Falschlieferung: Begriff, Bedeutung und Abgrenzung
Was bedeutet Falschlieferung?
Von einer Falschlieferung wird gesprochen, wenn nicht die vertraglich geschuldete Ware geliefert wird. Das kann bedeuten, dass ein völlig anderer Gegenstand ankommt, eine andere Ausführung (zum Beispiel falsche Größe, Farbe oder Modellvariante) geliefert wurde oder eine Verwechslung zwischen unterschiedlichen Artikeln vorliegt. Im rechtlichen Sinn handelt es sich um eine nicht vertragsgemäße Leistung, die die vereinbarte Beschaffenheit oder Art der Ware verfehlt.
Abgrenzung zu anderen Lieferabweichungen
Nicht jede Abweichung ist eine Falschlieferung. Zu unterscheiden sind insbesondere:
- Mengenabweichung: zu viel oder zu wenig Ware, obwohl die richtige Art geliefert wurde.
- Qualitäts- bzw. Beschaffenheitsabweichung: richtige Art, aber mangelnde Qualität oder fehlende vereinbarte Eigenschaften.
- Teillieferung: nur ein Teil der geschuldeten Ware wird geliefert.
- Falsche Zustellung: Lieferung an eine unzutreffende Adresse, obwohl die Ware selbst korrekt ist.
Die Falschlieferung zeichnet sich dadurch aus, dass der gelieferte Gegenstand nicht dem vertraglich geschuldeten entspricht. In der Fachsprache wird hierfür auch der Begriff der Lieferung „eines anderen Gegenstands“ verwendet.
Typische Beispiele
- Bestellt wurde ein bestimmtes Smartphone-Modell, geliefert wird ein anderes Modell derselben Marke.
- Anstelle eines schwarzen Sofas wird ein graues Sofa geliefert.
- Statt eines ersichtlichen Originalprodukts wird ein Austausch- oder Alternativprodukt gesendet, ohne dass dies vereinbart war.
Rechtliche Einordnung der Falschlieferung
Falschlieferung als Leistungsstörung im Kaufrecht
Die Falschlieferung ist eine Form der nicht vertragsgemäßen Leistungserbringung. Sie berührt den Kern der vereinbarten Leistungspflicht: Geliefert wird etwas anderes als die geschuldete Ware. Rechtlich wird sie wie eine Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit behandelt.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung
Ob eine Lieferung als falsch anzusehen ist, wird grundsätzlich zu dem Zeitpunkt bewertet, zu dem die Gefahr des zufälligen Untergangs auf die kaufende Partei übergeht. Zu diesem Zeitpunkt muss die Ware der vertraglichen Vereinbarung entsprechen.
Abgrenzung: „Anderer Gegenstand“ und Sachmangel
Die Lieferung eines anderen Gegenstands wird rechtlich so behandelt, als entspreche die Ware nicht der vereinbarten Beschaffenheit. Konsequenzen und Rechtsfolgen sind daher an die Regeln der nicht vertragsgemäßen Lieferung angelehnt.
Rechtsfolgen und Rechte der Parteien
Anspruch auf vertragsgemäße Erfüllung
Steht eine Falschlieferung fest, besteht ein Anspruch auf vertragsgemäße Erfüllung. In der Praxis bedeutet dies regelmäßig die Lieferung der richtigen Ware. Bei standardisierten Waren kann eine Ersatzlieferung erfolgen; bei Einzelstücken kann die vertragsgemäße Erfüllung von der Verfügbarkeit abhängen.
Weitere Rechte: Vertragsbeendigung, Preisreduzierung, Ersatz von Schäden
Neben dem Anspruch auf ordnungsgemäße Erfüllung kommen – je nach Voraussetzungen – weitere Rechte in Betracht: Beendigung des Vertragsverhältnisses, Herabsetzung des Kaufpreises sowie Ersatz solcher Schäden, die durch die Falschlieferung entstanden sind. Welche Rechte im konkreten Fall anwendbar sind, hängt von den Umständen, Fristen und etwaigen Vorrangregeln ab.
