Begriff und Abgrenzung
Fahren ohne Fahrerlaubnis bezeichnet das Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum, ohne die dafür erforderliche behördliche Berechtigung zu besitzen. Es handelt sich um ein strafbares Verhalten. Davon zu unterscheiden ist das bloße Nichtmitführen des Führerscheins, das in der Regel als Ordnungswidrigkeit behandelt wird.
Fahrerlaubnis vs. Führerschein
Die Fahrerlaubnis ist die rechtliche Berechtigung, eine bestimmte Fahrzeugklasse zu führen. Sie wird durch eine Behörde erteilt. Der Führerschein ist das Dokument, das diese Berechtigung nachweist. Wer keine Fahrerlaubnis hat, darf das entsprechende Fahrzeug nicht führen – auch dann nicht, wenn ein Führerschein vorliegt, der z. B. ungültig geworden ist. Wer eine gültige Fahrerlaubnis besitzt, den Führerschein aber nicht mitführt, begeht nicht das Fahren ohne Fahrerlaubnis, sondern einen formalen Verstoß.
Öffentlicher Verkehrsraum und „Führen“ eines Fahrzeugs
Öffentlicher Verkehrsraum umfasst alle Flächen, die von einer unbestimmten Vielzahl von Personen genutzt werden, etwa Straßen, Parkplätze oder Wege, auch wenn sie in privater Hand sind. Als „Führen“ gilt, wer ein Fahrzeug eigenverantwortlich in Bewegung setzt oder dessen Fortbewegung unter eigener Kontrolle hält. Bereits das Anfahren oder Rangieren kann ein Führen sein.
Tatbestandsmerkmale
Wer kann Täter sein?
Täter kann jede Person sein, die ein erlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug ohne passende Fahrerlaubnis führt. Erfasst sind auch Personen, denen die Fahrerlaubnis entzogen oder die zum Führen von Kraftfahrzeugen vorübergehend gesperrt wurden.
Vorsatz und Fahrlässigkeit
Das Verhalten ist in der Regel sowohl bei vorsätzlicher als auch bei fahrlässiger Begehung strafbar. Vorsatz liegt vor, wenn das Fahren ohne Fahrerlaubnis wissentlich und willentlich geschieht. Fahrlässigkeit kann gegeben sein, wenn die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird, etwa weil man sich nicht hinreichend über den Bestand oder Umfang der eigenen Fahrerlaubnis vergewissert hat.
Überlassen des Fahrzeugs
Strafbar handeln kann auch, wer anordnet oder zulässt, dass eine Person ohne erforderliche Fahrerlaubnis ein Fahrzeug führt. Das betrifft insbesondere Halterinnen und Halter oder Personen, die faktisch über das Fahrzeug verfügen und den Einsatz bestimmen.
Typische Konstellationen
Nie erworbene Fahrerlaubnis
Wer nie eine Fahrerlaubnis erworben hat und dennoch ein erlaubnispflichtiges Fahrzeug führt, erfüllt regelmäßig den Tatbestand. Das gilt unabhängig davon, wie sicher die Fahrweise ist.
Entzug, Sperrfrist, Fahrverbot
Nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis erlischt die Berechtigung. Während einer Sperrfrist darf keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Ein Fahrverbot ist zeitlich begrenzt und lässt die Fahrerlaubnis als solche bestehen; während des Verbots darf dennoch kein Fahrzeug der betreffenden Klassen geführt werden. Zuwiderhandlungen in diesen Konstellationen werden wie Fahren ohne Fahrerlaubnis behandelt.
Ausländische Fahrerlaubnis und Wohnsitz
Ausländische Fahrerlaubnisse werden unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Bei einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts nach Deutschland ist die Nutzung oft nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig; danach kann eine Umschreibung oder eine neue Prüfung erforderlich sein. Nicht anerkannte oder abgelaufene ausländische Berechtigungen berechtigen nicht zum Führen im Inland.
Fahrzeugkategorien und besondere Fälle
Ob eine Fahrerlaubnis erforderlich ist, hängt von der Fahrzeugart und -klasse ab. Für bestimmte Kleinkrafträder, leichte zweirädrige Fahrzeuge oder Hilfsmotoren gelten besondere Kategorien. E-Tretroller mit Betriebserlaubnis können eine Berechtigung voraussetzen; Fahrräder mit Tretunterstützung ohne Eigenbeschleunigung sind typischerweise erlaubnisfrei, während schnelle Pedelecs meist erlaubnispflichtig sind. Maßgeblich sind Bauart, Leistung und zulässige Höchstgeschwindigkeit.
Rechtsfolgen
Strafrechtliche Folgen
Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine Straftat. Es drohen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe. Die konkrete Sanktion richtet sich nach Einzelfallumständen, etwa Vorbelastungen, Dauer und Art der Fahrt sowie dem Gefährdungspotential.
