Begriff und Grundprinzip der Fallpauschale
Die Fallpauschale ist eine pauschalierte Vergütung im Krankenhaus, bei der für die Behandlung eines Behandlungsfalls ein festgelegter Betrag abgerechnet wird. Ein Behandlungsfall umfasst in der Regel den gesamten stationären Aufenthalt, der durch eine Hauptdiagnose, begleitende Diagnosen und durchgeführte Prozeduren geprägt ist. Ziel ist eine einheitliche, nachvollziehbare und wirtschaftliche Finanzierung stationärer Leistungen, unabhängig von der individuellen Dauer einzelner Behandlungsschritte.
Die Pauschale deckt üblicherweise sämtliche im Zusammenhang mit dem Fall erbrachten Krankenhausleistungen ab, darunter medizinische Behandlung, Pflege, Unterkunft und notwendige Diagnostik. Bestimmte Leistungen werden gesondert vergütet, wenn sie nicht typischerweise in der Pauschale enthalten sind.
Rechtsrahmen und Zuständigkeiten
Die Fallpauschalen beruhen auf einem bundesweit einheitlichen Vergütungssystem für allgemeine Krankenhäuser. Die Ausgestaltung erfolgt im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Kostenträger- und Leistungserbringerseite sowie spezialisierten Institutionen. Die Bundesländer sind an der Festlegung regionaler Preisniveaus beteiligt. Krankenhäuser und Krankenkassen setzen die Regelungen im Rahmen von Budget- und Entgeltvereinbarungen praktisch um.
Die rechtliche Ausgestaltung bestimmt, welche Leistungen pauschaliert vergütet werden, wie Daten zu erfassen sind, welche Fristen gelten und wie Streitfälle zu prüfen und zu klären sind. Vorgaben zur Qualitätssicherung, Dokumentation und Datenübermittlung sind Bestandteil des Systems.
Elemente der Vergütung
Gruppierung in Fallgruppen (DRG-System)
Die Zuordnung einer Behandlung zu einer Fallpauschale erfolgt durch ein standardisiertes Gruppierungsverfahren (DRG: Diagnosis Related Groups). Grundlage sind die verschlüsselte Hauptdiagnose, Nebendiagnosen, durchgeführte Prozeduren, Alter, Geschlecht und weitere medizinische Faktoren. Aus diesen Angaben ermittelt ein Grouper-Programm die passende Fallgruppe.
Relativgewicht und Landesbasisfallwert
Jede Fallgruppe besitzt ein Relativgewicht, das den durchschnittlichen Ressourcenbedarf der Behandlung abbildet. Der monetäre Wert errechnet sich aus dem Relativgewicht multipliziert mit dem im jeweiligen Bundesland geltenden Basisfallwert. Dieser Basisfallwert wird auf Landesebene zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern vereinbart und jährlich fortgeschrieben.
Zusatzentgelte und besondere Vergütungen
Leistungen, die nicht regelhaft in der Pauschale enthalten sind oder deren Aufwand erheblich variiert, können über Zusatzentgelte vergütet werden. Für neue oder besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestehen gesonderte Regelungen, die eine befristete oder spezifische Vergütung vorsehen.
Grenzverweildauern, Zu- und Abschläge
Für jede Fallgruppe sind Verweildauerspannen definiert. Liegt die Aufenthaltsdauer deutlich darunter oder darüber, können Abschläge oder Zuschläge greifen. Ziel ist es, extrem kurze oder sehr lange Verläufe sachgerecht zu berücksichtigen, ohne den Grundcharakter der Pauschalvergütung aufzugeben.
Ausnahmen und besondere Systeme
Neben der allgemeinen stationären Versorgung existieren Bereiche mit abweichenden Vergütungslogiken, etwa in der Psychiatrie und Psychosomatik. Für diese Sektoren gelten gesonderte Pauschalsysteme. Bestimmte ambulante oder sektorenübergreifende Leistungen werden über eigene Pauschalen außerhalb der klassischen Fallpauschale abgerechnet.
