Begriff und Zweck des FamFG
Das FamFG ist das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es bündelt und modernisiert die Verfahrensregeln für Gerichte, wenn sie über familiäre Angelegenheiten und eine Vielzahl nichtstreitiger Verfahren entscheiden. Ziel ist ein fairer, zügiger und an den Schutzbedürfnissen der Beteiligten ausgerichteter Ablauf, insbesondere bei sensiblen Lebensbereichen wie Ehe, Elternschaft, Betreuung, Unterbringung und Nachlass.
Anwendungsbereich
Familiensachen
Zu den Familiensachen gehören insbesondere:
- Ehesachen und Scheidung sowie Folgesachen (z. B. Unterhalt, Güterrecht, Versorgungsausgleich)
- Kindschaftssachen (z. B. Sorgerecht, Umgang, Herausgabe des Kindes, Abstammung, Adoption)
- Schutz- und Gewaltschutzangelegenheiten mit Bezug zum familiären Zusammenleben
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Hierunter fallen nichtstreitige Verfahren, in denen die Gerichte ordnend, bestätigend oder schützend tätig werden, darunter:
- Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung sowie Unterbringungssachen
- Nachlass- und Teilungssachen (z. B. Erbscheine, Nachlassverwaltung)
- Registersachen (z. B. Vereins- und Partnerschaftsregister) und weitere hoheitliche Genehmigungen
- Freiheitsentziehungssachen außerhalb des Strafrechts
Grundprinzipien des Verfahrens
Amtsermittlung und Schutzgedanke
Das Gericht ermittelt die entscheidungserheblichen Tatsachen eigenständig. In Bereichen mit besonderem Schutzbedarf, etwa bei Kindern oder betreuten Personen, ist das Verfahren auf Fürsorge, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz ausgerichtet.
Beschleunigung und Verfahrensfairness
Viele Verfahren, insbesondere mit Bezug zu Kindern oder Freiheitsentziehungen, sind auf zügige Entscheidungen angelegt. Gleichzeitig sichern rechtliches Gehör, Transparenz und die Möglichkeit, Stellung zu nehmen, einen fairen Ablauf.
Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit
Aus Schutzgründen finden zahlreiche Verfahren nicht öffentlich statt. Persönliche Daten und intime Lebensbereiche werden besonders sensibel behandelt.
Einvernehmliche Lösungen
Das Gericht fördert einvernehmliche Lösungen, etwa durch Erörterungstermine oder ein Gütegespräch, sofern dies mit den Schutzinteressen vereinbar ist.
Beteiligte und ihre Rollen
Antragsteller und weitere Beteiligte
Verfahren beginnen häufig durch Antrag; teils wird das Gericht auch von Amts wegen tätig. Beteiligte sind unter anderem die antragstellenden und die weiteren betroffenen Personen, deren Rechte und Pflichten berührt werden.
Institutionelle Beteiligte
In Kindschaftssachen kann das Jugendamt beteiligt werden. In Betreuungs- und Unterbringungssachen wirken regelmäßig Betreuungsbehörden mit.
Besondere Verfahrensvertretung
Zum Schutz von Kindern kann ein Verfahrensbeistand eingesetzt werden. In Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren kann ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Bei Interessenkonflikten kommen Ergänzungspfleger in Betracht.
Verfahrensablauf
Einleitung und Vorbereitung
Das Verfahren wird durch Antrag oder von Amts wegen eingeleitet. Das Gericht bestimmt den Verfahrensgegenstand, fordert Auskünfte an und bereitet Termine vor.
Anhörungen und persönliche Eindrücke
Betroffene Personen werden regelmäßig persönlich angehört. Kinder werden altersgerecht beteiligt. In Freiheitsentziehungssachen ist die persönliche Anhörung besonders bedeutsam.
Einstweilige Anordnungen
Zur Sicherung von Rechten oder zum Schutz Einzelner können vorläufige Maßnahmen getroffen werden, wenn eine schnelle Regelung erforderlich ist.
Beweis und Begutachtung
Das Gericht kann alle geeigneten Beweismittel heranziehen, darunter Urkunden, Zeugen, Auskünfte öffentlicher Stellen und Sachverständigengutachten. Gutachten dienen insbesondere der Klärung von Kindeswohlfragen, der Feststellung von Entscheidungs- und Einsichtsfähigkeit oder der medizinischen Voraussetzungen einer Unterbringung. Die Auswahl der Mittel richtet sich nach Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.
Entscheidungen, Rechtsmittel und Vollstreckung
Entscheidungsform
Entschieden wird überwiegend durch Beschluss. Der Inhalt umfasst die getroffene Regelung, deren Begründung und Hinweise zu Rechtsmitteln.