Nebenfolgen
Neben der Strafe können weitere Folgen eintreten, darunter Eintragungen im Fahreignungsregister, ein Fahrverbot sowie in gravierenden Fällen die Einziehung von Gegenständen, die zur Tat verwendet wurden. Auch die Anordnung von Maßnahmen zur Überprüfung der Fahreignung ist möglich.
Fahrerlaubnisrechtliche Folgen
Wird Fahren ohne Fahrerlaubnis festgestellt, kann dies die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis erschweren. In Betracht kommen Sperrfristen, zusätzliche Prüfungsanforderungen oder Eignungsnachweise. Vorherige einschlägige Verstöße werden bei der Beurteilung der Fahreignung berücksichtigt.
Versicherungsrechtliche Folgen
Kommt es zu einem Unfall, erfüllt die Kraftfahrthaftpflicht gegenüber Geschädigten grundsätzlich weiterhin ihre Außenhaftung. Allerdings können Versicherer gegenüber Fahrer und Halter Regressforderungen geltend machen. Zudem kann der Kaskoschutz entfallen. Auch zivilrechtliche Ansprüche des Halters gegenüber dem Fahrer sind möglich.
Beweis und Verfahren
Feststellung durch Kontrolle
Das Delikt wird häufig im Rahmen von Verkehrskontrollen oder nach Unfällen festgestellt. Beweismittel sind unter anderem Personalien, Auskünfte der Fahrerlaubnisbehörde, Zeugenangaben und technische Auswertungen (z. B. Videoaufzeichnungen).
Eintragungen und Register
Relevante Entscheidungen werden im Fahreignungsregister dokumentiert. Diese Eintragungen können sich auf spätere Entscheidungen über die Erteilung oder Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis auswirken.
Besonderheiten und Grenzfälle
Notlagen und Rechtfertigung
In sehr engen Ausnahmefällen kann die Strafbarkeit entfallen, wenn überragende Interessen eine kurzfristige Fahrt ohne Fahrerlaubnis erforderlich erscheinen lassen. Die Voraussetzungen sind streng; eine bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht.
Minderjährige und erlaubnisfreie Fahrzeuge
Minderjährige dürfen erlaubnisfreie Fahrzeuge führen, sofern keine gesonderte Berechtigung erforderlich ist. Sobald eine Fahrerlaubnis vorgeschrieben ist, gilt das Verbot unabhängig vom Alter.
Arbeitsverhältnisse und Halterpflichten
Arbeitgebende, die Dienstfahrzeuge bereitstellen, müssen sicherstellen, dass die Fahrenden die erforderliche Fahrerlaubnis besitzen. Das gilt auch für Vereine, Familienangehörige und sonstige Fahrzeugüberlassende. Ein Verstoß kann eigene strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Häufig gestellte Fragen
Worin liegt der Unterschied zwischen Fahren ohne Fahrerlaubnis und Fahren ohne Führerschein?
Fahren ohne Fahrerlaubnis bedeutet, dass keine rechtliche Berechtigung zum Führen eines Fahrzeugs vorliegt. Fahren ohne Führerschein meint meist, dass das Dokument nicht mitgeführt wird, obwohl eine gültige Berechtigung besteht. Ersteres ist eine Straftat, letzteres regelmäßig eine Ordnungswidrigkeit.
Ist auch das Überlassen eines Fahrzeugs an eine Person ohne Fahrerlaubnis strafbar?
Ja. Wer anordnet oder zulässt, dass eine Person ohne erforderliche Fahrerlaubnis fährt, kann sich ebenfalls strafbar machen. Das betrifft insbesondere Halterinnen und Halter, Disponentinnen und Disponenten sowie faktische Fahrzeugverantwortliche.
Reicht eine ausländische Fahrerlaubnis zum Fahren in Deutschland aus?
Ausländische Fahrerlaubnisse werden unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Bei dauerhafter Wohnsitznahme besteht die Anerkennung häufig nur für eine Übergangszeit. Danach kann eine Umschreibung oder neue Prüfung erforderlich sein.
Welche Strafen drohen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis?
Es drohen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe. Die Höhe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa von Vorbelastungen, der Dauer der Fahrt und dem Gefährdungspotential.
Hat Fahren ohne Fahrerlaubnis Auswirkungen auf den Versicherungsschutz?
Die Haftpflichtversicherung reguliert Schäden Dritter grundsätzlich nach außen. Allerdings können Versicherer Regress nehmen, und der Kaskoschutz kann entfallen. Es drohen erhebliche finanzielle Folgen.
Ist das Fahren während eines Fahrverbots Fahren ohne Fahrerlaubnis?
Während eines Fahrverbots besteht ein vorübergehendes Verbot, trotz vorhandener Fahrerlaubnis zu fahren. Ein Verstoß wird wie Fahren ohne Fahrerlaubnis behandelt und ist strafbar.
Gilt das Delikt auch auf privaten Flächen?
Maßgeblich ist, ob die Fläche öffentlich zugänglich ist. Private Flächen, die von einer unbestimmten Vielzahl genutzt werden, gelten als öffentlicher Verkehrsraum. Reine Privatflächen ohne öffentlichen Zugang sind abzugrenzen.