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Facharbeiter


Definition und rechtliche Grundlagen des Facharbeiters

Begriff des Facharbeiters

Der Begriff Facharbeiter bezeichnet in Deutschland und zahlreichen anderen deutschsprachigen Ländern einen Arbeitnehmer, der eine anerkannte Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfolgreich abgeschlossen hat. Die rechtliche Definition des Facharbeiters beruht maßgeblich auf arbeitsschutzrechtlichen, tariflichen sowie berufsbildungsgesetzlichen Grundlagen. Facharbeiter gelten als arbeitsrechtliche Kategorie, die von angelernten Arbeitskräften und ungelernten Arbeitnehmern abzugrenzen ist.

Historische Entwicklung

Die Entstehung des Facharbeiterbegriffs ist insbesondere auf die im Jahr 1897 eingeführte „Facharbeiterprüfung“ in Deutschland sowie auf die gesetzlichen Regelungen der Berufsausbildung im frühen 20. Jahrhundert zurückzuführen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte der Begriff besonders in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) arbeitsrechtliche, tarifliche und gesellschaftliche Bedeutung, während im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland parallele Entwicklungen im Berufsbildungssystem stattfanden.

Rechtliche Einordnung des Facharbeiters

Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Anerkannter Ausbildungsberuf

Das Berufsbildungsgesetz (§ 1 Abs. 3 BBiG) definiert die Rahmenbedingungen für anerkannte Ausbildungsberufe. Ein Facharbeiter ist demnach eine Person, die in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf eine erfolgreich abgelegte Abschlussprüfung nachweist. Die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung stellt die zentrale rechtliche Voraussetzung zur Führung des Facharbeiterstatus dar. Die Prüfungen werden von den zuständigen Stellen, in der Regel den Industrie- und Handelskammern (IHK) oder den Handwerkskammern, abgenommen.

Facharbeiterzeugnis

Mit der bestandenen Abschlussprüfung im anerkannten Ausbildungsberuf wird ein Facharbeiterzeugnis ausgestellt, welches rechtlichen Nachweis über die erworbenen Fachqualifikationen darstellt. Das Zeugnis ist Voraussetzung für die Anerkennung als Facharbeiter und besitzt im gesamten Bundesgebiet Gültigkeit.

Tarifrechtliche Bedeutung

Der Facharbeiterstatus ist im deutschen Tarifvertragsrecht von zentraler Relevanz. Tarifverträge zahlreicher Branchen definieren eigene Entgeltgruppen für Facharbeiter. In vielen Branchen wird das Entgelt für Facharbeiter, im Unterschied zu angelernten oder ungelernten Kräften, in separaten Tarifgruppen geregelt. Die Einstufung in eine bestimmte Entgeltgruppe ist oftmals an das Vorliegen eines Berufsausbildungsabschlusses im Sinne des BBiG gebunden.

Eingruppierungsmerkmale

Die tarifrechtliche Eingruppierung basiert in der Regel auf folgenden Merkmalen:

  • Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf
  • Tätigkeitsmerkmale, die eine fachliche Qualifikation und die Anwendung spezifischer beruflicher Fertigkeiten voraussetzen

Arbeitsrechtliche Aspekte

Beschäftigung als Facharbeiter

Die arbeitsrechtliche Einstufung als Facharbeiter hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung von Arbeitsverträgen, insbesondere im Hinblick auf Vergütung, Kündigungsschutz und betriebliche Mitbestimmungsrechte. In Betrieben mit Betriebsrat werden Facharbeiter häufig in besondere betrieblichen Regelungen einbezogen, etwa hinsichtlich der Personalentwicklung oder Weiterbildungsmaßnahmen.

Schutzvorschriften

Durch die Anerkennung des Facharbeiterstatus genießen Arbeitnehmer oftmals besondere Schutzrechte, insbesondere im Kontext der Kündigung, Versetzungen oder Betriebsänderungen. Mit dem Status sind üblicherweise verbesserte arbeitsrechtliche Bedingungen und stärkere betriebliche Beteiligungsmöglichkeiten verbunden.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Die Einstufung als Facharbeiter kann unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten relevante Auswirkungen auf die Beitragsbemessung und Leistungsansprüche innerhalb der Sozialversicherungsträger (z. B. Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung) haben. Die Höhe des Arbeitsentgelts, die sich an den tariflichen Regelungen für Facharbeiter orientiert, bildet dabei die Grundlage für die Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Facharbeiter im internationalen und europäischen Recht

Internationale Anerkennung

Im Zuge von Migrationsbewegungen und Globalisierung gewinnen die Anerkennung und Gleichstellung von ausländischen Facharbeiterqualifikationen eine zunehmende Bedeutung. Nach dem Anerkennungsgesetz (AnerkG) besteht die rechtliche Möglichkeit, im Ausland erworbene Berufsqualifikationen auf Gleichwertigkeit mit deutschen Ausbildungsabschlüssen prüfen zu lassen, um als Facharbeiter in Deutschland tätig zu werden.

