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Europäische Investitionsbank


Begriff und rechtliche Grundlagen der Europäischen Investitionsbank (EIB)

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist das Finanzierungsinstitut der Europäischen Union (EU) und zählt zu den bedeutendsten supranationalen Kreditinstituten weltweit. Die Bank verfügt über den Status einer internationalen Einrichtung und hat die Rechtsform eines völkerrechtlichen Körpers. Sie trägt maßgeblich zur Finanzierung und Förderung der Ziele der Europäischen Union bei. Die rechtlichen Grundlagen, die Organisation, Aufgaben und Aufsicht der EIB sind umfassend im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ihrer Satzung sowie weiteren europäischen Sekundärrechtsakten geregelt.


Gründung und Rechtsform

Die Europäische Investitionsbank wurde 1958 auf Grundlage des Vertrags von Rom gegründet und ist gemäß Art. 308 ff. AEUV sowie durch ihre eigene Satzung geregelt. Rechtlich ist die EIB eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Luxemburg. Sie genießt Immunitäten und Privilegien, die durch internationales und europäisches Recht begründet sind (vgl. Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union).


Aufgaben und Mandat der EIB

Förderauftrag

Der Hauptauftrag der EIB besteht in der mittel- und langfristigen Finanzierung von Investitionsvorhaben, die zu einer ausgewogenen und stetigen Entwicklung des Binnenmarktes beitragen sollen (Art. 309 AEUV). Die EIB fördert insbesondere Projekte, die:

  • zur Entwicklung weniger entwickelter Regionen der EU beitragen,
  • zur Modernisierung oder Umstellung von Unternehmen oder zur Schaffung neuer Tätigkeitsbereiche führen,
  • dem gemeinsamen Interesse mehrerer Mitgliedstaaten dienen.

Des Weiteren ist die Bank ermächtigt, außerhalb der EU in Drittstaaten und assoziierten Ländern tätig zu werden, sofern dies den außenpolitischen oder wirtschaftlichen Interessen der Union dient und auf speziellen Mandaten der EU-Institutionen beruht.

Rechtsgrundlagen der Tätigkeit

Die Geschäftstätigkeit der EIB wird hauptsächlich durch folgende Rechtsgrundlagen bestimmt:

  • Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (insb. Art. 308-309 AEUV)
  • Protokoll Nr. 5 zum Statut der Europäischen Investitionsbank (Anhang zu den EU-Verträgen)
  • Interne Leitlinien und Geschäftsordnungen

Die Aufgaben und Grenzen der Bank ergeben sich zudem aus dem jeweils geltenden Sekundärrecht sowie aus der Satzung der EIB, die detaillierte Regeln über die Geschäftsführung, Kreditvergabe, Finanzierungsinstrumente und Haushaltsführung beinhaltet.


Aufbau und Organe der Europäischen Investitionsbank

Mitglieder und Beteiligungsverhältnisse

An der EIB sind ausschließlich die Mitgliedstaaten der EU beteiligt (Art. 4 der Satzung). Die Anteile der Staaten an ihrem gezeichneten Kapital richten sich nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht.

Organe der EIB

Die EIB verfügt gemäß Satzung über folgende leitende Organe:

Verwaltungsrat (Board of Governors)

Der Verwaltungsrat besteht aus den für Finanzfragen zuständigen Ministerinnen und Ministern der Mitgliedstaaten. Dieses Organ trifft Grundsatzentscheidungen, ändert die Satzung, entscheidet über Kapitalerhöhungen und stellt den jährlichen Geschäftsbericht fest.

Direktorium (Board of Directors)

Dem Direktorium (Verwaltungsrat im engeren Sinn) obliegt die Kontrolle über die Tätigkeiten der EIB. Jede bedeutende finanzielle Entscheidung bedarf seiner Zustimmung, es entscheidet über Kreditvergaben, Bürgschaften und Beteiligungen.

