Legal Lexikon

FamFG


Einführung zum FamFG

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, kurz FamFG, ist ein zentrales Regelwerk des deutschen Verfahrensrechts. Es trat am 1. September 2009 in Kraft und löste das frühere Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) ab. Das FamFG regelt vorrangig das gerichtliche Verfahren in Familiensachen sowie in weiteren Bereichen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie etwa Betreuungs-, Unterbringungs- und Nachlasssachen.

Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich

Hintergrund und Gesetzgeberische Zielsetzung

Der Deutsche Bundestag beschloss das FamFG im Rahmen einer umfassenden Reform des familiengerichtlichen Verfahrensrechts. Ziel der Reform war die Modernisierung, Systematisierung und Verfahrensvereinfachung sämtlicher Angelegenheiten, die nicht dem Streitverfahren unterliegen. Das FamFG dient der Schaffung eines einheitlichen, effizienten und verständlichen Verfahrensrechts für alle Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es stellt eine klarere Struktur und eine Stärkung des Rechtsschutzes der Verfahrensbeteiligten sicher.

Anwendungsbereich

Das FamFG kommt überall dort zur Anwendung, wo Verfahrensvorschriften für Familiensachen und sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit benötigt werden. Hierzu zählen insbesondere:

  • Ehe-, Kindschafts- und Abstammungssachen
  • Betreuung und Unterbringung
  • Nachlassteilung und Nachlasssachen
  • Registersachen (z. B. Vereins-, Grundbuchsachen)

Das FamFG ergänzt und verdrängt hierbei das Zivilprozessrecht (ZPO), soweit dieses nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist.

Aufbau und Systematik des FamFG

Struktur des Gesetzes

Das FamFG ist in insgesamt 5 Bücher unterteilt:

  1. Erstes Buch – Allgemeine Vorschriften (§§ 1-110 FamFG)
  2. Zweites Buch – Verfahren in Familiensachen (§§ 111-270 FamFG)
  3. Drittes Buch – Verfahren in betreuungsrechtlichen und anderen Angelegenheiten (§§ 271-393 FamFG)
  4. Viertes Buch – Verfahren in Nachlass- und Registersachen (§§ 394-448 FamFG)
  5. Fünftes Buch – Übergangs- und Schlussvorschriften (§§ 449-497 FamFG)

Erstes Buch: Allgemeine Vorschriften

Das erste Buch enthält fundamentale Regelungen zum Verfahren wie Verfahrensgrundsätze (z.B. Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG), Beteiligtenfähigkeit, Beteiligtenstellung sowie Bestimmungen zum Beschwerdeverfahren und zu den Kosten.

Zweites Buch: Verfahren in Familiensachen

Das zweite Buch regelt die Durchführung sämtlicher Familiensachen, darunter Ehesachen (Scheidung, Aufhebung), Kindschaftssachen (Sorgerecht, Umgangsrecht), Abstammungssachen sowie Unterhaltssachen.

Drittes Buch: Betreuungs- und Unterbringungssachen

Hier werden Verfahrensvorschriften für Maßnahmen der Betreuung und Unterbringung Erwachsener sowie für betreuungsgerichtliche Zwangsmaßnahmen normiert.

Viertes Buch: Nachlass- und Registersachen

Das vierte Buch widmet sich vor allem erbrechtlichen und registerrechtlichen Verfahren. Dazu gehören Nachlassverfahren, Erbscheinsverfahren, Grundbuchsachen, Vereins- und Handelsregisterverfahren.

Fünftes Buch: Übergangs- und Schlussvorschriften

Dieses Buch beinhaltet Regeln zum Übergang vom alten FGG auf das FamFG und weitere Schlussbestimmungen.

Verfahrensgrundsätze nach dem FamFG

Grundzüge des FamFG-Verfahrens

Das FamFG zeichnet sich durch einige grundsätzliche Verfahrensregeln aus, die sich maßgeblich vom kontradiktorischen Zivilverfahren unterscheiden. Zu nennen sind insbesondere:

  • Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG): Das Gericht ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und ist dabei nicht auf den Vortrag der Beteiligten beschränkt.
  • Beschleunigungsgebot (§ 155 FamFG): In Kindschaftssachen ist das Verfahren mit besonderer Zügigkeit zu betreiben, um das Kindeswohl zu wahren.
  • Nichtöffentlichkeit (§ 170 FamFG): Die Verhandlungen finden in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die Beteiligten zu schützen.

Beteiligtenstellung

Im FamFG-Verfahren unterscheidet sich die Stellung der Beteiligten von der Parteienstellung im Zivilprozess. Beteiligte sind nicht zwingend Gegner, sondern können auch gleichgerichtete Interessen verfolgen. Das Gesetz definiert, wer im Einzelfall beteiligt ist.

