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Fahreignungsseminar


Fahreignungsseminar

Das Fahreignungsseminar ist ein gesetzlich geregeltes Instrument im deutschen Straßenverkehrsrecht, welches im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems zur Verbesserung der Verkehrssicherheit dient. Es handelt sich um eine verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Maßnahme, die gemäß § 4a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) eingeführt wurde, um das Verhalten auffälliger Kraftfahrzeugführer zu überprüfen und zu korrigieren.

Begriff und rechtlicher Hintergrund

Definition und Zielsetzung

Das Fahreignungsseminar ist eine Maßnahme, die Teilnehmern helfen soll, Verkehrsverstöße zu reflektieren und zukünftiges Fehlverhalten im Straßenverkehr zu vermeiden. Ziel ist die Reduktion verkehrssicherheitsrelevanter Fehlverhaltensweisen durch pädagogische und psychologische Interventionen. Rechtsgrundlage ist insbesondere § 4a StVG sowie die Verordnung über das Fahreignungsregister (FeV und FAER).

Historische Entwicklung

Das Fahreignungsseminar wurde mit der Neufassung des Punktesystems im Mai 2014 eingeführt und ersetzte das frühere Aufbauseminar für Punktauffällige nach § 4 Abs. 8 StVG a.F. Die Maßnahme orientiert sich an Erkenntnissen der Verkehrspsychologie und zielt auf nachhaltige Verhaltensänderung ab.

Gesetzliche Grundlagen

Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Das StVG regelt das Fahreignungsseminar insbesondere in § 4a StVG. Hier werden sowohl Durchführung als auch Voraussetzungen und Zwecke des Seminars bestimmt. Das Seminar ist Teil des Punktesystems und bietet die Möglichkeit, bei einem Punktestand von 1 bis 5 Punkten im Fahreignungsregister einen Punkt abzubauen (§ 4 Abs. 7 StVG).

Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

Zusätzliche Bestimmungen zur Durchführung und Ausgestaltung des Seminars sind in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) insbesondere in den §§ 42 und 43 festgelegt. Diese Vorschriften regeln unter anderem die Kriterien für die Seminarleitung, Teilnahmevoraussetzungen sowie die inhaltliche Gestaltung.

Fahreignungsregister (FAER)

Das Fahreignungsseminar steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Fahreignungsregister, das beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) geführt wird. Eintragungen im FAER sind Grundlage für die Feststellung der Teilnahmevoraussetzungen und des möglichen Punktabbaus.

Ablauf und Inhalte des Fahreignungsseminars

Zusammensetzung des Seminars

Das Fahreignungsseminar besteht aus zwei zentralen Modulen:

  • Verkehrspädagogische Teilmaßnahme: Sie umfasst eine Gruppenschulung durch eine hierfür qualifizierte Fahrschule. Inhaltlich wird Regelwissen vermittelt und Fehlverhalten analysiert.
  • Verkehrspsychologische Teilmaßnahme: Diese umfasst Einzelsitzungen mit einer verkehrspsychologisch qualifizierten Person. Der Fokus liegt auf der individuellen Reflexion und Entwicklung von Strategien zur Vermeidung zukünftiger Verkehrsverstöße.

Zeitlicher Rahmen und Teilnahmebestätigung

Das Seminar besteht aus insgesamt vier Einheiten (je zwei verkehrspädagogische Gruppensitzungen und zwei verkehrspsychologische Einzelsitzungen) und ist in einem Zeitraum von mindestens drei Wochen durchzuführen. Teilnehmer erhalten nach erfolgreichem Abschluss eine Teilnahmebescheinigung, die dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Punktreduzierung nachzuweisen ist.

Teilnahmevoraussetzungen und Zielgruppen

Teilnehmerkreis

Die Teilnahme am Fahreignungsseminar ist freiwillig und steht allen Inhabern einer Fahrerlaubnis offen, die im Fahreignungsregister einen Punktestand von 1 bis 5 Punkten aufweisen. Bei einem Punktestand von 6 oder mehr Punkten ist ein Punkteabbau durch das Seminar nicht mehr möglich; es erfolgt eine verpflichtende behördliche Maßnahme.

Ausschlussgründe

Wer am Fahreignungsseminar teilnimmt, nachdem der Punktestand bereits sechs oder mehr Punkte erreicht hat, kann keinen Punkteabbau mehr beanspruchen. Zudem kann das Seminar nur einmal innerhalb von fünf Jahren zur Punktreduktion genutzt werden.

Rechtsfolgen der Teilnahme

Punktabbau im Fahreignungsregister

Die frühzeitige Teilnahme am Seminar ermöglicht eine Reduktion des Punktestandes um einen Punkt. Die Reduktion wird jedoch nur einmal binnen fünf Jahren gewährt und setzt die fristgerechte Vorlage der Teilnahmebestätigung beim KBA voraus.

