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Erziehungsurlaub

Begriff und Einordnung

Was bedeutet Erziehungsurlaub?

Erziehungsurlaub bezeichnet die zeitlich befristete Freistellung von der Arbeit zur Betreuung und Erziehung eines Kindes. Während dieser Zeit ruht das Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise, ohne dass eine Vergütung gezahlt wird. Ziel ist es, Eltern eine rechtlich abgesicherte Auszeit von der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, um die Betreuung des Kindes zu gewährleisten.

Heutige Bezeichnung: Elternzeit

Der Begriff Erziehungsurlaub ist historisch und im heutigen Sprachgebrauch durch den Begriff Elternzeit ersetzt. Inhaltlich geht es um denselben Kern: den Anspruch von Beschäftigten auf Freistellung zur Kindesbetreuung bei gleichzeitigem Schutz des Arbeitsverhältnisses.

Rechtsnatur und Zielsetzung

Erziehungsurlaub/Elternzeit ist ein gesetzlich geregelter Anspruch, der das Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern ruhen lässt. Während dieser Zeit bestehen besondere Schutzmechanismen vor Kündigungen, Rechte auf Rückkehr in eine gleichwertige Tätigkeit sowie Möglichkeiten, in Teilzeit zu arbeiten. Das Regelungsziel ist die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.

Anspruchsberechtigte

Eltern und gleichgestellte Personen

Anspruchsberechtigt sind in der Regel leibliche Eltern, Adoptiveltern sowie Personen, die ein Kind mit dem Ziel der Adoption in Adoptionspflege aufgenommen haben. Bei Pflegeverhältnissen ohne Adoptionsabsicht gelten abweichende Maßstäbe.

Beschäftigungsformen

Der Anspruch richtet sich an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von der Arbeitszeitgestaltung (z. B. Vollzeit, Teilzeit, geringfügige Beschäftigung). Für Beamtinnen und Beamte bestehen entsprechende, teils abweichende Regelungen. Selbstständige fallen nicht unter den arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch; für sie kommen gesonderte finanzielle Leistungen in Betracht.

Dauer und zeitliche Verteilung

Gesamtdauer

Pro Kind kann bis zu drei Jahre Erziehungsurlaub in Anspruch genommen werden. Beide Elternteile haben jeweils einen eigenen Anspruch; sie können die Zeiten gleichzeitig oder nacheinander nutzen.

Verteilung bis zum 3. Geburtstag und darüber hinaus

Erziehungsurlaub kann bis zum dritten Geburtstag des Kindes genommen werden. Ein Teil kann – innerhalb eines festgelegten Umfangs – auf den Zeitraum zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes verlagert werden. Für die Inanspruchnahme in dieser späteren Phase gelten längere Ankündigungsfristen.

Mehrlingsgeburten und mehrere Kinder

Der Anspruch entsteht für jedes Kind separat. Bei Mehrlingsgeburten laufen die Zeiten regelmäßig parallel. Bei mehreren Kindern unterschiedlichen Alters können Ansprüche sich überlappen; die maximale Dauer pro Kind bleibt hiervon unberührt.

Bindungswirkung der Anmeldung

Die bei der Anmeldung erklärten Zeitabschnitte sind für einen bestimmten Zeitraum verbindlich. Änderungen sind grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers oder bei Vorliegen besonderer Gründe möglich.

Anmeldung und Fristen

Erziehungsurlaub ist dem Arbeitgeber schriftlich und unter Angabe der gewünschten Zeiträume mitzuteilen. Für Zeiten bis zum dritten Geburtstag gilt eine kürzere Ankündigungsfrist als für Zeiten zwischen dem dritten und achten Geburtstag. Bei der Anmeldung werden die gewünschten Abschnitte für die ersten beiden Jahre verbindlich festgelegt.

Arbeitsrechtliche Wirkungen

Ruhen des Arbeitsverhältnisses und Vergütung

Das Arbeitsverhältnis ruht während des Erziehungsurlaubs, ohne dass Arbeitslohn geschuldet ist. Der arbeitsrechtliche Bestand bleibt erhalten; Betriebszugehörigkeit kann je nach Regelungsbereich fortgelten, während leistungsbezogene Ansprüche für die Zeit der Freistellung entfallen können.

