Begriff und rechtliche Einordnung: Fahren ohne Fahrerlaubnis
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis bezeichnet in Deutschland das Führen eines motorisierten Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr ohne die hierfür erforderliche behördliche Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnis ist eine amtliche Zulassung einer Person zum Führen bestimmter Kraftfahrzeuge und wird in Form eines Führerscheins dokumentiert. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine Straftat gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und stellt eine gravierende Verletzung der Verkehrsvorschriften dar.
Gesetzliche Grundlagen
§ 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Der Tatbestand „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ ist im § 21 StVG geregelt. Dort heißt es unter anderem:
„Wer ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Zusätzlich stellt bereits das Gestatten oder Anordnen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis durch den Halter eine eigenständige strafbare Handlung dar.
Fahrerlaubnis und Führerschein – Abgrenzung
Die Fahrerlaubnis ist die behördliche Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Führerschein ist das entsprechende Nachweisdokument. Das Fehlen eines gültigen Führerscheins bedeutet nicht automatisch das Nichtvorliegen einer Fahrerlaubnis (beispielsweise bei Verlust des Dokuments), während das Fahren ohne Fahrerlaubnis immer die fehlende Berechtigung meint.
Tatbestandsmerkmale
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis liegt vor, wenn mindestens eines der folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt ist:
- Keine (nie erworbene) Fahrerlaubnis
- Entzug der Fahrerlaubnis durch ein Gericht oder die Verwaltungsbehörde
- Wirksame Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
- Fahrerlaubnis aberkannt oder nicht (mehr) gültig (z. B. wegen Ablaufs der Gültigkeit einzelner Klassen)
- Führen eines Fahrzeugs, für das eine andere Fahrerlaubnisklasse erforderlich ist (z. B. Führerschein Klasse B, aber Fahren eines Motorrades)
Sonderfälle
- Fahren trotz Fahrverbots: Bei einem Fahrverbot besteht die Fahrerlaubnis weiter, aber das Fahren ist während des Fahrverbots eine Ordnungswidrigkeit, keine Straftat.
- Fahrten im Ausland: Das Fahren mit einer im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis ist grundsätzlich zulässig, sofern diese durch die deutschen Behörden anerkannt wird und keine Sperre besteht.
Strafrechtliche Folgen
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis wird als Vergehen eingestuft und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen kann das Strafmaß höher ausfallen, etwa bei wiederholter Tatbegehung oder wenn eine Gefährdung Dritter erfolgt.
Sanktionen im Überblick
- Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (Regelfall) oder
- Geldstrafe (bei weniger gravierenden Fällen),
- Beschlagnahme und Einziehung des benutzten Fahrzeugs (in Ausnahmefällen, z. B. Wiederholungstäter).
Darüber hinaus werden im Fahreignungsregister (Punkte in Flensburg) zwei Punkte eingetragen.
Strafbarkeit Dritter: Halter und Anstifter
Das Gestatten oder Anordnen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist ebenso strafbar. Halter, die wissentlich einer Person ohne erforderliche Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug überlassen, machen sich gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG ebenfalls strafbar.
Ordnungswidrigkeiten
Ein reines Fahrverbot nach § 44 StGB oder § 25 StVG ohne gleichzeitigen Entzug der Fahrerlaubnis ist keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Hier drohen Geldbußen und weitere Maßnahmen, beispielsweise ein Fahrverbot für ein bis drei Monate.
Abgrenzung zu verwandten Tatbeständen
- Fahren ohne Führerschein: Wenn das Nachweisdokument nicht mitgeführt wird, liegt lediglich eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 4 Abs. 2 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vor.
- Fahren trotz Fahrverbots: Wird das Fahrverbot missachtet, handelt es sich nur um eine Ordnungswidrigkeit (§ 24 StVG).
Auswirkungen auf Fahrerlaubnis und Versicherung
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis kann Konsequenzen für die Erteilung einer neuen beziehungsweise erneuten Fahrerlaubnis haben, etwa durch eine längere Sperrfrist oder die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).
Versicherungstechnisch kann bei einem Unfall der Haftpflicht- oder Kaskoschutz entfallen oder die Versicherung erhebt Regressforderungen, wenn der Fahrer nicht berechtigt war, das Fahrzeug zu führen.
Verfahren und Verteidigungsmöglichkeiten
Nach einer Anzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfolgt in der Regel ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Die betroffene Person erhält zunächst die Möglichkeit zur Stellungnahme. Eine Einstellung des Verfahrens kommt vor allem nach erstmaligem Verstoß und bei geringer Gefährdungslage in Betracht, gegebenenfalls gegen eine Geldauflage.
Verjährung
Die Verfolgung von Fahren ohne Fahrerlaubnis unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist für Straftaten von drei Jahren (§ 78 StGB).
Fazit
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine schwerwiegende Verkehrsrechtsverletzung mit weitreichenden strafrechtlichen und versicherungsrechtlichen Konsequenzen. Die Vorschrift des § 21 StVG dient dem Schutz der Verkehrssicherheit, indem sie sicherstellt, dass nur geeignete und geprüfte Personen Kraftfahrzeuge im öffentlichen Raum führen dürfen. Eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen ist sowohl für Halter als auch für Nutzer von Kraftfahrzeugen von elementarer Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis?