Anhörung und Rechte der Verfahrensbeteiligten

Das FamFG sieht weitgehende Anhörungsrechte der Beteiligten vor. Dies gilt insbesondere für minderjährige Kinder in Kindschaftssachen (§ 159 FamFG) sowie in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren.

Beschwerde und Rechtsmittel im FamFG

Beschwerdeverfahren

Das Beschwerdeverfahren ist das zentrale Rechtsmittel im Rahmen des FamFG. Die Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG) bietet Beteiligten die Möglichkeit, gerichtliche Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Form und Frist

Die Beschwerde ist grundsätzlich schriftlich einzulegen. Die Frist beträgt in der Regel einen Monat ab Zustellung der Entscheidung (§ 63 FamFG).

Weitere Rechtsmittel

Neben der Beschwerde kennt das FamFG noch weitere Rechtsmittel, beispielsweise die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof (§§ 70 ff. FamFG).

Kostenregelung im FamFG

Die Kostenbestimmungen sind in den §§ 80 bis 87 FamFG geregelt. Hiernach trägt grundsätzlich jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst; die gerichtlichen Kosten werden nach dem aus dem jeweiligen Rechtsgebiet geltenden Gebührengesetz, namentlich dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG), erhoben.

Abgrenzung zu anderen Verfahrensordnungen

Das FamFG grenzt sich von der Zivilprozessordnung (ZPO) durch seinen Fokus auf nichtstreitige Verfahren ab. Im Unterschied zum förmlichen Zivilprozess bestehen weitgehende Untersuchungsbefugnisse des Gerichts und eine reduzierte Rolle des Anwaltszwangs. Auch das Strafprozessrecht (StPO) findet auf die betroffenen Materien keine Anwendung.

Bedeutung in der Rechtspraxis

Das FamFG ist für zahlreiche gesellschaftlich bedeutsame Rechtsgebiete grundlegend, etwa das Familienrecht oder das Betreuungsrecht. Seine praktische Relevanz ergibt sich insbesondere aus dem stetig steigenden Regelungsbedarf infolge demographischer, sozialer und rechtlicher Veränderungen.

Literaturhinweise und Weblinks

Für die vertiefte Auseinandersetzung mit dem FamFG sind folgende Quellen bedeutend:


Hinweis: Die hier dargestellten Inhalte bieten eine umfassende und strukturierte Übersicht zum Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Eine weiterführende Befassung mit den einzelnen Regelungsbereichen empfiehlt sich anhand einschlägiger Kommentierungen oder der amtlichen Gesetzesbegründung.

Häufig gestellte Fragen

Wie gestaltet sich das Beschwerdeverfahren nach dem FamFG?

Das Beschwerdeverfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist in den §§ 58 ff. FamFG geregelt. Es handelt sich bei der Beschwerde um das zentrale Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Familiengerichts, insbesondere gegen Endentscheidungen. Die Beschwerde kann grundsätzlich von jedem Beteiligten eingelegt werden, der durch die Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist (§ 59 FamFG). Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 63 Abs. 1 FamFG einen Monat ab schriftlicher Bekanntgabe der Entscheidung. Die Beschwerde ist beim Ausgangsgericht einzulegen; dieses gibt die Beschwerde sodann nach Ablauf der Frist, gegebenenfalls mit einer Stellungnahme, an das Beschwerdegericht weiter (§ 64 FamFG). Das Beschwerdegericht prüft sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Beschwerde. Es kann die angefochtene Entscheidung aufheben, abändern oder die Beschwerde zurückweisen. Zudem besteht die Möglichkeit der weiteren Beschwerde bei bestimmten, im Gesetz ausdrücklich genannten Rechtsgebieten (§ 70 FamFG). Die Beteiligten müssen sich vor dem Oberlandesgericht, das regelmäßig Beschwerdegericht ist, grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, wobei es hiervon gesetzlich geregelte Ausnahmen gibt.

Welche Rolle spielt der Verfahrensbeistand im FamFG?

Der Verfahrensbeistand ist eine besondere Verfahrensfigur nach § 158 FamFG, die insbesondere dem Schutz der Interessen des Kindes in familiengerichtlichen Verfahren dient. Das Gericht bestellt einen Verfahrensbeistand, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des minderjährigen Kindes erforderlich erscheint – etwa in Kindschaftssachen wie Sorgerecht oder Umgangsrecht. Der Verfahrensbeistand soll das Kind über den Ablauf und Inhalt des gerichtlichen Verfahrens informieren, mit ihm sprechen, seine Wünsche und Vorstellungen erfassen sowie diese dem Gericht vermitteln. Seine Aufgaben sind gesetzlich definiert: Er nimmt an Anhörungen und Erörterungsterminen teil, kann Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen, soweit dies zur Wahrung der Kindesinteressen geboten ist. Der Verfahrensbeistand ist unabhängig sowohl vom Gericht als auch von den Eltern. Eine besondere Qualifikation ist zwar rechtlich nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch wird regelmäßig eine sozialpädagogische, juristische oder psychologische Ausbildung erwartet. Die Kosten des Verfahrensbeistands trägt in der Regel die Staatskasse (§ 158 Abs. 7 FamFG).

