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Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL)


Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL)

Der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) zählt zu den wichtigsten Finanzierungsinstrumenten der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Im Rahmen der gemeinschaftlichen Agrarförderung stellt der EGFL die Mittel für die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe sowie für marktbezogene Maßnahmen bereit. Die rechtliche Grundlage und administrative Steuerung des EGFL ist durch ein komplexes Regelwerk gekennzeichnet, das durch verschiedene EU-Verordnungen sowie nationale Vorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt ist.

Geschichte und Entwicklung des EGFL

Die Schaffung des EGFL erfolgte im Jahr 2007 als Teil der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Er trat an die Stelle des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), der bis dahin die Finanzierung der GAP-Instrumente sichergestellt hatte. Die Schaffung des EGFL zielte auf eine klare Trennung zwischen marktorientierten Maßnahmen (EGFL) und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ab.

Rechtliche Grundlagen

Primärrechtliche Verankerung

Die Finanzierung der Agrarpolitik ist im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere in den Artikeln 38 bis 44 AEUV, grundgelegt. Hier wird die EU zur Schaffung und Finanzierung einer gemeinsamen Agrarpolitik verpflichtet.

Sekundärrechtliche Ausgestaltung

Die detaillierten Bestimmungen und das Verwaltungsverfahren des EGFL werden maßgeblich durch folgende Verordnungen geregelt:

  • Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 über die Finanzierung, Verwaltung und Kontrolle der gemeinsamen Agrarpolitik: Sie legt die wesentlichen Rahmenbedingungen für den EGFL fest, insbesondere im Hinblick auf Finanzierung, Zahlungsmodalitäten, Verwaltung und Kontrolle von Agrarausgaben.
  • Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 zur Festlegung von Vorschriften für Direktzahlungen an Landwirte im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik.

Diese Verordnungen werden durch eine Vielzahl weiterer delegierter und durchführender Rechtsakte ergänzt, die insbesondere Verwaltungsabläufe, Kontrollen, Sanktionen und Berichterstattung präzisieren.

Aufgaben und Finanzierungsmodalitäten

Finanzierung landwirtschaftlicher Maßnahmen

Der EGFL finanziert:

  • Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe gemäß den Vorschriften der EU-Agrarpolitik (zum Beispiel Basisprämie, Greening-Prämie, Junglandwirteförderung).
  • Marktbezogene Maßnahmen, etwa Interventionsmaßnahmen, Ausfuhrerstattungen, Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Krisenmaßnahmen sowie Beihilfen in Sonderfällen.

Verwaltung und Auszahlung

Der EGFL ist ein sogenannter getrennter Rechnungshof, das heißt, die Mittelverwaltung erfolgt dezentral durch die Mitgliedstaaten (über nationale Zahlstellen), unterliegt aber zentraler Kontrolle und Überwachung durch die Europäische Kommission.

Die Europäische Kommission genehmigt die jährlichen Haushaltsmittel für den EGFL und kontrolliert die ordnungsgemäße Mittelverwendung. Die Auszahlungen an die Endbegünstigten (Landwirte, Marktteilnehmer) werden durch die nationalen Zahlstellen durchgeführt, welche einer strengen Zulassung und Kontrolle unterliegen.

Verwaltungsverfahren und Kontrolle

Zulassung und Aufgaben der Zahlstellen

Die Zahlstellen sind nationale oder regionale Behörden, die für die Umsetzung, Prüfung und Auszahlung der EGFL-Mittel zuständig sind. Sie müssen von der Kommission zugelassen und kontinuierlich überwacht werden. Jede Zahlstelle ist verpflichtet, ein wirksames Kontroll-, Buchführungs- und Berichterstattungssystem einzurichten.

Prüfung, Berichterstattung und Rechnungsabschluss

Die Europäische Kommission prüft jährlich die von den Mitgliedstaaten eingereichten Jahresrechnungen. Die Kontrolle erfolgt mittels Vor-Ort-Prüfungen, Dokumentenprüfungen sowie Audits durch den Europäischen Rechnungshof.

Für fehlerhafte oder nicht ordnungsgemäße Mittelverwendung sieht das Recht der Europäischen Union Korrekturmaßnahmen vor, darunter Finanzkorrekturen und Rückforderungen.

Sanktionierung und Rechtsbehelfe

Im Falle festgestellter Verstöße, beispielsweise durch unzureichende Kontrollen in den Mitgliedstaaten, kann die Kommission Mittel kürzen oder zurückfordern (sogenannte „Korrekturen zugunsten des EU-Haushalts“). Betroffene Mitgliedstaaten können gegen entsprechende Entscheidungen im Rahmen eines besonderen Verfahrens Rechtsmittel einlegen.