Direktion (Management Committee)

Die Direktion ist das geschäftsführende Organ, das den laufenden Betrieb verantwortet. Der Vorsitzende der Direktion ist zugleich Präsident der EIB.

Prüfungsausschuss (Audit Committee)

Der Prüfungsausschuss wacht über die Rechtsmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Er berichtet das Ergebnis seiner Prüfungen dem Verwaltungsrat.


Rechtlicher Status und internationale Rechtsstellung

Unabhängigkeit und Kontrolle

Die EIB agiert unabhängig zur Verwirklichung ihres Mandats, ist jedoch den Zielen der EU-Politik verpflichtet. Staatsaufsicht im klassischen Sinne besteht nicht; Kontrollen werden durch die beteiligten Mitgliedstaaten, die Organe der Bank und externe Prüfungsausschüsse ausgeübt.

Immunitäten und Privilegien

Aufgrund ihrer Rolle als internationales Organ genießt die Bank nach Europarecht und in den Mitgliedstaaten besondere Immunitäten und Steuerbefreiungen, etwa hinsichtlich Gerichtsstand, Zwangsvollstreckung und Besteuerung (vgl. Art. 27-31 der Satzung).


Finanzierung und Vergabepraxis

Eigenkapital und Refinanzierung

Die Bank finanziert ihre Geschäfte überwiegend durch die Emission von Anleihen auf den internationalen Kapitalmärkten. Das von den Mitgliedstaaten gezeichnete Kapital dient vorwiegend der Bonitätsstütze. Diese Struktur gewährleistet günstige Kreditkonditionen für förderwürdige Projekte.

Kreditvergabe und Förderkriterien

Die EIB vergibt mittel- und langfristige Kredite an öffentliche und private Projektträger, insbesondere für Investitionen in Infrastrukturen, Innovation, Klimaschutz, Energie und KMU-Förderung. Die Kreditvergabe unterliegt strengen Vorgaben hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Rentabilität sowie Einhaltung von EU-Umwelt- und Sozialstandards.


Aufsicht, Kontrolle und Rechtsweg

Interne und externe Kontrolle

Die EIB unterliegt mehreren Kontrollmechanismen:

  • Prüfungsausschuss der EIB (interne Kontrolle)
  • Europäischer Rechnungshof (externe Prüfung bestimmter Aktivitäten)
  • Europäischer Bürgerbeauftragter (bei Beschwerden über Missstände)
  • Berichterstattung gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU

Rechtsweg und Gerichtsbarkeit

Die EIB kann im Rahmen des europäischen Rechtsschutzsystems verklagt werden. Gerichtsort ist in Streitfällen in der Regel der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), namentlich das Gericht der Europäischen Union, sofern es sich um Handlungen der Bank und sich daraus ergebende Rechtsbeziehungen handelt (vgl. Art. 271 AEUV).


Verhältnis zu anderen Institutionen und rechtliche Besonderheiten

Zusammenarbeit mit EU-Institutionen und Mitgliedstaaten

Die Bank arbeitet eng mit der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten zusammen. Finanzierungen müssen mit den politischen Zielen der EU im Einklang stehen. Für bestimmte Mandate ist ein förmlicher Auftrag durch den Rat oder die Kommission erforderlich.

Besondere Mandate und Programme

Die EIB wird oftmals beauftragt, spezifische EU-Programme finanziell zu begleiten (beispielsweise InvestEU, Juncker-Plan). Für Mandate außerhalb der EU gelten ergänzende Regelungen, häufig auf Basis internationaler Abkommen.