Teilzeit während des Erziehungsurlaubs

Voraussetzungen und Umfang

Während des Erziehungsurlaubs besteht unter bestimmten betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Dieser Anspruch setzt u. a. eine Mindestbetriebsgröße und eine Mindestdauer der vorherigen Beschäftigung voraus. Die Teilzeit muss für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens zwei Monaten erfolgen und darf eine bestimmte Wochenstundenzahl im Durchschnitt nicht überschreiten. Der Arbeitgeber kann nur aus eng begrenzten betrieblichen Gründen ablehnen.

Kündigungsschutz

Vom Zeitpunkt der wirksamen Anmeldung an und bis zum Ende des Erziehungsurlaubs besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist in dieser Zeit nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Zustimmung möglich. Eigenkündigungen durch die beschäftigte Person bleiben davon unberührt.

Rückkehrrecht und Gleichbehandlung

Nach Ende des Erziehungsurlaubs besteht das Recht auf Rückkehr in eine gleichwertige Tätigkeit mit vergleichbarer Vergütung und Arbeitszeit. Benachteiligungen wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs sind unzulässig. Anpassungen des konkreten Arbeitsplatzes können zulässig sein, solange Gleichwertigkeit gewahrt bleibt.

Urlaubsansprüche und Sonderzahlungen

Der Erholungsurlaub kann für jeden vollen Monat des Erziehungsurlaubs anteilig gekürzt werden. Bereits entstandene Urlaubsansprüche vor Beginn des Erziehungsurlaubs bleiben bestehen und können nach Rückkehr innerhalb der gesetzlichen Fristen genommen werden. Variable Vergütungsbestandteile und Sonderzahlungen dürfen für Zeiten ohne Arbeitsleistung anteilig reduziert werden, sofern dies den allgemeinen Grundsätzen entspricht.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Kranken- und Pflegeversicherung

Mit dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses endet bei gesetzlich Versicherten grundsätzlich die Pflichtversicherung über das Beschäftigungsverhältnis. Eine beitragsfreie Familienversicherung kann in Betracht kommen, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Andernfalls ist eine freiwillige Weiterversicherung möglich. Entsprechendes gilt für die soziale Pflegeversicherung. Bei privat Versicherten richtet sich die Absicherung nach den Vertragsbedingungen.

Rentenversicherung (Kindererziehungszeiten)

Zeiten der Kindererziehung werden für die gesetzliche Rentenversicherung als Kindererziehungszeiten anerkannt und einem Elternteil gutgeschrieben. Sie wirken sich rentensteigernd aus und können zwischen den Eltern übertragen werden. Die Anerkennung erfolgt unabhängig davon, ob Erziehungsurlaub genommen wurde.

Arbeitslosen- und Unfallversicherung

Der Bezug von Leistungen der Arbeitsförderung richtet sich nach gesonderten Voraussetzungen. Erziehungsurlaub allein führt nicht zum Verlust von Anwartschaften, kann jedoch Einfluss auf die Erfüllung einzelner Voraussetzungen haben. Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht weiterhin im Rahmen der Beschäftigung; während der unbezahlten Freistellung ohne betriebliche Tätigkeit besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz aus der Beschäftigung.

Besondere Konstellationen

Mutterschutz und Erziehungsurlaub

Zeiten des Mutterschutzes nach der Geburt sind gesondert geschützt und mit Leistungen ausgestattet. Beginnt der Erziehungsurlaub unmittelbar nach der Geburt, werden die Mutterschutzzeiten auf die Gesamtdauer der ersten Lebensjahre angerechnet. Eine parallele Inanspruchnahme ist nicht erforderlich.

Vorzeitige Beendigung oder Verlängerung

Eine vorzeitige Beendigung oder eine Änderung der festgelegten Abschnitte ist grundsätzlich mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. In bestimmten besonderen Lebenslagen kann ein Anspruch auf Anpassung bestehen. Ohne Zustimmung bleibt die ursprüngliche Bindung an die angemeldeten Zeiträume bestehen.

