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Fahrerbescheinigung


Begriff und rechtliche Einordnung der Fahrerbescheinigung

Die Fahrerbescheinigung stellt ein bedeutendes Dokument im Bereich des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs dar. Sie regelt und dokumentiert die Berechtigung von Fahrern aus Drittstaaten, im Rahmen des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) beziehungsweise der Europäischen Union (EU) entgeltlich gewerbliche Beförderungen durchzuführen. Rechtsgrundlage bilden insbesondere europäische Verordnungen sowie nationale Umsetzungsgesetze.

Zweck und Funktion der Fahrerbescheinigung

Die Fahrerbescheinigung dient als Nachweis, dass ein Fahrer, der nicht Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates oder eines Vertragsstaates des EWR ist, bei einem Verkehrsunternehmen eingesetzt wird, das in einem Mitgliedsstaat der EU ansässig ist. Sie soll Kontrollbehörden die Möglichkeit geben, die Einhaltung europäischer und nationaler Vorschriften im grenzüberschreitenden Verkehrsgewerbe einfach und eindeutig zu überprüfen. Ziel ist es, illegale Beschäftigung und Sozialdumping zu verhindern.


Rechtsgrundlagen der Fahrerbescheinigung

Europarechtliche Basis

Die maßgebliche Rechtsquelle ist die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt für den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr (EU-Güterkraftverkehrsverordnung). Hier insbesondere Artikel 3 und Artikel 5, die definieren, in welchen Fällen und unter welchen Umständen die Fahrerbescheinigung erforderlich ist. Daneben besteht die Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 für den Personenverkehr.

Nationale Umsetzung und Vorschriften

In Deutschland erfolgt die Umsetzung dieser Vorgaben durch das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) und entsprechende Verwaltungsvorschriften. Ergänzend greifen zudem:

  • Fahrpersonalgesetz (FPersG)
  • Fahrpersonalverordnung (FPersV)
  • Verordnung über den Zugang zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers (PBZugV)

Arten und Geltungsbereich der Fahrerbescheinigung

Anwendungsbereich

Die Fahrerbescheinigung ist erforderlich für Drittstaatsangehörige, die im gewerblichen Straßengüter- oder Personenverkehr in EU-Mitgliedsstaaten tätig sind und bei einem in einem EU-Staat ansässigen Unternehmen angestellt sind. Sie ist für Fahrzeuge, die der gewerblichen Güter- oder Personenbeförderung dienen und einer Zulassungspflicht unterliegen, zwingend vorzuhalten.

Arten der Fahrerbescheinigung

  • Fahrerbescheinigung für den Güterkraftverkehr: Betrifft insbesondere Lkw-Fahrer, die für Unternehmen mit EU-Sitz tätig sind.
  • Fahrerbescheinigung für den Personenkraftverkehr: Betrifft Fahrer im Linien- und Gelegenheitsverkehr (zum Beispiel Busfahrer).

Beantragung und Ausgestaltung der Fahrerbescheinigung

Antragstellung und zuständige Behörden

Die Fahrerbescheinigung muss vom Unternehmen, das den Fahrer beschäftigt, bei der zuständigen Verkehrsbehörde (in Deutschland meist das Bundesamt für Logistik und Mobilität – BALM, vormals Bundesamt für Güterverkehr) beantragt werden. Die ausgestellte Bescheinigung wird auf den Namen des Fahrers ausgestellt und ist nicht übertragbar.

Notwendige Unterlagen umfassen üblicherweise:

  • Nachweis des bestehenden Arbeitsverhältnisses
  • Kopie des Arbeitsvertrags
  • Nachweis über Besitz der erforderlichen Führerscheine und Fahrerlaubnisse
  • Nachweis über Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnis

Form und Inhalt der Bescheinigung

Die Fahrerbescheinigung wird als Originaldokument im Fahrzeug mitgeführt. Sie enthält:

  • Angaben zum Fahrer (Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit)
  • Angaben zum anstellenden Unternehmen
  • Zeitraum der Gültigkeit
  • individuelle Seriennummer

Die Gültigkeitsdauer ist befristet und beträgt grundsätzlich maximal fünf Jahre, unterliegt aber der zeitlichen Begrenzung des Arbeitsverhältnisses und möglicher aufenthaltsrechtlicher Beschränkungen.


Pflichten, Kontrolle und Sanktionen

Mitführpflicht und Vorlage

Die Fahrerbescheinigung muss sich im Fahrzeug befinden, das der jeweilige Fahrer im gewerblichen Verkehr führt. Sie ist bei polizeilichen und behördlichen Kontrollen auf Verlangen vorzulegen. Diese Pflicht gilt sowohl für den Fahrer als auch das Unternehmen.