Rechtsquellen und weiterführende Normen

Primärrecht:

  • Vertrag über die Europäische Union (EUV)
  • Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Art. 308-309 AEUV
  • Protokoll Nr. 5: Statut der Europäischen Investitionsbank (Anhang zu den EU-Verträgen)

Sekundärrecht und Satzung:

  • Interne Geschäfts- und Leitlinien der EIB (öffentlich zugänglich auf der Website der Bank)

Fazit

Die Europäische Investitionsbank nimmt als Finanzierungsarm der Europäischen Union eine zentrale und rechtlich eigenständige Rolle ein. Ihre Tätigkeit stützt sich auf ein komplexes Geflecht aus europäischem Primärrecht, satzungsrechtlichen Vorschriften und spezifischen Rechtsakten. Die Bank unterliegt dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung des europäischen Binnenmarktes, wirkt als unabhängige Körperschaft im öffentlichen Interesse, genießt weitreichende Immunitäten und unterliegt besonderen Aufsichtsmechanismen sowie der gerichtlichen Kontrolle durch die Organe der Europäischen Union.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsgrundlage regelt die Tätigkeit der Europäischen Investitionsbank (EIB)?

Die Tätigkeit der Europäischen Investitionsbank (EIB) wird primär durch Artikel 308-309 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Diese festgelegten Vertragsartikel statten die EIB mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit aus und umreißen ihren Auftrag, langfristige Finanzierungen für Projekte sowohl in den EU-Mitgliedstaaten als auch in Drittländern bereitzustellen, die zur Integration, ausgewogenen Entwicklung und zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der EU beitragen. Darüber hinaus sind die Satzung der EIB, welche im Protokoll (Nr. 5) zur Gründung der Bank enthalten ist, sowie ergänzende Rechtsakte und Sekundärrecht maßgeblich, etwa für interinstitutionelle Beziehungen, Governance-Mechanismen, Transparenzverpflichtungen und die Einhaltung europarechtlicher Vorgaben zur Finanzierung. Die Kontrolle über die Einhaltung dieser Rechtsgrundlagen wird durch die Organe der Bank sowie übergeordnete EU-Institutionen wie den Europäischen Rechnungshof und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wahrgenommen.

In welcher Rechtsform ist die Europäische Investitionsbank organisiert?

Die Europäische Investitionsbank ist nach europäischem Recht als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit und Selbstverwaltung ausgestattet, wie im Protokoll (Nr. 5) betreffend die Satzung der Europäischen Investitionsbank zum AEUV festgehalten. Sie ist weder eine Behörde noch eine typische internationale Organisation, sondern eine Sonderorganisation der Europäischen Union. Als Kapitalgesellschaft besonderer Art basiert die EIB auf einem gezeichneten Kapital, das von den EU-Mitgliedstaaten gehalten wird, die als einzige Anteilseigner fungieren. Das interne Governance-System der EIB umfasst mehrere Organe, darunter den Verwaltungsrat, den Direktorium und den Prüfungsausschuss, deren Zusammensetzung und Aufgaben detailliert in der EIB-Satzung geregelt sind. Die Rechtsform der EIB gewährt ihr weitgehende Autonomie im operativen Bereich, unterliegt aber der Kontrolle von EU-Institutionen.

Unterliegt die Europäische Investitionsbank der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs?

Ja, die Europäische Investitionsbank unterliegt, wie alle Institutionen und Organe der Europäischen Union, der gerichtlichen Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der EuGH ist zuständig für die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Bank, insbesondere bezüglich ihrer Satzung, Verträge und Geschäftsordnung. Klagen gegen EIB-Entscheidungen können insbesondere von Mitgliedstaaten, anderen EU-Institutionen, aber unter bestimmten Voraussetzungen auch von natürlichen oder juristischen Personen erhoben werden. Dabei überprüft der EuGH unter anderem, ob die EIB im Rahmen ihrer rechtlich festgelegten Kompetenzen gehandelt hat und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat. Daneben besteht eine wichtige Rolle des Gerichts der Europäischen Union (EuG) bezüglich Rechtsstreitigkeiten in arbeitsrechtlichen und vertraglichen Angelegenheiten der EIB.

Wie verhält sich die EIB zu den Vorschriften des EU-Beihilferechts und Wettbewerbsrechts?