Welche Kostenregelungen gelten bei Verfahren nach FamFG?

Die Kostenregelungen in Verfahren nach dem FamFG richten sich in erster Linie nach den §§ 80 ff. FamFG, ergänzt durch die Vorschriften des Kostenrechts (insbesondere GNotKG und FamGKG). Grundsätzlich trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 81 Abs. 1 FamFG). Das Gericht entscheidet jedoch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen; eine Kostenerstattung ist nur vorgesehen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Es können auch Verfahrenskostenhilfe (vormals Prozesskostenhilfe) nach den §§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO für bedürftige Beteiligte gewährt werden. Für sämtliche gerichtlichen Verfahren und Amtshandlungen werden Gebühren nach dem FamGKG und im Falle notarieller Tätigkeiten nach dem GNotKG erhoben. Die genaue Kostenhöhe hängt von der jeweiligen Verfahrensart und dem Wert des Streitgegenstands ab.

Welche Besonderheiten gelten bei der Durchführung des Anhörungstermins?

Der Anhörungstermin im familiengerichtlichen Verfahren unterliegt speziellen Verfahrensvorschriften, insbesondere nach §§ 32, 159, 160 FamFG. Ziel eines Anhörungstermins ist es, die Beteiligten persönlich zu hören und insbesondere das Kind in Kindschaftssachen altersgemäß und in geschütztem Rahmen anzuhören. Das Gericht ist verpflichtet, allen Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Die persönliche Anhörung des Kindes muss in dessen Anwesenheit, aber ohne die Eltern stattfinden, sofern dies dem Wohl des Kindes dient. Das Gericht dokumentiert den Ablauf und das Ergebnis der Anhörung im Protokoll. Das Jugendamt ist in bestimmten Verfahren zwingend beizuladen und nimmt beratend teil. Ausnahmsweise kann auf die persönliche Anhörung verzichtet werden, wenn triftige Gründe (z.B. Gesundheitsgefahren) bestehen. Die Ergebnisse des Anhörungstermins fließen maßgeblich in die gerichtliche Entscheidungsfindung ein.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Beteiligte nach dem FamFG?

Nach den §§ 27 ff. FamFG sind die Beteiligten im Verfahren zur Mitwirkung verpflichtet, soweit das Gesetz dies ausdrücklich anordnet oder das Verfahren dies erfordert. Das Familiengericht kann den Beteiligten bestimmte Handlungen oder Informationen auferlegen, etwa die Vorlage von Urkunden, Auskünften über wirtschaftliche Verhältnisse oder persönlichen Erklärungen. Werden angeforderte Informationen oder Unterlagen nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann das Gericht die Verfahrensführung entsprechend ausgestalten, etwa durch Annahme bestimmter Tatsachen oder – im Falle des Sorge- oder Umgangsverfahrens – durch Entscheidung auf Grundlage des vorliegenden Akteninhalts. Darüber hinaus besteht bei besonderem öffentlichen Interesse auch die Möglichkeit, Dritte (z.B. Behörden, Arbeitgeber) zur Auskunftserteilung zu verpflichten.

Welche Rechtsmittel stehen nach einer familiengerichtlichen Entscheidung zur Verfügung?

Nach Erlass einer familiengerichtlichen Entscheidung stehen den Beteiligten – abhängig von Art und Umfang der Entscheidung – verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung. Das zentrale Rechtsmittel ist die Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG). Eine weitere Beschwerde kommt bei bestimmten Entscheidungen in Betracht (§ 70 FamFG). Beschränkt wird die Anfechtbarkeit durch die gesetzlichen Ausschlussgründe; etwa sind verfahrensleitende Verfügungen und nicht anfechtbare Entscheidungen ausdrücklich genannt. Daneben ist in bestimmten Fällen die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich (§ 74 FamFG), sofern es um grundsätzliche Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung geht oder das Beschwerdegericht dies zulässt. Fristen und Formerfordernisse sind zwingend einzuhalten. Revision im klassischen Zivilprozess-Sinne existiert im familiengerichtlichen Verfahren nach FamFG nicht.