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Fahrstuhl


Begriff und Definition des Fahrstuhls im rechtlichen Kontext

Ein Fahrstuhl, häufig auch als Aufzug bezeichnet, ist gemäß § 2 Abs. 1 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) eine maschinelle Einrichtung, die dazu bestimmt ist, Personen oder Güter zwischen verschiedenen Ebenen zu bewegen. Die rechtliche Einordnung und Behandlung von Fahrstühlen ist durch zahlreiche nationale und europäische Normen geregelt, welche sowohl sicherheitstechnische als auch haftungsrechtliche Aspekte berücksichtigen.

Rechtsgrundlagen für Fahrstühle

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

Die Betriebssicherheitsverordnung bildet die zentrale rechtliche Grundlage für die Errichtung, den Betrieb und die Instandhaltung von Fahrstühlen in Deutschland. Nach § 2 BetrSichV gelten Fahrstühle als überwachungsbedürftige Anlagen. Eigentümer und Betreiber unterliegen besonderen Pflichten hinsichtlich der Sicherheit und regelmäßigen Kontrolle der Anlagen.

Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) und Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)

Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) als nationales Gesetz, umgesetzt aus europäischen Richtlinien, regelt die Bereitstellung von Aufzügen auf dem Markt. Aufzüge dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen genügen.

Europäische Aufzugsrichtlinie

Die europäische Aufzugsrichtlinie (2014/33/EU) gibt einheitliche Vorgaben für die Konstruktion, Herstellung, Installation und Inbetriebnahme von Fahrstühlen in der Europäischen Union vor. Ziel ist die Harmonisierung der Sicherheitsstandards und die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Nutzer.

Genehmigung und Errichtung von Fahrstühlen

Genehmigungspflicht

Nach den jeweiligen Landesbauordnungen, beispielsweise § 49 Musterbauordnung (MBO), ist die Errichtung eines Fahrstuhls grundsätzlich genehmigungspflichtig. Dies erfordert unter anderem die Vorlage prüffähiger Bauunterlagen, die Einhaltung technischer Normen sowie ggf. eine Beteiligung amtlich anerkannter Überwachungsstellen.

Technische Bau- und Ausrüstungsanforderungen

Fahrstühle müssen den Anforderungen der DIN EN 81 (Normenreihe für Sicherheitsregeln von Aufzügen) entsprechen. So sind unter anderem Notrufsysteme, Absturzsicherungen und ausreichender Brandschutz vorzusehen. Zusätzlich zur technischen Umsetzung sind die jeweiligen Vorschriften in den Verordnungen der Bundesländer zu beachten.

Pflichten und Verantwortlichkeiten im Betrieb von Fahrstühlen

Betreiberpflichten

Der Betreiber eines Fahrstuhls ist verpflichtet, die sichere Benutzung jederzeit zu gewährleisten. Hierzu zählen insbesondere regelmäßige Wartungen, Prüfungen durch zugelassene Überwachungsstellen sowie das Führen eines Prüfbuchs. Die Prüfung nach § 16 BetrSichV schreibt jährliche und darüber hinaus wiederkehrende Hauptprüfungen alle zwei Jahre vor.

Haftung und Verkehrssicherungspflichten

Kommt es infolge einer Pflichtverletzung des Betreibers zu Schäden, besteht eine zivilrechtliche Haftung gemäß § 823 BGB (unerlaubte Handlung) bzw. § 280 BGB (Vertragsverletzung). Im Falle eines Personenschadens haftet regelmäßig der Betreiber und nicht der Hersteller, wenn Wartungspflichten missachtet wurden. Auch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann Ansprüche bei gemeinschaftlich genutzten Aufzügen vorsehen.

Fahrtüchtigkeit, Betriebssicherheit und Prüfpflichten

Wiederkehrende Prüfungen

Die wiederkehrende Prüfung von Fahrstühlen ist durch die Betriebssicherheitsverordnung verpflichtend geregelt. Die Prüfungen sind von sogenannten zugelassenen Überwachungsstellen durchzuführen, wobei sowohl die technische Funktionsfähigkeit als auch die Einhaltung der Sicherheitsfunktionen überprüft werden.

Stilllegung und außerbetriebnahme

Bei nicht ordnungsgemäßer Funktion oder nicht bestandener Prüfung kann gemäß § 21 BetrSichV die Stilllegung durch die zuständige Behörde angeordnet werden, um potenzielle Gefahren für die Benutzer auszuschließen.

