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Europäischer Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF)


Begriff und Rechtsgrundlagen des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF)

Der Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) ist ein zentrales Förderinstrument der Europäischen Union zur Unterstützung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) sowie der Integrierten Meerespolitik. Der Fonds regelt die finanzielle Unterstützung für nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Fischerei, Aquakultur und marinen Ressourcenschutz für die Förderperiode 2021-2027. Die rechtlichen Regelungen zum EMFAF basieren maßgeblich auf der Verordnung (EU) 2021/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021.

Gesetzlicher Hintergrund und Zielsetzung

Der EMFAF wurde zur Ablösung des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) geschaffen. Die Richtlinie verfolgt insbesondere folgende Ziele:

  • Förderung nachhaltiger Fischerei und Wiederauffüllung der Fischbestände
  • Entwicklung einer nachhaltigen Aquakultur
  • Unterstützung der blauen Wirtschaft in Küsten-, Insel- und Binnenregionen
  • Schutz und Wiederherstellung der Artenvielfalt in marinebasierten Ökosystemen
  • Verbesserung der Governance im Bereich der Meerespolitik
  • Förderung internationaler Zusammenarbeit zu Meeresfragen

Die rechtlichen Grundlagen sind in der Verordnung (EU) 2021/1139 detailliert geregelt, ergänzt durch Durchführungs- und Delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission. Das Zusammenspiel mit weiteren EU-Verordnungen, etwa zur Haushaltsdisziplin und zur Kontrolle staatlicher Beihilfen, ist integraler Bestandteil des Fondsmanagements.

Aufbau und Funktionsweise des EMFAF

Förderstruktur und Verwaltung

Die Verwaltung des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds erfolgt in Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten. Die Mittelverwaltung erfolgt dezentral:

  • Operationelle Programme werden von den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission entwickelt und genehmigt.
  • Die Mitgliedstaaten sind für die Auswahl, Überwachung und Kontrolle der Projekte verantwortlich.
  • Die Kommission behält sich Kontroll- und Überprüfungsbefugnisse vor und führt regelmäßige Audits zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung durch.

Finanzierungsrahmen und Vergabekriterien

Für die Förderperiode 2021 bis 2027 beträgt das Budget des EMFAF europaweit ca. 6,108 Milliarden Euro (zu Preisen von 2018). Die Fondsmittel werden nach festgelegten Schlüsseln auf die Mitgliedstaaten verteilt. Darüber hinaus bestehen spezifische Förderkriterien:

  • Projektauswahl richtet sich nach den in der Verordnung dargelegten Prioritäten und Kriterien (Artikel 14-17 der Verordnung).
  • Die Förderung kann als Zuschüsse oder, unter bestimmten Voraussetzungen, als Finanzinstrumente erfolgen.
  • Förderfähig sind insbesondere Investitionen in umweltschonende Technologien, Infrastruktur, Innovationen sowie Maßnahmen zur Marktorganisation und Überwachung.

Rechtsrahmen für Beihilfen und Kontrolle

Der EMFAF regelt ausführlich die Voraussetzungen für Beihilfen (z.B. Artikel 8-13 der Verordnung). Die Förderung ist stets an Bedingungen geknüpft:

  • Keine Finanzierung für regulär durch nationales Recht oder andere EU-Fonds verbotene Maßnahmen (z.B. Fangkapazitätserhöhungen).
  • Verpflichtende Einhaltung unionsrechtlicher Vorschriften, insbesondere zur nachhaltigen Fischerei und zum Umweltschutz.
  • Sanktionen und Rückforderungsmechanismen greifen bei Nichtbeachtung dieser Vorgaben oder Doppelförderungen.

Begünstigte und förderfähige Maßnahmen

Förderwürdige Empfängerkreise

Zu den potenziellen Empfängern von EMFAF-Mitteln zählen:

  • Fischereiunternehmen (einschließlich individueller Fischer)
  • Aquakulturunternehmen
  • Gebietskörperschaften sowie öffentlich-rechtliche Institutionen
  • Wissenschaftliche Einrichtungen
  • Nichtregierungsorganisationen unter bestimmten Voraussetzungen

Förderfähige Maßnahmen und Aktivitäten

Der EMFAF deckt eine Vielzahl von Maßnahmen, die sich aus den spezifischen Zielen ableiten, unter anderem:

  • Modernisierung von Fischereifahrzeugen zur Steigerung der Umweltverträglichkeit (einschränkend reguliert)
  • Entwicklung und Anwendung innovativer Aquakulturtechnologien
  • Projekte zur Verbesserung der Überwachungs- und Kontrollinfrastrukturen
  • Markterschließung und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Erzeugnissen der Fischerei und Aquakultur
  • Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Biodiversität sowie zur Anpassung an den Klimawandel

Ausschlusskriterien

Bestimmte Aktivitäten und Vorhaben sind von der Förderung explizit ausgeschlossen, insbesondere:

  • Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Fangkapazität führen
  • Investitionen, die den Umweltschutzbestimmungen der EU zuwiderlaufen
  • Doppelförderungen oder Wettbewerb verzerrende Praktiken

Berichtspflichten, Kontrolle und Rechtsschutz

Berichtspflichten und Transparenz

Die Mitgliedstaaten sind gesetzlich verpflichtet, regelmäßig Bericht zu erstatten:

  • Jährliche Durchführungsberichte an die Europäische Kommission, die Informationen über Fortschritte, Ausgaben, erzielte Ergebnisse und auftretende Schwierigkeiten enthalten.
  • Veröffentlichung von Begünstigtenlisten und Übersichtsdaten als Voraussetzung für Transparenz der Mittelvergabe.

Kontrolle, Aufsicht und Rückforderung

Die Kontrolle und Aufsicht über den EMFAF erfolgt auf mehreren Ebenen:

  • Verwaltungs- und Kontrollsysteme gemäß den Regeln der EU-Haushaltsverordnung sowie spezifische Audits seitens der Kommission.
  • Rückforderungsmechanismen bei Verstößen gegen die Fondsvorschriften oder zweckwidriger Mittelverwendung.
  • Möglichkeit zur Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren bei systematischen Verstößen durch Mitgliedstaaten.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Im Falle von Streitigkeiten oder Ablehnungen von Förderanträgen können Beschwerdemechanismen auf nationaler und europäischer Ebene sowie gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. Die europäischen Gerichte sind zuständig für Klagen wegen Verstößen gegen EU-Recht.

Zusammenhang mit anderen EU-Fonds und Zukunftsperspektiven

Der EMFAF ist Teil der Kohäsionspolitik der Europäischen Union und arbeitet eng mit anderen Strukturfonds wie dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem Kohäsionsfonds und dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) zusammen. Schnittstellen bestehen zudem zu Umwelt- und Klimafonds der EU.

Für die Zukunft sind eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit, Innovation und Digitalisierung im Bereich der Meeres- und Fischereipolitik sowie eine verstärkte Kontrolle der Mittelverwendung geplant.


Literaturhinweis:

  • Verordnung (EU) 2021/1139 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds
  • Weitere Leitlinien und Durchführungsbestimmungen der Europäischen Kommission

Siehe auch:

  • Gemeinsame Fischereipolitik (GFP)
  • Europäische Struktur- und Investitionsfonds (ESIF)
  • Integrierte Meerespolitik der Europäischen Union

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Vergabe von Fördermitteln aus dem EMFAF?

Die rechtlichen Grundlagen für die Vergabe von Fördermitteln aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) ergeben sich vorrangig aus der Verordnung (EU) 2021/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 über den EMFAF. Diese Verordnung legt die Rahmenbedingungen, Ziele, Schwerpunkte und spezifischen Förderbedingungen fest und ist direkt in den EU-Mitgliedstaaten anwendbar. Ergänzend zur Verordnung existieren Durchführungsrechtsakte und delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission, die Details zur Mittelverwaltung, zu Auswahlkriterien und zur Berichterstattung regeln. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, nationale Programmpläne aufzustellen, in denen sie die Umsetzung der EMFAF-Mittel auf nationaler Ebene konkretisieren. Die Vergabe von Fördermitteln erfolgt unter Beachtung des EU-Beihilferechts (insb. der Artikel 107 ff. AEUV) sowie weiterer einschlägiger Verordnungen im Bereich der Haushaltsführung und öffentlichen Auftragsvergabe (z.B. Vergaberecht). Die Einhaltung sämtlicher Rechtsgrundlagen wird durch Verwaltungs- und Kontrollsysteme auf nationaler und europäischer Ebene überwacht.

Wie wird die Einhaltung des Beihilferechts bei Förderungen aus dem EMFAF sichergestellt?

Die Sicherstellung der Einhaltung des europäischen Beihilferechts erfolgt im Rahmen der Vergabe von EMFAF-Fördermitteln durch mehrere Mechanismen. Zum einen sind alle projektbezogenen Förderungen daraufhin zu prüfen, ob sie Beihilfen im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellen. Soweit eine Beihilfe vorliegt, ist zu bewerten, ob diese nach dem Beihilferecht genehmigungsfähig oder freigestellt ist, insbesondere im Lichte der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) oder spezieller Fischerei-Beihilferegelungen. Die nationalen Behörden sind verpflichtet, jede neue Beihilferegelung vor deren Anwendung zu notifizieren, sofern keine Ausnahme greift. Ein zentrales Element stellt ferner die Dokumentationspflicht dar: Alle Entscheidungen zur Vergabe und Ausgestaltung von Beihilfen sind nachweisbar festzuhalten, um etwaigen Prüfungen durch die Europäische Kommission oder Rechnungsprüfungsbehörden standzuhalten. Zudem werden auch bei den laufenden Kontrollen und Evaluierungen die beihilferechtlichen Voraussetzungen besonders überprüft.