Zahlung, Zurückbehaltungsrechte und Annahme
Bei einer Falschlieferung kann die Zahlungspflicht durch die fehlende vertragsgemäße Gegenleistung berührt sein. Gesetzlich vorgesehene Zurückbehaltungsrechte kommen in Betracht, solange die Lieferung nicht vertragsgemäß ist. Eine Verpflichtung zur Annahme besteht für die falsche Ware grundsätzlich nicht.
Eigentum an falsch gelieferter Ware und Herausgabepflichten
Ob an einer falsch gelieferten Ware Eigentum übergeht, hängt von der Einigung über gerade diesen Gegenstand ab. Bei einer klaren Falschlieferung liegt regelmäßig keine Erfüllungsbestimmung auf diesen Gegenstand vor; in der Folge verbleibt das Eigentum meist beim liefernden Unternehmen. Daraus können Herausgabe- und Rückabwicklungspflichten resultieren.
Kosten und Risiken von Rücksendung und Ersatzlieferung
Bei nicht vertragsgemäßer Lieferung werden die notwendigen Kosten der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands üblicherweise dem Lieferanten zugeordnet. Dazu können Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten gehören. Rücksendemodalitäten und Kostentragung richten sich nach den vertraglichen Absprachen und den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben.
Untersuchungs- und Rügepflichten im Geschäftsverkehr
Im B2B-Handel bestehen besondere Obliegenheiten: Waren sind zeitnah zu untersuchen und Abweichungen anzuzeigen. Unterbleibt eine rechtzeitige Rüge, können Rechte wegen Falschlieferung ganz oder teilweise ausgeschlossen sein. Im Verhältnis zu Verbraucherinnen und Verbrauchern gelten diese besonderen Rügeobliegenheiten nicht.
Besonderheiten nach Vertragsart
Verbrauchsgüterkauf und Fernabsatz
Beim Verkauf an Verbraucher gelten Schutzmechanismen, die die Durchsetzung von Rechten bei Falschlieferung erleichtern. Zusätzlich kann – unabhängig von der Falschlieferung – ein Widerrufsrecht im Fernabsatz bestehen, das eigenständigen Regeln folgt und neben die Mängelrechte tritt.
B2B-Handel
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr prägen handelsübliche Abläufe und Rügeobliegenheiten die Rechtsfolgen. Verjährungs- und Untersuchungsfristen sind häufig kürzer oder strenger ausgestaltet als im Verbrauchsgüterkauf. Vertragsklauseln in AGB können die Handhabung beeinflussen, soweit sie wirksam vereinbart sind.
Digitale Inhalte und Dienstleistungen
Bei digitalen Leistungen zeigt sich die Falschlieferung etwa in der Bereitstellung einer unzutreffenden Version, Lizenz oder Zugriffsstufe. Auch hier kommt es auf die vertraglich vereinbarte Art und Beschaffenheit an. Rechtsfolgen orientieren sich an den Regeln zum nicht vertragsgemäßen Leistungsinhalt.
Gattungsschuld und Stückschuld
Bei Gattungsware ist eine Ersatzlieferung regelmäßig möglich, da die Ware nach allgemeinen Merkmalen bestimmt ist. Bei Stückware oder Unikaten ist eine Ersatzlieferung nur möglich, wenn ein identischer vertragsgemäßer Gegenstand verfügbar ist. Maßgeblich ist, ob die geschuldete Leistung bereits konkretisiert wurde.
Beweisfragen und Dokumentation
Beweislast und zeitliche Vermutungen
Grundsätzlich trägt die kaufende Partei die Beweislast für das Vorliegen einer Falschlieferung. Im Verbrauchsgüterkauf bestehen innerhalb eines gesetzlich bestimmten Zeitraums nach Übergabe günstige Beweisregeln zugunsten der kaufenden Person. Umfang und Dauer dieser Vermutungen folgen den jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben.