Die Europäische Investitionsbank ist grundsätzlich verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit das europäische Beihilfe- und Wettbewerbsrecht zu beachten. Insbesondere dürfen von der EIB gewährte Finanzierungen keine unrechtmäßigen staatlichen Beihilfen im Sinne der Artikel 107 ff. AEUV darstellen oder den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschen. Da die EIB zwar im öffentlichen Auftrag handelt, dabei aber auch Finanzierungen zu wettbewerbsfähigen Konditionen vergibt, ist sie gehalten, die Vorgaben der Europäischen Kommission zu Beihilferegelungen einzuhalten. Dies betrifft vor allem die Prüfung, ob eine Maßnahme den Markt verzerrt oder selektiv bestimmten Akteuren Vorteile verschafft. Die Kommission hat die Aufsicht über die Einhaltung dieser Vorgaben und kann entsprechende Untersuchungen einleiten.

Welche Vorschriften zur Transparenz und Rechenschaftspflicht gelten für die EIB?

Im Rahmen ihrer Tätigkeit unterliegt die Europäische Investitionsbank spezifischen Transparenz- und Rechenschaftspflichten, wie sie in der EIB-Satzung, spezialgesetzlichen EU-Regelungen und den internen Politikdokumenten der Bank, etwa der EIB-Transparenzpolitik, festgelegt sind. Die EIB verpflichtet sich, Informationen zu ihren Projekten, Entscheidungsprozessen, Auftragsvergaben sowie zu Umwelt- und Sozialauswirkungen offen zu legen, soweit keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (z.B. Geschäftsgeheimnisse oder datenschutzrechtliche Belange). Zudem ist die Bank dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU gegenüber rechenschaftspflichtig und unterliegt der externen Kontrolle durch den Europäischen Rechnungshof. Beschwerden können durch den Europäischen Bürgerbeauftragten geprüft werden, der die Verwaltungspraxis der EIB hinsichtlich Transparenz und guter Verwaltung beaufsichtigt.

Inwiefern ist die EIB an völkerrechtliche Verpflichtungen und außerhalb der EU geltende Rechtsnormen gebunden?

Soweit die Europäische Investitionsbank Projekte außerhalb der EU finanziert, ist sie verpflichtet, nicht nur das EU-Recht zu beachten, sondern auch relevante völkerrechtliche Normen und die dort anwendbaren nationalen Gesetze – dies gilt insbesondere für Umwelt-, Sozial- oder menschenrechtliche Vorgaben. Darüber hinaus nimmt die EIB regelmäßig an internationalen Foren teil und verpflichtet sich freiwillig zu internationalen Standards, wie etwa den Prinzipien der UN Global Compact, den Richtlinien der OECD oder den Grundsätzen der Weltbank-Gruppe. Im Konfliktfall zwischen europäischen und lokalen Rechtsnormen muss die EIB eine Abwägung treffen, wobei das EU-Recht jedoch grundsätzlich Vorrang hat, sofern keine zwingenden völkerrechtlichen Gründe entgegenstehen.

Welche Bedeutung hat das öffentliche Beschaffungsrecht für die EIB und ihre Projekte?

Das öffentliche Beschaffungsrecht spielt für die EIB aus zweierlei Gründen eine Rolle: Einerseits ist die EIB bei der Vergabe eigener Aufträge an die unionsrechtlichen Grundsätze des Vergaberechts (Transparenz, Gleichbehandlung, Wettbewerb und Nichtdiskriminierung) gebunden und führt entsprechende Vergabeverfahren nach festgelegten Kriterien durch. Andererseits verpflichtet die EIB in den Finanzierungsverträgen Projektträger – insbesondere bei durch sie mitfinanzierten öffentlichen Vorhaben – zur Einhaltung der einschlägigen nationalen und europäischen Vergabevorschriften. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird in der Due-Diligence-Prüfung und der nachfolgenden Projektüberwachung überprüft. Unregelmäßigkeiten können zur Vertragsauflösung und zur Rückforderung von Mitteln führen.