Besonderheiten bei Fahrstühlen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Mietrechtliche Regelungen

Im Mietrecht gilt ein Fahrstuhl als zentraler Bestandteil der Ausstattung eines Mietobjektes. Nach § 535 BGB ist der Vermieter verpflichtet, den Fahrstuhl in funktionsfähigem Zustand zu halten. Mängel am Fahrstuhl können zur Mietminderung nach § 536 BGB führen, sofern die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigt ist.

Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Im Bereich des Wohnungseigentumsrechts dürfen Modernisierungen oder der Neueinbau eines Aufzugs grundsätzlich nur mit Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung erfolgen, § 22 Abs. 2 WEG. Die Kosten für Installation, Wartung und Betrieb sind in der Regel nach dem Verteilungsschlüssel des Gemeinschaftseigentums umzulegen.

Sonderregelungen für barrierefreie Fahrstühle

Barrierefreiheit ist insbesondere für öffentlich zugängliche Gebäude vorgeschrieben (vgl. § 50 MBO, DIN 18040). Im Bauordnungsrecht und im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wird gefordert, Aufzüge so zu gestalten, dass sie für Menschen mit eingeschränkter Mobilität uneingeschränkt nutzbar sind. Planungs- und Ausstattungsmerkmale für barrierefreie Fahrstühle ergeben sich unter anderem aus der DIN EN 81-70.

Haftung im Schadensfall und strafrechtliche Aspekte

Zivilrechtliche Haftung

Treten durch einen Fahrstuhl Personen- oder Sachschäden auf, haftet in erster Linie der Betreiber bei Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung. Die Haftungsgrundlagen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (insbesondere §§ 823 ff. BGB).

Strafrechtliche Haftung

Verletzt eine für den Fahrstuhl verantwortliche Person wichtige Sorgfaltspflichten und kommt es dadurch zu Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung, können strafrechtliche Konsequenzen gemäß §§ 222, 229 StGB (Strafgesetzbuch) drohen.

Zusammenfassung und Ausblick

Der Begriff Fahrstuhl ist rechtlich umfassend und vielschichtig geregelt, wobei Normen des Bau-, Sicherheits-, Produkthaftungs-, Miet- und Eigentumsrechts ineinandergreifen. Insbesondere sind die gesetzlichen Betreiberpflichten und die regelmäßigen Kontrollen als maßgebliche Faktoren für die Verkehrssicherheit und Haftungsprävention hervorzuheben. Durch die fortschreitende technische Entwicklung und die zunehmende Bedeutung der Barrierefreiheit bleibt das rechtliche Umfeld für Fahrstühle einem kontinuierlichen Wandel unterworfen.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet bei einem Unfall im Fahrstuhl?

Für Unfälle im Fahrstuhl haftet grundsätzlich der Betreiber bzw. Eigentümer des Aufzugs. Dieser ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Fahrstuhl regelmäßig zu warten und zu überprüfen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten (§ 823 BGB, Produkthaftungsgesetz, Betreiberpflichten nach der Betriebssicherheitsverordnung). Kommt der Betreiber dieser Pflicht nicht nach und es kommt aufgrund von Wartungsmängeln oder technischen Defekten zu einem Schaden, haftet er zivilrechtlich für Personen- und Sachschäden. In Mietobjekten trifft die Verkehrssicherungspflicht in aller Regel den Vermieter. Auch die Aufzugswartungsfirma kann haftbar gemacht werden, wenn der Schaden durch fehlerhafte Wartungsarbeiten verursacht wurde. Darüber hinaus kann bei groben Fahrlässigkeiten im Einzelfall eine strafrechtliche Verantwortung des Betreibers vorliegen. Die Haftung kann sich vermindern oder entfallen, wenn der Fahrgast den Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst verschuldet hat.

Welche Prüfpflichten bestehen für Fahrstühle nach deutschem Recht?

Nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS 3121) sind Fahrstühle als überwachungsbedürftige Anlagen einzustufen. Sie unterliegen regelmäßigen Prüfpflichten: Die wiederkehrende Hauptprüfung muss in der Regel alle zwei Jahre von einer zugelassenen Überwachungsstelle (z. B. TÜV, DEKRA) durchgeführt werden. Zusätzlich ist zwischen den Hauptprüfungen eine Zwischenprüfung vorgeschrieben, meist im jährlichen Rhythmus. Der Betreiber muss ein digitales Prüfbuch führen, in dem alle Wartungs- und Prüftermine dokumentiert sind. Kommen Betreiber diesen Prüf- und Dokumentationspflichten nicht nach, drohen Bußgelder und im Schadensfall zivil- und strafrechtliche Konsequenzen.

Ist das Blockieren von Fahrstühlen strafbar?