EU-Richtlinien

Im europäischen Kontext regeln insbesondere die Richtlinien zur Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG) die gegenseitige Anerkennung von abgeschlossenen Berufsausbildungen innerhalb der Europäischen Union. Dadurch wird Facharbeitern die Ausübung ihres Berufes in anderen EU-Mitgliedstaaten rechtlich erleichtert.

Abgrenzung zu anderen Beschäftigtengruppen

Unterschied zum Gesellen

Im Handwerk wird häufig zwischen Facharbeiter und Geselle unterschieden. Während der Begriff Facharbeiter branchenübergreifend verwendet wird, ist der Geselle spezifisch ein arbeitsrechtlicher Status im Handwerk nach Abschluss der Gesellenprüfung.

Unterschied zu angelernten und ungelernten Arbeitnehmern

Angelernten Arbeitskräften fehlen in der Regel der Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf sowie das Facharbeiterzeugnis. Ungelernte Arbeitnehmer verfügen über keinerlei anerkannte berufliche Grundqualifikation. Der rechtliche Status des Facharbeiters hebt sich daher durch nachweisbare Qualifikation und entsprechende rechtliche Anerkennung deutlich von anderen Beschäftigtengruppen ab.

Weiterentwicklung und rechtliche Perspektiven

Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

Für Facharbeiter bestehen vielfältige Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg, beispielsweise durch die Weiterbildung zum sogenannten „Industriemeister“ oder „Techniker“. Diese Weiterqualifizierungen sind nach geltenden Weiterbildungsordnungen rechtlich geregelt und eröffnen den Zugang zu weiteren Funktionsebenen im Betrieb.

Rechtliche Entwicklungen

Der Facharbeiterbegriff unterliegt ständiger Weiterentwicklung infolge der Anpassung von Ausbildungsordnungen, europäischer Harmonisierung und sich ändernder arbeitsmarktpolitischer Anforderungen. Zukünftige Gesetzesänderungen im Berufsbildungs- und Arbeitsrecht werden voraussichtlich Einfluss auf die Definition und rechtliche Stellung von Facharbeitern nehmen.


Quellenangaben:

  • Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  • Anerkennungsgesetz (AnerkG)
  • Tarifvertragsgesetz (TVG)
  • Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtliche Bedeutung und Einordnung des Begriffs „Facharbeiter“ im deutschen Recht und im internationalen Kontext sowie zu angrenzenden Rechtsgebieten.

Häufig gestellte Fragen

Welche arbeitsrechtlichen Anforderungen gelten bei der Beschäftigung von Facharbeitern aus dem Ausland?

Die Beschäftigung von Facharbeitern aus dem Ausland unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Regelungen. Bevor ein ausländischer Facharbeiter eine Beschäftigung aufnehmen kann, muss zunächst überprüft werden, ob es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, also um Personen, die nicht aus einem EU-/EWR-Land oder der Schweiz stammen. In diesem Fall ist für die Beschäftigung eine gültige Aufenthaltserlaubnis mit Arbeitserlaubnis erforderlich, welche meist nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) erteilt wird. Grundlage für die Erteilung ist regelmäßig ein konkretes Arbeitsplatzangebot sowie die Anerkennung der beruflichen Qualifikation, die mit dem deutschen Ausbildungsstand vergleichbar sein muss. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Tariftreue und gegebenenfalls Vorrangprüfungen sowie die Bedingungen zur Gleichbehandlung hinsichtlich Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und -bedingungen zu erfüllen. Zur Kontrolle des rechtmäßigen Aufenthalts- und Arbeitsstatus gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit als zentral. Arbeitsrechtlich gelten für ausländische Facharbeiter die gleichen Schutzvorschriften wie für deutsche Arbeitnehmer, sodass auch Mindestlohn, Arbeitsschutz sowie Kündigungsschutz zu beachten sind.

Was ist bei der Kündigung von Facharbeitern arbeitsrechtlich zu beachten?

Die Kündigung von Facharbeitern richtet sich nach den allgemeinen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), sofern die betrieblichen Schwellenwerte erfüllt sind. Das bedeutet, dass eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss und entweder aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen kann. Die Kündigungsfristen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 622 geregelt, können jedoch durch Tarifverträge oder einzelvertragliche Vereinbarungen verlängert, aber nur zu Gunsten des Arbeitnehmers verkürzt werden. Bei der Kündigung von tarifgebundenen Facharbeitern sind zudem die einschlägigen Tarifverträge zu prüfen, die oft Sonderregelungen zu Kündigungsschutz und Abfindungen enthalten. Besonderen Schutz genießen schwerbehinderte Facharbeiter oder solche mit besonderem Kündigungsschutz, etwa während der Elternzeit oder der Mitgliedschaft in Betriebsräten. Die Schriftform der Kündigung ist zwingend vorgeschrieben; elektronische Kündigungen sind unwirksam. Im Falle einer Kündigung unterliegen Facharbeiter grundsätzlich auch der Möglichkeit, Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen.

Unter welchen Voraussetzungen ist eine befristete Beschäftigung von Facharbeitern rechtlich zulässig?