Bedeutung bei behördlichen Maßnahmen

Wird das Seminar erst im Rahmen verpflichtender Maßnahmen durch die Fahrerlaubnisbehörde (z.B. bei 6 oder mehr Punkten) auferlegt, ist ein Punkteabbau nicht mehr möglich, dennoch kann die Teilnahme als mildernder Umstand bei weiteren behördlichen Entscheidungen berücksichtigt werden.

Durchführung und Qualifikationsanforderungen

Anforderungen an Seminarleiter

Das Fahreignungsseminar darf ausschließlich von nach FeV speziell geschulten und entsprechend qualifizierten Personen durchgeführt werden. Für den verkehrspädagogischen Teil sind Fahrschulen mit entsprechender Zulassung erforderlich. Die verkehrspsychologische Maßnahme muss von Verkehrspsychologen mit besonderer Weiterbildung geleitet werden.

Zertifizierung und Kontrolle

Die Qualifikation und Zulassung der durchführenden Stellen wird durch die jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden überprüft. Regelmäßige Fortbildungen und Überprüfungen stellen die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicher.

Kosten des Fahreignungsseminars

Die Kosten für die Teilnahme am Fahreignungsseminar sind nicht einheitlich festgelegt und unterliegen der freien Kalkulation der Anbieter. Sie setzen sich aus den Honoraren für die verkehrspädagogische und die verkehrspsychologische Teilmaßnahme zusammen und können bundesweit variieren.

Abgrenzung zu anderen Maßnahmen

Das Fahreignungsseminar unterscheidet sich wesentlich von anderen Maßnahmen wie dem Aufbauseminar für Fahranfänger gemäß § 2a StVG sowie der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Während das Fahreignungsseminar präventiv-pädagogisch ausgerichtet ist, handelt es sich bei den anderen Maßnahmen um verpflichtende Voraussetzungen für die (Wieder-)Erteilung der Fahrerlaubnis.

Kritik und Evaluation

Seit seiner Einführung wird das Fahreignungsseminar hinsichtlich seiner Wirksamkeit kontrovers diskutiert. Studien zufolge zeigt der Ansatz positive Tendenzen hinsichtlich der Verhaltensänderung bei Teilnehmenden, wenngleich die Nutzungsmöglichkeiten in der Praxis durch die Begrenzung auf nur einen Punkteabbau alle fünf Jahre eingeschränkt sind.

Weblinks und Literaturhinweise


Hinweis: Dieser Artikel gibt einen umfassenden Rechtsüberblick über das Fahreignungsseminar nach aktuellem Stand (2024). Für spezielle Anwendungsfälle oder Detailfragen ist die Konsultation der aktuellen Gesetzestexte und amtlichen Veröffentlichungen zu empfehlen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar erfüllt sein?

Für die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar müssen die formalen und rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 4a Straßenverkehrsgesetz (StVG) erfüllt sein. Grundvoraussetzung ist, dass gegen die betreffende Person Punkte im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg eingetragen wurden, wobei der Punktestand maximal bei fünf Punkten liegen darf. Ein Fahreignungsseminar kann grundsätzlich nur einmal innerhalb von fünf Jahren zur Reduzierung eines Punktes freiwillig besucht werden. Die Teilnahme erfolgt auf eigene Initiative, nachdem die Fahrerlaubnisbehörde eine Information über den Punktestand versandt hat. Bei sechs oder mehr Punkten wird der Punktestand als „erheblich“ eingestuft, und die freiwillige Reduzierung durch ein Seminar ist dann ausgeschlossen – die Behörde kann in diesen Fällen aber verpflichtend die Teilnahme anordnen, ohne dass ein Punktabzug erfolgt. Zudem muss das Seminar von anerkannten Seminaranbietern gemäß § 4a Absatz 6 StVG durchgeführt werden, damit die Teilnahme anerkannt wird. Eine Teilnahme ausgeschlossen ist außerdem für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe, wenn die Teilnahme als Maßnahme im Rahmen der Probezeit absolviert werden soll, da hierfür das besondere Aufbauseminar vorgesehen ist.

Wie läuft das Fahreignungsseminar rechtlich ab?