Transparenz und Veröffentlichungspflichten

Ein zentrales Element der Verwaltung und Kontrolle sind die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten. Die Mitgliedstaaten müssen Angaben zu Empfängern von EGFL-Mitteln offenlegen. Dies umfasst neben Namen und Adressen der Begünstigten auch den jeweiligen Förderbetrag sowie Art und Grund der Förderung. Die Veröffentlichungspflichten dienen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Mitteleinsatzes.

Verhältnis zu weiteren Agrarfonds

Der EGFL ist eng mit dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) verzahnt. Während der EGFL insbesondere die marktbezogenen Maßnahmen und Direktzahlungen abdeckt, konzentriert sich der ELER auf Maßnahmen im Bereich ländlicher Entwicklung. Beide Fonds unterliegen gemeinsamen Vorschriften hinsichtlich Verwaltung, Kontrolle, Rechnungsprüfung und Transparenz.

Bedeutung und Zielsetzung

Der EGFL sichert eine effiziente Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik, garantiert die Finanzierung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen sowie marktbezogener Maßnahmen und trägt so zur Stabilisierung der Landwirteinkommen, Ernährungssicherung und nachhaltigen Entwicklung der Agrarsektoren in der Europäischen Union bei.

Relevante Rechtsgrundlagen (Auszug)

  • Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Art. 38 ff.
  • Verordnung (EU) Nr. 1306/2013
  • Verordnung (EU) Nr. 1307/2013
  • Durchführungsverordnungen & delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission

Literaturhinweise und weiterführende Quellen


Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung des Begriffs Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und beleuchtet sämtliche relevanten rechtlichen Aspekte, die für die fundierte Einordnung und das Verständnis dieses zentralen EU-Finanzierungsinstruments wesentlich sind.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die rechtliche Grundlage des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) geregelt?

Der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) ist als wesentlicher Finanzierungsmechanismus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union insbesondere durch die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, Verwaltung und Kontrolle der Gemeinsamen Agrarpolitik rechtlich normiert. Diese Verordnung regelt die Strukturen, Funktionsweisen sowie Kontrolle und Sanktionierung im Zusammenhang mit dem EGFL. Darüber hinaus wird der EGFL im Rahmen der jährlichen Haushaltsvorschriften der Europäischen Union gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 322 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eingebettet. Zusätzlich gelten delegierte und Durchführungsverordnungen, wie die delegierte Verordnung (EU) Nr. 907/2014, die detaillierte Vorschriften zur Verwaltung und Kontrolle enthalten. Die nationale Umsetzung erfolgt durch entsprechende Ausführungsgesetze in den Mitgliedstaaten, wobei die Zahlungen ausschließlich nach unionsrechtlich festgelegten Kriterien erfolgen dürfen und der rechtliche Rahmen die Einhaltung von Transparenz-, Kontroll- und Berichtsmaßnahmen vorschreibt.

Welche Normen regeln die Zuständigkeit und Kontrolle im Zusammenhang mit dem EGFL?

Die Zuständigkeit für die Verwaltung und Kontrolle der Auszahlungen aus dem EGFL liegt nach den Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 in erster Linie bei den Mitgliedstaaten, die Zahlstellen einrichten und durch nationale Rechtsakte ausstatten müssen. Die Europäische Kommission ist jedoch verpflichtet, regelmäßig Prüfungen der Verwaltung, Kontrolle und Buchführung durch die Mitgliedstaaten vorzunehmen (Artikel 9-13 der Verordnung). Insbesondere die Akkreditierung der Zahlstellen sowie die sogenannte Bestätigungserklärung eines unabhängigen Stellen (Auditstelle) unterliegen strengen unionsrechtlichen Anforderungen. Die Kommission verfügt zudem über das Instrument der finanziellen Berichtigung („Clearance of Accounts“), die im Fall von Mängeln die Rückforderung von Mitteln erlaubt. Die Europäische Betrugsbekämpfungsbehörde (OLAF) ist berechtigt, Untersuchungen bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten und Betrug durchzuführen.

Wie werden Subventionstatbestände und förderfähige Maßnahmen aus rechtlicher Sicht festgelegt?