Betriebliche Vereinbarungen und Tarifverträge

Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie Tarifverträge können ergänzende Regelungen, Klarstellungen und Verfahren zur Gestaltung des Erziehungsurlaubs und der Teilzeit währenddessen enthalten, soweit sie die gesetzlichen Mindeststandards wahren.

Öffentlicher Dienst

Für den öffentlichen Dienst und für Beamtinnen und Beamte gelten eigenständige, in der Struktur vergleichbare Regelungen zur Elternzeit und zur Teilzeit. Abweichungen betreffen insbesondere Verfahren, Fristen und besoldungsrechtliche Anschlussfragen.

Abgrenzung zu finanziellen Leistungen

Erziehungsurlaub ist eine arbeitsrechtliche Freistellung ohne Entgelt. Davon zu unterscheiden sind staatliche Leistungen zur finanziellen Unterstützung von Familien, die an weitere Voraussetzungen geknüpft sind und getrennt beantragt werden. Eine Inanspruchnahme dieser Leistungen ist unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs zu betrachten.

Historische Entwicklung und Begriffswandel

Der Begriff Erziehungsurlaub stammt aus einer Zeit, in der die Freistellung überwiegend als „Urlaub“ verstanden wurde. Mit der Umstellung auf den Begriff Elternzeit wurde der Charakter der Regelung deutlicher als Anspruch auf Freistellung mit besonderem Schutz ausgestaltet. Inhaltlich wurde der Anwendungsbereich über die Jahre erweitert, insbesondere hinsichtlich der Verteilungsmöglichkeiten, der Teilzeitoptionen und des Schutzrahmens.

Häufig gestellte Fragen

Ist Erziehungsurlaub bezahlt?

Nein. Erziehungsurlaub ist eine unbezahlte Freistellung. Das Arbeitsverhältnis ruht, Vergütung wird nicht gezahlt. Finanzielle Familienleistungen sind gesondert geregelt und unabhängig vom arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch zu betrachten.

Wer hat Anspruch auf Erziehungsurlaub?

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich Teilzeit- und geringfügig Beschäftigter. Auch Adoptiveltern sowie Personen mit einem Kind in Adoptionspflege sind erfasst. Für Pflegeverhältnisse ohne Adoptionsabsicht, für Beamtinnen und Beamte sowie für Selbstständige gelten besondere oder abweichende Regelungen.

Wie lange kann Erziehungsurlaub genommen werden und wie lässt er sich verteilen?

Pro Kind sind bis zu drei Jahre möglich. Die Zeit kann bis zum dritten Geburtstag und – innerhalb eines festgelegten Umfangs – zusätzlich zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes liegen. Beide Elternteile können die Zeiten parallel oder nacheinander nutzen.

Welche Fristen gelten für die Anmeldung?

Für Erziehungsurlaub bis zum dritten Geburtstag des Kindes gilt eine kürzere Ankündigungsfrist als für Zeiten zwischen dem dritten und achten Geburtstag. Bei der Anmeldung werden die Zeiträume für die ersten beiden Jahre verbindlich festgelegt.

Darf während des Erziehungsurlaubs in Teilzeit gearbeitet werden?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Teilzeit während des Erziehungsurlaubs. Er setzt unter anderem eine Mindestbetriebsgröße, eine vorherige Mindestbeschäftigungsdauer sowie eine Reduzierung für mindestens zwei Monate mit einem begrenzten Wochenstundenumfang voraus. Ablehnungen sind nur bei entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründen zulässig.

Gibt es Kündigungsschutz während des Erziehungsurlaubs?

Ja. Ab der wirksamen Anmeldung bis zum Ende des Erziehungsurlaubs besteht besonderer Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist nur in Ausnahmefällen und mit behördlicher Zustimmung möglich.

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?

Der Erholungsurlaub kann für jeden vollen Monat des Erziehungsurlaubs anteilig gekürzt werden. Bereits entstandene Urlaubsansprüche bleiben bestehen und können nach Rückkehr innerhalb der gesetzlichen Fristen genommen werden.