BGB sicher, dass Kinder das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen haben, und umgekehrt. Das Familiengericht kann auf Antrag Regelungen zum Umgang treffen, falls die Eltern sich nicht einigen können. Dabei steht das Kindeswohl im Vordergrund. Umgangsrecht kann zeitlich und inhaltlich unterschiedlich ausgestaltet werden, etwa durch regelmäßige Wochenenden, Ferienaufenthalte oder auch nur begleitete Besuche bei Konfliktfällen oder Gefährdung des Kindeswohls. In Extremfällen kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, insbesondere bei Kindeswohlgefährdung. Auch Großeltern und enge Bezugspersonen können unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangsrecht geltend machen. Verstöße gegen gerichtlich festgelegte Umgangsregelungen können mit Ordnungsmitteln oder einem Sorgerechtsentzug geahndet werden.
Welche rechtlichen Bestimmungen gelten im Falle einer Scheidung bezüglich des Vermögens?
Im Falle einer Scheidung findet der Zugewinnausgleich gemäß §§ 1363 ff. BGB Anwendung, sofern kein anderer Güterstand durch Ehevertrag vereinbart wurde. Dabei wird das während der Ehe erworbene Vermögen beider Ehegatten miteinander verglichen. Der Ehegatte, der einen höheren Vermögenszuwachs (Zugewinn) erzielt hat, ist verpflichtet, die Hälfte dieses Mehrwerts an den anderen auszugleichen. Vermögenswerte, die bereits vor der Ehe vorhanden waren oder durch Erbschaft beziehungsweise Schenkung hinzukamen, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt, sondern zum Anfangsvermögen gezählt. Zusätzlich können Ansprüche auf Aufteilung gemeinsamer Haushaltsgegenstände und das gemeinsame Wohneigentum entstehen, die im Rahmen des Scheidungsverfahrens geregelt werden. Auch die Altersvorsorge (Versorgungsausgleich) wird im Scheidungsfall regelmäßig hälftig geteilt.
Was ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht und wann wird es getrennt vom Sorgerecht entschieden?
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teilbereich der elterlichen Sorge (§ 1631 BGB) und umfasst das Recht, den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. In konfliktreichen Trennungsfällen kann das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil allein übertragen, wenn dies dem Kindeswohl dient und eine Einigung der Eltern nicht möglich ist. Das bedeutet, dass ein Elternteil allein entscheidet, wo das Kind lebt, etwa bei Umzügen oder Auslandsaufenthalten. Dies kann auch unabhängig vom weiteren Sorgerecht entschieden werden, sodass ein Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht erhält, während das Sorgerecht ansonsten weiterhin gemeinsam besteht. Ein Antrag auf Übertragung muss dem Familiengericht vorrangig unter Berücksichtigung des Kindeswohls gestellt werden.
Wie ist die Adoption im deutschen Familienrecht geregelt?
Die Adoption ist in den §§ 1741 ff. BGB geregelt und ermöglicht die rechtliche Verselbstständigung eines Kindes von seinen leiblichen Eltern zugunsten der Adoptiveltern. Nach erfolgreicher Adoption erhält das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Adoptiveltern, einschließlich aller damit verbundenen Rechte und Pflichten (etwa Unterhaltsansprüche oder Erbrechte). Eine Adoption setzt die Zustimmung des Kindes (wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat), der leiblichen Eltern und der Adoptionsbewerber voraus. Ausnahmen gelten, wenn die Zustimmung der leiblichen Eltern aus schwerwiegenden Gründen nicht erforderlich ist, beispielsweise bei dauerhafter Unauffindbarkeit oder bei Gefährdung des Kindeswohls. Das Familiengericht prüft im Adoptionsverfahren, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient. Nach Abschluss sind sämtliche rechtlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern mit Ausnahme von Ehehindernissen erloschen. Auch eine Stiefkindadoption ist möglich, etwa wenn ein neuer Partner das Kind des Ehegatten adoptiert.