Die befristete Beschäftigung von Facharbeitern unterliegt den Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Eine sachgrundlose Befristung ist bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig; innerhalb dieses Zeitraums darf der Vertrag höchstens drei Mal verlängert werden. Liegt ein sachlicher Grund vor, wie etwa eine Vertretung für einen anderen Mitarbeiter, ein projektgebundenes Beschäftigungsverhältnis oder die Eigenart der Arbeitsleistung, kann die Befristung darüber hinaus auch länger als zwei Jahre andauern. Der Befristungsgrund muss im Streitfall vom Arbeitgeber dargelegt und bewiesen werden können. Bei mehrfach aufeinanderfolgenden Befristungen (Kettenbefristungen) ist stets die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu beachten, das in bestimmten Fällen eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes sehen kann. Für wiederholte Befristungen nach vorheriger unbefristeter Beschäftigung gilt grundsätzlich ein Verbot; Ausnahmen bestehen beispielsweise bei älteren Arbeitnehmern unter bestimmten Bedingungen.

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat im Zusammenhang mit Facharbeitern?

Der Betriebsrat hat umfangreiche Mitbestimmungsrechte bei der Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Kündigung von Facharbeitern (§ 99 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG). Er ist vor jeder personellen Maßnahme zu informieren und kann unter bestimmten Voraussetzungen die Zustimmung verweigern, etwa wenn die Auswahl gegen gesetzliche oder tarifliche Vorschriften verstößt oder andere Bewerber, etwa innerbetrieblich, bevorzugt hätten werden müssen. Bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiten, der betrieblichen Ordnung, dem Gesundheitsschutz sowie bei der Gestaltung von Sozialplänen ist der Betriebsrat ebenfalls zu beteiligen (§ 87 BetrVG). Werden Facharbeiter als Leiharbeitnehmer eingesetzt, muss der Betriebsrat zudem über deren Einsatz und Arbeitsbedingungen informiert werden (§ 14 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG). Die Missachtung dieser Mitbestimmungsrechte kann zur Unwirksamkeit der jeweiligen Maßnahme und zu arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen führen.

Welche Pflichten zur Arbeitszeiterfassung bestehen für Facharbeiter?

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und der daran anschließenden nationalen Rechtsprechung sind Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer, einschließlich der Facharbeiter, systematisch zu erfassen. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich auch aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), insbesondere hinsichtlich Ruhezeiten, Überstunden und Mehrarbeit. Zum 1. Januar 2023 wurde das Nachweisgesetz (NachwG) reformiert, das Arbeitgeber zusätzlich verpflichtet, die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, insbesondere die vereinbarte Arbeitszeit, schriftlich niederzulegen. Verstöße gegen die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung können mit Bußgeldern geahndet werden und führen gegebenenfalls zu Beweislastverschiebungen zugunsten der Arbeitnehmer in arbeitsgerichtlichen Verfahren. Die konkrete Ausgestaltung der Zeiterfassung – etwa elektronische Systeme oder handschriftliche Aufzeichnungen – bleibt dem Arbeitgeber überlassen, muss aber die Nachvollziehbarkeit und Manipulationssicherheit gewährleisten.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Entlohnung von Facharbeitern?

Facharbeiter unterliegen hinsichtlich der Entlohnung den Vorgaben des Mindestlohngesetzes (MiLoG), das den gesetzlichen Mindestlohn festlegt. Hinzu kommen ggf. Branchenmindestlöhne, die aufgrund von Tarifverträgen oder mittels Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz allgemeinverbindlich sind. Tarifgebundene Unternehmen sind verpflichtet, die im jeweiligen Tarifvertrag vereinbarten Löhne zu zahlen, was häufig zu einer deutlich höheren Vergütung als dem gesetzlichen Mindestlohn führt. Die Entgeltgleichheit nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ebenso zu beachten wie spezielle Zuschläge, etwa für Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, die sowohl gesetzlich als auch tariflich geregelt sein können. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Lohn rechtzeitig und vollständig zu zahlen, wobei Verstöße zu Schadensersatzansprüchen und ggf. zu Bußgeldern führen können. Besonderes Augenmerk gilt auch der korrekten Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer, für die der Arbeitgeber haftet.

Welche besonderen Vorschriften gelten beim Einsatz von Leiharbeit oder Werkverträgen mit Facharbeitern?

Der Einsatz von Facharbeitern im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) ist durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) streng reguliert. Leiharbeiter müssen hinsichtlich wesentlicher Arbeitsbedingungen und Entlohnung spätestens nach neun Monaten mit vergleichbaren Stammmitarbeitern des Entleihbetriebs gleichgestellt werden (Equal Pay). Die maximale Überlassungsdauer beträgt in der Regel 18 Monate je Einsatzbetrieb, Abweichungen sind nur durch Tarifverträge möglich. Der Entleiher muss die Einsatzgründe prüfen und darauf achten, dass keine verdeckten Werkverträge vorliegen, da dies zu erheblichen Rechtsfolgen (Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher) führen kann. Bei Werkverträgen kommt es auf die sorgfältige Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung an: Die eingesetzten Personen dürfen nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert werden, sondern müssen weisungsfrei und eigenverantwortlich tätig sein. Die Missachtung dieser Grenzen kann nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.