Dokumentation, Kodierung und Prüfung
Kodierregeln und Verantwortung
Krankenhäuser sind verpflichtet, Diagnosen und Prozeduren nach einheitlichen Klassifikationen und Kodierregeln zu dokumentieren. Die Kodierung muss den tatsächlichen Behandlungsverlauf zutreffend abbilden. Sie ist das zentrale Bindeglied zwischen medizinischem Geschehen und abrechnungsrelevantem Fallgruppenergebnis.
Prüfverfahren durch Krankenkassen und den Medizinischen Dienst
Kostenträger dürfen Abrechnungen prüfen lassen. Der Medizinische Dienst bewertet, ob die Voraussetzungen der abgerechneten Fallpauschale erfüllt sind, ob die stationäre Behandlung erforderlich war und ob Zusatzentgelte oder Zuschläge korrekt angesetzt wurden. Für Einleitung, Durchführung und Abschluss der Prüfungen bestehen formale Vorgaben und Fristen.
Rückforderungen und Streitbeilegung
Ergeben Prüfungen Abweichungen, können Korrekturen, Rückforderungen oder Nachvergütungen entstehen. Für Uneinigkeiten bestehen geregelte Verfahren der Klärung. Krankenhäuser und Kostenträger haben dabei Mitwirkungs- und Nachweispflichten. Wiederholte oder gravierende Auffälligkeiten können zusätzliche Prüf- oder Sanktionsmechanismen auslösen.
Patientenbezug
Leistungsumfang und Zuzahlungen
Die Fallpauschale betrifft die Vergütung zwischen Krankenhaus und Kostenträger. Für Versicherte ist rechtlich vorgegeben, welche Eigenbeteiligungen im stationären Bereich anfallen können. Diese Zuzahlungen sind grundsätzlich unabhängig von der konkreten Fallgruppe. Der Krankenhausvertrag mit dem Kostenträger regelt die Abrechnung; der Behandlungsanspruch ergibt sich aus dem Versicherungsverhältnis und dem medizinischen Bedarf.
Wahlleistungen und private Zusatzkosten
Leistungen außerhalb des regulären Leistungsumfangs, beispielsweise besondere Unterbringung oder persönliche ärztliche Behandlung auf Wunsch, werden nicht über die Fallpauschale vergütet. Für diese Wahlleistungen gelten gesonderte Vereinbarungen und Entgelte, die gesondert gegenüber der versicherten Person abgerechnet werden können.
Transparenz und Auskunftsrechte
Versicherte haben Anspruch auf verständliche Informationen zur Abrechnung gegenüber dem Kostenträger und zu etwaigen Eigenbeteiligungen. Krankenhäuser sind verpflichtet, Abrechnungen nachvollziehbar zu gestalten und bei berechtigten Nachfragen Auskunft zu erteilen.
Steuerungs- und Anreizwirkungen
Die Fallpauschale bündelt Anreize zur effizienten Leistungserbringung. Sie kann dazu führen, dass die Verweildauer auf das medizinisch notwendige Maß konzentriert wird. Regelungen gegen Fallaufspaltungen und für sachgerechte Zu- und Abschläge sollen Fehlanreize begrenzen. Qualitätssichernde Vorgaben und Mindestanforderungen sollen sicherstellen, dass Effizienz nicht zulasten der Versorgungsqualität geht.
Daten, Qualität und Kontrolle
Für die Weiterentwicklung des Systems werden pseudonymisierte Behandlungs- und Kostendaten erhoben und ausgewertet. Krankenhäuser erstellen strukturierte Qualitätsberichte. Institutionen der gemeinsamen Selbstverwaltung nutzen diese Informationen, um Fallgruppen, Relativgewichte und Zusatzentgelte anzupassen und Qualitätsvorgaben fortzuentwickeln. Datenschutz und Datensicherheit sind dabei verbindlich zu beachten.
Abgrenzung zu anderen Vergütungsformen
- Einzelleistungsvergütung: Abrechnung einzelner Leistungen ohne Fallbezug.
- Zeittarife/Tagessätze: Vergütung nach Dauer des Aufenthalts.
- Pauschalen im ambulanten Bereich: Pauschale Vergütung für Quartals- oder Behandlungskomplexe außerhalb des stationären DRG-Systems.