Rechtsmittel
Gegen Beschlüsse stehen abgestufte Rechtsmittel offen. Typisch ist die Beschwerde an das nächsthöhere Gericht. In bestimmten Konstellationen ist ein weiteres Rechtsmittel möglich. Fristen sind regelmäßig kurz und beginnen mit der Bekanntgabe der Entscheidung.
Vollstreckung
Die Durchsetzung familiengerichtlicher Entscheidungen erfolgt nach eigenen Regeln. In Umgangs- oder Herausgabesachen stehen besondere Zwangsmittel zur Verfügung; das Kindeswohl bleibt leitend. In Unterhaltssachen erfolgt die Vollstreckung nach den allgemeinen Regeln des Zwangsvollstreckungsrechts, ergänzt durch verfahrensspezifische Anordnungen.
Grenzüberschreitende Bezüge
Das FamFG enthält Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sowie zur Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen. In vielen Fällen gelten ergänzend europäische Verordnungen und völkerrechtliche Übereinkommen, etwa bei Sorgerecht, Umgang oder internationaler Kindesentführung. Zuständigkeit, Anerkennung und Rückführung richten sich nach einem abgestimmten Zusammenspiel dieser Regelungen.
Kosten und Finanzierung
Gerichtsverfahren nach dem FamFG lösen Gebühren und Auslagen aus, etwa für Sachverständige oder Dolmetschen. Die Kostenverteilung orientiert sich am Charakter der Sache: In Familiensachen und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten spezielle Zuweisungsgrundsätze, die teils vom Ausgang des Verfahrens, teils vom Anlass und der Mitwirkung der Beteiligten geprägt sind. Für Personen mit geringem Einkommen besteht die Möglichkeit staatlicher Unterstützung zur Finanzierung des Verfahrens.
Digitalisierung und Datenschutz
Das FamFG ist in die digitale Gerichtskommunikation eingebunden. Elektronische Einreichungen, elektronische Aktenführung und gesicherte Übermittlungswege sind zugelassen. Datenschutz und Akteneinsichtsrechte sind ausgewogen geregelt, um sowohl Transparenz als auch den Schutz sensibler Informationen sicherzustellen.
Verhältnis zu anderen Rechtsordnungen
Das FamFG ist Verfahrensrecht und steht im Wechselspiel mit materiellen Gesetzen, etwa zum Familien-, Betreuungs- und Erbrecht. In besonderen Bereichen greifen daneben Regelungen der Zivilprozessordnung. Bei Auslandsbezug ergänzen unionsrechtliche und völkerrechtliche Normen den Anwendungsrahmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum FamFG
Was regelt das FamFG in Grundzügen?
Es legt fest, wie Gerichte in Familienthemen und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfahren. Dazu gehören Zuständigkeit, Beteiligung der Betroffenen, Beweiserhebung, Entscheidung, Rechtsmittel und Vollstreckung, jeweils mit besonderem Blick auf Schutz und Fairness.
Worin unterscheidet sich ein Beschluss von einem Urteil?
In den vom FamFG erfassten Verfahren entscheidet das Gericht in der Regel durch Beschluss. Ein Beschluss ist eine verfahrensspezifische Entscheidungsform, die dem Charakter der nichtstreitigen oder familiengerichtlichen Materie entspricht.
Sind Verhandlungen und Anhörungen öffentlich?
Viele Verfahren nach dem FamFG sind zum Schutz der Privatsphäre nicht öffentlich. Dies gilt insbesondere für Kindschafts-, Betreuungs- und Unterbringungssachen.
Wie werden Kinder im Verfahren beteiligt?
Kinder werden alters- und entwicklungsgerecht beteiligt. Das Gericht kann sie persönlich anhören und einen Verfahrensbeistand bestellen, um ihre Interessen im Verfahren wahrzunehmen.
Welche Rolle spielt der Amtsermittlungsgrundsatz?
Das Gericht klärt die entscheidungserheblichen Tatsachen eigenständig auf. Es ist nicht allein an das Vorbringen der Beteiligten gebunden, sondern kann Auskünfte einholen, Beweise erheben und Sachverständige beauftragen.
Welche Rechtsmittel sind möglich?
Gegen Beschlüsse ist regelmäßig die Beschwerde an das nächsthöhere Gericht vorgesehen. In bestimmten Fällen besteht ein weiteres Rechtsmittel. Fristen sind meist kurz und beginnen mit der Bekanntgabe der Entscheidung.
Wie werden familiengerichtliche Entscheidungen durchgesetzt?
Die Vollstreckung richtet sich nach besonderen Regeln. In Umgangs- und Herausgabesachen stehen spezifische Zwangsmittel zur Verfügung; das Kindeswohl ist leitend. Unterhaltsentscheidungen werden nach ergänzten allgemeinen Vollstreckungsregeln durchgesetzt.