Sanktionen bei Verstößen

Bei Nichtvorlage, abgelaufener oder fehlerhafter Fahrerbescheinigung drohen Bußgelder und weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen. In Deutschland kann dies nach § 19 GüKG mit erheblichen Geldbußen sowohl für das Unternehmen als auch für den Fahrer geahndet werden. Im Wiederholungsfall sind weitergehende Maßnahmen wie die Entziehung der Gemeinschaftslizenz oder des Betriebssitzes denkbar.


Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen

Digitale Fahrerbescheinigung und Missbrauchsprävention

Zur Vermeidung von Fälschungen und Missbrauch nehmen digitale Verfahren zu. In verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten sind Pilotprojekte zur elektronischen Speicherung und Kontrolle im Einsatz.

Änderungen durch das Mobilitätspaket I

Seit Inkrafttreten des europäischen Mobilitätspakets I (2020) haben sich die Anforderungen an das Ausstellen und Kontrollieren von Fahrerbescheinigungen verschärft. Ziel ist eine stärkere Kontrolle des Sozialschutzes entsandter Fahrer sowie der Einhaltung von Lohn- und Arbeitsbedingungen.


Abgrenzung zu anderen Nachweisdokumenten

Die Fahrerbescheinigung ist vom Führerschein, der Fahrerkarte und der Gemeinschaftslizenz klar abzugrenzen. Während die Gemeinschaftslizenz Unternehmen den grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb der EU gestattet, berechtigt die Fahrerbescheinigung einzelne Drittstaatsfahrer zur Ausübung dieser Tätigkeiten.


Zusammenfassung

Die Fahrerbescheinigung ist ein zentrales Kontrollinstrument zur Regulierung des grenzüberschreitenden gewerblichen Verkehrs durch Drittstaatsangehörige innerhalb der Europäischen Union. Ihre rechtlichen Grundlagen ergeben sich primär aus europäischen Verordnungen und deren nationalen Umsetzungen. Sie dient dem Schutz des europäischen Verkehrsmarktes vor unlauteren Wettbewerbspraktiken und stellt sicher, dass nur ordnungsgemäß beschäftigte und befugte Drittstaatsfahrer im Binnenmarkt tätig werden. Die Einhaltung der Pflichten im Zusammenhang mit der Fahrerbescheinigung ist für Unternehmer und Fahrer verpflichtend, ihre Verletzung kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung?

Die rechtlichen Anforderungen für die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung sind in verschiedenen europäischen und nationalen Vorschriften geregelt, insbesondere in der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 sowie im deutschen Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). Grundsätzlich dürfen Unternehmer, die im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr tätig sind und dabei Drittstaatsangehörige beschäftigen, diese nur einsetzen, wenn sie für den jeweiligen Fahrer eine gültige Fahrerbescheinigung besitzen. Der Antrag auf Ausstellung einer Fahrerbescheinigung ist durch das Verkehrsunternehmen bei der jeweils zuständigen Verkehrsbehörde zu stellen. Dabei sind die Nachweise zur ordnungsgemäßen Beschäftigung des Fahrers, zur Gültigkeit der Fahrerlaubnis sowie ein Nachweis über den Aufenthaltstitel und die arbeitsrechtliche Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen im gewerblichen Güterkraftverkehr vorzulegen. Die Fahrerbescheinigung wird nur ausgestellt, wenn das Unternehmen im Besitz einer gültigen EU-Lizenz ist. Darüber hinaus regelt die Fahrerbescheinigungsverordnung (FBV) die konkreten Anforderungen an die Inhalte, das Format und die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung. Die rechtlichen Grundlagen zielen darauf ab, die Arbeitsverhältnisse von Drittstaatsfahrern transparent und kontrollierbar zu machen und die Einhaltung europäischer Sozialvorschriften zu gewährleisten.

Welche Folgen hat das Fehlen einer Fahrerbescheinigung im Fuhrbetrieb?

Das Fehlen einer Fahrerbescheinigung bei der Durchführung von grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrsdiensten durch Drittstaatsangehörige stellt einen erheblichen Verstoß gegen das GüKG sowie gegen EU-Recht dar. Rechtlich ergibt sich daraus, dass die Fahrt als ohne gültige Berechtigung durchgeführt gilt. Die zuständigen Kontrollbehörden, wie das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) sowie die Polizei, können im Rahmen von Straßenkontrollen die Fahrt untersagen, Bußgelder verhängen und im Wiederholungsfall auch Maßnahmen bis hin zum Entzug der EU-Lizenz des Unternehmens einleiten. Darüber hinaus können die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens persönlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Sanktionen richten sich nach § 19 GüKG und können empfindliche Geldbußen sowohl für den Unternehmer als auch für den Fahrer vorsehen. Zudem können in einigen Fällen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des illegalen Beschäftigungsverhältnisses eingeleitet werden.