- Vorhaltefinanzierung: Vergütung von Kapazitäten und Strukturen, die ergänzend zur Fallpauschale ausgestaltet sein kann.
Internationale Einordnung
Fallpauschalen nach dem DRG-Prinzip werden in vielen Ländern eingesetzt. Nationale Systeme unterscheiden sich in Gruppierungslogik, Gewichten, Preisbildung und Prüfmechanismen. Der Grundgedanke einer pauschalierten, diagnose- und prozedurbezogenen Vergütung ist jedoch international verbreitet.
Aktuelle Entwicklungen
Das Vergütungssystem wird regelmäßig angepasst, um medizinischen Fortschritt, Kostenentwicklungen und Strukturveränderungen abzubilden. Diskutiert und erprobt werden ergänzende Elemente wie sektorenübergreifende Pauschalen, erweiterte Vorhaltefinanzierung und eine stärkere Qualitätsorientierung. Digitale Dokumentations- und Kodierhilfen sollen die Abbildungsgenauigkeit und Prüfbarkeit verbessern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Fallpauschale
Was umfasst eine Fallpauschale inhaltlich?
Sie deckt die typischerweise für einen Behandlungsfall anfallenden Krankenhausleistungen ab, darunter medizinische Behandlung, Pflege, Unterkunft und notwendige Diagnostik. Leistungen mit stark schwankendem Aufwand können über gesonderte Entgelte zusätzlich vergütet werden.
Wer legt die Höhe einer Fallpauschale fest?
Die monetäre Höhe ergibt sich aus dem Relativgewicht der Fallgruppe und dem in einem Bundesland vereinbarten Basisfallwert. Relativgewichte werden zentral festgelegt und regelmäßig aktualisiert; der Basisfallwert wird auf Landesebene vereinbart.
Darf ein Krankenhaus mehrere Fallpauschalen für denselben Aufenthalt abrechnen?
Grundsätzlich wird pro Behandlungsfall eine Fallgruppe abgerechnet. Mehrfache Abrechnungen setzen besondere, klar definierte Konstellationen voraus, etwa medizinisch getrennte Behandlungsfälle innerhalb eines Zeitraums. Regelungen zur Vermeidung unzulässiger Fallaufspaltungen sind Bestandteil des Systems.
Welche Rolle spielt die Kodierung für die Fallpauschale?
Die Kodierung von Diagnosen und Prozeduren bestimmt die Fallgruppe und damit die abrechenbare Pauschale. Sie muss den tatsächlichen Behandlungsverlauf nach verbindlichen Regeln korrekt abbilden und ist Grundlage für Prüfungen durch Kostenträger und den Medizinischen Dienst.
Können Krankenkassen eine abgerechnete Fallpauschale zurückweisen?
Kostenträger können Abrechnungen prüfen lassen. Bei Abweichungen sind Korrekturen, Rückforderungen oder Nachvergütungen möglich. Für das Prüfverfahren existieren formale Vorgaben, Fristen und Mitwirkungspflichten.
Gibt es Bereiche ohne Fallpauschalen?
Ja. In einzelnen Versorgungsbereichen, insbesondere in der Psychiatrie und Psychosomatik, gelten eigenständige Pauschalsysteme. Zudem werden bestimmte ambulante Leistungen und Wahlleistungen außerhalb der stationären Fallpauschale vergütet.
Hat die Fallpauschale Auswirkungen auf die Verweildauer?
Die Pauschalvergütung setzt Anreize zu einer effizienten Behandlung. Regelungen zu Grenzverweildauern mit Zu- und Abschlägen sowie Qualitätssicherungsanforderungen sollen eine sachgerechte Behandlungsdauer fördern und Fehlanreize begrenzen.
Wie werden neue Behandlungsmethoden vergütet?
Für neue oder besondere Methoden bestehen gesonderte Vergütungsregelungen, die vorläufige oder spezifische Entgelte vorsehen können. Diese Regelungen werden regelmäßig evaluiert und in das System integriert, sobald ausreichende Daten vorliegen.