Die Bestimmung der subventionierten Maßnahmen und der Förderfähigkeit im Rahmen des EGFL erfolgt nach den verbindlichen Vorgaben der EU-Grundverordnungen, insbesondere der Verordnungen zum EGFL sowie zur Gemeinsamen Marktorganisation. Detaillierte Kriterien legen fest, welche landwirtschaftlichen Direktzahlungen, Interventionen am Markt oder sonstige Maßnahmen förderfähig sind. Die konkret förderfähigen Maßnahmen sind abschließend in Durchführungsverordnungen und delegierten Rechtsakten der Kommission sowie nationalen Ausführungsvorschriften geregelt. Jede Subventionsgewährung setzt insbesondere die Einhaltung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Haushaltsführung, Transparenz und Kontrolle voraus sowie die Einhaltung einschlägiger unionsrechtlicher Vorgaben, wie Beihilferecht, Umweltauflagen und Cross-Compliance-Bedingungen. Ein individueller Rechtsanspruch entsteht grundsätzlich nur, wenn alle unionsrechtlich sowie national zusätzlich vorgesehenen Voraussetzungen einwandfrei erfüllt sind.

Welche Maßnahmen existieren zur Rechtsdurchsetzung bei Unregelmäßigkeiten im EGFL?

Bei Unregelmäßigkeiten kommt ein mehrstufiges System der Rechtsdurchsetzung zur Anwendung. Zunächst sind die nationalen Behörden verpflichtet, Unregelmäßigkeiten zu identifizieren, diese zu melden und gegebenenfalls korrektive Maßnahmen-einschließlich Rückforderungen-einzuleiten. Das Unionsrecht verlangt die Meldung signifikanter Verstöße an die Kommission sowie an OLAF (Artikel 59-60 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013). Die Kommission kann bei Verstößen finanzielle Berichtigungsverfahren durchführen und etwaige über den EGFL gezahlte Beträge von den Mitgliedstaaten zurückfordern. Die Sanktionen reichen von finanziellen Kürzungen über Verwaltungssanktionen bis hin zu strafrechtlichen Maßnahmen bei nachgewiesenem Betrug. Betroffene können gegen Entscheidungen der nationalen Verwaltungsbehörden sowie der Kommission vor nationalen Gerichten beziehungsweise vor dem Gericht der Europäischen Union Rechtsmittel einlegen.

Welche Rolle spielen Transparenz und Rechenschaftspflichten im rechtlichen Rahmen des EGFL?

Der EGFL unterliegt besonders strengen Transparenz- und Rechenschaftspflichten, die im Unionsrecht verbindlich normiert sind. Nach Artikel 111 der VO (EU) Nr. 1306/2013 müssen Mitgliedstaaten ein Verzeichnis der Begünstigten führen und veröffentlichen, wobei personenbezogene Daten unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen offengelegt werden. Ferner sind Mitgliedstaaten und die Kommission dazu verpflichtet, ausführliche Berichte über Finanzierung, Kontrolle und Ergebnisse zu erstellen. Jährliche Rechnungsprüfungen durch die Kommission sowie Prüfungen durch den Europäischen Rechnungshof sorgen für weitere Kontrolle. Diese Transparenzmaßnahmen werden ergänzt durch Vorschriften zur aktiven Information der Öffentlichkeit sowie zur Gewährleistung der Nachprüfbarkeit aller Förderentscheidungen.

Welche unionsrechtlichen Rechtsbehelfe stehen im Zusammenhang mit Entscheidungen über EGFL-Mittel zur Verfügung?

Im Falle von Streitigkeiten über Entscheidungen im Zusammenhang mit EGFL-Mitteln haben Betroffene nach den Vorgaben des Unionsrechts einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Rechtsbehelfe sind auf der nationalen Ebene zunächst bei den Verwaltungs- oder Zivilgerichten der Mitgliedstaaten zu eröffnen. Darüber hinaus besteht nach Artikel 263 AEUV die Möglichkeit der Klage zum Gericht der Europäischen Union (EuG) sowie zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 AEUV beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), wenn unionsrechtliche Fragen zu klären sind. Die Kommission wiederum kann vor dem EuGH Vertragsverletzungsklagen gegen säumige Mitgliedstaaten erheben, falls diese ihre Pflichten im Kontext des EGFL nicht ordnungsgemäß erfüllen.

Wie wird das nationale und europäische Recht im Rahmen des EGFL miteinander verknüpft?

Das Verhältnis von nationalem und europäischem Recht wird im EGFL-Kontext durch das Prinzip des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gekennzeichnet. Vorrangig gelten die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Union, welche die grundlegenden Voraussetzungen und Rahmenbedingungen bestimmen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nationale Vorschriften zur Durchführung und Konkretisierung der Vorgaben zu erlassen, wobei sie im Rahmen des sogenannten Umsetzungsspielraums agieren. Nationale Regelungen dürfen jedoch nicht gegen die unionsrechtlichen Vorgaben verstoßen oder deren Wirkungen beeinträchtigen. Im Falle von Rechtskonflikten verdrängt Unionsrecht widersprechende nationale Vorschriften. Die Rechtsprechung des EuGH sorgt für die Konkretisierung und Durchsetzung dieses Anwendungsvorrangs.