Das Fahreignungsseminar unterliegt detaillierten gesetzlichen Vorgaben nach § 4a StVG sowie der Fahreignungsseminar-Verordnung (FESV). Es besteht aus zwei wesentlichen Teilen: einer verkehrspädagogischen Teilmaßnahme und einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme. Rechtlich vorgeschrieben sind zwei Sitzungen à 90 Minuten für den verkehrspädagogischen sowie zwei Einzelgespräche à 75 Minuten für den verkehrspsychologischen Teil, die innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden müssen. Die Nachweise der erfolgreichen Teilnahme an beiden Teilmaßnahmen sind dem Anbieter vorzulegen, der eine Teilnahmebescheinigung ausstellt. Diese Bescheinigung muss von der betroffenen Person anschließend bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eingereicht werden, damit die Punktereduktion erfolgen kann. Versäumt die Person einzelne Termine oder legt die Bescheinigung nicht fristgerecht vor, entfällt der Rechtsanspruch auf Punktereduktion.

Wann wird ein Fahreignungsseminar von der Behörde angeordnet?

Eine behördliche Anordnung zur Teilnahme an einem Fahreignungsseminar erfolgt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 2 StVG bei einem Punktestand von vier oder fünf Punkten entsprechend dem „Ermahnungsstatus“. Die Anordnung dient in diesem Stadium nicht der direkten Punktereduktion, sondern der Vermeidung des Fortschreitens des Punktestandes. Bei einem Punktestand von sechs oder sieben Punkten ist die Behörde gesetzlich verpflichtet, eine „Verwarnung“ einschließlich der Anordnung eines Fahreignungsseminars auszusprechen. Dennoch ist in diesem fortgeschrittenen Stadium eine Punktereduktion durch das Seminar ausgeschlossen. Die Nichtteilnahme an einem angeordneten Seminar kann zwar keine direkte Entziehung der Fahrerlaubnis, aber eine spätere negative Prognose im Falle weiterer Auffälligkeiten zur Folge haben.

Wie wird die ordnungsgemäße Durchführung eines Fahreignungsseminars rechtlich nachgewiesen?

Die ordnungsgemäße Durchführung eines Fahreignungsseminars wird durch eine Teilnahmebescheinigung dokumentiert, die der anerkannte Seminaranbieter nach erfolgreichem Abschluss sowohl des verkehrspädagogischen als auch des verkehrspsychologischen Teils ausstellt. Diese Bescheinigung muss binnen einer bestimmten Frist, üblicherweise innerhalb von zwei Wochen nach Seminarende, bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eingereicht werden. Die formalen Anforderungen an die Bescheinigung und das Nachweisverfahren sind in der Fahreignungsseminar-Verordnung (FESV) detailliert geregelt. Die Fahrerlaubnisbehörde prüft die Gültigkeit des Nachweises und veranlasst bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Punktereduktion im Fahreignungsregister.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Nichtteilnahme an einem angeordneten Fahreignungsseminar?

Die Nichtteilnahme an einem von der Fahrerlaubnisbehörde angeordneten Fahreignungsseminar stellt eine Ordnungswidrigkeit nicht dar, führt jedoch zu keiner direkten Sanktion wie beispielsweise der Entziehung der Fahrerlaubnis. Allerdings ist die Behörde verpflichtet, die Nichtteilnahme aktenkundig zu machen und im Rahmen einer späteren Beurteilung der Fahreignung negativ zu werten. Kommt es infolge der fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu einer weiteren Steigerung des Punktestandes, kann dies zur Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führen. Zudem entfällt die Möglichkeit, durch die freiwillige Seminaresteilnahme Punkte abbauen zu können.

Wer ist rechtlich zur Durchführung eines Fahreignungsseminars berechtigt?

Zur Durchführung eines Fahreignungsseminars sind ausschließlich von der zuständigen Behörde anerkannte Einrichtungen und zertifizierte Seminarleiter berechtigt. Die Anerkennung erfolgt auf Basis der gesetzlichen Grundlagen des § 4a Abs. 6 StVG und der FESV. Die verkehrspädagogische Teilmaßnahme darf nur durch entsprechend qualifizierte und von der Behörde lizenzierte Fahrlehrer oder Verkehrspädagogen durchgeführt werden. Für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme ist ein Psychologe mit verkehrspsychologischer Zusatzqualifikation erforderlich, der ebenfalls über eine Zulassung nach FESV verfügen muss. Durchführung und Inhalte des Seminars sowie die Qualifikation der Seminarleiter werden regelmäßig behördlich überwacht.

Welche Fristen sind im Zusammenhang mit dem Fahreignungsseminar zu beachten?

Die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar zur freiwilligen Punktereduktion kann nur einmal innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums in Anspruch genommen werden, wobei der rechtsrelevante Zeitraum mit dem Abschluss des Seminars beginnt. Die Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme muss zeitnah, in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars, der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt werden. Eine verspätete Vorlage kann zum Ausschluss vom Punkterabatt führen. Darüber hinaus ist das Seminar in einem kontinuierlichen Zeitraum von maximal drei Monaten abzuschließen, um die rechtlichen Vorgaben einzuhalten und den Nachweis der erfolgreichen Teilnahme führen zu können.