Bedeutung von Unterlagen und Kommunikation
Bestellbestätigungen, Produktbeschreibungen, Lieferscheine, Rechnungen und Korrespondenz sind zentrale Beweismittel zur Bestimmung der geschuldeten und der tatsächlich gelieferten Ware. Bilddokumentation und Seriennummern können bei der Abgrenzung hilfreich sein.
Internationale Bezüge
Grenzüberschreitende Lieferungen
Bei internationalen Lieferbeziehungen stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht und dem zuständigen Gerichtsstand. Vertragliche Rechtswahlklauseln und internationale Regelwerke können die Einordnung der Falschlieferung und die verfügbaren Rechtsbehelfe beeinflussen.
Internationales Kaufrecht
Das internationale Kaufrecht kennt vergleichbare Konzepte zur Nichtkonformität der Ware. Typische Rechtsbehelfe sind Ersatzlieferung, Preisreduzierung, Schadensersatz und Vertragsaufhebung, jeweils nach Maßgabe der konkret geltenden Regeln und Fristen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Falschlieferung
Wann liegt rechtlich eine Falschlieferung vor?
Rechtlich liegt eine Falschlieferung vor, wenn der gelieferte Gegenstand nicht der vertraglich vereinbarten Art oder Ausführung entspricht. Maßgeblich ist die Abweichung von der vereinbarten Leistung, etwa durch Lieferung eines anderen Modells oder einer anderen Variante als bestellt.
Welche Rechte bestehen bei Falschlieferung?
In Betracht kommen insbesondere der Anspruch auf vertragsgemäße Erfüllung durch Lieferung der richtigen Ware, die Beendigung des Vertragsverhältnisses, eine Herabsetzung des Kaufpreises sowie der Ersatz von Schäden. Die Reihenfolge und Voraussetzungen dieser Rechte richten sich nach den gesetzlichen Vorgaben und vertraglichen Absprachen.
Wer trägt die Kosten einer Rücksendung bei Falschlieferung?
Die zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands erforderlichen Kosten werden üblicherweise dem liefernden Unternehmen zugeordnet. Hierunter können Transport-, Wege- und Materialkosten fallen. Konkrete Kostentragungsregeln ergeben sich aus Gesetz und Vertrag.
Muss die falsch gelieferte Ware angenommen werden?
Eine Verpflichtung zur Annahme besteht für eine nicht vertragsgemäße Ware grundsätzlich nicht. Die Annahme richtet sich nach der Frage, ob die gelieferte Ware der vereinbarten Leistung entspricht. Bei Abweichungen können gesetzliche Rechte geltend gemacht werden.
Welche Besonderheiten gelten im B2B-Bereich?
Im Geschäftsverkehr bestehen Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten. Werden Abweichungen nicht innerhalb angemessener Frist angezeigt, können Rechte wegen Falschlieferung eingeschränkt oder ausgeschlossen sein. Die genaue Handhabung hängt vom Einzelfall und den getroffenen Vereinbarungen ab.
Besteht ein Widerrufsrecht trotz Falschlieferung im Fernabsatz?
Das Widerrufsrecht im Fernabsatz besteht eigenständig neben den Rechten bei Falschlieferung. Beide Rechtsinstitute verfolgen unterschiedliche Zwecke und können parallel relevant sein, jeweils nach ihren eigenen Voraussetzungen und Fristen.
Geht Eigentum an falsch gelieferter Ware über?
Der Eigentumsübergang setzt eine Einigung über den konkreten Gegenstand voraus. Bei einer Falschlieferung fehlt es regelmäßig an einer Bestimmung auf diese Ware als Erfüllung, sodass das Eigentum meist beim Lieferanten verbleibt und Herausgabeansprüche in Betracht kommen.
Welche Rolle spielen Beweisregeln bei Falschlieferung?
Grundsätzlich trägt die kaufende Partei die Beweislast für die Falschlieferung. Im Verbrauchsgüterkauf bestehen innerhalb eines gesetzlich festgelegten Zeitraums begünstigende Vermutungen, die die Beweisführung erleichtern. Umfang und Dauer dieser Vermutungen sind gesetzlich definiert.