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis stellt in Deutschland gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) eine Straftat dar. Wer ein Kraftfahrzeug führt, ohne die dafür erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. In besonders schweren Fällen kann die Strafe auch höher ausfallen, insbesondere wenn zum Beispiel Gefährdungen im Straßenverkehr oder wiederholte Zuwiderhandlungen vorliegen. Zusätzlich kann das Fahrzeug, das für die Tat genutzt wurde, unter bestimmten Umständen eingezogen werden. Darüber hinaus erfolgt im Regelfall auch ein Eintrag im Fahreignungsregister in Flensburg, was sich negativ auf spätere Führerscheinanträge auswirken kann. Nicht zuletzt kann es zu erheblichen versicherungsrechtlichen Konsequenzen kommen, da bei Unfällen der Versicherungsschutz regelmäßig entfällt und der Fahrer für verursachte Schäden persönlich haften muss.
Macht es einen Unterschied, ob der Fahrer überhaupt nie eine Fahrerlaubnis besessen hat oder ob diese entzogen wurde?
Ja, rechtlich wird differenziert, ob jemand nie im Besitz einer Fahrerlaubnis war oder ob die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Wurde die Fahrerlaubnis entzogen (z.B. wegen Alkoholdelikten oder wiederholten Verkehrsverstößen), ist zusätzlich das Fahrverbot zu beachten: In diesem Fall besteht häufig ein sogenanntes „Sperrfrist“ für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Wer während dieser Zeit fährt, begeht eine besonders gewichtige Straftat, da das Gericht die Entziehung der Fahrerlaubnis ausdrücklich angeordnet hat. Dies kann sich strafverstärkend auswirken. Wer hingegen überhaupt nie eine Fahrerlaubnis besessen hat, begeht ebenfalls eine Straftat, jedoch fällt die Ahndung meist etwas milder aus, sofern keine weiteren erschwerenden Umstände vorliegen.
Welche Rolle spielt das Fahren mit einem abgelaufenen oder vorläufig entzogenem Führerschein?
Das Fahren mit einem abgelaufenen Führerschein ist rechtlich relevant, wenn dadurch die Fahrerlaubnis erloschen ist, etwa weil notwendig gewordene ärztliche Untersuchungen oder Prüfungen nicht bestanden wurden. Ist die Fahrerlaubnis tatsächlich abgelaufen oder von der Behörde ausdrücklich entzogen bzw. sichergestellt worden, liegt ebenfalls ein Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG vor. Hier muss zwischen dem bloßen Mitführen eines abgelaufenen Dokumentes und dem tatsächlichen Fehlen der Fahrerlaubnis unterschieden werden. Im Falle der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (z.B. durch eine einstweilige gerichtliche Maßnahme) ist das Fahren ebenfalls strafbar, da bereits durch den gerichtlichen oder behördlichen Akt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorübergehend aufgehoben wurde.
Kann auch der Fahrzeughalter strafrechtlich belangt werden?
Ja, gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG kann auch der Halter eines Fahrzeugs strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn er zulässt oder anordnet, dass eine Person ohne gültige Fahrerlaubnis das Fahrzeug führt. Dies wird als sogenannte „Zulassung zum Fahren ohne Fahrerlaubnis“ bezeichnet und ist ebenso strafbar wie das Fahren selbst. Der Halter hat die Pflicht, sich zu vergewissern, dass der Fahrer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Wird diese Pflicht verletzt, drohen auch dem Halter Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen. Zudem kann der Halter haftungsrechtlich in Anspruch genommen werden, falls es zu Schäden kommt.
Welche Konsequenzen hat ein Unfall beim Fahren ohne Fahrerlaubnis für die Versicherung?
Im Falle eines Unfalls beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erlischt in der Regel der Versicherungsschutz der Kfz-Haftpflichtversicherung. Das Versicherungsunternehmen ist zwar zunächst verpflichtet, den Schaden gegenüber Dritten zu regulieren, nimmt aber anschließend beim verursachenden Fahrer und ggf. beim Halter Regress bis zu einer Höhe von 5.000 Euro pro Schadensfall. Die Kaskoversicherung verweigert in der Regel vollständig die Leistung. Der Fahrer haftet dann privat für sämtliche entstandenen Personen- und Sachschäden, was zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.
Gibt es Ausnahmen, in denen das Fahren ohne Fahrerlaubnis nicht strafbar ist?
Es bestehen nur sehr wenige, eng begrenzte Ausnahmen, in denen das Fahren ohne Fahrerlaubnis nicht strafbar ist. Dazu zählen insbesondere Fälle, in denen ausdrücklich keine Fahrerlaubnispflicht besteht, zum Beispiel beim Führen von bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen oder bei sogenannten „Mofa-Prüfbescheinigungen“. Des Weiteren gibt es Fahrzeuge, für die eine Fahrerlaubnis ausdrücklich nicht erforderlich ist (§ 4 FeV), wie etwa bestimmte selbstfahrende Arbeitsmaschinen unter bestimmten Voraussetzungen. In allen anderen Fällen greift jedoch die Strafnorm des § 21 StVG.
Wie wirkt sich das Fahren ohne Fahrerlaubnis auf einen späteren Führerscheinantrag aus?
Wer ohne Fahrerlaubnis fährt, muss damit rechnen, dass dies bei einem späteren Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis negativ berücksichtigt wird. Die Fahrerlaubnisbehörde prüft im Rahmen der Fahreignung, ob der Antragsteller charakterlich geeignet ist. Ein oder mehrere einschlägige Straftaten können dazu führen, dass die Behörde Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hat und entweder eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnet oder den Antrag ganz oder für eine bestimmte Zeit ablehnt. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis stellt regelmäßig ein erhebliches Eignungsdefizit dar.