Welche rechtlichen Pflichten zur Transparenz und Berichterstattung bestehen bei der Nutzung von EMFAF-Mitteln?

Im Zusammenhang mit dem EMFAF gelten umfangreiche rechtliche Verpflichtungen zur Transparenz und Berichterstattung. Gemäß Artikel 49 der Verordnung (EU) 2021/1139 sind alle Begünstigten und mit der Abwicklung betrauten Stellen verpflichtet, detaillierte Informationen über die Projekte, die Höhe der gewährten Mittel und deren Verwendung offenzulegen. Dies schließt insbesondere die Veröffentlichung von Begünstigtenlisten auf den Internetseiten der zuständigen Behörden ein. Daneben müssen regelmäßige Fortschrittsberichte erstellt werden, die den Kommissionsvorgaben entsprechen und sowohl auf inhaltliche als auch finanzielle Aspekte eingehen. Die Einhaltung der Berichtspflichten ist eine zentrale Voraussetzung für die fortgesetzte Mittelbereitstellung. Darüber hinaus sind alle projektbezogenen Unterlagen mindestens fünf Jahre nach dem Abschluss des jeweiligen Programms aufzubewahren und auf Anfrage den Prüfbehörden zugänglich zu machen.

Welche rechtlichen Regelungen gelten hinsichtlich der Kontrolle und Prüfung der EMFAF-Förderungen?

Die Kontrolle und Prüfung der EMFAF-Förderungen ist detailliert in der Verordnung (EU) 2021/1139 sowie in den hierzu ergangenen Durchführungsakten geregelt. Zum einen sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, geeignete Verwaltungs- und Kontrollsysteme einzurichten, die eine ordnungsgemäße und zweckentsprechende Verwendung der Mittel sicherstellen. Dazu zählen Risikoanalysen, Stichprobenprüfungen und Vor-Ort-Kontrollen. Außerdem sieht das System ein dreistufiges Kontrollverfahren vor: Erstkontrolle durch die Verwaltungsbehörde, zweite Ebene durch Prüfbehörden auf nationaler Ebene und schließlich Kontrollen durch die EU-Kommission und den Europäischen Rechnungshof. Unregelmäßigkeiten, Missbrauch oder Betrug sind umgehend zu melden und führen bei Bedarf zur Rückforderung der Mittel. Auch gibt es für Transparenz und Integrität spezielle antifraud-relevante Vorgaben, u.a. durch die Europäische Antibetrugsbehörde (OLAF).

Unterliegen Förderungen aus dem EMFAF dem Vergaberecht und wenn ja, in welchem Umfang?

Förderungen aus dem EMFAF unterliegen grundsätzlich den Vorgaben des europäischen und nationalen Vergaberechts, soweit öffentliche Auftraggeber oder Zuwendungsempfänger in öffentlicher Trägerschaft Leistungen, Lieferungen oder Bauaufträge zur Umsetzung von geförderten Projekten vergeben. Maßgeblich sind hierbei insb. die Vergaberichtlinien der EU (2014/24/EU, 2014/25/EU) sowie die jeweiligen nationalen Umsetzungsakte, in Deutschland etwa das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie die Vergabeverordnung (VgV). Hiernach sind Transparenz, Nichtdiskriminierung und Wettbewerb zu gewährleisten. Die Nichtbeachtung des Vergaberechts kann zu schwerwiegenden Konsequenzen wie Mittelrückforderungen oder Sanktionen führen. Bei Projekten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien sind dennoch die allgemeinen Grundsätze eines fairen Wettbewerbs zu beachten.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Auflagen des EMFAF?

Verstöße gegen die Auflagen des EMFAF können vielfältige rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zunächst droht die vollständige oder teilweise Rückforderung der bereits ausgezahlten Fördermittel (sog. Fehlbedarfsrückforderung), wenn Mittel nicht zweckentsprechend, ordnungsgemäß oder unter Verstoß gegen EU- bzw. nationales Recht verwendet wurden. Ergänzend können darüber hinaus Verwaltungssanktionen, Zinsforderungen oder auch Ausschlüsse von künftigen Förderperioden verhängt werden. Bei schwerwiegenden Verstößen – etwa Betrug, Falschdeklaration oder Manipulation – können auch strafrechtliche Ermittlungen undverfahren eingeleitet werden. Zudem behalten sich sowohl nationale Prüfbehörden als auch EU-Institutionen (OLAF, Europäischer Rechnungshof) umfassende Prüf- und Sanktionsbefugnisse vor. Alle förderrechtlichen Sanktionen sind dabei stets mit rechtstaatlichen Abwägungsvorschriften und Möglichkeiten zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs abgestimmt.