Das absichtliche Blockieren oder Festhalten von Fahrstühlen kann straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlich relevant sein, insbesondere wenn dadurch Notfälle oder Gefährdungen entstehen. Wird absichtlich ein Notruf ausgelöst oder der Fahrstuhl für den Notfall unbrauchbar gemacht, kann dies als Missbrauch von Notrufen (§ 145 StGB) oder als Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB) verfolgt werden. Entsteht durch das Blockieren eine konkrete Gefährdung von Personen, können auch Tatbestände wie Nötigung (§ 240 StGB) oder Körperverletzung (§ 223 StGB) vorliegen. Daneben kommen zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Kostenerstattung für verursachte Schäden oder Einsatzkosten in Betracht.

Welche Informationspflichten bestehen für Betreiber gegenüber Fahrstuhlnutzern?

Betreiber sind verpflichtet, Sicherheits- und Bedienhinweise gut sichtbar im Fahrstuhl auszuhängen (§ 4 BetrSichV). Dazu gehören insbesondere Notrufinformationen, Hinweise auf das zulässige Maximalgewicht, Vorschriften zur Mitnahme von Lasten, Kinderwagen, Rollstühlen etc. sowie Ansprechpartner im Notfall. Bei außerplanmäßigen Stilllegungen oder Wartungen muss der Betreiber zudem durch deutlich sichtbare Hinweise auf die vorübergehende Nichtnutzbarkeit des Fahrstuhls informieren. Verstöße gegen diese Informationspflichten können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und führen im Schadensfall regelmäßig zu einer Haftungsverschärfung gegenüber dem Betreiber.

Welche besonderen Schutzvorschriften gelten für Aufzüge in öffentlich zugänglichen Gebäuden?

Für öffentlich zugängliche Gebäude, insbesondere bei Versammlungsstätten, Krankenhäusern, Schulen oder Einkaufszentren, gelten zusätzliche Baurechtsvorgaben nach der Musterbauordnung sowie einschlägigen Landesbauordnungen. Fahrstühle müssen hier barrierefrei zugänglich sein (vgl. DIN 18040), über geeignete Notrufsysteme verfügen und spezielle Anforderungen an Brandschutz und Evakuierung erfüllen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist regelmäßig von der Bauaufsicht zu überprüfen und Voraussetzung für die Erteilung oder Erhaltung der Betriebserlaubnis. Betreiber riskieren bei Verstößen behördliche Nutzungsuntersagungen sowie erhebliche zivil- und strafrechtliche Konsequenzen im Schadensfall.

Was sind die Konsequenzen einer unerlaubten Außerbetriebnahme eines Fahrstuhls?

Eine unerlaubte (d. h. ohne gesetzlich oder behördlich gerechtfertigten Grund erfolgte) Stilllegung eines Fahrstuhls durch den Betreiber kann schwerwiegende mietrechtliche und öffentlich-rechtliche Folgen haben: Im Mietverhältnis kann ein Mieter eine Mietminderung geltend machen, sofern der Aufzug als vertragswesentliche Leistung gilt (§ 536 BGB). Bei wiederholten oder unbegründeten Stilllegungen drohen Abmahnungen, Schadensersatzforderungen und im Extremfall sogar die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter. Öffentlich-rechtlich können Aufsichtsbehörden Bußgelder verhängen oder zur Wiederinbetriebnahme verpflichten. In besonderen Fällen, etwa bei Notwendigkeit aus Barrierefreiheitsgründen, kann auch eine einstweilige Verfügung auf Wiederinbetriebnahme erwirkt werden.

Welche Rechte haben Mieter bei Ausfall des Fahrstuhls?

Funktioniert ein vertraglich zugesicherter Fahrstuhl im Mietobjekt nicht ordnungsgemäß, hat der Mieter nach Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 536 BGB) Anspruch auf Mietminderung ab dem ersten Tag des Ausfalls; Höhe und Dauer der Minderung sind abhängig von Art der Beeinträchtigung und Mietobjekt. Wurde der Vermieter nicht über den Defekt informiert, besteht eine Mitteilungspflicht des Mieters (§ 536c BGB), bei deren Verletzung Ansprüche eingeschränkt sein können. Dauert der Fahrstuhlausfall erheblich an oder ist kein Instandsetzungswille des Vermieters erkennbar, kann der Mieter grundsätzlich zur fristlosen Kündigung berechtigt sein. Ferner stehen dem Mieter bei nachgewiesenen Schäden durch den Ausfall Schadensersatzansprüche (§ 536a BGB) zu.