Welche Pflichten hat das Verkehrsunternehmen im Zusammenhang mit der Fahrerbescheinigung?

Das Verkehrsunternehmen ist rechtlich verpflichtet, sicherzustellen, dass alle beschäftigten Drittstaatsangehörigen im Besitz einer gültigen und ordnungsgemäß ausgestellten Fahrerbescheinigung sind, wenn diese im Rahmen von gewerblichen Güterkraftverkehrsleistungen innerhalb der EU eingesetzt werden. Die Fahrerbescheinigung muss mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollbehörden jederzeit vorgezeigt werden können. Darüber hinaus ist das Unternehmen verpflichtet, die für die Ausstellung der Fahrerbescheinigung erforderlichen Nachweise ordnungsgemäß zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit weiterhin bestehen. Im Fall von Änderungen, beispielsweise beim Wechsel des Arbeitgebers oder bei Wegfall der EU-Lizenz des Unternehmens, besteht eine unverzügliche Rückgabepflicht der Fahrerbescheinigung an die ausstellende Behörde.

Wie lange ist eine Fahrerbescheinigung gültig und wie erfolgt die Verlängerung?

Die Gültigkeit einer Fahrerbescheinigung ist in der Regel befristet und an die Gültigkeit der dem Verkehrsunternehmen erteilten EU-Lizenz gekoppelt, kann jedoch höchstens fünf Jahre betragen. Ist die zugrunde liegende Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis des Fahrers zeitlich begrenzt, richtet sich auch die Gültigkeit der Fahrerbescheinigung danach. Für die Verlängerung ist rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit ein Verlängerungsantrag bei der zuständigen Behörde einzureichen, wobei alle erforderlichen Nachweise erneut vorzulegen sind. Versäumt das Unternehmen die rechtzeitige Verlängerung, darf der betreffende Fahrer nach Ablauf der Bescheinigung nicht mehr im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. Eine Verlängerung ist nur möglich, wenn weiterhin alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Gibt es einheitliche Vorschriften zur Anerkennung von Fahrerbescheinigungen innerhalb der EU?

Die Anerkennung von Fahrerbescheinigungen ist im europäischen Recht harmonisiert. Die gemäß Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 ausgestellte Fahrerbescheinigung eines EU-Mitgliedstaates wird in allen übrigen Mitgliedstaaten anerkannt, sofern diese dem vorgeschriebenen Muster entspricht und im Rahmen einer gültigen EU-Lizenz des Unternehmens ausgestellt wurde. Nationale Besonderheiten hinsichtlich der Anforderungen an Drittstaatsangehörige, wie zum Beispiel zusätzliche arbeitsrechtliche Anforderungen, können jedoch Einfluss auf die praktische Anerkennung und den Einsatz im jeweiligen EU-Staat haben. Die Kontrolle und Ahndung von Verstößen erfolgt stets durch die nationale Kontroll- und Vollzugsbehörde des Staates, in dem die Kontrolle stattfindet.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Verlust oder Diebstahl der Fahrerbescheinigung?

Beim Verlust oder Diebstahl der Fahrerbescheinigung ist das Verkehrsunternehmen verpflichtet, dies unverzüglich der ausstellenden Behörde zu melden. Nach Eingang der Verlustmeldung kann die Behörde eine Ersatzbescheinigung ausstellen, sofern die rechtlichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Während die Ersatzbeschaffung läuft, darf der betreffende Fahrer nicht im internationalen gewerblichen Güterkraftverkehr eingesetzt werden, da ohne Vorlage der Fahrerbescheinigung die erforderlichen rechtlichen Nachweise nicht erbracht werden können. Im Falle des nachträglichen Wiederauffindens der ursprünglichen Fahrerbescheinigung ist diese umgehend an die Behörde zurückzugeben. Falschangaben oder der Missbrauch von Ersatzbescheinigungen können strafrechtlich verfolgt werden.

Bestehen besondere rechtliche Aufbewahrungspflichten für Fahrerbescheinigungen?

Ja, es bestehen detaillierte Aufbewahrungspflichten für das Verkehrsunternehmen. Die Fahrerbescheinigung ist während des jeweiligen Einsatzes ständig im Fahrzeug mitzuführen. Darüber hinaus muss das Unternehmen Kopien aller ausgestellten, abgelaufenen oder entwerteten Fahrerbescheinigungen dokumentieren und für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren nach Ablauf der Gültigkeit aufbewahren. Dies dient der Nachvollziehbarkeit im Rahmen behördlicher Kontroll- und Ermittlungsverfahren. Bei Betriebsprüfungen durch das BALM oder andere Behörden sind diese Dokumente auf Verlangen vorzulegen. Die Verletzung der Aufbewahrungspflichten kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.